Die Bacchantin am Fluss
In Würzburg fängt der Süden an.« Dieser Slogan stimmt rundum. Würzburg ist, wenn das Adjektiv »südlich« mit »heiter« oder »leichtlebig« übersetzt werden kann, in der Tat eine südliche Stadt im bayerischen Norden, heiterer selbst als viele bayerische Städte, die dem Süden näher liegen. Das hat seine Gründe - der wichtigste: die Gunst seiner landschaftlichen Lage. Würzburg liegt sozusagen absolut fränkisch: am Main, zwischen schützenden Hängen, auf denen ein ehrlicher, kräftiger Wein wächst, überragt n einer mächtigen Festung, begünstigt durch mildes Klima. Der zweite Grund ist kaum minder bedeutsam. Würzburg ist ller städtebaulicher Höchstleistungen: die Alte Mainbrücke, der Dom, die Festung Marienberg und die »Schloss über den Schlössern« genannte Residenz der Fürstbischöfe -barocke Pracht, Weltkulturerbe, auferstanden aus der Bombennacht des 16. März 1945, als Würzburg das »Grab am Main« genannt wurde ein Wunder der Überlebenskunst. Ein Drittes, bereits angedeutet, kommt hinzu: der Wein aus dem Bocksbeutel. Er ist der heitere Geist, der wie Musik die Stadt durchweht, das bacchantische Element.
Geschichte
Würzburg ist selbst für fränkische Verhältnisse eine alte Stadt. Sein Patron ist der hl. Kilian, ein irischer Missionar, der hier zusammen mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan den Märtyrertod fand. 704 wurde das Castellum Virtebuch als Sitz eines fränkischen Amtsherzogs genannt.
742 gründete der hl. Bonifatius das Bistum Würzburg. Bei der Weihe des ersten Doms 788 war der mächtigste Mann seiner Zeit zugegen: Kaiser Karl der Große. Ein anderer großer Kaiser, Friedrich Barbarossa, feierte 1156 in der Stadt seine Hochzeit mit Beatrix von Burgund. Zur Zeit der Staufer stand Würzburg in voller Blüte.
Es folgten Rückschläge: Der Versuch der Bürger, die Herrschaft des Bischofs über die Stadt zu brechen, schlug 1400 fehl. Auch der Sozialrevolutionäre Bauernkrieg, der im Würzburgischen einen Schwerpunkt hatte, endete mit einer Niederlage der Aufständischen. Bischof Julius Echter (1573-1617) fegte mit eisernem Besen alle protestantischen Ansätze aus der Stadt, legte aber zugleich wichtige Grundlagen zu deren künftiger Entwicklung: Er gründete die Universität und das Juliusspital und baute die Festung Marienberg aus.
Eine zweite, rund hundertjährige Blütezeit durchlebte Würzburg unter dem Regiment der Fürstbischöfe aus dem Hause Schönborn von 1641 bis 1746. Nach Napoleon kamen die Bayern. Der Anschluss Würzburgs erfolgte in zwei Schritten: 1803 und 1814.
Heute ist die Stadt Sitz der Regierung des Regierungsbezirks Unterfranken und eine Universitätsstadt; sie hat eine beachtliche Industriedichte, ist aber vor allem als Handels- und Dienstleistungszentrum von Bedeutung. Würzburg zählt rund 130000 Einwohner.
Das rechte Mainufer
Die Fürstbischöfe barockisierten die Stadt und bauten ein unglaublich großes, prächtiges Schloss, die Residenz (1720-1/44) nach Plänen von Balthasar Neumann; Napoleon nannte sie später »den größten Pfarrhof Europas«. Sie ist einer der größten und schönsten Barockbauten des Kontinents. Ihre Dreiflügelanlage bildet vier Innenhöfe, die Zahl ihrer Räume entspricht der Zahl der Tage eines Jahres. Barocke Raumwunder sind das doppelläufige Treppenhaus mit dem Fresko des Venezianers Tie-polo - dem größten Gemälde der Welt! -, der freskenüberschüttete Kaisersaal und das wieder erstandene Spiegelkabinett - im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört, wurde es in jahrzehntelanger Kleinarbeit meisterlich rekonstruiert. In den Kellergewölben befindet sich der legendäre Staatliche Hofkeller mit seinen Prachtfässern, hinter der Residenz der figurenreiche barocke Hofgarten. Sehenswert ist auch die festliche Hofkirche. (Öffnungszeiten: Residenz April-Mitte Okt. tgl. 9-18, Mitte Okt.-März 10 bis 16 Uhr.)
An den Hofgarten grenzt die Ter- rasse der Residenzgaststätte (Tel. 5 46 70). Fränkisches Flair in den historischen Innenräumen.
Von der Residenz aus führt der kürzes-!e Weg über die Hofstraße zum Dom, der in seiner heutigen Form 1187 geweiht wurde. Die romanische Grundstimmung des Langhauses kontrastiert mit der barocken Ausstattung. Bemerkenswert sind die teilweise von Tilman Riemenschneider geschaffenen Grabmäler von Würzburger Bischöfen. Der Domschatz wird im Haus an der Plattnerstraße gezeigt (Öffnungszeiten: Do-So 14 bis 17 Uhr).
Unmittelbar neben dem Dom liegt die Neumünsterkirche 0, ein barocker Neubau auf einer romanisch-gotischen Vorgängerkirche mit dem Grab des Stadtpatrons, des hl. Kilian, in der Westkrypta. Hier ist Würzburgs eigentliche Mitte.
Von der Kirche aus hat man Zugang zum Lusamgärtlein (Hinweistafeln folgen) mit dem Grab des Minnesängers Walther von der Vogelweide, der im Stift des Neumünsters 1230 gestorben ist. Gerade 100 m sind es vom Neumünster zum bürgerlichen Markt mit dem reich dekorierten Falkenhaus (1751/52) und der gotischen *Marienkapelle.
An der südwestlichen Ecke des Marktplatzes steht das Rathaus, genannt Grafeneckart O, an der großen Stadtachse vom Dom zur Alten Main-brücke. Mitte des aus mehreren Bauepochen stammenden Komplexes ist der romanische Geschlechterturm, der dem Rathaus auch den Namen gab. Von hier sind es nur wenige Schritte zur Alten Mainbrücke O, der ältesten Steinbrücke über den Main; sie stammt von 1133 und wird von zwölf überlebensgroßen Barockfiguren geschmückt.
Am stadtseitigen Ufer stromabwärts erreicht man bald den Alten Kranen O, eine barocke Krananlage. Im benachbarten Alten Zollhaus befindet sich das Präsentationszentrum »Haus des Frankenweins«.
Jenseits der Friedensbrücke wird im Museum im Kulturspeicher Kunst des 19.-21. |hs. geboten. Präsentiert werden u.a. Werke von Max Bill und Victor Vasarely. Ebenfalls hier vertreten: die renommierte Kabarettbühne Bockshorn (Tel. 4 60 60 66)
Heute findet sich im Alten Kranen das Haus des Frankenweins. Der Fränkische Weinbauverband als Hausherr offeriert ein wechselndes Angebot von 100 typischen Frankenweinen. Von dem vorgelagerten bewirtschafteten Garten aus öffnet sich ein weiter Blick über den Fluss und das Mainviertel gegenüber.
Über die Pleichertorstraße, Gerberstraße und luliuspromenade erreichen Sie das Juliusspital O (1576, ba-rockisiert), eine soziale Stiftung des Fürstbischofs Julius Echter von Mes-pelbrunn.
Die stimmungsvolle Weinstube des Juliusspitals zählt zu den besten Adressen.
Der Stift Haug ist Frankens erster Kirchenbau im Stil des Barock. Ein zweites Würzburger Spital, das heute noch dank seines Reichtums an besten Weinberglagen seiner sozialen Widmung gerecht wird, ist das Bürgerspital zum Heiligen Geist O von 1319 Ein Besuch in seiner gemütli-chen Weinstube gehört zu den Würzburger Pflichtterminen.
Linkes Mainufer
Am linken Mainufer liegt die ehemalige Klosterkirche *St. Burkard ®, benannt nach dem ersten Bischof Würz-burgs, dessen Gebeine hier ruhen. Die romanische Basilika wurde 1042 in Anwesenheit Kaiser Heinrichs III. geweiht. Zur gotischen Ausstattung zählt eine Madonnenbüste des Würzburger Meisters Tilman Riemenschneider.
An der Kirche St. Burkard beginnt ein rund 2,5 km langer Weinbergweg rund um den Marienberg (ausgeschildert). Zurück bietet sich der Weg durch den Park der Landesgartenschau an, der an der grünen Pyramide (Nähe Friedensbrücke) endet.
Eine zweite beachtenswerte Kirche im Mainviertel ist die ehemalige Deutschhauskirche ©. Betrachten Sie ihr schönes Südportal und sein zart-gliedriges Maßwerk.
Über die in der Nähe verlaufende Luitpoldstraße erreicht man die Auffahrt zur Festung Marienberg © und den Parkplätzen, die bereits innerhalb der mächtigen Basteien liegen. Der Festungskomplex, aus einer Fliehburg hervorgegangen, beherbergt mit der Marienkirche, einem Rundbau, eine der ältesten Kirchen ganz Deutschlands.
Im nördlichen Teil befindet sich das Mainfränkische Museum, eines der wichtigsten fränkischen Museen mit einer Sammlung von Werken Tilman Riemenschneiders sowie der Barockbildhauer Ferdinand Tietz und Peter Wagner. (Öffnungszeiten: April-Okt. Di-So 9-18, Nov.-März Di-So 10 bis 16 Uhr.)
Stilvoll in alten Gewölben speist man in der Burggaststätte der Festung Marienberg (Tel.47012). Gutsausschank der städtischen Weingüter.
Hoch über dem Main liegt südlich des Marienbergs das Würzburger *Käppe-le, ein reifes, wegen seiner Turmhelme fast orientalisch anmutendes Werk Balthasar Neumanns (1748)- Die schönen Stuckaturen der Wallfahrtskirche stammen von Johann Michael Feuchtmayer, die Fresken von Matthias Günther. Im Mirakelgang finden sich zahlreiche Votivgaben.
Wenn Sie mal eine Pause ma- chen möchten-in der Nähe des Käppele gibt es gleich zwei bekannte Würzburger Ausflugslokale: Nikolaushof (OO) und Schützenhof.
Infos
Congress, Tourismus, Wirtschaft, Am Congress-Centrum, 97070 Würzburg, Tel. 09 31/37 23 35, Fax 37 36 52, www.wuerzburg.de/tou-rismus
Schifffahrt auf dem Main: Veitshöch-heimer Personenschifffahrt GmbH, Obere Maingasse 8,97209 Veitshöchheim, Karten am Alten Kranen (weißer Kiosk), Tel. 5 56 33, Fax 6 32 99.
■Rebstock, Neubaustr. 7, 97070 Würzburg, Tel. 3 09 30, Fax 3 09 3100, www.rebstock.com. Moderner Komfort hinter einer Rokokofassade, eine Sehenswürdigkeit; mit Feinschmeckerrestaurant.
■ Hotel Mercure Würzburg, Dreikro-nenstr. 27, 97082 Würzburg, Tel. 4193-0, Fax 4193-460, www.mercure.de. Schöne Lage unter der Festung Marienberg.
■ Till Eulenspiegel, Sanderstr. 1a, 97070 Würzburg, Tel. 355 84-0, Fax -30, www.hotel-till-eulenspiegel.de. Zentral an Würzburgs Flaniermeile gelegen, trotzdem ruhig- und vor allem rauchfrei. Gemütliche Weinstube und eigener Bierkeller sind im Haus.
■ Ratskeller, Langgasse 1, Tel. 130 21. Historischer Innenhof, Freilichttheater im Sommer.
■ Schiffbäuerin, Katzengasse 7,
Tel. 4 24 87. Traditionslokal, Fischspezialitäten.
■ Schützenhof, Mainleitenweg 2681/4, Tel. 7 24 22. Schön gelegenes Ausflugslokal, weite Aussicht.
■ Backöfele, Ursulinergasse 2, Tel. 5 90 59. Rustikal, stimmungsvoll.
Angenehm Wein trinken:
■ Maritim Weinstube, Pleichtorstr 5, Tel. 3 05 30.
■ Babett's Weinstube, Franziskanerplatz 1, Tel. 123 22
■ Bacchus-Stuben, Leistenstr. 6, Tel. 88 37 39.
■ Bürgerspital zum Heiligen Geist, Theaterstr. 19, Tel. 35 28 80.0 Und die passenden fränkischen Schmankerln werden auch serviert!
Junge und schicke sportliche Mode gibt's bei Oliver, Gattin-gerstr. 18, Tel. 2 50 53 10. (Öffnungszeiten: Mi-Fr 10-14, Sa 9-18 Uhr.)
Ausflüge
Veitshöchheim (7 km) mit seinem Rokokogarten und dem Barockschlösschen, einst Sommersitz der Würzburger Bischöfe, ist auch mit dem Schiff erreichbar. Der große Park verzaubert: seine Figuren und Figurengruppen hat der Barockbildhauer Ferdinand Tietz geschaffen.
Die Mainschleife bei Volkach mit der Wallfahrtskirche Maria im Weingarten und der Hallburg ist von Würzburg 30 km entfernt.