Von Burgen und Burgherren
Auf jeden groben Klotz gehört eine Burg! Exakt 170 sollen es über die lahrhunderte hinweg allein in der Fränkischen Schweiz gewesen sein. Seltener als Wasserburgen (wie in Kunreuth), umso mehr aber als Höhenburgen auf bizarrem Fels, zeugen sie n niederem und hohem Adel, Krieg und Streit und nur allzu oft m Leid der Bevölkerung.
Die düsleren Donjons kamen aus der Mode, Wohngebäude (Kemenate! und Bergfried in der slau-fischen lechnik des Buckelquader-Mauerwerks, Gräben und Wehrmauern nutzten das Terrain bis zum äußersten Felsrand aus, an den sich manchmal abenteuerlich die Burgkapelle klammerte. Mächtige Territorialherren wie die Herzöge n Meranien, Fdelhcrrcn n Schlüsselberg, Bistum Bamberg, Reichsstadt Nürnberg und die expandierenden Nürnberger ßurg-und Markgrafen n Brandenburg-Kulmbach zogen im 13. Jh. nach, um die Hauptverkehrsadern zu sichern, die anfangs die sumpen Täler zu Gunsten der Hochfläche mieden.
Indes nagten Reichs-, Agrarkrisen, Erbteilung und der Blutzoll bei Fehden und Scharmützeln an der dynastischen Potenz, die Instandhaltung der Gebäude verschlang Unsummen. Adelige Sippen trugen daher schon im 14. Jh. ihre Behausung mächtigen Nachbarn zu Lehen auf, verpfändeten, verkauften oder starben ganz einfach aus. 1525 rüttelte der Bauernkrieg erstmals an der gottgewollten Ordnung, als sich der Hass der armen Bevölkerung auf die Blulsauger in einer Zerstörungsorgie entlud, fast ausschließlich auf Bamberger Territorium. Manche Burgen wie Bärnfels und Wolkenstein blieben danach der Natur überlassen, Gößweinstein mussten die Aufrührer in Fron wieder aufbauen. Knapp 30 Jahre später überboten sich im zweiten Markgrafenkrieg beide l'ar-teien im Mordbrennen des jeweiligen Besitztums.
Die letzte große Modcrnisie-rungswelle nach den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges schuf repräsentative Schlösser, keine Wchrbau-len mehr. Der Adel hielt weiterhin auf Distanz zum »gemeinen Volk«. So entstand das Renaissanceschloss Wiesentfels, Greifenstein überm Leinleitertal wurde barock umgerüstet. Beide gehören zu rund 40 Burgen und Schlössern, die bewohnt oder zumindest bewohnbar sind. Und auf Unteraufscß und Egloffstein ziehen immerhin bis heule Nachkommen der ersten Erbauer die Familienfahne hoch.
Schindluder mit dem touristischen Kapital trieb nach 1803 das Königreich Bayern, das in Fixierung auf die Münchner Residenz die fränkische Hinterlassenschaft äußerst stiefmütterlich behandelte. Der hohen Kosten wegen wurde manch malerische Ruine zum Alabruch verkauft, ein unersetzlicher Verlust - r allem in Bezug auf das Renaissanceschloss Streitburg und das Alte Schloss Wai-schenfeld.
Chor und Chörlein -Architektur sakral und profan
Ein größerer Kontrast ist kaum denkbar! Nürnberg zelebriert in den Hauptkirchen eine Mischform aus Romanik und feinster Gotik, die Fränkische Schweiz schwelgt augenscheinlich in Barock. Dabei ist eine erkleckliche Zahl von Orten auf der Alb um einiges aller als die Reichsstadt. Vom Bistum Würzburg aus missioniert, entstanden schon im 9. Jh. zehn Urpfarreien, die zahlreiche »Töchter« zeuglen. Sieht man aber genauer hin, dann entpuppt sich so mancher Kirchturm zumindest im Untergeschoss als romanisch (Kirchehrenbach, Poltenslein).
Mit wachsender Bevölkerung platzten die ersten winzigen Dorfkirchen aus allen Nähten. Das erklärt die rege Um- und Neubautätigkeit in der Gotik (14/15. Jh.) jedoch nicht allein. Der neue Stil kam in Mode, kriegerische Drangsal lieferte weitere Gründe. Wehrkirchen dienten als Zuflucht für Mensch und Vieh. Kraflshof (Knoblauchsland) oder Ef-feltrichs berühmte Kirchenburg sind Paradebeispiele dafür, desgleichen Hohenpölz (bei Heiligensladt).
Wenn auch Gotik, man gab sich bescheiden. Die einschiffige Form blieb die Regel, Forchheims drei-schiffige Martinskirche die Ausnahme. Ganz andere Mittel standen derReichsstadt Nürnberg zur Verfügung, um romanische Substanz gotisch aufzupeppen. Architektonische Maßstäbe setzte der gotische Hallenchor (1361 -79) der Sebaldus-kirche, in dem das romanische Querschiff aufging. Die optische Visitenkarte der l.orenzkirche, die im 14. Jh. konstruierte doppeltürmige Westfassade mit der achtteiligen Fensterrose, zitiert höchst effektvoll die Ornamentik der Deutschen Sondergotik«. Im Innern beider Kirchen glaubt man sich angesichts der Häufung bedeutender Kunstwerke des 15/16. Jh. wie in einem Museum. Die Egidienkirche, deren gotische Vorgängerin ein Brand zerstörte, ist das einzige Nürnberger Gotteshaus im Stil des Barock.
In der Fränkischen Schweiz hingegen gehen einem ob der Fülle beinah die Augen über. Trotz der unvorstellbaren Armut damals gibt es kaum einen Ort ohne eine nach den Brandwunden des Dreißigjährigen Kriegs barock eingekleidete oder gänzlich neu erbaute Kirche, wobei sich beide Konfessionen in der üppigen Ausstattung wenig unterscheiden. Zwei Merkmale lassen in der Kegel auf evangelisch tippen: der überaus beliebte Kanzelaltar (z. B. Egloffstein und Klaussteinkapelle), der wie der katholische Tabernakelaltar dem Ideal der Raumeinheit Rechnung trug, und die Emporen. Aus Geldnot kam man nämlich auf den Dreh, die Sitzplätze, auch des Gestühls (z. B. in Auf-seß oder Krögclstein mit Türen gegen Zugluft), zu vermieten. Unten saßen die Frauen, oben die Männer (in Betzenstein auf Reitsitzen). Stall der Wände bemalte man die Brüstungen mit Bildmotiven der Hl. Schrift. In Heiligenstadt ist noch der gesamte Zyklus erhalten.
Der Nothelferaltar in Regensberg mit dem stilisierten Baum wirkt wie ein Sinnbild für die vielen schönen Blüten fränkischen Baucmbarocks. Vor Balthasar Neumann, dem Planer von Gößweinsteins Basilika, brauchen sich fränkische Baumeister wie )oh. Michael Küchel, Wenzel Schwesinger oder Martin Mayer keinesfalls zu verstecken.
Slararchitekt Helmut Jahn hingegen bekommt hierzulande kein Bein auf die Erde, anderswo baut der »Franke aus Chicago« in den Himmel hinein, zuletzt das Berliner Sony-Center. Das einzige Projekt des gebürtigen Zirndorfcrs für Nürnberg, die Bebauung des Augustinerhofs, wurde 1996 als »aufgeplatzte Bratwurst« diffamiert per Bürgerentscheid gekippt. Man setzt in der Altstadt eben auf eine durchaus reizvolle allfränkische Tradition. 1616 verfügte der Rat ausschließlich Massivbauten »zur Verschonung des Waldes und Abwendung der Feuergefahr«. Zierrat war verpönt, die Fassade gibt sich daher betont schlicht. Umso auffallender die Chörlein, hrker aus Stein und I lolz, die sich gehäuft in der Füll und Alb-recht-Dürer-Straßc unterhalb der Burg finden. Zunächst Chor einer Hauskapelle, hatten sie vom 15. |h. an rein optische Qualität. In den Innenhöfen mil umlaufenden Holzoder Sleingalerien trumpften die wohlhabenden Kaufmannsfamilien aber sehr wohl auf.
In der Fränkischen Schweiz ist mit der Landwirtschaft das funktionelle Wohn-Stall-Haus auf dem Rückzug. Der Schwarzwald-Balkon verdrängt die Ruhebank vor und die traditionelle Laube hinterm Haus. Misthaufen stinken kaum mehr zum Himmel, stalldessen empfängt die Gäste einladend üppiger Blumenschmuck. Trotz Baumarkt-Globalisierung aber erkennen Gemeinden, Vereine und Bürger sich und ihr touristisches Kapital in der Bewahrung regionaler Eigenart wieder.
Höhepunkte der Kunst in Nürnberg
Die rundum faszinierende Ausstellung »Nürnberg - Kunst der Gotik und Renaissance«, die die Fülle des kulturellen lebens der Reichsstadt im Zeitraum 1300-1550 mit vielerlei Exponaten dokumentierte, wurde 1986 zuerst im New Yorker Metropolitan Museum of Art mit großem Erfolg gezeigt. Einer staunenden Öffentlichkeit wurde be-wussl, dass außer der Galionsfigur Albrechl Dürer eine ganze Reihe bedeutender Künstler und Kunst handwerker Werke schuf, die zu den Schätzen internationaler Museen zählen.
Auf dem Gebiet der Malerei giltdas speziell für Hans Pleydenwurff, den Dürer-Lehrer Michael Wohlgemut, die zeitweiligen Dürer-Mitarbeiler Hans Baidung Crien, Wolf Traut und / lans Leonhard Schäufelein, außerdem Hans Süss von Kulmbach und Georg Plencz im Dunstkreis des Meisters. Die Grenzen zu anderen Ausdrucksformen sind nicht selten fließend. So entstanden farbenprächtige Ciasfenster (sog. Kabinettscheiben) in Veit Hirsvogels d. Ä. Werkstatt nach Vorlagen Kulmbachs. Altäre waren häufig Gemeinschaftsarbeiten, wobei der entwerfende Maler in eigener Verantwortung Schreiner, Bildhauer und Vergoldcr als Subunternehmer engagierte. Gängige Praxis noch bei Wohlgemut, während schon Veit Stoß Wert auf eine eigenständige Ausführung des Auftrags legte, nicht nur Finzelfiguren, sondern Altäre komplett schnitzte. Umgekehrt ist bei einer weiteren Nürnberger Do-mäne, dem Messing- und ßronzc-guss, nur der Name des Gießers überliefert, allen voran Pefer Vischer und seine Hütte, während der Schöpfer des Holzmodells anonym blieb. Als Vierter im Bunde herausragender Persönlichkeiten tritt Adam Kraft als Steinbildhauer in Erscheinung.
Aufträge gab es mehr als genug. Gold- und Silberschmiede trieben und gössen üppig verzierte, fantasiereich geformte Trinkgefäßc, Pokale, Becher u. v. a. Die vornehmen Familien bestellten Wappenschildc en masse und ließen sich selbstbcwusst porträtieren. Auf Studienreisen ins Renaissance-Mutterland Italien, zu dem ja schon beste geschäftliche Kontakte bestanden, holte sich nicht nur Albrecht Dürer Anregungen zu Maltechnik und menschlicher Proportion.
Die New Yorker Ausstellung schöpfte u. a. dank der Sammlungen des Germanischen Nationalmu-scums aus dem Vollen. Was die Präsentation in den USA nicht bieten konnte, war anschließend in Nürnberg Teil des Konzepts: nicht nur Museumsbesuch, sondern zahlreiche Objekte in den Kirchen - und die Stadt selbst als Gesamtkunstwerk.
Pachelbel-Rap und Piano Man
1997 landete der Rapper Coolio mit l C U when U get thcrc einen Volltreffer in den Charts. Anders als andere vor ihm, die lediglich die markante Akkordfolge kopiert hatten, schlachtete er Johann Pachelbels (1653-1706) Kanon in D-Dur ungeniert aus und lieferte damit ein weiteres Beispiel für die Faszination dieses Stücks, das in der Originalver-sion auf kaum einem populären Klas-sik-Sampler fehlt. Pachelbels übriges Werk ist hingegen nahezu vergessen. Zu Lebzeiten war der Absolvent der Universität Altdorf, Lehrer von J. S. Bachs ältestem Bruder und ab 1695 Organist an St. Sobald eine Berühmtheit. Und der letzte große Repräsentant der Nürnberger Schule«, die bedeutende Komponisten hervorbrachte wie Johann Staden. Leon-hard Lechner (1553-1606) und Hans Leo Haßler (1564-1612) hingegen begründeten (Jen Ruhm der Stadt als Zentrum der Liedpflege. Sie alle schöpften aus einer reichen geistlichen (Klöster) und urbanen Musiktradition (Stadtpfeifer), die schon im 14. Jh. nachweisbar ist.
Neben dem Liederbuch des Hartmann Schedel entstand im Schülerkreis des gefeierten Virtuosen »aller Instrument« Konrad Paumann (1415-73) das Lochamer Liederbuch«. Nürnbergs Position als Musikstadl hielt bis zum 18. Jh., auch im Inslrumentenbau. Rotschmiede wie Hanns Franck fertigten schon im 15. |h. Blechblasinstrumente allerbester Qualität, Johann Christoph Denner (1655-1707) und seine Söhne gelten mit ihrem Klappen-Chalumeau als Erfinder der Klarinette. Führend im Verlagswesen seit der Dürer-Zeit, druckte man auch Musikalien an Ort und SIelle. Mit Ende der Freien Reichsstadt 1806 ging es mit der Kirchenmusik bergab.
Keinen Komponisten von Weltrang hielt es mehr in Nürnbergs Mauern, auch nicht Hugo Distlcr, Schöpfer der Choral-Passion oder des Mörike-Chorliedcrbuchs, der, an kulturellen Restriktionen und dem Grauen des Kriegs verzweifelnd, 1942 in Berlin den Freitod wählte. Kantoren wie Hermann Harrassowitz (St. Lorenz) und Werner Jacob (St. Scbald) retteten die Tradition in unsere Tage, Letzterer auch als Komponist und langjähriger künstlerischer Leiter der Internationalen Orgelwoche, deren Jo-hann-Pachelbel-Preis für die beste Interpretation an die Vergangenheit anknüpft.
1998 wertete der bayerische Staat die fränkische Provinz mit einer weiteren Musikhochschule durch die Fusion des Nürnberger Konservatoriums mit dem in Augsburg auf. Zwei Orchester der Region spielen im bundesweiten Konzert mit: die aus der Musikpflege des 19. Jh. entwachsenen Nürnberger Philharmoniker und die Bamberger Symphoniker, denen nach dem Zweiten Weltkrieg böhmische Musiker zu Wellruf verhalfen. Opcrnkomponislen von Rang entsprossen fränkischem Boden nicht, trotz architektonisch kostbarer Spielstättcn. Wilhelmine von Bayreuth, selbst musikalisch aktiv, schuf das Rokoko-Iuwel des Mark-gräflichen Opernhauses. An Nürnbergs 1905 fertig gestelltem Opernhaus vergriff sich Reichskanzler I litler, da ihm das Jugendstil-Interieur nicht passte. Die Saison 1935 ließ er natürlich mit Die Meistersinger von Nürnberg« seines Lieblingskomponisten Richard Wagner eröffnen. Dieser war 100 Jahre zuvor nach zwei Besuchen der Stadt zu seiner einzigen Komödie angeregt worden. Als Protagonisten wählte er einst real existierende, biedere Handwerker und Meistersinger. Sie alle versetzte er ins 16. Jh., um sie Hans Sachs zuzuordnen, dem größten Poeten aus der letzten Blütezeit des Meistergesangs.
1995 trat in Nürnbergs Meistersingerhalle ein Weltstar auf, dessen jüdische Familie (Besitzer eines großen Versandhauses, das Neckermann billig erwarb) 1934 aus Nürnberg vor den Nazis geflohen war. Piano Man« Billy Joel kam mit Vater, Bruder und gemischten Gefühlen in »ein Stück Heimat für mich«. Rio Reiser, Fronlman der Anarcho-Band Ton, Steine, Scherben ist Rockgeschichtc, dass aber Marusha, Techno-Star mit Nürnberger Wurzeln, in einer hiesigen Disco erstmals auflegte, dürfte selbst die Rave-Szene überraschen.
Schweig Bub und schreib!
»Schweig Bub« wird der Konfirmand in des Nürnbergers Fitzgerald Kusz Erfolgskomödie immer wieder ermahnt. Nein, schweigsam sind die Franken nicht gerade. Der oberfrän-kische Philanthrop lean l'aul (1763-1825) etwa hatte in blumigem Stil mit groteskem Witz sehr viel zu sagen, was ihn letztendlich zum Klassiker machte. Pädagogische Exkurse in Lcvana oder skurrile Figuren wie das Schulmeistcrlein Wuz zeigen die typische »Versessenheit aufs Detail« (Wolfgang Buhl), kombiniert mit der Lust am Erzählen.
Das gilt ebenso für die Minnesänger Wolfram von Eschenbach und Tannhäuser (s. S. 80). Dahingewelkt ist Wirnt von Cravenbercs Ruhm, dessen Versepos Wigalois das Vorbild für etliche Artusromane abgab und bis ins 19. Jh. kolportiert wurde. Kein Problem hingegen hat Hans Sachs (1494-1576) dank Fasnachtsspielen, Possen, Goethes Lob in Dichtung und Wahrheit« und natürlich Wagners Oper. Anders als der »Schuster und Poet dazu« gehörte Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658) der Patrizierklasse an. Er würde sich im Grab umdrehen, wüsste er, dass sein Poctischer Trichtere, eine Theorie der »Teut-schen Dicht- und Reim-Kunst«, zum Schlagwort vom Nürnberger Trichter verkommen sollte. Gleich anderen Barockern zog Harsdörffer gegen fremdwörterische Verwilderung zu Felde wie heutige Sprachhüter gegen Anglizismen - und flüchtete mit den Poeten seines Pegncsischen Blumenordens vor dem Grauen des Dreißigjährigen Kriegs in Schäferspiele im Irrhain (5. S. 114).
Immerhin scheint im zuweilen als »literarische Steppe« bespöttelten Franken der Nährboden so gut sein, dass das Allroundgenie f. T. A. Hoffmann (1776 1822) in vier jähren Bamberg zum Dichter von Weltrang reifte. Ohne Domstadl-Kulisse und Theaterjob als Musikdirektor sind so dämonisch-fantastische und ironische Geschichten wie iLebens-Ansichten des Katers Murr nicht denkbar - und er selbst als Opernstoff für Jacques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen! Der Erlangcr Professor Friedrich Rücken (1778-1866) aber wäre trotz seiner Türöffner-Rolle zur Literatur des Orients ohne Mahlers Vertonung der Kindertotenlieder nur ein Fall für Experten. Dem Nürnberger Georg Friedrich Daumer (1800-1875) ginge es ähnlich, hätte der zeitweilige Lehrer des Findlings nicht als Autor den Kaspar-Hauser-Mythos zu verantworten.
Fasziniert von Hausers Schicksal war auch Jakob Wassermann (1873-1934), von Thomas Mann hoch geschätzter Romancier. Zeitlebens schriet; er gegen »die Trägheit des Herzens« an, ist aber trotz der Verfilmung von Der Fall Mauritius« fast vergessen. Hoffnungsvoll stimmt ein Lileraturpreis seiner Heimatstadt Fürth, den 1999 Hilde Domin erhielt. Der in Nürnberg aufgewachsene Hermann Kosten (1900-96) stand ihm im leidenschaftlichen Eintreten für Gerechtigkeit, Toleranz und Humanität nahe. Nach der Flucht 1933 wurde der »Dichter im Cafe« als Lektor in Amsterdam zum Vater der Emigrantcnliteratur und in den USA zum Retter verfolgter Poe-tcn-Kollegen. Den P.E.N.-Präsiden-ten und Büchner-Preisträger machte Nürnberg zum Ehrenbürger.
Hans Magnus Enzensbcrgcr 1929, ebenfalls Ehrenbürger mit Jugend in Nürnberg, schuf sich als Kursbuch-Hcrausge(er und lyrischer Seismograph gesellschaftlicher Konflikte nachhaltigen Ruhm. Anders die Nürnbergcrin Gisela Flsncr (1937-92), um die es nach dem Erfolg ihrer Spießbürgerkritik Die Ricsenzwer-ge still geworden war, woran auch 1991 der Kulturpreis ihrer Heimatstadt nichts änderte. Erst im Jahr 2000 holte der Film des Sohns Die Unbe-rührbare wieder in die Medien zurück. Bambergs Karlheinz Peschner hingegen profiliert sich als unbeirrter Streiter gegen I leuchelei unter christlichem Deckmantel, sein Landsmann Gerharde. Krischkcrals neben Kusz originellster (Mundart) Aphorist.
Festival Fer
Fürth: Internationales Klezmer Festival
Seit 1988 leben in Konzerten, Filmen, Ausstellung und Jam Session alle Facetten jüdischer Kultur wieder auf, mit Klezmer im Zentrum; März, gerade Jahre, Tel. 09 11/ 7 40 66 15.
Nürnberg/Fürth/Erlangen/Schwa-bach: Internationales Figuren-thcaterfestival
Zauberhaftes, größtes deutsches Festival mit Spannbreile vom Puppenspiel bis zum modernen Licht-uiid Bewegungsthcaler; Anfang Mai, ungerade Jahre, Tel. 0911/ 2 31 33 27.
Nürnberg: Jazz Ost-West 1966 vom JazzSludio initiiert, zu den großen europäischen, grenzenlosen Festivals zählend, seit 1988 . Internationaler Jazzpreis Nürnbergs Mai, gerade Jahre, Fei. 09 11/ 2 31 25 30.
Nürnberg: Rock im Park Internationales Open Air mit Rock-Gurus, Stars der Szene und Newco-mern; Frankenstadion, Zeppelinfeld usf.; Pfingsten, Tel. 09 31/2 30 21. Nürnberg: Musica Franconia Internationale Festtage Aller Musik an historischen Schauplätzen; Juni, Tel. 0 91 23/95 44 91.
Erlangen: Internationaler Comic-Salon
Fantreff der meunten Kunst bei Ausstellungen, Film, Börse, Talks, Comic-Zeichnern, Comic-Preis
Max-und-Moritz; Juni, KongressZentrum Rathausplatz, Tel. 0 91 31/ 86 28 39.
Nürnberg: Internationale Orgelwoche Nürnberg (ION) Seit 1952, Weltruf als »Europas größtes Fest der Musica Sacra«; Ende Juni/Anfang Juli, Tel. 09 11/ 2 14 44 88.
Ebermannstadt: Burgfest Fetzige Musik auf der Burg über Fberniannstadt, veranstaltet von der dortigen lugendbildungsstätle; 1. Julisonntag, Tel. 0 91 94/7 67 40.
Nürnberg: Rock im Burggraben Fränkische Bands rocken bei Ireiem Eintritt um die Wette; Mitte Juli, Graben der Kaiserburg, Tel. 09 11/ 2 31 33 27.
Erlangen: ARENA, Internationale Woche des Jungen Theaters Seit 1991 Forum für Theaterschaffende aus aller Welt, mit Vergabe des ARENA-Preises; Juli, Tel. 0 91 31/8 52 39 22.
Nürnberg: Bardentreffen Stimmungsvolles internationales Open Air in der Altstadt mit Liedermachern, Folk, Rock und bunlem Publikum; Ende Juli/Anfang August, Tel. 09 11/2 31 34 11, Fintritt frei.
Nürnberg: st. katharina open air Die Ruine als attraktive Bühne außer beim Bardentreffen u. a. bei Hans-Sachs-Spielen; Juli/August, Tel. 09 11/2 31 25 30.
Erlangen: Poetenfest Traditionsreiches Festival mit Lesungen, Matineen, Foren, Diskussionen; Ende August, Tel. 0 91 31/ 86 28 39.
Nürnberg: Gostenhofer Jazztage Internationale Weltmusik-Szene im Multikulti-Stadtteil, auch in Kneipen; Oktober, Tel. 09 11/26 15 10.