Am josephsplatz die Huter- und Hintere Ledergasse hinunter, lässt man den Trubel zunächst hinter sich, um in der von Antiquitätenlä den und Galerien bevölkerten Oberen Wörthstraße wieder davon eingeholt zu werden. Der Unschlitt-platz, ehemals hinter grauer Unscheinbarkeil rborgen, überrascht mit restaurierlem Barock und Rokoko, freigelegtem Fachwerk, Chörlein und Hausuren und dem Dudelsackpfeifer-Brunnen. Nach wie vor dominiert aber das Unschlitthaus (3), ein von Hans Beheim d. A. 1490/91 erbautes Kornhaus, das später als kommunale Sammelstelle für den Unschlitt (Talg) der Metzgereien diente, der als Grundstoff u. a. für Kerzen und Kosmetik für die Stadt ein lukratis Geschäft war. Seit langem ist hier nun die städtische Pfandleihe untergebracht. Vor dem I laus Nr. 8 tauchte Pfingsten 1828 ein geheimnisvoller Fremder auf, der sich Kaspar Hauser nannte. Der Findling, an den eine Gedenktafel erinnert, gab seither zu 1001 Spekulationen Anlass, literarisch (s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 50) und zuletzt in Sehrs Film mit Andre Eisermann in der Hauptrolle.
Nürnbergs Ausbruchsrsuch aus reproduzierter Gotik und Aufbruch in eine neue Urbanität mit fantasievoll bunter Architektur stieß im Kreuzgassenviertel (4) bei Reli-quienschützernc auf heftige Kritik. Kein Vergleich indes zu den Reaktionen auf lürgen Webers Hans-Sachs-Brunnen (5) am Weißen Turm, einem Relikt der vorletzten Stadtbefestigung, in dem nun ein U-Bahn-Zugang untergebracht ist. Die Gestaltung des Brunnens wirbelle 1984 Wogen des Abscheus auf, noch ehe sich das Becken mit Wasser gefüllt hatte. Heute ist das Ehe-karussell« aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Über allen Querelen tanzt ungerührt ein rgnügter Sachs. Verse des Schusler-poeten standen Pate für die Szenen einer Ehe mit Bronzeuren voll praller Lebens- und Leibesfülle, aber auch vom lod gezeichnet, samt Höllendrachen und Ziegenbock. Inzwischen hat sich Volkes Stimme an die »nackerten Weiber« gewöhnt.
Die an der Frauenlormauer erregen schon lang kein Aufsehen mehr. Hinterm Jakobsplatz beginnt das Rotlichtviertel und für die Pfarreien der ev. lakobskirche (6) und kath. Elisabethkirchc (7) eine selbstrständliche ökumenische Aufgabe, sich auch um die dortige Klientel zu kümmern. St. jakob gotisch mit Spilzhelm und einer unrmuteten Fülle von Kunstschätzen im Innern, St. Elisabeth als einziges Nürnberger Gotteshaus ein klassizistischer Zentralbau unter einem mit Halbsäulen besetzten, mächtigen Kuppeltambour - beide sind ehemalige Ordenskirchen auf dem Boden eines Königshofs, den Kaiser Otto IV. 1209 dem Deutschen Orden schenkte. Bis ins 19. Jh. war das Gelände extraterritorial, der Reichssladl daher ein Pfahl im Fleisch. Lange ehe das Heilig-Geist-Spital (s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 87) als kommunale Einrichtung spruchreif war, machte sich der Orden auf dem karitatin Sektor rdient. Auf dem Terrain des heutigen Polizeipräsidiums standen die Gebäude der Kommende, darunter auch das Elisabeth-Spital. Nach der Hl. Elisabeth von Thüringen benannt, deren Gemahl dem Orden beitrat, als er das Kreuz nahm, besaß es schon im 13. Jh. dank reicher Spenden einen hervorragenden Ruf. Das Logis für Kranke und finanziell Schwache schloss Kost, Strohsack, Hemd und Kleidung ein. Zu besonderen Anlässen gab's den vom Patrizier I lerde-gen Valzner gestifteten Goldenen TrunkVenus-berg rschollen.
Einkaufsgeschäkeit tauscht darüber hinweg, dass in diesem Viertel traditionell einfachere Leute wohnten. Entlang der Breiten Gasse und Pfannenschmiedsgasse schlendern wir zur Rückfront der Mauthalle. Hier nimmt seit 1999 ein »Kommerz-Container«, wie der Journalist Siegfried Zelnhofer den Umbau vom ehemaligen Hertie-Kaufhaus zum mit Einzelläden bestückten City Point (8) ironisiert, die Renaissance-Fassade des sandsleinerncn, als Polizeirevier genutzten ehem. Zeughauses (1588) »in den Klammergriff«. Ein architektonischer Sündenfall? Mit der Verlagerung der Schauseite nach innen ist das neue Einkaufsparadies dem patrizischen Baustil jedenfalls nicht fremd, aber auch nicht sonderlich aufregend.
Im letzten Viertel des 19. Jh. hatte sich am Kornmarkt im Schatten riesiger Hopfenhallen der weltweit wichtigste Umschlagplatz für das grüne Goldi eliert, leweils Ende August rollten aus Hersbruck und Spalt Karawanen von Fuhrwerken an, voll bepackt mit Säcken frisch geernteter Hopfendolden, von den .Schmu-sem (Geruchs- und Qualitätsprüfern) bereits erwartet. Nicht nur fränkische Brauer (um 1900 gab es allein in Nürnberg 34 Braustätten) sorgten für den Absatz des über Schwefel gedarrten Hopfens. Ein Großteil der Ballen wurde per Bahn expediert, nicht wenige nach Übersee rschifft. US-Prohibition, gesteigerter Anbau in der Hallertau, speziell aber die NS-Rassenpolitik besiegelten den Niedergang des Standorts. Die Hopfenhandlungen, zu 40 % in jüdischer Hand, wurden arisicrt
Muße für Museen
Germanisches Nationalmuseum
(GNM): Das größte Museum deutscher Kunst und Kultur mit drei Vä-tern (Bund, Land, Stadt) feiert 2002 die 150-jährige Gründung durch Freiherr Hans von Aufseis (s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 194). Von 1,2 Millionen Exponaten sind ca. 25 000 in der Dauerschau in der iMuseumsstadt präsentiert, bei der Vorgeschichte beginnend und im 20. Jh. endend: Kunsthandwerk, wissenschaftliche Instrumente, Waffen, |agd- und pharmazeutische Geräte, Spiebeug und Puppenhäuser, Handwerk und Zünfte, Volkskunde, Gemälde, Skulpturen, historische Musikinstrumente. Die integrierte Straße der Menschenrechte (s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 80) schlägt eine Brücke nach draußen. Konzerte auf historischen Instrumenten, Sonderausstellungen, Kunst- und Kullurpädagogisches Zentrum (KPZ) seil 1969! Kartäusergasse 1, Tel. 09 11/133 10, Di-So 10-17, Mi 10-21 Uhr; Führungen zum Kennen lernen (Di-Sa 10.30 u. 15 Uhr, So 15 Uhr).
Neues Museum - Staatliches Museum für Kunst und Design: Das jüngste Museumskind präsentiert Sammlungen der städtischen Kunsthalle und der Design-Kollektion aus Münchens Neuer Sammlung nach 1945. Volker Staabs Bau mit der eine Gasse zur Luitpoldstraße bildenden, glasklar geschwungenen Front passt sich der Umgebung sensibel an. Integriert sind das Institut für moderne Kunst und das Design Forum Nürnberg. Luitpoldstraße 5, Tel. 2 40 20 20, Di-Fr 10-20, Sa/So 10-18 Uhr.
Kaiserburg-Museum: Die Depen-dance des GNM (s. o.) auf der Burg wartet u. a. mit Burggeschichle und historischer Waffcnsammlung auf. Tel. 22 57 26, Apr.-Sep. 9-18, Do 9-20 Uhr, Okt.-März 10-16 Uhr.
Albrecht-Dürer-Haus: Dürers Domizil ab 1509 gibt mit Wohnstuben, Druckwerkstatl, Originalgrafik, Multivision Einblicke ins Künstlerleben der Renaissance. Albrecht-Dürer-Straße 39, Tel. 2 31 25 68, März-Okt. und Christkindlesmarkt Di-So 10-17, Do bis 20 Uhr, Nov.-Feb. Di-Fr 1.3-17, Sa/So 10-17 Uhr; Führungen Agnes Dürers« (erfragen!).
Stadtmuseum Fembohaus: Das original Nürnberger Bürgerhaus (16. Jh.), nach Sanierung im März 2000 wieder eröffnet, zeigt in einer Art Erlebnisreise u. a. Joachim von Sand-rarts Friedensmahl-Gemälde und den Kaiserthron (um 1520). Eine Attraktion ist seit Juli 2000 die Multivision NORICAMA. Burgslraße 15, Tel. 2 31 25 95, März-Okt. Di-So 10-17, Do 10-20 Uhr, Nov.-Feb. Di-Fr 13-17, Sa/So 10-17 Uhr.
Museum Tucherschloss: Lebenswelt des Stadtpatriziats im ehemaligen Gartenanwesen der Familie Tucher, ab Juli 2000 ergänzt durch den Hirsvogelsaal. Hirscheigasse 9-11, Tel. 2 31 54 21, Di 10 13, Do 10-16, Sa/So 13-17 Uhr.
Spielzeugmuseum: Städtisches Museum im Renaissancehaus mit Sammlungen Lydia Bayers, Exponate vom Mittelalter bis heute, LGB-Modellbahn, Stcil'f-I'uppenküche, Spielbereich. Karlstraße 13-15, Tel. 2 31 31 64, Di-So 10-17, Mi 10-21 Uhr.
Museum Industriekultur: Industriegeschichte am Beispiel Nürnbergs mit Mühle, Maschinenfabrik, Druckwerkstatl, Zahnarztpraxis um 1920, Wirtshaus mit Arbeitervereinslokal, Lcbküchnerei, Motorrad-und Schulmuseum, Vorstadtkino der 20er Jahre des 20. Jh., Cafe Solaire. Äußere Sulzbacher Straße 62, Tel. 2 31 38 75, Di So 10-17 Uhr.
DB-Museum: Im 100jährigen Verkehrsmuseum, Eisenbahn-Erlebnis-wclt zum Anfassen, Vielzahl betriebsfähiger historischer Fahrzeuge inklusive Adler, Lokorama, Ei-senbahngeschichle, Signal-, Fernmeldetechnik usf., Sonderfahrten. Lessingstraße 6, Tel. 2 19 24 28, Di-So 9-17 Uhr.
Museum für Post und Kommunikation: Von der Keilschrift bis zu Satelliten. Lcssingslraße 6, Tel. 23 08 80, Di-So 9-17 Uhr.
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände: Angekündigt ist eine umfassende Dokumentation zur NS-Geschichtc, ergänzt durch die Origi-nalbautcn ringsum (s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 107). Kon-grcsshalle am Dutzendteich, Bayernstraße 110, Eröffnung Nov. 2001; bislang kleine Ausstellung Faszination und Gewalt« in der Zeppelintribüne, Mai Okt. Di-So 10-18 Uhr; s. a. Führungen Shopping und Kultur in der Lorenzer 111.
Naturhistorisches Museum: Vor-, Frühgeschichte, Höhlen-, Karst-, Völkerkunde. Marientorgraben 8, Tel. 22 79 70, So-Fr 10-17 Uhr.
Historische Lochgefängnisse: Mittelalterliche Gruselfolter in den Kcllerverliesen des Rathauses. Apr.-Okt. Di-So 10-16.30, Feb.-März und 1.-23. Nov. Mo-Fr 10-16.30, während des Christkindlesmarkts tägl. 10-16.30 Uhr.
Friedensmuseum: Dokumentation der Friedensbewegung und ihrer herausragenden Persönlichkeiten. Kaulbachstraße 2, Tel. 3 60 95 77, Mo 17-19, Mi u. Fr 15-17 Uhr.
Historisches Straßenbahndepot St. Peter: mit Straßaboh-Cafe, Rundfahrten mit der Burgringlinie (s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 111), Schloßstraße 1, Tel. 2 83 46 65, Sa/So 10-18 Uhr.
Schloss Neunhof: Ehemals Sommer-silz und lagdquartier, Depcndance des GNM (s. o.) mit Einblicken in den patrizischen Lebensstil, Barockgarten. Schloßplatz 2, Neunhofer Hauptstraße, Neunhof, 29. 3.-28. 9. Sa/So 10-17 Uhr.
Auswahl Nürnberger Galerien sowie überregionaler Museen in Bamberg, Bayreuth, Forchheim, Fürth, Tüchersfeld, s. Shopping und Kultur in der Lorenzer 217f.