Die reich zergliederte Insel will so gar nicht in das Klischee einer betriebsamen Tourismushochburg passen - noch geht es vor allem im Küstenhinterland so richtig beschaulich zu.
Auf Kopfsteinpflaster und sandigen Wegen zu lauschiqen Inselwinkeln
Usedom
Das Anklamer Tor aus dem 15. Jh. wurde zum Wahrzeichen des liebenswerten Städtchens, das der Insel den Namen gegeben hat. Die wuchtig erscheinende Marienkirche, ein spätgotischer Backsteinbau mitten auf dem Marktplatz, erhielt ihr heutiges Aussehen im Wesentlichen 1891-93. Das Rathaus (18. Jh.) besitzt eine kunstvolle Eingangstür, wie sie auch an anderen Gebäu-den am Markt auffällt. Ein kurzer Spaziergang führt über kopfsteingepflasterte Straßen, vorbei an einstöckigen Häuschen, zum Schlossberg. 1128 predigte dort Bischof Otto von Bamberg den versammelten Slawenfürsten das Christentum. An dieses Ereignis erinnert ein imposantes Kreuz aus weißem Granit.
Lieper Winkel
Die vom Achterwasser und Peenestrom umschlungene Halbinsel gehört zu den ruhigsten Landschaften Usedoms. Auf der Fahrt dorthin passiert man im Dorf Suckow die Sockeleiche. Der imposante Baumveteran mit einem Stammumfang von 6,50 m steht auf einem bronzezeitlichen Hügelgrab, das wie ein Sockel wirkt. Selbst Stahlbänder konnten nicht verhindern, dass der Sturm im Juli 1997 einen mächtigen Ast wegriss.
Am Rankwitzer Hafen duftet es nach frischem Räucherfisch. Und in Quilitz sind in der Dorfstraße noch zwei reetgedeckte Katen aus dem 19. Jh. erhalten. Dort bietet sich von der Steilküste ein phantastischer Blick auf den Peenestrom und das Städtchen Lassan am Ufer gegenüber. In Liepe selbst überrascht die turmlose Kirche (15. Jh.) im Innern mit spätmittelalterüchen Wandmalereien, die als die schönsten auf Usedom gelten.
Morgenitz
de mussten sich plagen, ihn vom Ufer des Gothensees hierher zu schleppen. Die Glocke hängt in einem frei stehenden Gerüst daneben, weil für einen Kirchturm das Geld fehlte. Die alten Mahlsteine hat im 19. Jh. Pfarrer Wilhelm Hörstel zusammengetragen und um das Gotteshaus drapiert. An Preußenkönig Friedrich den Großen erinnern die Maulbeerbäume hinter der Kirche. Um die Seidenraupenzucht auf Usedom einzuführen, hatte er Hunderte solcher Bäume setzen lassen. Die heute hier wachsenden Bäume wurden allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg gepflanzt.
Neppermin
Am Nepperminer See, einer Bucht des Achterwassers, führt eine Promenade entlang. Schautafeln informieren über die Natur des Landstrichs. Von der Straße aus Richtung Balm kommend, erkennt man die kleinen Eilande Böhmke und Werder - beides Vogelparadiese, die nicht betreten werden dürfen. Bis zu 18 000 Vogelpaare brüten dort, darunter stark gefährdete Arten wie Löffelente, Flussseeschwalbe und Kampfläufer. Das Vogelleben lässt sich vom Ufer aus mit dem Fernglas gut beobachten. Von Frühjahr bis Herbst sorgen Gotlandschafe dafür, dass die freien Inselflächen nicht vertuschen.
Mellenthin
Sieben starke Männer holte 1931 der Mellenthiner Pfarrer, um eine farbige Grabplatte von 1594 neben den Kircheneingang wuchten zu lassen, wo sie heute noch zu sehen ist. Das Relief auf der 12 Zentner schweren Platte zeigt den Mellenthiner Schlossbauherrn Rüdiger von Neuenkirchen und seine Gemahlin. Das Schloss (1576-88), eine der bemerkenswertesten Dreiflügelanlagen der Renaissance im Norden Deutschlands, entstand 1576-88 und beherbergt heute das Heimatmuseum. In der Eingangshalle fasziniert ein wunderschöner Kamin aus dem Jahr 1613.
Die Kirche gehört zu den kunsthistorisch interessantesten Sakralbauten der Insel; sie ging aus einer Anfang des 14. Jh. errichteten Kapelle hervor. Eindrucksvoll im Innern ist u. a. die mit reichem Schnitzwerk versehene Orgelempore.
Thurbruch
Schnurgerade Entwässerungsgräben zerschneiden die flache Moorlandschaft des Thurbruchs. Nur vereinzelt setzen Baum- und Buschgruppen auflockernde Akzente. Bereits Friedrich der Große hatte um 1750 die Trockenlegung des Moorgebietes angeordnet, vollendet wurde die Melioration allerdings erst 1964/65. Rund um die Uhr tätige Windkraft-Schöpfwerke senkten einst den Grundwasserstand. Nur von einem blieben Reste stehen, sodass es 1995 rekonstruiert werden konnte. Ins Moor gelangt man von Kachlin auf einem ausgeschilderten Plattenweg. Vom Schöpfwerk aus sind es linker Hand etwa 600 m zu Fuß bis zum Kachliner See, einer der stillsten Naturoasen Usedoms.
Kamminke
Die alten Fischerhäuser des Dorfes klammern sich regelrecht an den Moränenhang am Kleinen Haff. Vom Hafen starten mehrmals am Tag Schiffe zu Einkaufsfahrten ins benachbarte Polen. Die Steinskulptur mit dem Titel Für den unbekannten Fischer ist all jenen Bewohnern Usedoms gewidmet, die in der stürmischen See den Tod fanden.
Nördlich von Kamminke, auf dem Berg Golm, sind noch Reste eines bronzezeitlichen Burgwalls zu erkennen. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Golm zu einem riesigen Friedhof; die meisten der 23 000 Opfer des schweren Bombenangriffs vom 12. März 1945 auf das benachbarte, heute polnische Swinemünde fanden am Berghang ihre letzte Ruhestätte. Mit einem schlichten Ehrenmal, errichtet 1972, wird ihrer gedacht.
Gothensee
Der größte See Usedoms steht vollständig unter Naturschutz. An seinem Ufer brüten Wildgänse, Schwäne und Graureiher. Kraniche sowie hin und wieder Seeadler sind ebenfalls zu beobachten. Auch der seltene Fischotter fühlt sich in der Uferzone wohl. Verkehrsschilder mit dem Hinweis "Otterwechsel 21-6 Uhr warnen die Autofahrer. In dem nährstoffreichen Gewässer wachsen die Flussaale zu beachtlichen Exemplaren heran. Sie werden in den Gaststätten der Insel serert - gekocht, gebraten oder geräuchert.
Benz
Hauptattraktion des Ortes ist eine stilechte Holländerwindmühle. Sie gehörte zu den beliebtesten Motiven des berühmten deutsch-amerikanischen Malers Lyonel Feininger, der hier 1912 mit seinem Skizzenblock unterwegs war. Später begeisterte die um 1830 erbaute und bis 1972 betriebene Mühle den Altmeister der norddeutschen Landschaftsmalerei, Otto Niemeyer-Holstein, der sie kurzerhand kaufte und vor dem Verfall rettete. Niemeyer-Holstein lebte und malte von 1933 bis zu seinem Tod 1984 auf Usedom. Nahe seiner Mühle, auf dem Benzer Friedhof, fand der Künstler wunschgemäß seine letzte Ruhestätte. Ein Kleinod ist die Dorfkirche St. Petri, die ihr heutiges Erscheinungsbild um 1600 erhielt. Das Innere begeistert durch herrlich anzuschauende Sternbilder, die in den Farben Gold, Weiß und Blau die hölzerne Kassettendecke zieren. In den Sommermonaten bereichern Lesungen, Vorträge und Musikveranstaltungen in der Kirche das Kulturprogramm der Insel.
Pudagla
Bevor die ersten Häuser von Pudagla auftauchen, ist rechter Hand an der Straße eine Bockwindmühle zu sehen, die 1937 stillgelegt wurde. Es ist die letzte Windmühle in Mecklenburg-Vorpommern an einem Originalstandort. Nach jahrzehntelangem Verfall zeigt sie sich seit 1997 wieder in alter Pracht.
Abseits der Hauptstraße steht das schlichte zweigeschossige Schloss, das als einzigen Schmuck über dem Hauptportal eine Kalksteintafel mit dem Landeswappen der Herzöge von Pommern-Wolgast vorzuweisen hat. Der pommersche Herzog Ernst Ludwig ließ den Bau 1574 als Witwensitz für seine von Martin Luther getraute Mutter errichten.
Koserow
An der schmälsten Stelle der Insel, zwischen Ostsee und Achterwasser, liegt der Badeort Koserow. Vom Streckeisberg, der mit 60 m höchsten Erhebung Usedoms, schweift der Blick weit hinaus auf die Ostsee und über den insgesamt 38 km langen Sandstrand.
Die Kirche von Koserow ist das älteste Gotteshaus an der Usedomer Ostseeküste; sie wurde bereits um 1300 aus Feldsteinen erbaut. Die Salzhütten am nördlichen Ortsende waren im 19. Jh. Verschlusslager für Salz, das vom preußischen Staat steuerfrei geliefert wurde. Es durfte ausschließlich zum Einsalzen der frisch gefangenen Fische verwendet werden. Sechs dieser rohrgedeckten Hütten wurden rekonstruiert. Heute beherbergen sie ein kleines Museum, ein Souvenirgeschäft und eine Gaststätte.
Ein kurzer Abstecher zu Fuß führt zum Refugium des Malers Otto Niemeyer-Holstein (1896-l984). Er errichtete es ab 1939 um einen ausrangierten Waggon der Berliner S-Bahn und nannte es Lüttenort. Das skurrile Anwesen des Künstlers blieb bis heute nahezu unverändert und steht Besuchern im Rahmen geführter Besichtigungen offen.
Halbinsel Gnitz
Die Halbinsel Gnitz mit ihrer abwechslungsreichen Landschaft teilt das Achterwasser von der Krumminer Wiek im Westen. Beschaulich geben sich die Gnitzer Dörfer, allen voran Netzelkow. In der turmlosen, von knorrigen Eichen umstandenen Kirche befindet sich rechts neben dem Eingang der bemalte hölzerne Sarkophag des Barons Carl von Lepel (1668-l747), der an 21 Kriegen teilgenommen haben soll. Der Verstorbene ist auf dem restaurierten Sarkophag als geharnischte ur mit Trophäenbündel dargestellt.
Lütow lockt mit einem steinzeitlichen Hünengrab, dessen Alter auf rund 3500 Jahre geschätzt wird. 1826 wurde die prähistorische Begräbnisstätte zum ersten Mal geöffnet, 1936 führte das Landesmuseum in Stettin Grabungen durch. Die gefundenen Waffen und Geräte sind noch heute im Besitz des Szczeciner Museums. Die Südspitze des Gnitz steht unter Naturschutz und muss auf stillen Pfaden erwandert werden.
Krummin
Eine 1,7 km lange Allee führt, einem grünen Tunnel gleich, von der B 111 nach Krummin. Etwa 300 Linden säumen die Straße und bilden die schönste Allee auf Usedom; seit 1990 steht sie unter Naturschutz. Die sorgfältig restaurierte Kirche des Dorfes ist das einzige klösterliche Gebäude, das auf Usedom erhalten blieb. Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. war von dem Gotteshaus so angetan, dass er es ausbaute und verschönerte. Er ließ den Turm sowie die Nord- und Südanbauten errichten. Aus der Klosterzeit stammt das Kruzifix (15. Jh.), die Patro-natsemporen und das Gestühl kamen 1856/57 hinzu. Im Pfarrhaus gegenüber der Kirche verfasste Johann Wilhelm Meinhold (1797-l851) seinen Roman Maria Schweidler, die Bernsteinhexe. Dieser fehlt auch heute noch in keiner Inselbuchhandlung.
Wolgast
Über die Peenebrücke geht es hinüber nach Wolgast. Alte Speicher künden von der Zeit, als die Stadt einen florierenden Überseehandel mit Getreide betrieb. Der größte, 1836 auf 99 Eichenpfählen gegründet, bildet einen beeindruckenden Blickfang am Ufer des Peenestroms. Das in der Nähe vertäute Dampffährschiff Stralsund brachte bis 1990 Eisenbahnwaggons vom Festland nach Usedom und ist heute Museumsschiff. Museum wurde auch das Geburtshaus von Philipp Otto Runge (1777-l810), einem der bedeutendsten Maler der deutschen Frühromantik.
Die Gruft der spätgotischen Backsteinkirche St. Petri birgt die Sarkophage der pommerschen Herzöge. Vom 56 m hohen Turm kann man den Blick ein letztes Mal hinüber zur Insel Usedom schweifen lassen.
Info
Anfahrt
Aus Richtung Berlin ab Anklam auf der B HO über die Zecheriner Brücke; aus Richtung Hamburg auf der B 111 bis Wolgast und dort über die Peenebrücke
Auskunft
Tourismusverband Insel Usedom e.V. Bäderstr. 5 17459 Ückeritz T. 038375/23410 Fox 038375 / 23429
Kelchs Fischrestaurant Karlstr. 9 17459 Koserow T. 038375/20458 Mehr als 40 Fischgerichte verzeichnet die Karte; ele werden nach alten Fomilien-rezepten zubereitet.
Norddeutscher Hof
Markt 12 17406 Usedom
T. 038372/ 70266
Fax 038372 / 70712
Kleines Hotel mit Restaurant im Herzen der einzigen Stadt Usedoms