Das Projekt: "Wirtschaft in Gemeinschaft - in Freiheit"
1.1. Entstehungsgeschichte
Im Jahr 1991 besuchte Chiara Lubich die Mitglieder der Fokolarbewegung in Brasilien. Wahrscheinlich ist es die dort herrschende Kluft zwischen der armen und reichen Bevölkerungsschicht, mit der viele BrasilianerInnen tagtäglich konfrontiert sind, die in ihnen intensiver als sonstwo den Wunsch nach einer gerechteren Verteilung der Güter entfachen läßt. Folgender Ausschnitt soll die große materielle Armut der brasilianischen Bevölkerung veranschaulichen:
"Etwa 90 Millionen Brasilianer [bei einer Einwohnerzahl Brasiliens von 160 Millionen Menschen] leiden unter Armut - einer Armut, die von heiterer Bedürfnislosigkeit bis hin zu bitterstem Elend reicht. r allem im Hinterland gibt es mitunter erschreckende Not. Im Nordosten fristen Scharen von Menschen ein erbärmliches Dasein in schäbigen Hütten mit einem winzigen Stück Land, dessen verdorrter Boden eine Handvoll Maispflanzen hervorbringt und ein halbes Dutzend Hühner ernährt. [..] Die große Mehrheit lebt auch heute noch von Gelegenheitsarbeiten auf den tagen, für die sie Hungerlöhne erhalten. Sie sind auf die Gnade der tagenbesitzer angewiesen - und auf deren Schutz, wenn sie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die Hütten, in denen sie hausen, bestehen aus Abfallmaterial. Bei einer lkszählung im Jahre 1980 ergab sich folgende Statistik: Nur 17% aller Häuser im Nordosten verfügten über elektrischen Strom, während es im Südosten zwei Drittel waren. Eines von zehn Häusern war an die Kanalisation angeschlossen, im Vergleich mit sieben von zehn im Südosten; und nur zwei von zehn besaßen fließendes Wasser, gegenüber mehr als der Hälfte im Südosten." (entnommen aus: http://www.brasilienarmut.html)
Dieses Leiden an materieller Ungerechtigkeit mag auch die rasche Ausbreitung der Fokolarbewegung seit 1959 - inzwischen zählen sich zirka 250.000 Menschen dazu - in allen sozialen Schichten, vor allem innerhalb der armen Bevölkerung Brasiliens, erklären.
Trotz der Gütergemeinschaft, die unter den Mitgliedern der Fokolarbewegung gelebt wird, wurde Chiara Lubich bei ihrem Besuch im Mai 1991 bewußt, daß es in Brasilien Mitglieder der Fokolarbewegung gibt, die unter dem Existenzminimum leben müssen. Diese Tatsache war ein großer Schmerz für sie, denn sie sah den "Traum" der Mitglieder der Fokolarbewegung - "Es gab keinen unter ihnen der Not litt." (Apg 4, 34) - noch nicht verwirklicht (vgl. Ecomia di Comunione, 2/95, S.3).
Immer mit dem Ziel einer geeinteren und geschwisterlichen Welt vor Augen, spürte Chiara Lubich, daß es im bereits existierenden Einsatz der Fokolarbewegung im sozialen Bereich noch an etwas fehlte. Dies kommt in einer Rede zu Abgeordneten des Europaparlaments in Straßburg zum Ausdruck:
"Mi è sembrato, allora, che Dio chiamasse il nostro Movimento a qualcosa di nuovo. Pur non essendo esperta in problemi economici, ho pensato che, per poter aumentare le entrate, si potevano far nascere fra i nostri delle aziende, delle imprese. La loro gestione doveva essere affidata a persone competenti, in grado di farle funzionare efficacemente e ricavarne degli utili. Questi - e qui sta la novità - dovevano essere messi in comune.[1]" (Lubich 1998, http://www.focolare.org/it/sif/19980915i_a.html)
Der aus verschiedensten Gründen verursachte Mangel an Geld, der viele Menschen in große, materielle Armut bringt, soll durch die freiwillige Bereitstellung von Teilen des Gewinns jener Betriebe kompensiert werden, die sich zusammenschließen zum Projekt der "Wirtschaft in Gemeinschaft - in Freiheit". Derartige Unternehmen - es handelt sich dabei um Betriebe der unterschiedlichsten Branchen - sollen nach bestimmten Leitlinien geführt werden. Für sie ist es zwar wichtig, daß sie Gewinne erzielen, - es handelt sich primär nicht um Non-Profit-Organisationen - nicht aber zur eigenen Anreicherung, sondern für die Gemeinschaft. Die Gewinnerzielung ist somit ein Mittel um übergeordnete Ziele erreichen zu können: die schrittweise Beseitigung von materieller Armut und die universale Geschwisterlichkeit - die Einheit.
Chiara Lubich schlägt den Unternehmern folgende Gewinnaufteilung vor:
¨ Ein Drittel soll für Reinvestitionen im jeweiligen Betrieb verwendet werden.
¨ Ein Drittel soll jenen zugute kommen, die ihre essentiellen Bedürfnisse nicht befriedigen können - angefangen bei den Mitgliedern der Fokolarbewegung.
¨ Ein Drittel soll für den Aufbau und die Entwicklung von Zentren verwendet werden, in denen Menschen "geformt und herangebildet" werden, die die "Kultur des Gebens" (siehe Kap. 7.3.2.) zu leben versuchen, dessen Basis die gegenseitige Liebe bildet.
Der rschlag von Frau Lubich wurde von vielen - beginnend bei den BrasilianerInnen - mit großer Begeisterung aufgenommen. Bald entstanden die ersten Betriebe der "Wirtschaft in Gemeinschaft - in Freiheit". Es handelte sich dabei entweder um die Neugründung von Unternehmen oder von bereits bestehenden Betrieben, deren Unternehmer sich die Leitlinien des Projektes zu eigen machen wollten. Aufgrund dieses rschlages wurden auch einige kleinere oder größere "Initiativen" ins Leben gerufen. Deren TrägerInnen verrichten in ihrer Freizeit unentgeltlich Arbeiten und widmen den Reinerlös den Zielen des Projektes. Beispiele für Initiativen sind: ein Partyservice in Westfalen oder der Verkauf von Schafsprodukten in Niederösterreich.
1.2. Zur Verbreitung des Projekts
Der Lebensstil, der dem Projekt zugrunde liegt, birgt auch die Hoffnung einer raschen Verbreitung in sich, der im Glauben an die Hilfe Gottes und an das Gute in jedem Menschen ihren Ausdruck findet. Dies spiegelt folgende Aussage Chiara Lubichs wider:
"Im Unterschied zur konsumorientierten Wirtschaft,
die auf einer Kultur des Habens basiert,
Ist die Wirtschaft der Gemeinschaft eine Wirtschaft des Gebens.
Ein solches Handeln mag schwierig, gewagt, heroisch erscheinen.
Aber das ist es nicht, denn der Mensch ist geschaffen
als Abbild Gottes, der die Liebe ist,
und er findet seine Verwirklichung gerade im Lieben, im Geben.
Dies liegt zutiefst in seinem Wesen begründet,
mag er gläubig sein oder nicht.
Und gerade in dieser Feststellung, die von unserer Erfahrung bestätigt wird, liegt die Hoffnung auf eine universale Verbreitung der Wirtschaft in Gemeinschaft." (Aussage Chiara Lubichs: Brasilien, Mai 1991)
Die folgende Graphik zeigt die weltweite Verbreitung des Projektes, zu dem sich primär Klein- und Mittelbetriebe zählen[2].
Abbildung 9: Anzahl der Betriebe des Projektes: Wirtschaft in Gemeinschaft -in Freiheit
1.3. Einige Leitlinien des Projektes
1.3.1. Allgemein
Wie ich bereits zu Beginn des Kapitels erwähnt habe, liegt diesem Wirtschaftsprojekt der Lebensstil der Fokolarbewegung zugrunde. So lassen sich die Ziele des Projektes in jenen der Fokolarbewegung direkt oder indirekt wiederfinden. Die Unternehmer der Betriebe der Wirtschaft in Gemeinschaft sind zur Zeit alle ebenso Mitglieder dieser Laienbewegung. Ich möchte allerdings an dieser Stelle keineswegs ausschließen, daß sich eines Tages auch Unternehmer mit ihren Betrieben der Wirtschaft in Gemeinschaft anschließen, die zwar keine Mitglieder der Fokolarbewegung sind, denen die soziale Gerechtigkeit jedoch ein großes Anliegen ist.
1.3.2. Verbreitung einer "Kultur des Gebens"
Das langfristige Hauptziel der Wirtschaft in Gemeinschaft ist die Verbreitung einer "Kultur des Gebens", der Förderung einer neuen Mentalität, die der weitverbreiteten "Kultur des Habens" oder der "Kultur des Egoismus" gegenüber steht. Aber was wird unter der "Kultur des Gebens" verstanden?
Die brasilianische Soziologin Vera Araujo (vgl. Araujo 1994), die bei der Entstehung des Projektes dabei war und dessen Entwicklung intensiv verfolgt, meint, daß nicht jedes "Geben" ein Ausdruck der "Kultur des Gebens" sein muß. So gibt es eine Art des Gebens, die durchdrungen ist vom Willen, andere zu beherrschen bis hin zur Unterdrückung ganzer Völker. Das Geben ist dabei ein Ausdruck von Egoismus, der normalerweise vom Empfänger als Demütigung und Beleidigung empfunden wird. Nicht selten ist das Geben zweckgebunden und absichtsvoll. In Wirklichkeit ist es nur auf den eigenen Profit ausgerichtet.
Das "Geben" allerdings, das zu einer wahren "Kultur des Gebens" führen soll, hat seine Wurzeln im Evangelium Jesu und bekommt somit eine andere Dimension:
"Dieses ,Geben' öffnet sich für den anderen, - ob Einzelperson oder lk - und sucht ihn im Respekt vor seiner Würde, die Gebräuche, Sitten, Kultur, Tradition usw. einschließt. Es ist zutiefst Ausdruck unseres Seins, [] damit der ,neue Mensch' immer in uns lebendig ist. Der neue Mensch ist Christus in uns. Unser Sein ist Christus in uns: Christus sein heißt Liebe sein. Unser ,Geben' muß also immer Ausdruck unseres ,Seins' werden, das Geschenk ist, weil es Liebe ist. Daher ist Geben und Sich-Schenken in der Kultur des Gebens immer eine einzige Handlung." (Araujo 1994, S. 2)
Dieses Ziel der Verbreitung einer Kultur des Gebens soll auf zweierlei Weise erreicht werden: Einerseits versuchen einige im Unternehmen arbeitende Personen in dieser Haltung zu leben - was mit Sicherheit Auswirkungen auf ihre Kunden, Lieferanten, Konkurrenten und Mitarbeiter hat - und andererseits wird ein Teil des Gewinns für Zentren verwendet, in denen Menschen "geformt" werden, die die Kultur des Gebens leben wollen. Chiara Lubich ist überzeugt, daß sich die soziale Ungerechtigkeit nur beseitigen läßt, wenn immer mehr Menschen auf der ganzen Welt versuchen, als "neue Menschen" zu leben.
1.3.3. Der Mensch im Mittelpunkt
Heutzutage wird immer öfter die Forderung erhoben, den Menschen in den Mittelpunkt der Wirtschaft zu stellen, weil er zu den Haupterfolgsfaktoren von Gewinnsteigerung gezählt wird. Dies zeigt sich in folgendem Auszug aus den Erfolgsfaktoren japanischer Unternehmen:
"Im Mittelpunkt steht der Mensch als wichtigstes Kapital jeder Organisation." (Freilinger 1994, S.23)
In der Haltung der Kultur des Gebens wird der Mensch zwar auch in den Mittelpunkt gestellt, allerdings wird er nicht als ein Mittel verstanden, das den Unternehmern helfen soll, möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften, sondern der Mensch wird als Schwester und Bruder betrachtet. Dies spiegelt sich in einer Aussage von Benedetto Gui wider, der folgendes vom Projekt der Wirtschaft in Gemeinschaft behauptet:
"È un nuovo modello di comportamento economico, che realizzi una vera rivoluzione copernicana: l'uomo al centro dell'economia, sì, ma quale uomo? Il fratello."[3] (zitiert in: Pizzi 1993, S. 313)
Die Betriebe der Wirtschaft in Gemeinschaft haben es sich also zum Ziel gesetzt, den Menschen in den Mittelpunkt ihres Agierens zu stellen. Zu den Menschen wird dabei jeder gezählt: von den Unternehmern, Arbeitnehmern, Lieferanten, Kunden bis hin zu den Bedürftigen, denen ein Teil des Gewinns zukommen soll. Auf dem Hintergrund, daß jeder Mensch als Schwester oder Bruder gesehen wird, ist die sehr herausfordernde Aussage der Soziologin Vera Araujo im Bezug auf die Bedürftigen zu verstehen:
"Gli indigenti nell'impresa di econmia di comunione sono partners, non beneficiati, sono attori dell' impresa. Deve avvenire la reciprocità, cioè noi dobbiamo essere convinti di ricevere qualcosa da loro: quello che riceviamo è il loro bisogno, che è un dono che fanno a noi e non qualcosa che chiedono, ma un dono che ci fanno, perchè ci danno la possibilità di vivere la cultura del dare."[4] (Araujo 1997, S.4)
In den Betrieben der Wirtschaft in Gemeinschaft ist also jeder Mensch um seinerselbst Willen wichtig. Die Wirtschaft in Gemeinschaft möchte im Bereich der Wirtschaft, in der heutzutage weitgehend Anonymität herrscht und das Du fehlt, beitragen, das Gesicht des anderen wieder neu zu entdecken (vgl. Bruni 1998, S. 12f).
1.3.4. In Bezug auf Entscheidungsprozesse
Eine weitere Leitlinie, die insbesondere die christlichen Unternehmer der Betriebe der Wirtschaft in Gemeinschaft in ihrem Unternehmen verwirklichen wollen, ist das stete Vertrauen auf die Hilfe Gottes bei ihren Entscheidungen. Weil Jesus selber gesagt hat: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." (Mt 18,20), wollen die Unternehmer weitreichendere Entscheidungen nicht alleine treffen, sondern gemeinsam mit ihren Mitarbeitern oder mit anderen Unternehmern der Betriebe der Wirtschaft in Gemeinschaft. Dadurch wollen sie erreichen, daß Jesus ihnen durch das gemeinsame Beraten, bei dem alle ihre Ideen voll und ganz einbringen, den besten Lösungsweg aufzeige.
Um sich gegenseitig Stütze zu sein, einander zu beraten und in ihrem Einsatz für die Verbreitung einer Kultur des Gebens zu bestärken, organisieren die Unternehmer der Betriebe dieses Projektes regionale Treffen.
In Rom gibt es auch ein Zentralbüro, das offen ist für Fragen, Probleme und Ratschläge der Unternehmer der Wirtschaft in Gemeinschaft sowie für Wirtschaftler, Soziologen und Theologen, die sich zunehmend für das Projekt zu interessieren beginnen. So glaubt der italienische Wirtschaftswissenschaftler Luigino Bruni gemeinsam mit einigen seiner Kollegen, daß es eines Tages gelingen wird, diesem Projekt eine wirtschaftliche Theorie zugrunde zu legen - die ganze Wirtschaftstheorie neu zu schreiben, indem man ins Zentrum den Menschen stellt, der in Beziehung mit seinen Mitmenschen lebt (vgl. Bruni 1997, S.15).
Alle zwei Jahre organisiert das Zentralbüro internationale Treffen für Engagierte und Interessierte des Projektes, bei denen Erfahrungen ausgetauscht werden und die Theorie der Wirtschaft in Gemeinschaft vertieft wird.
1.3.5. Gewinnaufteilung
Wie anfangs bereits erwähnt, versuchen die Betriebe der Wirtschaft in Gemeinschaft im Rahmen der Marktwirtschaft Gewinne zu erzielen. m Blickwinkel der Kultur des Gebens her gesehen, in der die Beteiligten zu leben versuchen, erscheint es naheliegend, daß sie den erwirtschafteten Gewinn nicht nur für den eigenen Betrieb oder für die eigene Person verwenden. So sieht es das Projekt vor, daß der Gewinn neben Investitionen in den Betrieb auch den Bedürftigen und Einrichtungen zugute kommt, in denen Menschen herangebildet werden, die die Kultur des Gebens leben wollen. In der Praxis überweisen die Unternehmer des Projektes den Teil des Gewinns, den sie den beiden Zwecken widmen wollen, an das Zentralbüro in Rom, von wo aus diese Geldsumme weltweit verteilt wird. Wie dieser rgang der Verteilung in Zukunft am besten ablaufen könnte - z.B. welche sozialen Projekte und bedürftigen Personen primär gefördert werden sollen oder wie die Gewinne steuerlich absetzbar sind -, hat sich die Schottin Lorna Gold zur Aufgabe ihrer dreijährigen Forschungsarbeiten - Beginn: Herbst 1997 - an der Glasgow University gemacht.[5]
Auf die beiden Widmungen des Gewinns möchte ich im folgenden näher eingehen:
1.3.5.1. Teil für die Bedürftigen
Wie bereits erwähnt war schon zu Beginn der Fokolarbewegung jener Satz, den man über die christliche Urgemeinde sagte - "Es gab keinen unter ihnen, der Not litt." (Apg 4,32) - ein Leitmotiv der Mitglieder. Durch eine lebendige materielle und geistige Gütergemeinschaft versuchten sie, diesen Satz zu verwirklichen. Gerade weil Chiara Lubich bei ihrem Besuch in Brasilien bemerkte, daß es innerhalb der Fokolarbewegung noch Notleidende gab, wurde das Projekt der Wirtschaft in Gemeinschaft ins Leben gerufen, das vorsieht, daß ein Teil des Gewinns jener Betriebe, die sich dem Projekt anschließen, als Direkthilfe Bedürftigen zugute kommt. Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine regelmäßige finanzielle Hilfe für jene Menschen, sondern eher um eine einmalige, wenn auch mitunter wiederholte Unterstützung in der Hoffnung, daß diese in naher Zukunft die Wurzeln ihrer Armut beseitigen können. Dieser Teil des Gewinns hat also eine kurzfristige, wenn auch sehr wichtige Bestimmung im Hinblick auf die schrittweise Beseitigung von materieller Ungerechtigkeit.
1.3.5.2. Teil für die "Bildung neuer Menschen[6]"
Chiara Lubich ist überzeugt, daß es ohne "neue Menschen", die die Kultur des Gebens leben wollen, nie zu einer sozialen Gerechtigkeit kommen kann. Abgesehen davon, daß Unternehmer und jene Arbeitnehmer, die sich mit den Leitlinien des Projektes identifizieren, versuchen als "neue Menschen" zu leben, fließt ein Teil des Gewinns "Strukturen" zu, in denen die Kultur des Gebens als glücklich machende Lebensweise vertieft wird. Diesem Teil des Gewinns wird also eine langfristig essentielle Bestimmung gegeben. Konkret kommt er den bereits genannten Modellsiedlungen zugute, in denen jeder Mensch die Erfahrung machen kann, wie bereichernd ein Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauungen sein kann und wie sehr einen das "Geben" mit Freude erfüllen kann.
1.3.6. Arbeitsplatzbeschaffung
Gerade um Bedürftigen einen fairen Arbeitsplatz verschaffen zu können und ihnen somit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, wurden Betriebe der Wirtschaft in Gemeinschaft gegründet. In Zeiten, in denen es für viele Firmen äußerst schwierig ist, zu überleben - etwa aufgrund hoher Wechselkursschwankungen - wird versucht, diese Unternehmen, und damit auch eine gewisse materielle Sicherheit der dort arbeitenden Menschen, zu erhalten.
Zu den Betrieben der Wirtschaft in Gemeinschaft zählen sich auch Non-Profit-Organisationen, wie etwa die Genossenschaft "Roberto Tassano" in Italien (vgl. Ferrucci 1995, S.12f). Dort arbeiten zum Großteil behinderte Menschen, ehemalige Häftlinge oder Drogenabhängige, die es bekanntlich sehr schwer haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen und sich als gleichwertiger Bürger unserer Gesellschaft zu fühlen.
[1] Es schien mir also, daß Gott unsere Bewegung zu einer neuen Sache rufe. Auch wenn ich keine Expertin für wirtschaftliche Probleme bin, dachte ich, um die Einnahmen zu steigern, könnte man unter den Unsrigen Betriebe und Firmen entstehen lassen. Ihre Führung müßte kompetenten Personen anvertraut werden, um sie effizient nützen und Gewinne erzielen zu können. Diese - und hier liegt die Neuheit - sollen zusammengelegt werden.
[2] In den Zahlen sind auch größere "Initiativen" beinhaltet, die in etwa ein Drittel der Gesamtzahl ausmachen.
[3] Es ist eine neues Modell wirtschaftlichen Verhaltens, das eine echte kopernikanische Revolution verwirklicht: der Mensch im Zentrum der Wirtschaft, ja, aber welcher Mensch? Der Bruder.
[4] Die Bedürftigen sind die Partners eines Betriebes der Wirtschaft in Gemeinschaft, nicht die Begünstigten, sondern Akteure des Unternehmens. Es muß die Gegenseitigkeit hervorkommen, das heißt, wir müssen überzeugt sein, daß wir etwas von ihnen empfangen: das, was wir von ihnen empfangen ist ihr Bedürfnis, das ein Geschenk ist, das sie uns machen und nicht etwas, worum sie uns bitten, sondern ein Geschenk, das sie machen, weil sie uns die Möglichkeit geben, die Kultur des Gebens zu leben.
[5] Es wird also zur Zeit noch intensiv daran gearbeitet, wie die Verteilung des Geldes technisch am besten ablaufen könnte.
[6] m "neuen Menschen" spricht Chiara Lubich in Anlehnung an den Apostel Paulus (Röm 5, 12-21), der Jesus als den "neuen Menschen" bezeichnet.
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