Die Stellung der Landwirtschaft in den Volkswirtschaften der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR läßt sich an einigen makroökonomischen Kenngrößen verdeutlichen (. 6.1).
Es ist erkennbar, daß die Landwirtschaft in den beiden deutschen Staaten unterschiedliche Bedeutung hatte. Besonders deutlich wird das an ihrem Anteil am Bruttosozialprodukt. Darüber hinaus waren in der Landwirtschaft der DDR immer etwa doppelt so viele Personen beschäftigt wie in der Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland. Es wird schließlich eine Entwicklung deutlich, wie sie seit vielen Jahren in allen Industrieländern zu beobachten ist. Die Landwirtschaft unterliegt einem Schrumpfungsprozeß. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung nimmt ab. Das zeigt sich am Anteil der Wertschöpfung.
Auch nach der deutschen Vereinigung ist die Landwirtschaft als Teil der Volkswirtschaft ein immer noch bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil am Bruttosozialprodukt betrug 1993 nur noch 1,1 % und an den Erwerbstätigen nur noch rd. 3%. Die lkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft allerdings ist wesentlich größer.
1996/97 erzielte die Landwirtschaft einen Produktionswert n 81,5 Mrd. DM. Das war mehr als der Umsatz des gesamten Textil-gewerbes der 1997 nur rd. 31,7 Mrd. DM ausmachte (vgl. Stat. Jahrb. BRD 1998, S. 159 und 195). Beim Vergleich der Umsatzzahlen kommen jedoch die ökologischen und landschaftspflegerischen Leistungen der Betriebe nicht zum Ausdruck. Die Landwirtschaft erbringt damit Leistungen, die in die lkswirtschaftlichen Berechnungen nicht mit eingehen.
Beachtenswert ist jedoch die Tatsache, daß die Landwirtschaft in den zurückliegenden Jahrzehnten in beiden deutschen Staaten mehr und mehr in die gesamtwirtschaftliche Arbeitsteilung integriert wurde. Der Vorleistungsanteil am Produktionswert stieg ständig an. Ende der 1980er Jahre betrug er in der Bundesrepublik Deutschland 53 %, in der DDR etwa 56 %.
In beiden deutschen Staaten war die Landwirtschaft ein Problembereich. Als Folge gegensätzlicher gesellschaftspolitischer Vorstellungen und agrarpolitischer Leitbilder entwickelten sich wie in keinem anderen Wirtschaftszweig die Produktions- und Lebensbedingungen auseinander. Es zeigten sich aber auch - systemunabhängig -Parallelitäten, wie wir sie besonders in den Produktionsstrukturen, den Produktionsergebnissen und dem Einsatz industrieller Vorleistungen erkennen. Es gab aber auch bei den agrar- und ernährungspolitischen Zielen Gemeinsamkeiten. So hatten Ernährungssicherung, Produktivitätssteigerung und Sicherung der sozialen Lage der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft einen hohen Stellenwert. Auch die agrarpoliti-schen Instrumente waren z. T. gleich. Das war z. B. hinsichtlich der Festlegung landwirtschaftlicher Erzeugerpreise der Fall, die immer zugunsten der Landwirte erfolgte. Der Absatz landwirtschaftlicher Produkte war in der Bundesrepublik zum größten Teil, in der DDR sogar llständig staatlich festgelegt.
Bis zur Wende hatten die unterschiedlichen agrarstrukturellen Entwicklungen in den beiden deutschen Staaten zu Problemen geführt, die in der alten Bundesrepublik u. a. durch die Verwaltung des Überflusses, in der DDR in der Verwaltung des Mangels wurzelten.
Agrarstrukturelle Gegensätze, wie sie bis Ende 1989 bestanden, blieben auch nach der Einführung der Wirtschafts-, Währungsund Sozialunion Anfang Juli 1990 und der deutschen Vereinigung Anfang Oktober 1990 bis heute bestehen, obwohl ein völliger Wandel der Eigentums- und Betriebsstrukturen in den neuen Bundesländern einsetzte. Eine Angleichung der dortigen Agrarstrukturen an die in der alten Bundesrepublik ist nur bedingt rgenommen worden.
Die Rolle des Naturraums als Potential
Bei den physisch-geographischen Rahmenbedingungen ist eine geologisch bedingte zonale Reliefgliederung vorgegeben:
- im Norden die Pleistozän- und Holo-zängebiete des Norddeutschen Tieflandes,
- im Zentrum die Mittelgebirgsräume mit einzelnen becken- und tal- bzw. graben-förmigen Einsenkungen (z. B. Thüringer Becken, Oberrheinebene),
- im Süden das alpine Hochgebirge mit dem teils pleistozän, teils tertiär (Molasse) geprägten Alpenvorland.
Agrare Vorzugsräume sind eindeutig die löß-bzw. sandlößbestimmten, den Mittelgebirgen unmittelbar vorgelagerten Flachlandsäume. Sie begleiten den Nordrand der Mittel-gebirgszone vom äußersten Westen (holländische Grenze) bis zum äußersten Osten (Görlitz, Zittau). Weitere naturbegünstigte Räume sind die Rhein-Neckar-Ebene, der Nordseeküstenstreifen (Marschen), die jungglazialen Moränengebiete Schleswig-Holsteins, Westmecklenburgs sowie Südvorpommerns/Nordbrandenburgs sowie weite Teile des Alpenvorlandes. Hier finden wir die typischen Acker- und Gartenbaulandschaften Deutschlands.
Flächenmäßig sehr beachtlich sind aber auch die Verbreitungsgebiete der Grenzstandorte (Sand-, Geest-, Heide- und Moorgebiete) im Pleistozänraum sowie stark hängige und exponierte Kammmlagen, namentlich im Mittel- und Hochgebirgs-raum. Gerade hier sind hohe Waldanteile charakteristisch; eine starke Festlegung auf Graslandnutzung (absolutes Grasland) mit Ergänzungsfutterbau und eine deutliche Einengung des Nutzpflanzenspektrums zum Beispiel aufgrund wasserferner Sandböden und Verwitterungsböden im Mittel- und Hochgebirgsraum ist die Folge natürlicher Ungunstfaktoren.
Ost- und Westdeutschland besitzen gleichermaßen naturräumliche Gunst- und Problemstandorte der Landwirtschaft. In Ostdeutschland ist die Polarisierung stärker ausgeprägt - wie Abbildung 6.1 anhand der durchschnittlichen Ertragsmeßzahl je Hektar zeigt. Der an Fläche größten deutschen Lößregion (Magdeburger Börde/Hallesches Rübenanbaugebiet bis hin zur Lommatz-scher und Großenhainer Pflege nahe Dresden) steht das an Fläche ausgedehnteste deutsche Sandbodengebiet gegenüber, das die Sander-, Altmoränen- und Elbrand-dünengebiete Südwestmecklenburgs ebenso einschließt wie fast das gesamte Land Brandenburg und die Lausitzer Heidegebiete in Sachsen. Findet sich in der ostdeutschen Lößzone der Betrieb Deutschlands, der die höchste Bonitätsstufe entsprechend der noch heute verwendeten Reichsbodenschätzung (100) erreicht (Elckendorf/Kr. Schönebeck), so sinkt die Bodenqualität schon wenige Dutzend Kilometer östlich in Brandenburg bis auf die Stufen 20 oder 25 ab.
Die naturräumliche Einigung wird darüber hinaus durch den Faktor Klima bestimmt, d. h. durch eine vom Nordwestküstenraum ostwärts zunehmende Kontinentalität mit entsprechend wachsendem Beregnungsbedarf (Regenschattengebiet des Harzes: Raum Eisleben - Halle - Bernburg, wo 450 mm Jahresniederschlag z. T. unterschritten werden). Klein- und mesoklimatisch besonders begünstigt sind die Einsenkungen in der Mittelgebirgszone, beispielsweise die Wein- und Obstanbaugebiete vom Bodensee, an Ober- und Mittelrhein, an der Mosel, und am Main bis hin zur Niederung des Süßen Sees westlich Halle, zum Saale-Unstrut-Bereich und zur Dresdner Elbtal wanne. In den Hochlagen der Gebirge (Eifel, Rothaargebirge, Thüringer Wald, Erzgebirge, Fichtelgebirge, Bayrisch-Böhmischer Wald, Hochalpen) lassen Klimahärte und kurze Vegetationszeit lediglich eine grünlandbetonte Landwirtschaft mit Rinderhaltung zu (Grünanteil von 80 bis 90 % an der landwirtschaftlichen Fläche).
Agrarpolitische Leitbilder und Rahmenbedingungen
Bei den agrar- und ernährungspolitischen Zielen gab es in beiden deutschen Staaten große Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten, so in bezug auf die Ernährungs sicherung, die Produktivitätssteigerung, die Agrarpolitik oder auch die Sicherung der sozialen Lage der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft Deutschlands.
Das agrarpolitische Leitbild und Rahmenbedingungen in der alten Bundesrepublik Deutschland
In der Agrarverfassung der Bundesrepublik Deutschland, die das Resultat eines evolutionären Prozesses und historisch gewachsener Strukturen darstellt, spielt das private Eigentum eine zentrale Rolle. Der existenzfähige bäuerliche Familienbetrieb (aus zwei oder drei Arbeitskräften bestehend), der einer Familie ausreichendes Einkommen garantiert, ist das sozialökonomische Leitbild. Es wurde lange Zeit versucht, dieses Leitbild ausschließlich im sogenannten Vollerwerbsbetrieb zu verwirklichen. Für den landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb gab es erst in den 1970er Jahren agrarpolitische Anerkennung und wesentlich später auch agrarpolitische Förderung. Dieser Wandel resultierte aus der Einsicht, daß sich die Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe in ihrer Vielfalt flexibler an die volkswirtschaftliche Gesamtentwicklung anpassen können.
Zu Beginn der 1950er Jahre war die Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland durch Bestrebungen gekennzeichnet, den Selbstversorgungsgrad mit Agrar-produkten zu steigern. Hinzu kamen die Bemühungen, die sozioökonomischen Bedingungen für die Erwerbstätigen in der Landwirtschaft zu verbessern und das Einkommen dem in der Industrie anzugleichen. Schon Anfang der 1950er Jahre wurde ein Preisregulierungsmechanismus an der Grenze und ein weiterer für den inländischen Markt eingeführt. Vorratsstellen übernahmen die Regulierungsaufgaben. Dieser Mechanismus - der später von der EWG übernommen wurde - sollte die heimische Landwirtschaft schützen, hauptsächlich wenn es zu billigen Importen kam bzw. wenn die Überproduktion - doch daran war in den 1950er Jahren noch nicht zu denken -den Preis im Lande drücken und evtl. landwirtschaftliche Betriebe ruinieren sollten.
Zu den wichtigen Maßnahmen zählt das 1953 in Kraft gesetzte Flurbereinigungsgesetz, wonach es u.a. möglich wurde, die Nutzflächen- und somit die Anbaustruktur zu verändern.
Eine weitere wichtige Grundlage für die Agrarstrukturentwicklung war das 1955 verabschiedete Landwirtschaftsgesetz. Hiernach sollte mit den Mitteln der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik - insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik - die Landwirtschaft in den Stand gesetzt werden, die für sie bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen.
Wesentliche Ziele und Maßnahmen werden seit Ende der 1950er Jahre von der EWG, der EG und heute EU formuliert. Zu den Eckpfeilern, die nun für die Landwirtschaft - auch der Bundesrepublik Deutschland - wichtig wurden, gehörte die 1962 festgelegte Getreidemarktordnung. Mit dem 1968 vorgestellten Mansholt-Plan sollte eine Reform und Umstrukturierung der europäischen Landwirtschaft vorgenommen werden. Ein Ziel bestand darin, die kleinen und Kleinstbetriebe aufzugeben und nur noch größere oder Großbetriebe zu behalten bzw. zu bilden. Dagegen protestierten jedoch der Deutsche Bauernverband und die Bundesregierung. Beide lehnten dieses Memorandum als wirtschaftlich nicht notwendig und gesellschaftspolitisch gefährlich ab.
Das Jahr 1969 war durch die Verabschiedung des Marktstrukturgesetzes als marktpolitische Maßnahme gekennzeichnet. Durch Unterstützung und Förderung von Erzeugergemeinschaften versuchte die Bundesregierung, dem Markt neue Impulse zu geben.
Am 1. Januar 1970 trat das Gesetz über eine Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes mit dem Ziel in Kraft, eine leistungsfähige, auf zukünftige Anforderungen ausgerichtete Land- und Forstwirtschaft zu gewährleisten und deren Eingliederung in den gemeinsamen Markt der EG zu erleichtern. Die Konzeption der Gemeinschaftsaufgabe zeigte das Bestreben, Flurbereinigungsgesetz, Marktstrukturgesetz sowie das bisherige Agrarprogramm mit dem EWG Anpassungsgesetz optimal zu koordinieren.
Unabhängig von der EG-Agrarpolitik wurde im Jahr 1973 das Modellvorhaben Nebenerwerbslandwirtschaft von der Bundesregierung mit dem Ziel eingeführt, durch entsprechende Betreuung und Beratung die Arbeitseinkommen, vor allem in Grünlandgebieten, zu verbessern.
1973 wurde eine EWG-Verordnung umgesetzt, die Prämienregelung für die Umstellung von Milchkuhbeständen auf Bestände zur Fleischerzeugung beinhaltete. Als Folge der Veränderung der Lage auf dem Energiemarkt wurde der Zielkatalog im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe 1974 ergänzt, und zwar sollten die Strukturen von öffentlichen Schlachthöfen und Lebendviehmärkten, die Molkereistrukturen und die Strukturen der Zuckerfabriken verbessert werden. 1974 setzte die Bundesregierung die Grundsätze für die Förderung landwirtschaftlicher Betriebe in Berggebieten und anderen benachteiligten Gebieten in Kraft.
Auf wachsende Umweltprobleme reagierte die Agrarpolitik Ende der 1970er Jahre u.a. mit der Verordnung über das Aufbringen von Gülle und Geflügelkot, der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft sowie Über gefährliche Stoffe.
Der Beginn der 1980er Jahre war in der alten Bundesrepublik durch Überproduktion in der Landwirtschaft gekennzeichnet. Es kam zu mehreren Gegenmaßnahmen der EG. Ab 1979 erfolgten Regelungen zum Abbau von Nahrungsmittelüberschüssen und der Bestände. Es wurde der Verkauf zu ermäßigten Preisen an soziale Einrichtungen gefördert. Seit 1980 kam es zur Forcierung des Absatzes von Obst und Gemüse an Strafanstalten, Krankenhäuser und Altenheime. Zum Abbau des sogenannten Butterberges traf man ab 1981 Regelungen zum stärkeren Absatz von Butter an gemeinnützige Einrichtungen, z. B. Streitkräfte. 1984 wurde das Quotensystem für Milch eingeführt.
Im Jahre 1987 wurde im Rahmen flankierender struktureller Maßnahmen die Verordnung zur Extensivierung und Umstellung der Erzeugung erlassen. Als Extensivierung galt die Verringerung der Erzeugung um mindestens 20 % in fünf Jahren.
Diese - keineswegs vollständigen - sehr differenzierten Maßnahmen und Vorgaben dokumentieren, daß für die Agrar-wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland in den letzten vierzig Jahren umfangreiche Zielvorstellungen und Regelungen wirksam wurden, um zunächst die nicht ausreichende Produktion zu erhöhen, später dann die eingetretene Überproduktion zu drosseln.
Das agrarpolitische Leitbild und Rahmenbedingungen in der DDR
Für die Agrarverfassung in der DDR gab es in der deutschen Agrargeschichte kein Vorbild. Es war das Ergebnis eines gezielten gesellschaftspolitischen und betrieblichen Umstellungsprozesses, der in mehreren Etappen systematisch vollzog.
Das agrarpolitische Leitbild dafür war der vergesellschaftete landwirtschaftliche Großbetrieb, in dem nach staatlichen Planvorgaben industriemäßig produziert werden sollte. Die SED war der Meinung - fußend auf der Lehre des Marxismus-Leninismus -daß der landwirtschaftliche Großbetrieb dem Klein- und Mittelbetrieb überlegen sei. Staatliches und genossenschaftliches Eigentum sollte bestimmend sein, jedoch nicht privates Eigentum.
Dabei galten die Bodenreform (1945 bis 1948) und die Kollektivierung (1952 bis 1960) als frühe Phasen, in denen zunächst private Klein- und Kleinstbetriebe geschaffen wurden und dann die Überführung der privatbäuerlichen Betriebe in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) erfolgte.
Je nach dem Grad der Vergesellschaftung der Produktionsmittel standen Bauern zum Eintritt in die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) drei Typen zur Verfügung. Der Unterschied zwischen den Typen i und II ist sehr gering. Beide Typen werden in den DDR-Statistiken stets zusammengefaßt. Wer in die LPG Typ I eintrat, brachte seinen Boden ein. Maschinen, Geräte und Gebäude verblieben in Privateigentum. Allerdings bestand die Verpflichtung, die Technik gegen Vergütung zur Verfügung zu stellen. Zug- und Nutzvieh blieb in privater Hand. Die Geld- und Naturaleinkünfte der Mitglieder dieses Typs erfolgten zu mindestens 60 % nach Leistung und zu maximal 40 % nach eingebrachtem Boden.
Beim LPG Typ III wurden Ackerland, Wiesen, Weiden, Wald und sonstige nutzbare Flächen, Traktoren, Maschinen, Geräte, Wirtschaftsgebäude, Zug- und Nutzvieh eingebracht. Mindestens 80% der Geld-und Naturaleinkünfte ergaben sich aus der Leistung, maximal 20% aus dem eingebrachten Boden (Eckart 1981, S. 2 - 3).
In der anschließenden Konsolidierungsphase, die für die 1960er Jahre angesetzt werden kann, erhöhte sich die durchschnittliche Flächengröße der Betriebe ständig. Neben der Konzentration wurde die Spezialisierung der Betriebe, erzeugnisbezogen bzw. Verfahrens- und technologieorientiert, verstärkt (industriemäßige Produktionsmethoden, Intensivierungsstrategien). Auf dem Wege zur agraren Großproduktion spielte die Entwicklung horizontaler und vertikaler Kooperationsbeziehungen zwischen den Landwirtschaftsbetrieben unter Einschluß des Vorlei-stungs-, Service-, Handels- und Verarbeitungssektors eine zentrale agrarpolitische Rolle. Aus zunächst einfachen vertraglichen Kooperationsbeziehungen entstanden in den 1970er Jahren organisatorische Zusammenschlüsse, gemeinschaftlich betriebene kooperative Einrichtungen und schließlich juristisch selbständige Großbetriebe der Pflanzenproduktion und der Tierproduktion. Seit Anfang dieses Jahrzehnts waren pflanzliche und tierische Produktionsbetriebe organisatorisch, ökonomisch und juristisch voneinander getrennt.
Um die sich verschärfenden Widersprüche in der ökonomischen Leistungsbilanz tendenziell abzubauen, wurde von der SED und DDR-Regierung in den 1980er Jahren ein Kurs verfolgt, bei dem die ökonomische Hauptaufgabe bzw. ökonomische Strategie bis zum Jahre 2000 darin bestand, die Produktion zu steigern sowie mehr volkswirtschaftliche Effizienz und konsequentere Abstimmung der sozialpolitischen Absichten mit dem ökonomischen Leistungsvermögen (Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik) vorzunehmen. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde die Landwirtschaft darauf orientiert, der Intensivierung umfassenden Charakter zu verleihen und damit eine stabile Grundlage für den hohen Produktions- und Leistungsanstieg auf lange Sicht zu schaffen.
Zudem ging es damals darum, den Import von landwirtschaftlichen Produkten und Nahrungsmitteln sowie von Futtermitteln und landwirtschaftlicher Technologie abzulösen, damit Devisen einzusparen und zudem im Westexport aktiver zu werden. So wurde schließlich ein Grad der Eigenversorgung bei Agrargütern von über 90 % erreicht.
Umfassende Intensivierung wurde als Aufgabe verstanden, mit den vorhandenen Produktionsmitteln und Ressourcen pro Produktionseinheit zu erwirtschaften, bei der Erneuerung der materiellen Basis der Rekonstuktion, den absoluten Vorrang gegenüber Neuinvestitionen zu geben. Besonders nachdem in den 1970er Jahren hohe Aufwendungen für die Neuausstattung der Landwirtschaftsbetriebe mit Produktionsmitteln getätigt worden waren (Bodenbearbeitungs- und Erntetechnik für Großflächen, Großstallanlagen, Mischfutterwerke, Grünfuttertrocknung, Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel etc.), fehlte es in der anschließenden Absenkungs- und Verschleißphase der 1980er Jahre oft an der Möglichkeit für Austauschinvestitionen bzw. Neuanschaffungen. Hinzu kam die 1984 durchgeführte Agrarpreisreform, die die Beschaffung von Agrartechnik wesentlich, teilweise um mehr als das Doppelte des früheren Preises verteuerte.
Im Staatshaushalt der DDR (1980: 160,7 Mrd. Mark; 1988: 269,7 Mrd. Mark) wurden die Zuführungen an die staatlichen Betriebe und Genossenschaften der Land- und Nahrungswirtschaft von 12,1 Mrd. Mark (1980) auf 9,4 Mrd. Mark (1988) reduziert, darunter die staatlichen Preisstützungen für agrare Produktionsmittel von 6,1 Mrd. Mark (1980) auf 4,1 Mrd. Mark (1988). Andererseits verstärkte sich die Belastung der Landwirtschaftsbetriebe durch immer höhere Abführungen an den Staatshaushalt (1980: 5,9 Mrd. Mark; 1988 12,5 Mrd. Mark - vgl. Statist. Jahrb. d. DDR 1990, S. 300 u. 301). In den 1980er Jahren entstand also die Situation, daß nicht einmal die einfache Reproduktion (der Bestandserhalt) der materiellen Basis der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR gewährleistet werden konnte. Um die negativen Auswirkungen dieser ernsten Lage auf die agrare Leistungsentwicklung in Grenzen zu halten, wurden verschiedene staatliche Maßnahmen und Eingriffe vorgenommen. Hierzu gehörte zum Beispiel die Bildung von Kooperationsräten, in denen bestimmte Partnerbetriebe ständig und eng zusammenarbeiteten, um einer planwirtschaftlich nicht mehr beherrschbaren Tier- und Pflanzenerzeugung, auf dieser Ebene entgegenzuwirken. Weiterhin wurde auf höhere Effizienz der betrieblichen Leistungsstrukturen orientiert, z.B. mittels Durchsetzung des Territorialprinzips. Zahlreiche Großbetriebe insbesondere der PflanzenProduktion hatten bis dahin eine zweigbezogene Produktionsorganisation (Getreide- oder Hackfruchtbrigaden, bau-und Reparaturabteilungen etc.) Der Einsatz der Arbeitskräfte erstreckte sich jeweils auf das Gesamtterritorium des Betriebes, was u.a. zu einem demotivierenden Verlust der Boden-Dorf-Verbundenheit geführt hatte. Die Einrichtung von Territorialbrigaden entsprechend der dörflichen Siedlungsstruktur und mit komplexen Arbeitsaufgaben sollte hier Abhilfe geschaffen werden. Weiterhin gab es die Orientierung auf schlagbezogene Höchstertrags- und stallbezogene Höchstleistungskonzeptionen, mit denen die Produktionsbedingungen der kleinsten Anbau- und Haltungseinheiten systematisch erfaßt, potentiell bewertet wurden. Auf dieser Basis entstanden Maßnahmenkataloge, und zwischenbetriebliche Leistungsvergleiche wurden vorgenommen.
Um alle Reserven für die Versorgung auszuschöpfen, erhielten die persönlichen Hauswirtschaften der LPG-Mitglieder, die Belegschaftsgärten der VEG-Angehörigen und die Leistungen der Mitglieder des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) in den 1980er Jahren nach langer Abqualifizierung agrarpolitische Relevanz und Förderung. Ihre zumeist handarbeitsintensiven Produkte erwiesen sich als willkommener Beitrag zur quantitativen wie qualitativen Absicherung des Versorgungsniveaus in einigen Lebensstandard bestimmenden Agrarbereichen. Die ursprünglich strenge Begrenzung dieser Privaterzeugung wurde mehr und mehr gelockert, z. B. hinsichtlich der Obergrenzen der Tierbestände.
In den 1980er Jahren wurden der Landwirtschaft und Nahrungswirtschaft der DDR die Perspektiven zugewiesen, sich zu einem mindestens kostendeckenden Wirtschaftszweig mit mindestens ausgeglichener Devisenbilanz zu entwickeln. Die bereits erwähnte zunehmende Gewinnabführung und die gewachsenen Kostenbelastungen durch das neue Industrie- und Agrarpreis-gefüge verhinderten jedoch eine technische Modernisierung und durchgreifende strukturelle Verbesserungen.
Ende der 1980er Jahre wurden Investitionen in der Landwirtschaft nur noch in relativ geringem Umfang getätigt. Sie wären jedoch dringender denn je notwendig gewesen, da die Technik (Maschinen und Geräte) völlig veraltet und auch die Baulichkeiten in schlechtem Zustand waren. Obwohl Erich Honecker noch 1987 auf dem Bauernkongreß in Schwerin das seit vielen Jahren bestehende Problem der Ersatzteilversorgung zu lösen versprochen hatte, konnte das nicht realisiert werden. 1988 machten z. B. die Lieferungen an Stallarbeitsmaschinen nur 3 % des Bedarfs aus, bei Melkanlagen waren es 25 % (Kurjo 1990, S. 142).
Unter diesen Bedingungen blieb die DDR-Landwirtschaft subventionsabhängig. Wurden durch die Industrie und Agrarpreisreform zwar volkswirtschaftlich reale, subventionsfreie Preise angestrebt, so mußte der Staat andererseits große finanzielle Mittel einsetzen, um den Landwirtschaftsbetrieben zu ermöglichen, das erreichte Produktionsniveau überhaupt zu halten. So wurden alljährlich weiter Subventionen in Millarden-höhe für Produktionsmittel gezahlt.
Das Hauptfeld staatlicher Subventionspolitik im Ernährungsbereich betraf das Stabil- und Niedrighalten der Endverbraucherpreise gegenüber den kostenbestimmenden Erzeugerpreisen. Abbildung 6.2 zeigt die von Jahr zu Jahr gestiegenen Lebensmittelsubventionen, die im Jahre 1988 etwa 12 % der Ausgaben des Staatshaushaltes ausmachten. In Tabelle 6.2 ist dargestellt, wie sich die Verkaufserlöse bei den wichtigsten Agrarprodukten entwickelten und in welcher Größenordnung sich damit subventionsfreie Endverbraucherpreise hätten entwickeln müssen.
Die subventionierten niedrigen Endverbraucherpreise waren zwar für die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten in hohem Maße sozial verträglich, sie führten aber auch zu Verschwendungserscheinungen und zweckfremder Nutzung (z. B. Verfütterung von Brot und Milch namentlich in der privaten Tierhaltung). Dieser Situation ist es auch zu schulden, daß seit der Agrarpreisreform 1984 bis 1989 der Pro-Kopf-Verbrauch für Brot und Speisekartoffeln um ca. 5 kg bis 1989 anstieg.
Infolge dieser Entwicklung mußte der Staat immer mehr subventionieren. Kurjo (1984) führt an, daß beim Kauf von Nahrungsmitteln in Höhe von 100,- Mark noch rd. 85,- Mark zusätzlich vom Staat als Preisstützung bezahlt werden mußten.
Agrarpolitische Leitbilder, Rahmenbedingungen und Maßnahmen im vereinten Deutschland
Im Spätherbst des Jahres 1989, der politischen Wende in der DDR, änderte sich die Situation im agrarischen Bereich schlagartig. Über Nacht wurden Liefer- und Bezugsverträge für landwirtschaftliche Produkte nicht mehr eingehalten. Schlachthöfe nahmen die Tiere der LPG und VEG nicht mehr ab, Molkereien nicht mehr die Milch, der Handel nicht mehr das Gemüse. Oder die Landwirte gaben ihre Milch lieber gegen D-Mark an westliche Molkereiunternehmen, die mit Sammelwagen die Milch abholten. Viele Molkereien in den Bezirken der DDR mußten deshalb bald schließen. Sie hatten keine Milch mehr zu verarbeiten. Frisch geerntetes Gemüse wurde untergepflügt, weil sich die DDR-Bürger weigerten, einheimische Waren zu kaufen. Tiere wurden notgeschlachtet. Die Exporte in die östlichen sozialistischen Länder stockten, weil die DDR nun plötzlich Devisen für ihre Waren verlangte, über die die osteuropäischen Länder jedoch kaum verfügten. Westdeutsche Unternehmen drängten auf den Markt und verdrängten einheimische Produkte. Die großen westlichen Kaufhauskonzerne, Lebensmittelketten und Unternehmen der Lebensmittelbranche nutzten diese besondere Situation, um in kürzester Zeit flächendeckend ihre oftmals mehrfach verpackten und verlockenden Produkte strategisch und zielgerichtet mit Billigangeboten anzupreisen. Die Verlockungen, westliche Nahrungsmittel zu erwerben, waren für viele Bürger der DDR groß. Die zur Versorgung der Bevölkerung notwendigen Nahrungsgüter standen entweder nicht zur Verfügung, oder sie wurden nicht ausreichend und sinnvoll verteilt. Es entstand ein großes Chaos, ein desolater Zustand, der bis zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion andauerte.
Umittelbar nach der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion Anfang Juli 1990 beschlossen die Regierungen der beiden deutschen Staaten im Hinblick auf eine spätere Vereinigung in enger Zusammenarbeit eine Reihe von Hilfsmaßnahmen, um den Anpassungsprozeß der Landwirtschaft der DDR an die westdeutschen bzw. marktwirtschaftlich ausgerichteten Strukturen westeuropäischer Länder zu unterstützen. Die entsprechenden Finanzmittel wurden in den Haushalt der DDR eingestellt, die dazu gehörenden Gesetze in der Volkskammer beraten und verabschiedet und nach und nach die erforderlichen Anordnungen erlassen, die die Details regeln sollten (Eckart 1994, S. 928 - 929).
Mit der Einführung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion, der Übernahme des EG-Agrarmarktordnungssystems und der Angleichung an das Agrarpreisniveau in der Bundesrepublik Deutschland waren die bis dahin sehr hohen staatlich festgesetzten Erzeugerpreise für die DDR-Landwirtschaft stark gesunken. Das galt zwar auch für Betriebsmittelpreise, aber trotzdem ergaben sich für viele Betriebe Erlöseinbußen und Zahlungsschwierigkeiten. Es traten Probleme bei Lohnfortzahlungen, Zins- und Tilgungsverpflichtungen auf.
Aus diesem Grunde kam es zunächst zu umfassenden finanziellen Unterstützungen. Zur Anpassung an die soziale Marktwirtschaft wurden für 1990 und 1991 Liquiditätshilfen von 4,6 Mrd. DM für die DDR-Landwirtschaft zur Verfügung gestellt (Agrarpolitische Mitteilungen... 20. Juli 1990).
Ein weiterer wichtiger Volkskammerbeschluß betraf die Stillegung von Ackerflächen. Wie bereits in den übrigen EG-Ländern, sollte nun auch in der DDR durch die freiwillig staatlich geförderte Stillegung von Ackerflächen bzw. Extensivierung gegen Einkommensausgleich die Überproduktion eingedämmt und außerdem mit der Stillegung von Ackerflächen ein Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz geleistet werden. Gefördert wurde die Stillegung von Ackerflächen mit einer durchschnittlichen Ackerzahl ab 18. Es kamen jedoch nur solche Flächen in Frage, auf denen im Jahre 1989 Marktordnungsfrüchte (z. B. Getreide, Kartoffeln) angebaut worden waren. Die Stillegung von Ackerflächen konnte durch Brachlegung, Aufforstung, Nutzung zu nichtlandwirtschaftlichen Zwecken oder durch Umwandlung in extensiv genutztes Grünland erfolgen. Bei einer Bezugsfläche bis zu 750 ha mußten mindestens 20 % der Ackerfläche für 12 Monate stillgelegt werden, bei einer Bezugsfläche über 750 ha waren es mindestens 150 ha (Agrarpolitische Mitteilungen. Flächenstillegung... 25. Juli 1990).
Um eine nachhaltige Festigung der Erzeugerpreise für die Milchproduktion in der DDR zu erreichen, wurde - wie schon 1984 in der Bundesprepublik - eine der EG-Regelung entsprechende Garantiemengenregelung für Milch eingeführt. Diese Regelung führte Preis- und Absatzgarantien ein und legte Produktionseinschränkungen fest, die z.T. durch staatliche Ausgleichszahlungen abgefedert wurden. Jeder Milcherzeuger erhielt ein Lieferrecht für Milch (= Milchquote). Das Lieferrecht bezog sich jeweils auf den Zwölfmonatszeitraum vom 1. April bis 31. März. Die Milchquote wurde - ausgehend von der Milcherzeugung im Jahre 1989 (= Referenzjahr) - von der Molkerei berechnet. Zunächst erhielt der Milcherzeuger eine sog. Anlieferungs-Refe-renzmenge. Sie entsprach der um 15,5% gekürzten Milcherzeugung von 1989. Von dieser Referenzmenge wurden 4,5% der Milch gegen Vergütung ausgesetzt. Es sollte sich daraus insgesamt eine Mengenrückführung von knapp 20 % ergeben (Agrarpolitische Mitteilungen für die DDR... 9. August 1990). Um die Agrarmärkte in der DDR und damit die Einkommen in der Landwirtschaft zu stabilisieren, um Marktstörungen, wie sie immer wieder auftraten, zu verhindern und um das Erzeugerpreisniveau in beiden deutschen Staaten auszugleichen, wurde von der Volkskammer der DDR für die DDR-Landwirtschaft ein dem EG-Marktordnungssystem entsprechendes Agrarpreis-stützungs- und Außenschutzsystem verabschiedet. Dieses gesetzliche Instrumentarium machte es möglich, Investitionen zur Marktentlastung durchzuführen, Vergünstigungen, wie z. B. Erstattungen beim Export, Prämien etc. zu gewähren. Wie in der EG, so konnte nun in der DDR Getreide an staatliche Stellen zu festgelegten Preisen (Preisgarantie) verkauft werden. Die Investition wurde von der Anstalt für Landwirtschaftliche Marktordnung vorgenommen. Mehr als 40 Interventionsorte wurden auf dem Gebiet der DDR festgelegt (Agrarpolitische Mitteilungen für die DDR... 30. Juli 1990).
Um auf Eigeninitiative und schnelle Marktreaktionen nicht verzichten zu müssen, war es notwendig, das Problem des Privateigentums zu lösen. Es wurde deshalb der Schutz des Privateigentums für die Land- und Forstwirtschaft mit dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geregelt, u. a. das Ausscheiden von LPG-Mitgliedern, die Neustruk-turierung der LPG, die Rückerstattung von eingebrachten Flächen, Inventarbeiträgen und Vermögensanteilen sowie den Vorrang von DDR-Bürgern bei Kauf und Pacht land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke.
Für die Umstrukturierung der LPG sah das Gesetz mehrere Möglichkeiten vor, z. B. Teilung einer LPG durch Auflösung und anschließende Übertragung des Vermögens auf andere von der LPG gegründete Unternehmen, oder Umwandlung einer LPG oder kooperativen Einrichtung in eine eingetragene Genossenschaft, Kapital- oder Personengesellschaft, oder Auflösung einer LPG durch Beschluß ihrer Mitglieder. Das Vermögen sollte verwendet und nach Auflösung der Verbindlichkeiten aufgeteilt werden. Mitglieder einer LPG konnten ihre Mitgliedschaft kündigen. Die LPG war dann verpflichtet, ausscheidenden Mitgliedern bei der Errichtung eines Familienbetriebes zu unterstützen. Mit der Wiederherstellung des Privateigentums in der DDR durch das Landwirtschaftsanpassungsgesetz wurde es jedem Landwirt freigestellt, ob und wie er zukünftig Landwirtschaft betreiben will. Nach Können und persönlicher Zielsetzung ist es seitdem jedem Landwirt möglich, als bäuerlicher Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb, im Rahmen einer Genossenschaft oder in einer anderen Rechtsform zu arbeiten. Um für eine wettbewerbsfähige und ökologisch verträgliche Landwirtschaft günstige Startchancen zu bieten, wurde ein Investitionsförderprogramm aufgelegt und wurden staatliche Hilfen gewährt, und zwar zur Wiedereinrichtung und Modernisierung bäuerlicher Familienbetriebe im Haupt- und Nebenerwerb, zur Umstrukturierung von LPG und für betriebliche Maßnahmen zum Tier-, Umwelt- und Naturschutz (Agrarpolitische Mitteilungen für die DDR... 2. August 1990).
Einige wichtige Gesetze, die zu Modrow's und de Maziere's Amtzeit verabschiedet worden waren, wurden in den Einigungsvertrag übernommen. Folgendes Recht der DDR blieb mit folgenden Änderungen in Kraft:
1. Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der DDR - Landwirtschaftsanpassungsgesetz vom 29. Juni 1990 (GBL. I Nr. 43, S. 642)
2. Gesetz zur Förderung der agrarstruk-turellen und der agrarsozialen Anpassung der Landwirtschaft der DDR an die soziale Marktwirtschaft (= Fördergesetz) vom 6. Juli 1990 (GBL. I Nr. 42, S. 633)
3. Gesetz über die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG-Gesetz) vom 2. Juli 1982 (GBL. I Nr. 25, S. 443), zuletzt geändert durch das Gesetz über die Änderung oder Aufhebung von Gesetzen der DDR vom 28. Juni 1990 (GBL. I Nr. 38, S. 483), mit folgender Maßgabe: Das Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dez. 1991 außer Kraft. 4. Gesetz über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger vom 22. Juli 1990 (GBL. I Nr. 49, S. 899). (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ... 6. Sept. 1990, S. 1 100). Unmittelbar nach der deutschen Vereinigung Anfang Oktober 1990 kam es zu weiteren wichtigen agrarpolitischen Entscheidungen. Im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes wurde am 29. Nov. 1990 das erste gesamtdeutsche agrarstrukturelle Förderungsprogramm (Rahmenplan)
beschlossen (Agrarpolitische Mitteilungen... Dez. 1990). Dieser Rahmenplan ist ein wichtiges Instrument zur Überwindung der schwierigen strukturellen Anpassungsprobleme in der Landwirtschaft der neuen Bundesländer und enthält folgende Schwerpunkte:
- Fortführung der bisher bewährten einzelbetrieblichen Maßnahmen (= Einzelbetriebliches Investitionsförderprogramm und Agrarkreditprogramm),
- spezielles Investitionsförderprogramm für bäuerliche Familienbetriebe in den neuen Bundesländern,
- Konzentration der Förderung auf umweltverträgliche Produktionsweisen,
- Impulse für Einkommenkombination,
- Ergänzung des Flächenstillegungsprogramms mit der neuen Erstauf-forstungsprämie.
Darüber hinaus gab es zwei umfassende agrarpolitische Maßnahmen in der EG, die auch in den neuen Bundesländern durchgeführt wurden bzw. noch werden. Das Extensivierungsprogramm wurde angeboten und eine umfassende Agrarreform wurde begonnen.
An dem seit 1988 angebotenen EG-Extensivierungsprogramm konnten im Wirtschaftsjahr 1991 /92 erstmals auch Landwirte aus den ostdeutschen Ländern teilnehmen. Das Ziel dieses Extensivierungs-programms war es, in erster Linie über Veränderungen der Bodennutzungsstruktur bzw. über Verzicht auf bestimmten Anbau oder durch Verringerung des Mineraldüngereinsatzes eine Reduzierung des Produktionsumfanges zu erreichen. Ähnliche Möglichkeiten bestanden bei Veränderung oder auch Reduzierung des Viehbestandes.
Es gab zwei Möglichkeiten, um die Produktion zu verringern: die quantitative Methode und die produktionstechnische Methode. Da der Nachweis einer mindestens zwanzigprozentigen Produktionsreduktion bei der quantitativen Methode schwer zu erbringen war, wurde sie auch nur relativ wenig angewendet. Dagegen wurde die produktionstechnische Methode relativ gut aufgenommen.
Bei Anwendung der administrativen Methode wurden 400,- DM an Beihilfe pro verringerter Großvieheinheit (GVE) für Rindfleisch bezahlt (Zoellner 1992). Bei der quantitativen Methode spielte der Verzicht auf die Anwendung chemisch-synthetischer Produktionsmittel die größte Rolle. Beim Ackerbau gab es beträchtliche Unterschiede der Beihilfe. Sie schwankte zwischen 425,- DM/ha in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sowie 510,- DM/ha in Thüringen und Brandenburg. Für Getreidebau betrug sie in allen Ländern 300,- DM/ha. Beim Wechsel der Fruchtfolge gab es 300,- DM/ha. Besonders hoch war die Beihilfe beim Verzicht auf synthetische Stoffe bei Dauerkulturen 1 416,-DM.
Sowohl für die Reduzierung des Baumbestandes bei Obst als auch für Teilflächenstillegung bei Obst gab es 1 416,- DM/ha einheitlich für alle Länder.
Beim Wechsel von Mastbullen auf Mutterkühe oder Mastochsen bzw. Mastfärsen gab es in allen neuen Ländern jeweils eine Beihilfe von 300,- DM je GVE, beim Wechsel der Kälberhaltungsform - ebenfalls für alle neuen Länder - pro gehaltener GVE eine Beihilfe von 153,- DM (Zoellner 1992).
Im Herbst 1992 konnten Landwirte letztmalig einen Antrag auf Förderung im Rahmen des EG-weiten Extensivierungs-programms stellen, bevor ab dem Wirtschaftsjahr 1993/94 Extensivierungsmaß-nahmen über die Förderung einer markt-und standortangepaßten Land bewirt-schaftung angeboten wurden.
Die EG-Agrarreform ab 1992 Sie wirkte sich in drei Bereichen auf die Landwirtschaft der EG und somit auch auf die neuen Bundesländer aus. Es wurden bzw. werden drastische Getreidepreissenkungen vorgenommen und umfangreiche Einkommensübertragungen auf die Landwirte vorgenommen. Vom Wirtschaftsjahr 1993/94 an wurden administrierte Preise in drei Abschnitten reduziert. Der Interventionspreis für Getreide sollte in der Bundesrepublik von 275,- DM/t (1993/94) auf 235,- DM/t (ab 1995/96) gesenkt werden. Dieser zeitliche Rahmen galt auch für die Absenkung des Richtpreises (von 306,- DM/t auf 259,- DM/t) und des Schwellenpreises (von 412,- DM/t auf 365,-DM/t).
Für die Preissenkungen gibt es einen Preisausgleich (= Hektarbeihilfe). Dieser Preisausgleich wird für Getreide einschließlich Silomais durch Multiplikation des Preisausgleichs je Tonne mit dem regionalen Getreidedurchschnittsertrag ermittelt. Entsprechend den drei Preissenkungsschritten wird die Preisausgleichszahlung festgelegt. Allerdings waren bzw. sind diese Ausgleichszahlungen in den meisten Betrieben an die Stillegung von Flächen gebunden. Die Flächenstillegungsrate betrug im ersten Jahr der Reform, also im Jahre 1992/93, 15%.
Dieser Anteil sollte jedoch nach der sich evtl. verändernden Marktlage in den folgenden Jahren erneut festgelegt werden. Wer an diesem sogenannten konjunkturellen Flächenstillegungsprogramm teilnahm, erhielt einen Preisausgleich. Diejenigen Landwirte, die im Wirtschaftsjahr 1993/94 Preisausgleichszahlungen haben wollten, mußten bereits nach der Ernte 1992 15% ihrer mit Getreide, Ölsaaten und Hülsenfrüchten bebauten Flächen stillegen (Ferber 1992).
Von dieser Stillegungspflicht sind ausgenommen diejenigen Erzeuger, die über eine Anbaufläche verfügen, auf der höchstens 92 t Getreide geerntet werden (= Kleinerzeuger). Diese Flächen hatten in den neuen Bundesländern unterschiedliche Größe. Sie schwankten für 1994 zwischen 14,76 ha in Sachen und 20,35 ha in Brandenburg. Somit konnten die Landwirte 1994 eine Ausgleichszahlung von 372,- DM in Brandenburg und 513,- DM in Sachsen erhalten, ohne daß sie Flächen stillegen mußten (Die EG-Agrarreform... 1994).
Um die stillgelegten Flächen ökonomisch und ökologisch sinnvoll zu nutzen und nicht nur brach liegen zu lassen, und um den Landwirten zusätzlich noch eine Einkommensquelle zu erschließen, ist es möglich, auf ihnen nachwachsende Energie-und Industrierohstoffe anzubauen, ohne daß die Flächenbeihilfe gekürzt bzw. gestrichen wird. Allerdings muß der Nachweis erbracht werden, daß es dafür einen Abnehmer gibt, der diese pflanzlichen Produkte für den Einsatz in der Industrie oder der Energiewirtschaft verwendet.
Ab 1. Januar 1993 gelten im Rahmen der Agrarreform auch Neuregelungen im Rindfleischsektor. Diese sollen dazu beitragen, durch Senkung des Interventionspreises die Interventionsmengen zurückzuführen und als weitgehenden Ausgleich dafür die direkt dem Erzeuger zufließenden Prämienzahlungen zu verstärken. Die Sonderprämie für Rindfleischerzeuger wurde in drei Schritten erhöht. Sie belief sich auf jedes männliche Rind (Bulle oder Ochse) für 1993 auf 141,- DM, für 1994 auf 177,- DM und für 1995 auf 212,-DM.
Für die neuen Länder wurde eine regionale Höchstgrenze von insgesamt 780 000 männlichen Rindern festgelegt. Die Zahl der Tiere, für die einem Erzeuger die Sonderprämie gewährt werden kann, wird über einen sog. Besatzdichtefaktor begrenzt. Das ist das Verhältnis zwischen der Zahl der Großvieheinheiten (GVE) und der für die Ernährung der Tiere des Betriebes bestimmten innerbetrieblichen Futterfläche. Er wurde für 1993 auf 3,5 GVE und ab 1996 auf nur noch 2 GVE festgelegt. Auch die Mutterkuhprämie wurde angehoben, und zwar von 165,- DM/Tier (1993) auf 283,- DM/Tier (1995) (Zoellner 1992).
Der Besatzdichtefaktor gilt nicht für einen Erzeuger, wenn die in seinem Betrieb gehaltene Zahl der Milchkühe sowie der männlichen Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe, für die Prämien beantragt wurden, 15 GVE nicht übersteigt.
Diese hier aufgeführten Rahmenbedingungen waren bzw. sind ausschlaggebend für den Agrarstrukturwandel, der sich seit nunmehr acht Jahren vollzieht.
Räumliche Verteilungsmuster agrarischer Produktion bis zur Wende
Die vorher geschilderten agrarpolitischen Ziele und Maßnahmen haben zu Raumstrukturen und raumstrukturellen Veränderungen geführt, wie sie im folgenden mit einigen kartographischen Darstellungen verdeutlicht werden sollen.
Bodennutzung
Betrachtet man die Bodennutzungsstruktur, dann gilt es, auf der Ackerfläche die drei Nutzpflanzengruppen Getreide, Hackfrüchte und Feldfutterpflanzen zu berücksichtigen. Dabei machte der Getreideanbau in beiden deutschen Staaten den großen Anteil aus. Er lag allerdings mit etwa 60 - 70% in der alten Bundesrepublik weit über den Anteilen der DDR. In den beiden deutschen Staaten gab es auch Unterschiede in den Flächenanteilen der Feldfutterpflanzen. In der DDR lagen diese Anteile über denen in der BRD.
In beiden deutschen Staaten gab es aber ab Mitte der 1970er Jahre eine Flächenausdehnung. Innerhalb der drei Bodennutzungsgruppen gab es stets strukturelle Unterschiede und auch unterschiedliche Entwicklungen.
Beim Getreideanbau hat es Verschiebungen zwischen den Anteilen der vier Hauptgetreidearten gegeben. Auch beim Hackfruchtanbau und beim Feldfutteranbau ist es im Laufe der Zeit zu Veränderungen gekommen. Regionale Konzentrationen gab es u. a. für Roggen (Abb. 6.3) und Kartoffeln (Abb. 6.4).
Zu diesen Unterschieden der Flächen und Flächenanteile kommen die Ertragsunterschiede. Die Getreideerträge sind in den beiden deutschen Staaten angestiegen, in den meisten Jahren lagen die Erträge in der BRD über denen der DDR. Die Unterschiede waren z.T. ganz beträchtlich, besonders groß zwischen den Hackfrüchten (Abb. 6.5). Gründe dafür sind vielfältig. Sie sind zurückzuführen auf Bodenverdichtung u. a.
Viehwirtschaft und tierische Leistungen Auch die Entwicklungen in der Viehwirtschaft in den beiden deutschen Staaten wies große Unterschiede auf. Der Rinderbesatz zeigt diese Diskrepanzen. Die Zahl der Rinder pro 100 ha LN bzw. LF (Abb. 6.6) war in der Bundesrepublik im Durchschnitt wesentlich höher als in der DDR. Regionale Unter schiede für 1987 zeigt Abbildung 6.7. Dabei wird die sehr starke Konzentration auf den Norden und Nordwesten sowie auf den Süden deutlich. In der DDR gab es - auf der Basis der Landkreise - keine vergleichbaren Schwerpunkträume.
Der Anteil des Milchviehbestandes am gesamten Rinderbestand hat sich seit den 1960er Jahren sehr stark verringert. Damals lag er in der DDR mit mehr als 40 % weit über den Anteilen in der BRD. In beiden deutschen Staaten nahmen die Anteile ab. Mitte der 1980er Jahre belief er sich in beiden Ländern auf etwa 34 % (Abb. 6.8).
Obwohl die Milchproduktion in den beiden deutschen Staaten seit 1960 zugenommen hatte, gab es doch immer eine große Diskrepanz (Abb. 6.9).
Eine generelle Zunahme des Schweinebestandes ist auch ein gemeinsames Merkmal der Entwicklung in der Viehwirtschaft. Ende der 1960er Jahre und Mitte der 1980er Jahre war die Schweinedichte (Tiere/100 ha LN bzw. LF) in den beiden deutschen Staaten etwa gleich groß.
Während es im Jahre 1987 in der DDR eine relativ gleichmäßige räumliche Verteilung gab, gab es in der BRD mit dem West- und Südmünsterland ausgesprochene Konzentrationsräume (Abb. 6.10). Die nahegelegene Verbraucheragglomeration des Ruhrgebietes hat wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen.
Agrare Betriebsstrukturen bis zur Wende
Die bisher vorgestellten Bodennutzungs und viehwirtschaftlichen Strukturen stehen in direktem Zusammenhang auch mit betrieblichen Strukturen.
Besitz- und Größenstrukturen landwirtschaftlicher Betriebe der alten Bundesrepublik
Zunächst ist festzuhalten, daß die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der alten Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen ist. 1970 gab es noch 1 080100 Betriebe über 1 ha LF, 1989 waren es nur noch 648 800 Betriebe. Zu diesem radikalen Schwund kamen die Veränderungen zwischen den einzelnen Betriebsgrößenklassen. Die Gesamtzahl der Betriebe unter 1 ha LF hat sich ständig verringert, dagegen hat die Zahl der Betriebe über 20 ha ständig zugenommen Tab. 6.4).
Durch diese Entwicklungen ist es im Laufe der Zeit auch zu Veränderungen der mittleren Größe der landwirtschaftlichen Betriebe gekommen. 1970 belief sie sich auf 11,7 ha LF, 1989 auf 18,2 ha LF. Zwischen den einzelnen Bundesländern waren die Unterschiede beachtlich.
Zu den spezifischen Strukturmerkmalen der Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland gehört das Nebeneinander von Betrieben mit unterschiedlichem Erwerbscharakter. Nach überwiegender Herkunft des Einkommens wird zwischen Haupt-und Nebenerwerbsbetrieben unterschieden. Die Haupterwerbsbetriebe gliedern sich in Voll- und Zuerwerbs-betriebe. Tabelle 6.5 verdeutlicht, daß 1970 mit 64,7% fast zwei Drittel aller Betriebe Haupterwerbsbetriebe waren. 1989 waren es nur noch 58,1 %. Entsprechend hat sich der prozentuale Anteil der Nebenerwerbsbetriebe erhöht.
Innerhalb der Haupterwerbsbetriebe bestand 1970 der größte Anteil aus Vollerwerbsbetrieben. Wesentlich geringer war der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe. Bis 1989 hat es Verschiebungen der prozentualen Anteile gegeben. Im Durchschnitt hatte ein Haupterwerbsbetrieb 1989 eine Betriebsgröße von 27,2 ha LF, ein Nebenerwerbsbetrieb eine Durchschnittsgröße von 5,7 ha LF.
Besitz- und Größenstrukturen landwirtschaftlicher Betriebe in der DDR
Die Angaben für das Jahr 1960 spiegeln bereits den Stand der fast vollständigen Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR wider. Zu diesem Zeitpunkt existierten über 19 000 LPG, von denen wiederum gut zwei Drittel zu den Typen I und II gehörten (Tab. 6.6). Mit im Durchschnitt 534,1 ha bewirtschafteten die LPG Typ III allerdings eine im Vergleich zu den Typen I und II mehr als dreimal so große Nutzfläche (Tab. 6.7). 669 Volkseigene Güter und 9476 Sonstige Volkseigene Betriebe ergänzten das Bild der neuen Betriebsstrukturen. Insgesamt bestanden 29458 nichtprivate Betriebe, unter denen die VEG zunächst im Durchschnitt am größten waren (591,4 ha). Den Gegenpol dazu bildeten mit einer Durchschnittsfläche von nur 8,6 ha die Sonstigen Volkseigenen Betriebe, in der Hauptsache Zusammenlegungen der Flächen von Einzelbauern, die während der Kollektivierungsphase die DDR verlassen hatten. Solche Flächen gab es in der Mehrzahl der Dörfer. Da man sie anfänglich aus juristischen Gründen nicht den LPG zuschlagen wollte, wurden sie getrennt bearbeitet .Wegen der geringen Größe und der Streulage der Nutzfläche wurde in diesen Betrieben fast ausschließlich mit Verlust gewirtschaftet. Dem standen 1960 noch mehr als 30 000 nichtsozialistische Landwirtschaftsbetriebe gegenüber, vor allem Privatgärtner und Kirchenbetriebe mit im Durchschnitt sehr geringen Betriebsgrößen.
Zwischen 1960 und 1968 hatten sich bei allen Betriebsformen Veränderungen vollzogen. Am wenigsten fielen sie bei den Volkseigenen Gütern ins Gewicht, deren Zahl sich verringerte bei gleichzeitiger Erhöhung der Durchschnittsgröße. Zwischen LPG und VEG war damals ein Flächenaustausch möglich, der heute nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten zurück-zuverfolgen ist. Gravierender waren die Veränderungen bei den LPG. Ihre Gesamtzahlt verringerte sich gewaltig, gleichzeitig nahm jedoch ihre Größe um mehr als 59% zu. Wichtig war auch, daß die Anzahl der entwickelten LPG TYP lll zum Ende der 1960er Jahre größer war als die der LPG Typ I und II. Auch der Größenunterschied zwischen Typ lll und l/ll hatte zugenommen. Die Anzahl der oft unrentablen Sonstigen Volkseigenen Betriebe wurde bis 1968 drastisch reduziert. Auch der nichtsozialistische Sektor war bedeutend geschrumpft.
Große Veränderungen vollzogen sich in der Zeit von 1968 bis 1979. Sie hingen in erster Linie mit der ab 1975 vollzogenen betriebswirtschaftlichen Trennung von Pflanzen- und Tierproduktion zusammen. Dabei kam es zur Bildung ganz neuer Betriebsformen. Die entstehenden spezialisierten Betriebe der Pflanzenproduktion, (LPG (P); VEG (P) hatten den größten Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf sich vereinigt. Die Tierproduktionsbetriebe, (LPG (T); VEG (T), hatten im allgemeinen nur eine ganz geringe LN. Deshalb mußten sie fast ihren gesamten Futterbedarf über Kooperationsvereinbarungen mit den Pflanzenproduktionsbetrieben decken.
Seit 1971 bestanden neue Betriebskategorien, die Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP) und Zwischenbetriebliche Einrichtungen Pflanzenproduktion. 1979 hatten diese eine Durchschnittsgröße von 4 890,3 ha. Sie gingen Ende der 1970er Jahre stark zurück und waren Übergangsformen zwischen den LPG Typ I - III und den LPG (P/T). LPG Typ |, || oder III gab es 1979 nicht mehr. Sie waren vollständig abgelöst worden durch LPG (P) bzw. LPG (T).
Im Jahre 1987 hatten die LPG (P) an der LN aller LPG einen Anteil von 98,5%. Die VEG (P) hatten zu dieser Zeit an der LN aller VEG einen Anteil von 88,5%. Die Durchschnittsgröße der VEG (P) betrug 5 483,9 ha, die der LPG (P) 4 772,9 ha (Übersicht 6.1).