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Umbruch und Neustrukturierung in den neuen Bundesländern und Entwicklungen in den alten Bundesländern

Umbruch und Neustrukturierung in den neuen Bundesländern und Entwicklungen in den alten Bundesländern

Nach der Wende in der DDR und mit der deutschen reinigung änderten sich für den östlichen Teil Deutschlands die agrar-politischen Ziele. Es kam zum Abbruch der bis dahin konsequenten agrarwirtschaft-lichen Entwicklung. Diese sozioökonomischen Strukturen der DDR wurden zerschlagen, und neue sollten aufgebaut werden.

Einen vergleichbaren Bruch und Umbruch erlebte die alte Bundesrepublik seit dieser Zeit nicht. Dort vollzogen sich in allen Strukturbereichen die Entwicklungen tendenziell weiter, die schon seit vielen Jahren erkennbar sind. Deshalb wird im folgenden in erster Linie auf die ränderungen in den heutigen neuen Bundesländern eingegangen.

Die betrieblichen Strukturen

Die Betriebsstruktur der bundesdeutschen Landwirtschaft ist durch eine Vielfalt von nebeneinanderbestehenden Betriebs- und Rechtsformen gekennzeichnet. Übersicht 6.2 zeigt Angaben für alle neuen Bundesländer. Unter Berücksichtigung der Flächen hatten diese Anteile der Rechtsformen an der Landbewirtschaftung Ende 1993 eine sehr unterschiedliche Größe. Die Flächen der juristischen Personen machten bei weitem den größten Teil aus (Tab. 6.8). In Sachsen-Anhalt betrug ihr Anteil nur 58,9% aus, in Thüringen aber 78,1 %. Die Flächen der Einzelbetriebe machten in Thüringen nur 14,4 % aus. In Sachsen belief sich der Anteil aber auf 23,5 %.


In dieser Hinsicht und auch bei der Betriebsgröße gibt es im Vergleich zu den alten Bundesländern große Unterschiede (Tab. 6.9). Obwohl sich das Umwandlungstempo merklich verringert hat, ist gegenwärtig der Strukturveränderungsprozeß noch nicht abgeschlossen.
Besonders interessant ist die Tatsache, daß u.a. wegen der ungeklärten Rechtsverhältnisse und der insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Situation relativ wenig LF in den neuen Ländern verkauft wurde. Die Verkaufswerte für Flächen wiesen 1995 große Unterschiede zwischen den neuen Ländern auf (Mecklenburg-Vorpommern 5074 DM/ha und Thüringen 10 002 DM/ha). Im Durchschnitt aber lagen in den neuen Ländern die Verkaufswerte wesentlich unter denen der alten Bundesländer (Abb. 6.11).
Große Bedeutung hat jedoch in den neuen Bundesländern das Pachten bzw. Verpachten von Flächen (Tab. 6.10).
Mit 77,5 % waren 1991 mehr als drei Viertel der LF Pachtflächen. In der alten Bundesrepublik lag dieser Anteil bei nur 42,5%. Nach den Ergebnissen der Agrarbericht-erstattung 1992 waren 10,6 % unentgeltlich überlassene Flächen. Während in den neuen Bundesländern 11,9 % der bewirtschafteten Flächen in den Betrieben im Eigentum waren, waren es in den alten Ländern immerhin 56,9%. In den neuen Bundesländern hatten 1991 23,7% aller Betriebe Pachtflächen, in der alten Bundesrepublik waren es nur 9,3%. Die Preise allerdings für Pachtflächen lagen in der alten Bundesrepublik weit höher als in den neuen Bundesländern. Das betraf nicht nur Acker-, sondern auch Grünflächen. Das war auch noch 1997 so. Allerdings sind die Pachtpreise in den neuen Bundesländern generell angestiegen.
Mehr als ein Drittel der gesamten LF in den neuen Bundesländern wird von der Treuhandanstalt verwaltet. Für die Privatisierung ist seit dem 1. Juli 1992 die Bodenverwertungsund -Verwaltungsgesellschaft (BWG) -in Zusammenarbeit mit den Landesbehörden - zuständig. Dem Verkauf dieser Flächen ist zunächst eine Phase der langfristigen Verpachtung (meist 12 Jahre) vorgeschaltet. Für das Pacht-jahr 1992/93 lagen der BWG 10 581 Pachtverträge vor. Bis 30. September 1993 (Ende des Pachtjahres) waren Pachtverträge über 1,097 Mio. ha abgeschlossen. 1761 Anträge liefen auf langfristigen Abschluß hinaus und umfaßten 214000 ha.

Beispiele für betriebliche Umstrukturierungen in den neuen Bundesländern Ausgewählt wurden drei Kooperationen, die 1989 über verschiedene landwirtschaftliche Nutzflächen verfügten und unterschiedlich hohen Tierbestand aufwiesen (Tab. 6.11).
Es handelte sich bei diesen Kooperationen um solche mit sehr unterschiedlichen Bodenqualitäten. Die Ackerzahlen schwanken zwischen 32 und 70. Unterschiede gab es auch hinsichtlich der Anbauanteile, der Ernteerträge, des Vieh- und des Arbeitskräftebesatzes.
Nach Auflösung der LPG entstanden z.T. ähnliche, aber auch ganz unterschiedliche Einrichtungen (Übersicht 6.3 - 6.5).

Bodennutzungsstrukturen in den alten und den neuen Bundeslandern nach der Wende

Seit 1988/89 in den alten und nach der Wende und der deutschen Vereinigung auch in den neuen Ländern in zunehmendem Maße landwirtschaftliche Flächen aus der Produktion genommen und gegen Entgelt stillgelegt. Es gab ein- und fünfjährige Stillegungen, die an eine Reihe von Bedingungen geknüpft waren, wenn die Prämie beansprucht wurde. 1988 war es eine Stillegungsfläche von nur 52033 ha in der alten BRD. Der rapide Anstieg in den folgenden Jahren führte dort 1993 zu einem Wert von 775 660 ha in den neuen Bundesländern, für die erst Angaben ab 1991 vorliegen, gab es auch schon damals mit 487 867 ha (1991) und 581 098 ha (1993) einen enormen Flächenumfang an stillgelegten Flächen. 1994 betrug dieser dann 1,6 Mio. ha, 1996 waren es 1,283 Mio. ha. Im Durchschnitt war das ein Anteil von 12,6%. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern waren beachtlich, obwohl zur Ernte 1996 in den neuen Bundesländern mit 668 872 ha die Stillegungsfläche das frühere Bundesgebiet mit 624 048 ha nur geringfügig übertraf (Agrarbericht 1997 der Bundesregierung, Materialband, Tab. 141).

Unterschiede zeigt für 1991 /92 Abbildung 6.12. 1993 hatte Niedersachsen mit 200 702 ha den absoluten größten Flächenumfang (=11,4% der Ackerfläche). Auch in Bayern gab es 1993 mit 179213 ha eine große Stillegungsfläche. Sie machte allerdings nur 8,5 % der Ackerfläche aus. In den neuen Bundesländern hatte Brandenburg eine Stillegungsfläche von 147 654 ha ( = 14,5 % der Ackerfläche). 1996 betrug die Stillegungsfläche 19,8 % (Abb. 6.13).
Die Stillegung ist eine der Maßnahmen, um die landwirtschaftliche Produktion insgesamt zu verringern. Seit 1993 können jedoch auf Stillegungsflächen nachwachsende Industrie- und Energierohstoffe angebaut werden, ohne daß die Stillegungsprämie den Landwirten verlorengeht. 1996 wurden in Deutschland auf 19,1 % der stillgelegten Fläche bereits nachwachsende Rohstoffe angebaut (Abb. 6.14). Das Angebot, auf stillgelegten Ackerflächen nachwachsende Rohstoffe anzubauen, wurde von den Landwirten in allen Bundesländern gut angenommen. Das jedenfalls wird deutlich, wenn man die beantragte Flächen für die einzelnen Jahre vergleicht.

Der am weitesten verbreitete nachwachsende Rohstoff ist Raps. Daneben sind auch noch andere Pflanzen auf den Stillegungsflächen mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten bedeutsam.
Raps als nachwachsender Industrie- und Energierohstoff spielt aber außerhalb der Stillegungsflächen eine noch viel größere Rolle. Explosionsartig wurden die Anbauflächen ausgedehnt. In den neuen Bundesländern ist diese Entwicklung noch ungebremst, während sie in den alten Ländern bereits den Höhepunkt überschritten hat.
In Süddeutschland und in den neuen Bundesländern ist der Körnersonnenblumenanbau unter den Ölsaaten besonders stark vertreten. Aufgrund der ökologischen und besonders klimatischen Unterschiede entstand eine deutliche regionale Konzentration.


Die Entwicklung der Viehwirtschaft seit der Wende

Die Strukturveränderungen in der deutschen Vieh Wirtschaft nach der Wende betrafen fast nur die DDR bzw. die neuen Bundesländer. Aus diesem Grunde soll auch nur darauf eingegangen werden.
Mit der Auflösung der betrieblichen Strukturen brach dort die Viehwirtschaft fast zusammen. (Tab. 6.15). Insbesondere mit der Privatisierung der Kombinate Industrielle Mast (KIM), die zu Zeiten der DDR die industriemäßige Großproduktion verkörperten, entfielen wesentliche Stützpfeiler der tierischen Produktion und Versorgung.
Einen verheerenden Einbruch gab es besonders in der Schweineproduktion. Ende 1989 waren noch rd. 12 Mio. Tiere, im Dezember 1993 nur noch knapp 4 Mio. vorhanden. Der Rückgang auf ein Drittel in dieser kurzen Zeit war mehr als alarmierend. In dieser dramatischen Entwicklung kommen die Auswirkungen des schlechten Erlös- und Kostenverhältnisses zum Ausdruck. Es zeigte sich darin aber auch der große Kapitalmangel, der eine schnelle Modernisierung der Schweineproduktion verhindert. Ein weiterer Abbau der Schweineproduktion muß auch noch befürchtet werden, da die schlechte Liquiditätslage der Betriebe Überbrückungen von größeren Preiseinbrüchen nicht ermöglichte. Es ist wohl verständlich, wenn der Deutsche Bauernverband von einer notwendig werdenden Trendwende sprach, die unbedingt eintreten müsse, wenn die neuen Bundesländer nicht veredlungsfrei werden sollten.
Zu diesem Strukturwandel in der Viehwirtschaft trug auch die Extensivierungsmethode bei. In nur drei Ländern fand die quantitative Methode Anwendung. Mecklenburg-Vorpommern und auch Sachsen beteiligten sich nicht daran. Am bedeutsamsten war deren Anwendung noch in Thüringen. 1991 /1992 bauten 89 Rindfleisch- und 32 Schaffleischerzeuger ihre Bestände ab. Für die Reduzierung um 20916 GVE bei Rindfleisch und 1156 GVE bei Schaffleisch wurden 8,71 Mio. DM/Jahr zur Verfügung gestellt.
Die produktionstechnische Methode in der Viehhaltung wurde nur von vier der fünf neuen Länder genutzt. Mecklenburg-Vorpommern beteiligte sich auch hieran nicht. Die größte Bedeutung erlangte sie in Brandenburg. Dort hat es in den Jahren 1991 /92 und 1992/93 z. B. bei 18 Betrieben einen Wechsel von Mastbullen auf Mutterkühe gegeben. Der Umfang der Extensivierung belief sich dabei auf insgesamt 5454 GVE. 10 Betriebe nahmen einen Wechsel der Kälberhaltungsform vor. Der Umfang der Extensivierung dadurch belief sich auf 1381 GVE. Für alle Extensi-vierungen nach dem produktionstechnischen Verfahren wurden in Brandenburg Mittel in Höhe von 2,13 Mio. DM /Jahr beantragt.

Veränderungen der Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft

Im November 1989 waren in der Landwirtschaft der DDR noch 915000 Personen beschäftigt (Tab. 6.16). Der Rückgang war radikal. Im Mai 1992 waren es nur noch 320000 Beschäftigte, Ende 1993 sogar nur noch 187400.
Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern waren gewaltig. In Brandenburg ging z. B. die Zahl der Beschäftigten von 204 000 (11/89) auf 47 000 (5/92) zurück. Im Freistaat Sachsen war es in dieser Zeit nur ein Rückgang von 173 000 auf 81 000.
Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Arbeitskräfte waren von diesem Rückgang betroffen. Es betraf die Beschäftigten aller Altersgruppen mit ihren unterschiedlichen Qualifikationen.

Im Mai 1992 waren nur noch 32% von ihnen in der Landwirtschaft beschäftigt. Inzwischen ist der Anteil noch wesentlich weiter gesunken. Damals waren 34 % der ursprünglich in der Landwirtschaft tätigen in anderen Wirtschaftsbereichen beschäftigt, 34% sogar ganz aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Im Mai 1992 waren 16% (150000) der ursprünglich in der Landwirtschaft Beschäftigten Vorruheständler bzw. Rentner. Etwa 50000 (= 5,5% derjenigen, die einst in der Landwirtschaft tätig waren) nahmen an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung und Umschulung teil. Im Mai 1992 waren von den ursprünglich in der Landwirtschaft tätigen noch 56% der Frauen aber fast drei Viertel der Männer erwerbstätig. In den anderen Wirtschaftsbereichen waren nur 26% der aus der Landwirtschaft entlassenen Frauen, aber 38% der Männer untergekommen (Brinkmann u. a. 1993, S. 5 -16). Die schlechten Wiedereingliederungschancen der Frauen spiegeln sich in diesen Zahlen wider.
Aus dem radikalen Schwund an Arbeitskräften folgte, daß 1993 nur noch pro 100 ha LF 2,9 Arbeitskräfte (AK) zur Verfügung standen. Damit war der Wert fast halb so hoch wie in der alten Bundesrepublik. Die schwach entwickelte Viehwirtschaft und die extensive Produktion insgesamt kommen in diesem Quotienten zum Ausdruck.
Für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe war die Senkung der Zahl der Arbeitskräfte notwendig, führte jedoch zu großen sozialen Problemen. Es gab allerdings dadurch auch für die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche und für die Funktionstüchtigkeit des ländlichen Raumes und der Siedlungen schwere Folgen. Betroffen waren davon besonders Räume, in denen Investitionen zur Schaffung alternativer Arbeitsplätze fehlten. Besondere Probleme ergaben sich für die Freisetzung der Frauen. Sie machten bis zur Wende einen sehr hohen Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft aus.
Im November 1990, also wenige Wochen nach der deutschen Vereinigung, wurde im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes das erste gesamtdeutsche agrarstrukturelle Förderungsprogramm beschlossen.
Interessant ist darin die Förderung der Einkommenskombination, insbesondere in strukturschwachen Gebieten. Zur Sicherung der Existenzfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe könnnen Landwirte eine Förderung erhalten, die u.a. forstwirtschaftliche, touristische oder handwerkliche Tätigkeit in ihrem Betrieb ausüben.
Erstmalig gefördert werden auch gewerbliche Nebenbetriebe in den Bereichen Direktvermarktung und Freizeit und Erholung. Außerdem wurde die Förderung des Betriebszweiges Urlaub auf dem Bauernhof eingeführt.







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