1 Physikalische Grundlagen
Text Box: 1.1 Freie, ungedämpfte Schwingungen
Das Drehpendel mit dem Massenträgheitsmoment J besitzt als Rückstellelement eine Spiralfeder mit der Winkelrichtgröße kt. Das Grundgesetz der Mechanik für Drehschwingungen
(1)
beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Drehmoment M und der Winkelbeschleunigung eines Körpers. Nach dem HOOKEschen Gesetz
(2)
hängt das von der Spiralfeder auf das Drehpendel ausgeübte Drehmoment M linear vom Verdrillungswinkel b ab. Die Kombination beider Gleichungen führt zur Differentialgleichung für ungedämpfte Schwingungen:
(3a)
oder
(3b)
Die Lösung dieser Gleichung ist eine harmonische Funktion
(4)
mit der Kreisfrequenz
(5a)
bzw. der Schwingungsdauer
. (5b)
1.2 Freie, gedämpfte Schwingungen
Bei einer Dämpfung mit Hilfe einer Wirbelstrombremse wirkt auf das Drehpendel ein Dreh-moment, das der Winkelgeschwindigkeit proportional ist:
. (6)
Der Dämpfungskoeffizient ist selbst wieder proportional zum Quadrat der Stromstärke I im Elektromagneten der Wirbelstrombremse. Durch Kombination der Gleichungen (1), (2) und (6) folgt die Differentialgleichung des gedämpften Systems:
(7a)
oder
. (7b)
Die Lösung für den Schwingfall, d.h. bei relativ schwacher Dämpfung lautet:
, (8)
mit der Abklingkonstanten
(9)
und der Kreisfrequenz
. (10)
Eine elegante Diskussion der Eigenschaften gedämpfter Systeme bietet der Dämpfungsgrad
. (11)
Die Kreisfrequenz der gedämpften Schwingung lässt sich schreiben als
, (12)
wobei für den Schwingfall gilt:
J 1.
Die Amplitude der gedämpften Schwingung nimmt mit der Zeit exponentiell ab:
. (13)
Das Verhältnis zweier aufeinander folgenden Amplituden ist konstant, sein Logarithmus
(14)
wird als logarithmisches Dekrement bezeichnet.
Alle Dämpfungsgrößen , δ, J und Λ sind zueinander proportional. Umgekehrt proportional dazu ist die Güte Q.
1.3 Erzwungene Schwingungen
Bei unserem Versuch wird der Nullpunkt der Spiralfeder mit Hilfe eines Exzenters periodisch bewegt mit der Erregerkreisfrequenz Ω. Das Ende der Spiralfeder bewegt sich dabei gemäß
. (15)
Aus der Differentialgleichung (7) wird infolge des periodisch rstellten Nullpunkts
(16a)
oder
. (16b)
Nach Abklingen der Einschwingvorgänge, was nach der Zeit der Fall ist, schwingt das Pendel harmonisch mit der Erregerfrequenz fE. Eine partikuläre Lösung der Differentialgleichung (16b) lautet:
. (17)
Die Amplitude der erzwungenen Schwingung ist nicht konstant, sondern von der Erregerfrequenz abhängig.
Mithilfe der normierten Erregerfrequenz
(18)
lässt sich die Amplitude folgendermaßen schreiben:
. (19)
Liegt die Erregerfrequenz nahe bei der Eigenfrequenz des Systems, so kann bei schwacher Dämpfung die Amplitude bedeutend größer werden als die Erregeramplitude .
Die normierte Amplitude
(20) (20)Ist im nebenstehenden Bild in Abhängigkeit von der normierten Frequenz dargestellt.
Für die normierte Resonanzfrequenz gilt:
. (21)
Bei schwacher Dämpfung ist die normierte Resonanzamplitude
. (22)
Q wird als Güte des Systems bezeichnet. Die 3-dB-Breite der Resonanzkur ist bei schwacher Dämpfung
. (23)
Die Phasenrschiebung zwischen Erreger und Oszillator beträgt
. (24)
Im Falle niederfrequenter Anregung ist ,
bei der Eigenfrequenz ist ,
bei hochfrequenter Anregung ist .
2 Messprogramm
2.1 Eigenfrequenz
Bestimmen Sie mit Hilfe einer Stoppuhr die Eigenfrequenz f0 des ungedämpften Systems aus zehn Schwingungen bei drei rschiedenen Anfangsamplituden.
2.2 Dämpfungsparameter
Bestimmen Sie die Abklingkonstante d, das logarithmische Dekrement , den Dämpfungsgrad J und die Güte Q ohne elektrische Dämpfung (I = 0) sowie bei Dämpfung mit der Wirbelstrombremse bei den Strömen I = 215, 350 und 500 mA. Dazu wird in einem Diagramm der Logarithmus der Amplitude über der Zeit aufgetragen und die Steigung der entstehenden Geraden bestimmt. Aus der Geradensteigung folgt d sowie J, und Q. Die Auswertungen können am PC mit dem Programm POHL1 durchgeführt werden. Im Laborbericht soll aber wenigstens eine Messung „von Hand“ ausgewertet werden.
Stellen Sie Ihre Ergebnisse in einer elle übersichtlich dar!
2.3 Resonanzkurn
Bei den Strömen I = 215, 350 und 500 mA sind die Amplituden als Funktion der Erregerfrequenz fE auszumessen.
(Achtung ! Bei I = 215 mA darf im Resonanzfall das Pendel nicht anschlagen! Sonst Dämpfungsstrom leicht erhöhen und natürlich im Protokoll angeben.)
Das Untersetzungsrhältnis Schrittmotor mit Getriebe beträgt 2000 : 1. Die Amplitude des Erregers muss durch sorgfältiges manuelles Drehen der Antriebsscheibe in ihre Extrempositionen bei ausgeschaltetem (!) Schrittmotor eingestellt, abgelesen und gemittelt werden.
Die normierte Amplitude ist über der normierten Erregerfrequenz aufzutragen. Pro Kur sind mindestens zehn Messpunkte aufzunehmen! Besonders dicht an der Resonanzstelle messen! Erregerfrequenz 0,49 Hz (bei I = 500 mA besser von 0,47 Hz an) bis 0,56 Hz. Die Einschwingzeit kann bei kleinen Strömen einige Minuten betragen, daher sollte zuerst bei großen Stromstärken gemessen werden. Andererseits sieht man bei kleinen Stromstärken eher den Kurnrlauf.
Entnehmen Sie aus den Resonanzkurn für jede Stromstärke an der Wirbelstrombremse die normierte Resonanzamplitude und die 3-dB-Breite Dh. Berechnen sie nach den Gleichungen (22) und (23) die Güte Q und den Dämpfungsgrad J des Systems.
Wird der aus der Höhe der Resonanzkur bestimmte Dämpfungsgrad mit J H bezeichnet und mit J B der Dämpfungsgrad aus der Breite, so stehen zusammen mit den Ergebnissen aus 2.2 für jeden Strom drei Werte für den Dämpfungsgrad zur Verfügung. Stellen Sie die rschiedenen Ergebnisse für den Dämpfungsgrad übersichtlich in einer elle zusammen.
Tragen Sie die Ergebnisse für den Dämpfungsgrad in einem Diagramm gegen den Strom auf. Die Theorie der Wirbelströme sagt eine Reibungskraft voraus, die proportional zum Quadrat des Stromes sein soll. Es sollte sich im Diagramm J (I) also eine Parabel ergeben. Tragen Sie zusätzlich J über I2 auf und bestimmen Sie die Proportionalitätskonstante a im theoretischen Gesetz
. (25)
3 Fragen
1. Wie hängen die Schwingungsdauern Td und T0 zusammen ?
2. Wann hat das Drehpendel seine höchste kinetische und wann seine höchste potentielle Energie? Wie groß sind die Beträge ?
3. Was bedeutet aperiodischer Grenzfall ?
4. Bei welcher Frequenz wird vom Erreger die größte mittlere Leistung an das Pendel übertragen?
5. Für welche Dämpfungsgrade existiert eine Resonanzüberhöhung?
Hinweise für eine Auswertung der Resonanzkurn mit dem Rechner
Die Bestimmung des Dämpfungsgrades J kann auch so geschehen, dass eine Kurnanpassung der theoretischen Amplitude nach Gl. (19) an die Messpunkte vorgenommen wird. Dabei sollte die Summe der Fehlerquadrate zwischen den gemessenen und den berechneten Amplituden minimal werden. Zur Lösung dieses Problems eignen sich Rechnerprogramme wie MATLAB oder EXCEL. Ein Beispiel für eine Auswertung mit EXCEL ist als Anhang beigefügt.
Zunächst werden die Messwerte für die normierte Frequenz und die normierte Amplitude in die ersten beiden Spalten eingetragen.
In der dritten Spalte wird die normierte Amplitude nach Gl. (19) berechnet mit einem Schätzwert für J (z.B. J = 0,01 in G6). Achtung: Stellen Sie sicher, dass in jeder Zelle der Spalte C der Dämpfungsgrad aus G6 rwendet wird!
Als nächstes ist die Summe der Fehlerquadrate zu berechnen. Dies kann entweder durch eine separate Spalte (E6:E18) mit den quadratischen Abweichungen geschehen oder mit der Funktion SUMMEXMY2(B6:B18;C6:C18). Achtung: Die Funktion SUMQUADABW liefert ein falsches Ergebnis.
Jetzt kommt der entscheidende Schritt: Der Dämpfungsgrad J in Zelle G6 muss so variiert werden, dass die Summe der Fehlerquadrate ein Minimum wird. Diese Aufgabe erledigt der SOLVER aus dem Menü Extras (sollte der Solr nicht zur Verfügung stehen, kann er mit dem Add-Ins-Manager aktiviert werden).
Zielzelle ist die Summe der Fehlerquadrate (z.B. $C$20), Markieren von Minimum, ränderbare Zelle ist die Zelle, in der J steht (z.B. $G$6). Nach Anklicken von Lösen wird J auf den optimalen Wert geändert.
A
B
C
D
E
F
G
1
Resonanzkur, Pohlscher Apparat
2
optimaler
3
normierte
normierte
berechnete Amplitude
Fehlerquadrate
Dämpfungs-
4
Frequenz
Amplitude
mit Schätzwert für J (G6)
grad J
5
6
0,8987
5,6
5,1235
0,2270
0,0185
7
0,9177
6,4
6,1949
0,0420
8
0,9369
8
7,8729
0,0162
9
0,956
10,8
10,7505
0,0025
10
0,9656
13,6
13,0825
0,2678
11
0,9752
15,4
16,4496
1,1017
12
0,9847
21,8
21,1120
0,4733
13
0,9943
27
26,0237
0,9532
14
1,0038
26
26,4330
0,1875
15
1,0133
20,5
21,7373
1,5308
16
1,0325
13,2
13,1122
0,0077
17
1,0516
9,6
8,8687
0,5348
18
1,0708
7,2
6,5855
0,3776
19
20
Summe der Fehlerquadrate
5,72202134
5,72202134
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