Keimzelle der Stadt war ein karolingischer Reichshof, wohl Ende des 8. Jh. errichtet und erst 1041 als »lla publica Cofbuokheim dieta« urkundlich erwähnt. Bereits vor 900 führt allerdings das älteste Ilebe-register der Abtei Werden Klosterbesitzungen in Ortschaften auf, die heute zum Bochumer Stadtgebiet gehören, u. a. in Werinun (=Werne), Treiri (=Langendreer), Lahari (=Laer), Querberga (=Que-renburg), Stipula (=Stiepel). Die Erwähnung von Aldanbockem (=Altenbochum) lässt darauf schließen, dass es zu dieser Zeit auch bereits das >eigentliche< Bochum in der Nähe des Reichshofs gab.
Der Ort war zeitweilig Zankapfel zwischen den Kölner Erzbischöfen und den Grafen von der Mark, die schließlich 1243 laut Urkunde »Grafschaft, Gericht und Hof Cobochem nebst dem Patronat der dortigen Kirche zur Erhaltung der Freundschaft gleichmäßig unter sich teilten«. Die märkischen Grafen waren fortan rechtmäßige Mitbesitzer Bochums; der tatsächliche Einfluss der Kölner Er/.bischöfc blieb gering. Aus einer Urkunde von 1321 geht hervor, dass Bochum damals bereits die Stadtrechte besaß. 1517 und 1581 wüteten verheerende Feuersbrünste. Noch zu Beginn des 19. Jh. war Bochum eine unbedeutende Ackerbürgerstadt. Die meisten Häuser bestanden auf Fachwerk. Die fünf Stadttore waren nur teilweise durch Mauern miteinander verbunden.
Kohle wurde in dieser Region bereits seit dem 16. Jh. nachweislich abgebaut. So verwandte man z. B. 1537 bei Reparaturarbeiten an der Bochumer Propsteikirche Steinkohlen aus Langendreer zum Blei-schmel/.cn. 1735 gab es im Amt Bochum 25 Kleinzechen mit einer Belegschaft von jeweils maximal 12 Personen. Drei Jahre später wurde in der Stadt das Bergamt für die Grafschaft Mark eingerichtet. 1799 experimentierte Franz Dinncndahl auf der Zeche Vollmond in Langendreer erstmals im Ruhrbergbau mit einer - allerdings importierten - Dampfmaschine. Im Laufe des 19. Jh. wurde Bochum dann (neben Gelsenkirchen) zur am stärksten durch den Bergbau geprägten Stadt des Ruhrreers. Im Stadtgebiet förderten zeitweilig mehr als 50 Schachtanlagen ca. V« der gesamten Ruhrkohlc. Noch 1950 war V3 der in Bochum Beschäftigten beim Bergbau tätig. Als letzte Zeche stellte Hannover 1/2/5 in Hordel 1973 den Betrieb schließlich ein.
An die Tradition der Kohleförderung erinnern in Bochum auch heute noch verschiedene Institutionen, so die Westfälische Berggewerkschaftskasse (eine gemeinnützige Gemeinschaftsorganisation des Bergbaus für Forschung, Lehre, Prüfung und Beratung), ein Bergamt, die Fachhochschschule Bergbau, ein >Haus der Geschichte des Ruhrgebiets< (mil bedeutender Bergbau-Bibliothek) und das Deutsche Bergbaumuseum (mit Bergbau-Archiv). Von den Industriebetrieben anderer Branchen ist der >Bochumer Verein für Gussstahlfab-rikation< vorrangig zu erwähnen (heute zum Thyssen-Krupp Konzern gehörig). Als >Nachfolgeindustrie< für den Bergbau entstand seit den 1960er Jahren ein Opel-Zweigwerk in Bochum, das heute der größte Arbeitgeber der Stadt ist. An zweiter Stelle folgt die Ruhr-Universität.
Die Verelfachung des Bochumer Stadtgebiets geschah im 20. Jh. mithilfe von er groß angelegten Eingemeindungsaktionen. 1904 kamen die unmittelbar angrenzenden Gemeinden Hamme, Hof-stede, Grumme und Wientelhausen zu Bochum. 1926 folgten Weit-mar, Hordel, Riemhe, Bergen and Altenbochum, 1929 u. a. Werne, Laer, Langendreer, Querenburg, Stiepel und Dahlhausen. 1975 wurde schließlich die westlich angrenzende Mittelstadt Wattenscheid gegen heftige Widerstände nach Bochum eingemeindet, das heute ca. 395 000 Einwohner zählte.
Das Stadtzentrum
Die Bochumer I lauptkirche, die katholische Propsteikirche St. Peter und Paul (1), geht vermutlich auf eine Missionskapellc zurück, die Kaiser Karl der Große der Überlieferung nach auf dem Gelände des Reichshofs errichten ließ. Nach einem frühen Umbau wurde diese Kapelle durch einen romanischen Bruchsteinbau ersetzt, den man im 14. Jh. zur Hallenkirche erweiterte. In den spätgotischen Neubau, der nach dem großen Stadtbrand von 1517 entstand, wurde der gerettete romanische Chor zunächst einbezogen. Das neue Langhaus, eine gedrungene dreischife Halle mit Sterngewölben, orientierte sich in wesentlichen Zügen an St. Lamberti in Münster. Der hohe Glockenturm musste in der Folgezeit verschiedentlich repariert werden. Um 1810 war er so baufällig, dass herabfallende Steine die Kirchgänger gefährdeten. Der drohende Abbruch konnte mit dem Argument, dass Ansehen der Stadt werde darunter leiden, schließlich abgewendet werden. Die Reparaturkosten wurden durch alle drei in Bochum vertretenen Konfessionen aufgebracht, deren gemeinsamer Besitz dieser Kirchturm bis 1835 war. 1872 legte man den mittelalterlichen Chor der Kirche nieder, um Raum für eine bauliche Erweiterung im neugotischen Stil - Querhaus, neue Apsis und Sakristei - zu gewinnen. Nach graerender Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde das Gotteshaus in manchen Details vereinfacht wieder aufgebaut.
Erwähnt werden sollen noch das spätgotische Sakramentshäuschen der Propsteikirche sowie eine Skulpturengruppc der Beweinung Christi von ca. 1520. Der holzgeschnitzte Christuskopf des >Bladen-horster Kreuzes< über dem Hochaltar barg ein Pergament, das als Künstler den Rektor der Kapelle von Schloss Bladenhorst in Castrop-Rauxel, Bernhard von Waltrop, und als Schöpfungsdatum das Jahr 1352 nennt. Ein weiterer spätgotischer Corpus des Gekreuzigten wurde in den Gnadenstuhl des neugotischen Kreuzaltars von 1884 integriert. Beim neugotischen Maricnaltar bildet ein spätnazareni-sches Gemälde von Franz Ittcnbach den Hauptblickfang. Die Strahlenkranz-Madonna im Mittelschiff ist eine originalgetreue Replik einer gotischen Doppclmadonna um 1500 aus dem Erzbischöflichcn Diözesanmuseum in Paderborn. Das Original entstand um 1500 am Niederrhein.
Eine erste evangelische Kirche Bochums konnte 1655-59 errichtet werden, nachdem die wenig finanzkräftige Gemeinde bei zahlreichen protestantischen Fürsten, Universitäten, Städten, Kirchengemeinden und Bürgern weit über Deutschland hinaus die notwendigen Gelder kollektiert hatte. Der schlichte Saalbau an der Grabenstraße heißt seit 1879 Pauluskirche (2). Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Gotteshaus schwere Bombenschäden und brannte aus. Erhalten blieb u. a. das Westportal, auf dem die Wappen einiger Adelsfamilicn aus der Umgebung angebracht sind.
Von der zweiten evangelischen Hauptkirchc Bochums, der Christuskirche (3) am Willy-Brandt-Platz, blieb nach dem Bombenkrieg nur der neugotischc Glockenturm erhalten. Er wurde 1956-59 durch eine betont moderne Kirche ergänzt, die in ihrem >Dachfaltwerk< an eine Dornenkrone erinnert. Als provokante Kombination von Kriegsruine und Neubau zählt das Bauwerk heute neben der Kathedrale von Coventry in England und der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächt-niskirche zu den eindrucksvollsten Anti-Kriegs-Mahnmalcn in Europa. Ein Mosaik in der Turmkapelle erinnert nicht nur an die Kriegstoten der Bochumer Kirchengemeinde, sondern listet auch die Überfallenen >Feindländer< als Opfer auf.
Auch bei der katholischen St. Marien-Kirche (4) an der Viktoriastraße blieb lediglich der neugotische Glockenturm von Kriegszerstörung verschont. Er beeindruckt durch reichen Fialen- und Strebbo-genschmuck sowie durch einen kunstvoll durchbrochenen Spitzhclm aus Ziegelmauerwerk (Architekt: Gustav Adolf Fischer, 1868-72). Eine holzgeschnitzte neugotische Skulpturcngruppe in der Turmhalle stellt die Heilige Familie dar. Das Langhaus der Kirche wurde nach 1945 in vereinfachter Form wieder aufgebaut. Demgegenüber bietet die katholische St. Josefs-Kirche (5) an der Stühmeyerstraße außen noch weitgehend ihr originales Erscheinungsbild, wenn auch ein Turm der ehemaligen Doppelturmfassadc nach Kriegsschäden nicht wieder aufgebaut wurde. In ihrer Architcktursprache erinnert das neuromanische Gotteshaus an spätstaufischc Vorbilder-z. B. an den Limburger Dom oder an die Werdener Abteikirche.
Die Redemptoristenkirchc (6) von 1869/70 an der Klosterstraße war vor 1918 das wichtigste Zentrum der katholischen Polen-Seelsorge im Ruhrgebiet. Bochum galt damals als Sitz der >polnischcn Intelligenz< des Reers. Hier erschien u. a. die Arbeiterzeitung >Wia-rus Polskk hier wurde 1902 die einflussreiche polnische Gewerkschaft >ZZP< gegründet. An der Giebelwand des Hauses Am Kortlän-der 2 dokumentiert die Inschrift >Bank Robotnikow e.G.m.b.H.Brunnen der Schönheit< und der >Brunnen des Glücks