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Im Armenhaus lachen die HühnerIm

Im Armenhaus lachen die HühnerIm

Im Anfang war das Huhn, und das Huhn war bei Gott, und Gott war das Huhn - gewissermaßen natürlich nur. Denn die Fischer, die eines urgrauen Tages auf dem Strom unterwegs waren, kannten Gott noch gar nicht; sie kannten nur heidnische Geister. Mißgünstige Nachbarn hatten sie samt Kindern und Weibern auf den Fluß rtrieben, und nun, da es Nacht ward, suchten sie nach einem festen Ort, wo sie ihre Netze bergen könnten. Gab ihnen denn niemand ein günstiges Zeichen? Doch, die Geister taten das. Oder auch Gott, der in diesem Fall das Huhn war. Unter einem Strahl der sinkenden Sonne, der "die ganze Landschaft mit einem wundersamen Glanz erfüllte, gewahrte das Flußvolk plötzlich "eine Henne, die sich und ihren Küchlein einen sicheren Ruheplatz suchte für die Nacht, mit ihrer kleinen Schar einen Hügel hinan ging und sich mit ihrer Brut im Heidekraut rbarg. Die Flüchtlinge folgten ihr, schlugen Hütten auf auf dem Hügel, und "dieser Hügel sollte fortan der Hort der Freiheit sein. Mit anderen Worten: die nachmalige Stadt Bremen, gelegen am nachmals so genannten Weserfluß.

Erfunden worden ist diese Erfindungeines Ortes freilich erst 1844. Nachdem die Brüder Grimm ihre "Kinder- und Hausmärchen, Brentano und von Arnim ihre "alten deutschen Lieder ("Des Knaben Wunderhorn) gedichtet hatten, rlangte es auch die Bremer nach eigenen "Volkssagen. Der rkrachte Theologiestudent Friedrich Wagenfeld tat ihnen den romantischen Gefallen und dachte sich welche aus. Wichtig dabei: Der Begriff "Freiheit mußte oft genug und möglichst emphatisch rwendet werden.




Denn es gibt nichts, worauf sich der Bremer von jeher mehr eingebildet hätte. Notgedrungen fürchtete er Gott und den Kaiser, nachdem Karl der Große ihm mit Feuer und Schwert das Heidentum endgültig ausgetrieben hatte. Aber bereits die Gewohnheit des Erzbischofs, der Stadt in ihre Geschäfte hineinzureden, mochte die Bürgerschaft nicht leiden. Darum setzte sie dem geistlichen Herrn, der seine Macht im Dom ausübte, ihre berühmte Rolandstatue vor die Nase. Auf dem Schild dieses steinernen Riesen steht seit 1404: "Vryheit do ick jo apenbar - Ich rkündige Euch Freiheit. Er rkündigte diese während der Reformation (der sich die Bremer rasch anschlössen, um ihren Erzbischof loszuwerden), während der "Franzosenzeit (1811 bis 1813 gehörte die Stadt zum Empire Napoleons) und sogar während der offenbaren Unfreiheit, die die Nazi-Herrschaft auch für Bremen bedeutete. Bis auf den heutigen Tag nennt sich Bremen eine "Freie Hansestadt und bildet, gemeinsam mit der rund 60 Kilometer in Richtung Meer entfernten, 1827 gegründeten Schwestergemeinde Bremerhan das kleinste aller 16 deutschen Bundesländer.

So klein ist es in der Tat, daß eine gehässige Anekdote behaupten darf, der Schauspieler Werner Krauß, in den fünfziger Jahren zu einem Gastspiel an die Weser geladen, habe auf dem Weg von Hamburg im Zug nur ein kurzes Nickerchen gehalten - und schon sei er an der Stadt vorbeigerauscht und bereits in Osnabrück gewesen. Die Perfidie dieser Geschichte schmerzt doppelt, wenn man die außerordentlich schurkische Rolle bedenkt, die Hamburg über die Jahrhunderte im Bewußtsein der Bremer zu spielen hatte: die eines äußerst unbeliebten Konkurrenten nämlich. Denn leider besaß -und besitzt! - auch Hamburg Seehäfen, die als nennenswert zu bezeichnen man auch an der Weser nicht umhinkann. Selbst das Huhn, das am Anfang war, geriet zeitweise in den Streit beider Städte - genauer gesagt seine "Küchlein. War bei uns soeben das "Bremer Kükenragout zum Nationalgericht ausgerufen worden, so rkniff man es sich an der Elbe nicht, bald darauf ein "Hamburger Kükenragout auf die Karte zu setzen. Ein andermal fingen es die Bremer geschickter an. Wohl wissend, daß sie sich in ihren rustikalen Eßgewohnheiten von den Hamburgern nur willkürlich unterscheiden ließen, warteten sie in Ruhe ab, wie wohl die Konkurrenz ein für seine Deftigkeit weithin berüchtigtes Wintergemüse taufen würde. Die Hamburger entschieden sich für die Bezeichnung "Grünkohl - wenig originell! So daß die Bremer ihre unrwechselbare Identität mit Anmut zu wahren wußten, indem sie diese an sich wohl wirklich etwas grünliche Spezialität ganz einfach "Braunkohl nannten.

Viel Welt und wenig Gegend
Daß sich kleine Nachbargemeinden dieser f mensgebung anschlössen, störte niemand Man blickte etwas hochnäsig auf die plö Trostlosigkeit und Langeweile der "Gegend i Bremen herum - darauf brauchte hier niema eifersüchtig zu sein. "Die Welt dagegen - i war erstens und vor allen Dingen unsere fat hafte "Stadt am Fluß. Und dann kam lange. nichts mehr; tagelang nur Wasser, auf dem rr seine Schiffe ausfahren ließ: die Weser hinun dann in die Nord- und Ostsee, später auch ül den breiten Atlantik oder sogar noch we weg. Für den Bremer fand die Welt ihre Fort; zung nicht in irgendwelchen Dörfern oder P vinzen, sondern in Städten, mit denen man h, dein konnte: in Brügge oder Bergen, in Lonc oder in Riga. Da es sich erwiesen hatte, daß den Säulen des Herakles das Meer nicht Nichts rdampfte, fanden bremische Kauft, rer bald ihren Weg an Afrikas Westküste. L als Kolumbus die Alte Welt mit einer Nei beglückte, schickten sie sich an, auch den daz schenliegenden Ozean zu erobern, um il Waren an so entfernten Plätzen wie New V oder Rio de Janeiro umzuschlagen. Die "( gend mochte unterdessen von Schwec regiert werden, sich Königreich Hanno nennen oder Preußen - mit der "Welt ha sie nichts zu tun. Noch um die Wende zi 20. Jahrhundert konnte Heini Holtenbeen (Holzbein), ein für seine Sprüche beliebtes Bremer Original, die dünkelhafte Geringschätzung der Bremer für die Hinterwäldler ringsum so ausdrücken: "Wenn die Welt untergeht, gehe ich nach Hannor - da hab' ich Verwandte. Aber vielleicht durfte Bremen sich damals, für einen kurzen historischen Moment, tatsächlich als kleine "Weltstadt aufspielen. Während hochberühmte Handelsplätze wie Lübeck oder Brügge allmählich in musealer Beschaulichkeit rsanken, hielt die Hansestadt an der Weser noch einmal Schritt mit dem Zeitgeist, boomte und expandierte. Die moderne, an der äußersten Außenweser gelegene Filiale Bremerhan garantierte schnelle Wege über den Atlantik; tunlichst wurden diese mit eigenen Schiffen zurückgelegt, hergestellt auf den modernen Werften der Stadt, betrieben von ihren weltberühmten Reedereien. Der Name "Bremen prunkte am Bug der Flaggschiffe des Norddeutschen Lloyd und gewann beträchtliche Popularität vor allem an der Ostküste Amerikas. Nachdem sich die englischen Kolonien dort drüben für unabhängig erklärt hatten, waren die Bremer unter den ersten Europäern, die die neuen Vereinigten Staaten formell anerkannten - nicht zum Nachteil für ihren Geschäftsbetrieb. Bremen wurde zu einer ak- und Baumwollstadt, die sich beeilte, die zur Weiterrarbeitung der importierten Güter notwendigen Industrien gleich dazu anzuschaffen. Am bekanntesten freilich wurde die Stadt durch ein Genußmittel, dessen rohe Bohnen sie sich aus Lateinamerika besorgte, um diese dann vor Ort und in großem Stil fleißig zu rösten: durch Bremer Kaffee. Um all ihre schönen Waren und Produkte auch rkaufen zu können, war freilich die Stadt jederzeit auf ihr Hinterland weit dringlicher angewiesen, als es der bornierte Lokalstolz eines Heini Holtenbeen wahrhaben wollte. Mit Genugtuung kann deshalb die lokale Literaturwissenschaft rzeichnen, daß sich Hans Castorp, der (leider hamburgische) Held in Thomas Manns Roman "Der Zauberberg, seine Lieblingszigarre "Maria Mancini aus Bremen in den Schweizer Luftkurort Davos schicken ließ: "Kostet wenig oder nichts, neunzehn Pfennig in reinen Farben, hat aber ein Bukett, wie es sonst in dieser Preislage nicht vorkommt. Hans Castorp, als Kaufmannssohn, konnte sich das leisten. Aber auch diejenigen, die sich im Hinterland eine akware "Postre de Banquete aus Bremen nicht mehr leisten konnten, machten damals Bekanntschaft mit der Stadt - massenhaft. Das letzte, was zwischen 1784 und 1958 fast sieben Millionen Menschen von Europa sahen, waren die Auswandererhäfen an der Weser. Mißernten, politische Verfolgung und epidemisch rbreitete Arbeitslosigkeit sorgten dafür, daß die Schiffe, die in den bremischen Häfen ihre amerikanischen Waren gelöscht hatten, nicht leer über den Atlantik zurücksegeln, später -dampfen mußten. An Bord waren nicht nur Deutsche, sondern auch "Transitwanderer aus Rußland und Österreich-Ungarn, darunter viele Juden und Polen. Auch ihrem Elend rdankte Bremen sein Glück.

Die Provinz rächt sich
Wenn die soziale Empfindlichkeit über dieses Thema ein wenig hinweggegangen ist, so vor allem wohl deshalb, weil die Stadt selbst inzwischen begonnen hat, sich für eine Art Armenhaus zu halten. Binnen weniger Jahrzehnte haben sich ihre Lebensbedingungen radikal rändert und umgekehrt; so, daß mancher tatsächlich schon nach Hannor geflüchtet sein mag, in der Meinung "die Welt, Bremen also, sei überhaupt längst untergegangen. Stimmen werden laut, die "die Freiheit, auf die wir uns so lange so Großartiges eingebildet haben, wahrhaftig für eine eingebildete halten; insofern nämlich, als das Land und seine beiden Kommunen komatös an den Steuertröpfen von Bund und anderen Ländern dahinsiechten, wodurch das notwendige Kollabieren aber nur schmerzhaft rzögert werde. Die traditionellen Industrien brechen zusammen oder kränkeln dahin; nicht nur neue Gewerbe, sondern auch alte Bremer siedeln sich jenseits unserer "Grenzen an: in der einst rachteten "Gegend nämlich, die heute zu Niedersachsen gehört und dank ihres gewachsenen Steueraufkommens einen fetten "Speckgürtel um das arme Bremen legt. Es gibt Umfragen, wonach die überregionale Bekanntheit der Stadt sehr zu wünschen übrig lasse, von ihrer Beliebtheit ganz zu schweigen. Denn diese sei schlechterdings nicht mehr auffindbar. Beinahe scheint es, als sei die Stadt der Welt abhanden gekommen.

Wie auch umgekehrt die Welt ihr abhanden gekommen ist. Seit geraumer Zeit läßt der internationale Verkehr unsere ruhmreichen Häfen links liegen. Wer nach Amerika will, braucht dazu keinen umständlichen Dampfer mehr; er fliegt schnell über Frankfurt. Und wer einen Container rschifft, der erledigt dies ebenso praktisch über Rotterdam. Andererseits halten durchaus noch Züge in Bremen, die in der Provinz nicht halten, und einen richtigen Verkehrsflughafen gibt es schließlich auch. Sehr rasch könnten Reisende aus Frankfurt oder London, aus Amsterdam oder Paris an die Weser gelangen - wüßte man ihnen hier nur wieder etwas mehr anzubieten als Frust und Lamento, Jammer und Selbstmitleid. Mit dieser Stadt, ihrer stolzen Geschichte, ihrer unternehmungslustigen, geschäftstüchtigen Bürgerschaft sei plötzlich kein Staat mehr zu machen? Haben wir uns denn diese schönen und volltönenden Attribute alle nur ausgedacht - so, wie uns einst der Sagendichter Wagenfeld die urbremischen Hüttenbauer nur erfunden hat? Aber nein, woher denn, bei Gott: Da lachen ja die Hühner! Und auf die war bekanntlich schon immer Verlaß in Bremen: von Anfang an.

Schmuckstück des Bremer Marktplatzes ist das historische Rathaus mit der Fassade im Stil der Weserrenaissance. Daneben erhebt sich der St-Petri-Dom, rechts davon auf dem historischen Gelände der einstigen Börse die moderne Glasfassade des Bremer Landesparlaments, der "Bürgerschaft.

Zu den Wahrzeichen der Wesermetropole gehören die Bremer Stadtmusikanten. Obwohl Esel, Hund, Katze und Hahn die Stadt nie erreichten, ließen die Bremer Ratsherren die Grimmschen Märchenuren vom Bildhauer Gerhard Marcks in Bronze gießen.

Die Wallanlagen schmiegen sich als grüner Gürtel um die Altstadt Bremens. Die Mühle auf der Gießhausbastion ist die letzte erhaltene von einst zwölf Mühlen, die hier standen.

Die Böttcherstraße ist das Werk des Kaffeekaufmanns Ludwig Roselius, der sie Anfang des 20. Jahrhunderts erwarb. Für die ungewöhnliche Architektur aus den 1920er Jahren zeichnet vor allem der Bildhauer und Baumeister Bernhard Hoetger rantwortlich.

Im Schnoorviertel mit seinen bis zu fünfhundert Jahre alten Häusern treffen sich Bremer und Bremen-Besucher zum gemütlichen Plausch und zum Einkaufen in den zahlreichen Kunst- und Kunsthandwerkerläden.

Bremerhan wurde erst im Jahr 1827 gegründet, weil Bremen dringend einen neuen, größeren Hafen benötigte. Über sieben Millionen Menschen sind von hier aus im 19. Jahrhundert voller Hoffnung aufgebrochen, um in Amerika eine neue Heimat zu suchen. Mit dem Containerterminal wurde der Anschluß an den Schnellgüterrkehr unserer Zeit hergestellt.

Das zum Bundesland Bremen gehörende Bremerhan liegt 66 Kilometer nördlich der "Mutterstadt an der Wesermündung. Zwischen dem Weserdeich und dem alten Hafen befindet sich das Deutsche Schiffahrtsmuseum.

Seit 1900 steht dieser nur 15 Meter hohe, architektonisch reizvolle Leuchtturm an der Ostseite der Bremerhaner Kaiserschleuse. Er heißt Pingelturm, weil er mit einer kleinen Nebelschallglocke rsehen ist.







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