Städtedreieck Nürnberg, Fürth, Erlangen: bedeutender Wirtschaftsraum und hinwieder überraschend ländlich. Beispiel Knoblauchsland, dessen Mischung aus Acker- und Baukultur, etwa Schloss Neunhof oder die Hochzeitskir-che Kraftshof, Anlass zu einer Radtour gibt. Entdeckungsreisen nach Fürth, einst als fränkisches Jerusalem gepriesen, und in die Hugenotten, Unirsitäts- und Siemensstadt Erlangen schließen sich an - beide mit unübersehbar eigenständigem Profil, nicht nur dank der schönsten Feste der Region, der Michaelis und der Bergkirchweih!
Radtour im Knoblauchsland
Start in Nürnbergs Volkspark Marienberg. Am Marienbuck vorbei, der den Schult der zerbombten Nürnberger Altstadt zudeckt, und weiter durch eine englisch anmutende Parklandschaft, ist die Marienbergstraße zu überqueren, nach dem Autokino einzubiegen, einem leicht rechts versetzten Weg zu folgen -und man befindet sich jenseits des Großstadtgetöses urplötzlich auf dem Lande mit Pferdekoppcln etc. Im Laubwald rechts auf den l.oesch-weg, die Straße entlang des Airport-Geländes und am )ugend-Hotel vorbei nach Buchenbühl gekommen, biegt man direkt hinter dem ASV-Sportplalz in einen wunderschönen waldschattigcn Pfad ein (Zeichen: Grüner Balken). Sich zeitweilig verjüngend, begleitet er den Kolh-brunngraben in den verwunschen wirkenden Birkenlach-Auwald hinein und zur Gabelung, wo man links (nicht Kalchreuth!) abzweigt und dann rechts einem irrsinnig winzigen Hinweis zum Irrhain folgt. Um sich nicht zu verirren, muss man an der nächsten Gabelung irre aufpassen. Links ab also und sich nicht vom Drahtzaun beirren lassen, denn hier ist tatsächlich der Hintereingang zum Irrhain.
Unübersehbar die Poetenhüllei, die der inzwischen über 350 )ahre alte Pegnesische Blumenorden (s. S. 50) dem Vorbild der einst auf dem Gelände stehenden, sommerlichen Refugien nachempfand, in die sich die Barockpoctcn zum Dichten zurückzuziehen pflegten. Einige bemooste Gedenksteine erinnern an Georg Philipp Harsdörffer & Co, im Juli feiert man ein Poetenfest. Ansonsten ist der Irrgarten, den der Kraftshofer Pfarrer und Pegnitzschä-fer Martin Limburger 1676 als verschlungenes Sinnbild der Irrungen und Wirrungen des Lebens anlegte, der Natur überlassen. Aus dem barocken Portal entfleucht, nimmt der appetitliche Anblick von Gemüseäckern, aber auch der von Ort und Wehrkirche Kraftshof und wenig später von Schloss Neunhof alle Sinne gefangen.
Wie Ortsnamen verraten, organisierten Höfe die Kultivierung, hier in karolingischer Zeit vom Königshof Fürth aus. First Nürnbergs Gründung aber förderte planmäßige Rodung und Nutzung. Das Knoblauchsland wurde zum Bauch der Reichsstadt, die ihre Fäkalien ablud, was wiederum den Boden verbesserte. Wegen geringer Speicherfähigkeit muss jedoch berieselt werden, wofür man künftig die Regnitz anzapfen will. Das lässt die Naturschützer Alarm schlagen, die ein Austrocknen der Flussaucn befürchten. Angebaut wurde von jeher alles, was den Städtern schmeckte und der Boden vertrug, auch der seit 1442 aktenkundige Knoblauch. Aufgrund traditionell kleinbäuerlicher Struktur produziert man fast ausschließlich für den lokalen Markt.
Das Schicksal des Knoblauchslands ist mit dem Nürnbergs verwachsen: Frieden brachte Wohlstand, signifikant dafür die relativ ruhige Phase nach Pest und Bitternis des Dreißigjährigen Kriegs. Barocke Wohn-Stall-Häuser aus Sandstein, eingeschossig und mit steilem Satteldach, beschirmt durch mächtige Rundbogentore (zuweilen mit Ncbcnlor, dem Läuferle) oder durch Kugelpfoslen, prägen vielerorts den dörflichen Charakter, auch in Neunhof. Gleichfalls typisch die I lerrcnsilze des Nürnberger Patriziats, ursprünglich vorgeschobene Vcrteidigungsposlen der Reichsstadt. Vis-ä-vis der Gaststätte Forsthaus in den lauschigen Barockgarten gelangt (1.4. 31. 10., 10-19 Uhr), ragt das kolossale ehemalige Wasserschloss der KrelS von Kressenstein auf. Im wesentlichen seit ca. 1600 unverändert, in der Raum-und Fensteraufteilung im 18. Jh. modernisiert, ist es nun eine Dependance des Germanischen Nationalmuseums (s. S. 82).
Hallerscher Besitz blieb hingegen seit 1764 Großgründlachs Haller-schloss, 1695 auf den Grundmauern einer mittelalterlichen Burg errichtet. Man erreicht das ums erste Jahrtausend erwähnte, nach Nürnberg eingemeindete und im Kern hübsche Dorf über Neunhofs Untere Dorfstraße, scharf rechts auf dem Kreuzäckerweg über die Gründlach, am Schützenhaus links in den Wald, den Frankenschncllwcg überbrückend, wo die welsche Turmhaube der ev. Pfarrkirche St. Lorenz (offen) bereits aus der Ferne grüßt. Gräfin Kunigunde von Orlamünde machte 1348 die Burg zum Zislerzienserin-nenkloster Himmclthron, die Kapelle wurde zur Klosterkirche erweitert. Nach Zerstörung im L'reißigjährigen Krieg erhielt sie ihre jetzige Gestalt. Aullallend die doppelle Sonnenuhr, laszinierend acht Glasgemälde aus Hans Baidung Griens Werkstatt (1505) im Chor. Ein schönes Ensemble, flankiert vom barocken Rathaus und dem Wächterhaus (I.So, 13-16 Uhr). Hier macht eine Bronzefigur auf den seit 1670 verbürgten Tabakanbau aufmerksam.
Die mit Sandsleinhäusern gesäumte Hauptstraße hinab und links zum Radweg der Würzburger Straße gelangt, Boxdorf durch-, die Erlanger Straße überquert, führt Am Knappsleig direkt nach Kraftshof. Der mit Mauer, fünf Wchrlürmen und einem überdachten Wehrgang befestigten, spätgotischen Kirchenburg des Hl. Georg, die in mannigfachen Kriegen der Bevölkerung sichere Zuflucht geboten hatte, sieht man die Verwüstung in der Bombennacht des 25. Tebruar 194.3 nicht mehr an. Spenden von US-Auswanderern der Erbauerfamilie Kroß von Kressenstein ließen sie aus der Asche auferstehen. In ihrer einzigartigen Atmosphäre entdeckt, wurde sie mittlerweile zur Hoch-zeitskirche.
Auf der Irrhainstraße radelnd, zeigt das Knoblauchsland sein zweites Gesicht: Gewächshauskolonien, ßlumcnmonokulturen und maschinelle Beregnung. Auch hier muss marktgcrechl produziert werden. Pendelnd zwischen dem Blick auf den supermodernen Tower (1999) des näher rückenden Flughafens und der Turmsilhouette der Nürnberger Burg, fährt man nach Almos-hof. Das Ländliche überrascht, trotz Einverleibung als Stadtviertel. Durch sein prachtvolles Rundbogenporlal fälll das einstige Schloss Almoshof der Patrizierfamilie Holzschuher auf. Nach Zerstörung 1692 -94 wieder aufgebaut, ist es heule ein Kul-lurladen (s.S. 217). Stadtleil Lohe schließlich, ein Stück Flughafenstraße, Volkspark Marienberg in Rufweite, Parklandschaft mit See und Tourende.
Tourdaten: ca. 35 km ohne nennenswerte Steigungen auf wenig befahrenen Straßen und - bis auf den Waldpfad entlang des Kothbrunn-grabens - auf asphaltierten Feldwegen; Start: U-Bahn Herrnhütte, mit PKW: Parkplatz Volkspark Marienberg, Kilianstraße.
Ein Rundgang zwischen Rednitz und Pegnitz
Nach dem furiosen Start ins Eisenbahnzeitalter wurde Fürth bei den königlich-bayerischen Planungen zunächst einmal abgehängt. Erst 1864 stieß die Strecke Nürnberg -Würzburg das Tor zur großen weiten Welt auf. Ein spätklassizistischer Bahnhof (1) entstand, der 1904-14 durch stilistisch angelehnte Flügel und einen ebensolchen Vorbau erweitert wurde. Der Vorplatz büßte allerdings unter Verlust der beschaulichen Grünanlage mit dem Umbau zur Umsteige für U-Bahn und Busse viel an Atmosphäre ein. Trotzig behauptet sich Rudolf Maisons Centaurenbrunnen, der maßgeblich durch Spenden finanziert wurde, auf seinem seit 1890 angestammten Platz und bändigt weiterhin die Naturkraft.
Nichts erinnert auf der Fürther Freiheit an die ehemalige Endstation der ersten Eisenbahn. Der Bahnhof fiel einem Aufmarschterrain der Nazis zum Opfer, das dann Tausend |ahre lang Schlageterplatz hieß. Zivile Nutzung ist nun wieder angesagt: Der Wochenmarkt quillt über von Früchten aus dem Knoblauchsland. Im I lerbst finden die großen Fahrgeschäfte Platz, wenn sich, einmalig für eine Großstadt, die Michaeliskirchweih mitten im Zentrum in Szene setzt. Das ehemalige Quelle-Kaufhaus markiert den Ort, von wo aus 1927 der unaufhaltsame Aufstieg des Kurz- und Wollwarengrossisten Gustav Schickedanz zum Weltkonzern begann und fällt hier als Einziges aus dem Rahmen städtebaulicher Einheitlichkeit, die man wohl nirgends so geballt antrifft.
Überall auch findet man Spuren des »fränkischen Jerusalem«, das im Miteinander der verschiedenen Bevölkerungsgruppen ungeheure Synergien freisetzte. Stiftungen jüdischer Bürger und ganze Viertel vom Klassizismus bis zum Historismus machen Fürths Gesicht unverwechselbar. So entstanden entlang der damaligen Trasse der l.udwigsbahn zwischen 188.3 und 1904 Domizile der Highsociety, die Zeitgenossen gar mil den Pariser Boulevards verglichen. Üppiger Fassadenschmuck in der nach jüdischen Honoratioren benannten Königswarterstraße und Hornschuchpromenade (2) zitiert alle nur denkbaren Stilelemente jener Epoche wirtschaftlichen Aufbruchs im Kaiserreich, als man solvent genug war, um sich mit Rückgebäuden und Lagerhäusern kombinierte Paläste zu bauen. Vom Industrieruß befreit zeigen sich auch schmucke Bürgerhäuser in der Nürnberger Straße. Rechts ab zur Tannenstraße, am ehemaligen Nathanstift (3) vorbei, lockt statt weiteren Pflastertretens der über 100 jähre alte Stadtpark, eine mehrmals, zuletzt 1951 erweiterte Oase mit u. a. Schwanenweiher, Freilichtbühne und der sog. Kleinen Mainau im üstteil nahe des Frankenschnellwegs, wo die 1901 erbohrte König-Ludwig-Quelle Fürth eine Zeitlang vom Status Heilbad träumen ließ. Geschickt wurde im Wcstleil die klassizistische cv. Auferstehungskirche (4) in den Park integriert.
»In Fürth schien's mir an manchen Ecken überhaupt, als ob ichschon im Süden wäre - bunt war es, und alles auf der Straße, und die Kinder eben.« Irina Uebmanns Faszination meinte sicher außer der Fußgängerzone die an die eigentliche Altstadt grenzenden Viertel. Bunl gemischt ist die Gesellschaft hier, neu zu erproben auch die einst sprichwörtliche Fürther Toleranz in einer Stadt mit 18 000 Ausländern aus 120 Nationen. Hier in den traditionellen Handwerker- und Arbeiter-quarlieren leben viele von ihnen. Von derselben Planungsfirma wie in Nürnbergs Gostenhof soll dieser Bezirk nun mit öffentlichen Mitteln aufgemöbell werden. Eine Bustour ab Hauptbahnhof (Linie 174) ist so nebenher eine Reise in die Vergangenheit.
Ecke Malhildenstraße und Theaterstraße fällt linker Hand das ehemals Jüdische Krankenhaus (5) (1846/64) auf, das nun der Gemeinde angehörige Aussiedler bewohnen. Im Haus (6) gegenüber (Mathildenstraße 2.1) wurde Henry Kissinger geboren. In der Theater-Straße 17 erlebte der Dichter Jakob Wassermann (s.S. 51), Sohn eines mittellosen Kaufmanns, freudlose Jugendjahre. Schlecht verheilte Wunden reißt ein Blick rechts in die Blumenstraße auf, hin zum Sitz der Israelitischen Kultusgemeinde (7) Fürth, vormals Israelitische Realschule (1883). Kissinger besuchte sie, ebenso die Schriftstellerin Ruth Weiss (*1924), um, wie sie in ihrer Autobiographie sarkastisch anmerkt, »mit unserem Gestank die arischen Schüler nicht zu ärgern«. Selbst die Toten hallen unter dem »gesunden Volksempfinden zu leiden: Der seit 1607 bestehende Alte jüdische Friedhof (8) (|udenheckisch) wurde vom Mob geschändet.
Die breite Rosenstraße lässt nicht mehr erkennen, dass in den 60ern des 20. |h. die Immobiliengesellschaft »Neue Heimat ein Viertel einebnete, das nach dem Dreißigjährigen Krieg mit zumeist winzigen Häuschen, Hinterhöfen und Schuppen den Überlcbcnswil-len der Bevölkerung dokumentierte. Der Cänsberg war eine der Urzellen des alten Türth mit einer ganz urtümlichen Population, zu der auch Sinti und Roma gehörten. In der Geleitsgassc erinnert Kunihi-ko Katos Synagogcndenkmal (9) (1986) an den Schulhof, das religiös-kulturelle und emotionale Zentrum der jüdischen Gemeinde mit I lauptsynagogc (Altschul), vier weiteren Synagogen, Rabbinerwohnung, Mikwe usf., das in der Pogromnacht 19.38 in Flammen aufging. Heute erstreckt sich zwischen der Stadthalle (1982) am Rednitzufer und der Theaterstraße ein komplett neues Viertel - saniert, prämiert, freundlich, mit wenigen alten Relikten an der Peripherie. Nur vereinzelt entdeckt man dort noch Häuser mil der typischen, das Fachwerk vertuschenden Schicfer-vcrkleidung der Fassade.
Von der Stadtnahe aus die nach langem Dornröschenschlaf sanierte Königstraße hoch laufend, kommt der älteste Kern in Sicht, der sich im Mittelalter hochwassersicher auf der Anhöhe bildete. Kriegsbedingt stammen die Häuser am Grünen Markt (10), dem einstigen Gemüseumschlagplatz, vorwiegend aus dem 18. Jh., wie das barocke einstige Gasthaus Goldener Schwan, das in Steinbauweise den Wohlstand des aufstrebenden Orts dokumentiert. Und schon macht der Turm der ev. St. Michaelskirche (11) auf sich aufmerksam. Das im Innern neugotisch verfremdele Gotteshaus inmitten des Pfarrhofs lässl sich bis auf 1100 zurückdatieren. All-Fürth pur! Die Gustavstraße mauserte sich mitsamt ihrem heimeligen Häuserpotenzial zur Kneipenmeilc. Vorher hatte allein der altehrwürdige Grüne Baum (Kartoffel), in dem der Fama nach Schwedenkönig Gustav Adolf nächtigte, das Panier hoch gehalten. Durch den Allstadtverein aufgerüttelt, blieb dem Viertel eine Tabula rasa erspart. Manch unansehnliches Gebäude am Waagplatz (12) erwachte mit kleinen Läden zu neuem Leben, nicht nur zum Grafflmarkl oder zur Altstadtweihnacht. Der Drcihcrr-schaft entronnen und Stadt geworden, demonstriert das imposante Rathaus (13; 1840-50) das neue Selbstbewusslscin. Eduard Bürklcin, Schüler Friedrich von Gärtners, nahm sich nichts Geringeres als Florenz' Palazzo Vecchio zum Vorbild. Der 55 m hohe Turm wurde zum markanten kommunalen Wahrzeichen.
Beim Blättern in Fürlher Biographien stößt man immer wieder auf Bürger jüdischer Herkunft, nichl nur auf Wassermann, Kissinger oder Ruth Weiss, sondern auch auf den Anatomen Jakob Hcnle (1809-85), den Verleger Leopold Ulislein (1826-99) oder den Metallurgen Benno Strauß. Der Nirosta-Erfinder wurde von der Tirma Krupp, die von seinem Patent kräftig profilierte, 1934 entlassen und starb 1944 in einem Arbeitslager. Auf solche und ähnliche Schicksale sowie die herausragende Rolle Fürths für das deutsche Judentum geht das 1999 eröffnete Jüdische Museum Franken (14; s. S. 218) in der Königstraße leider viel zu wenig ein.
Geradezu theaternärrisch waren die Fürther Juden. 60 % der Kosten brachten sie für ein prächtiges neubarockes Stadttheater (15) auf, dem das Neorokoko-Interieur eine spielerische Note gibt, hin Kuriosum: Die Wiener Architekten Helmer und Fellner hatten die Pläne ursprünglich für Czernowifz ausgearbeitet Als man dort Abstand nahm, griffen die Mit-lelfranken zu. Czcrnowilz wollte dann doch - und so steht in der Ukraine ein nahezu identisches Bauwerk, natürlich ohne das Kleeblatt über dem Portalbogen, Zeichen der Identifikation mit der Heimatstadt. Beethovens Menschenrechtsoper Fidelio gab 1902 den Auftakt. Nach langjähriger Kooperation mit den Nürnberger Bühnen ist es nun fast durchweg Gastspicltheater.
Nach kurzem Blick auf die klassizistische kath. Stadtpfarrkirche Zu Unserer Lieben Frau (16), das Pendant zur Auferstehungskirchc, schieben wir uns durch die Fußgängerzone in der Schwabacher Straße zum Berolzheimerianum (17), das, ganz im Geist des Jugendstils erbaut, ein weiteres Beispiel ist für Sponsoring »ohne Ansehen des Standes, der Religion und der politischen Anschauungen«. Die Stiftung des jüdischen Bleistiftfabrikanten I lein-rich ßerol7heimer, Ehrenbürger Fürths und Nürnbergs, beherbergte auftragsgemäß über Jahrzehnte hinweg Bildungseinrichtungen. Nach grundlegender Renovierung in Privatinitiative ist das schmucke Gebäude seit 1998 Spiclstättc der Comödie Fürth.
information: Tourist-Information, Maxstraße 42, 90762 Fürth, Tel. 09 11/7 40 66 15, Fax 7 40 66 17, Stadtführungen, Infos zu Themenführungen Barbara Ohms, Irrol Eimers Führungen .Fürth für Kinden (auch in Buchform); Themenführungen des Vereins Geschichte für Alle (Kontakt s. S. 111).
Unterkunft: Werners Apartment Hotel, Friedrichstraße 20-22, 90762 Fürth, fei. 74 05 60, Fax 7 40 56 30, gehoben: Gasthof Zum Hären, 90768 Burgfarrnbach, Würzburger Straße 475, Tel. 75 17 22, Fax 7 56 88 60, mittel.
Restaurants: Comödie, Theresien-straße 1, Tel. 74 92 99 47, französisch-elegant, sonntags regional, längste Bartheke Frankens; Kartoffel im Grünen Baum, Guslavslraße 34, lel. 77 05 54, alles Kartoffel und Künste! Stadtwappen, Bäumenstraße 4, Tel. 77 11 15, Mi-Mo, urfränkisch, Sülze, Karpfen & Co.
Szene: Cafö Insel, Waagslraße 2, Tel. 77 11 29; Kaffeebohne, Gustavstraße 40, Tel. 77 46 04, zeitlos in (auch die Gäste!).
Kultur: Stadttheater, Gastspiel und Eigenproduktionen, Königstraße 116, Theaterkasse Di-Sa 10-13, Mi/Do auch 15-18 Uhr, fei. 9 74 24 00; Comödie Fürth, Boulevard-, Kabarett- und Musical-Senkrechtstarter der Region, There-sienstraße 1, Tel. 7 49 34 27, Karten s. S. 228; Kultudorum Schlachthof IKUFOI, Würzburger Straße 4, fei. 97 38 40, seit 1989 Kleinkunst, Rockbühne usf., Wiedereröffnung 2001; TKKG - Theater im KulturKammerüut, Lange Straße 81, Tel. 9 70 07 92, kreativ in ehemaliger Kofferfabrik, Lesereihen, Festival; Kinos s. S. 217.
Feste: FürthFeslival, Juli, Folklore, Kleinkunst und Biermeilei;
Fürther Kirchweih, Fnde Sept., s. a.
S. 220; Grafflmarkt s. S. 229.
Museen/Galerien: Jüdisc'hes Museum Franken, s.S. 218; Rundfunkmuseum, Schlosshof 23, Tel. 7 56 81 10, Mi-So 12-17 Uhr, im Marstall von Schloss Burgfarrnbach (Umzug 2001 aufs ehem. Grundiggelände, Fürth, Kurgartenstraße 37), Sonderausstellungen, Kinder-geburtstage; Galerie Brockovski, im Kul-lurKammerGut, s.o., Tel. 70 85 83, Di-Sa 17-1 Uhr, So ab 10 Uhr Frühstücksbüffet, Konzeptausstellungen, Performances.
Erlangen - n Hugenotten zu Hightech
Eine Urkunde legt Erlangcns Entste-hungszeii auf anno 1002 fest. Knapp 1000 )ahre später büffeln ca. 17 000 Studenten (plus 6000 in Nürnberg) an der 7weitgröSten Universität Bayerns für urkundlich verbriefte akademische Weihen. Mehrere Entwicklungsschübe dazwischen machten den bischöflich Bamberger Weiler an der Mündung der Schwabach in die Regnitz zur Großstadt und letztlich zum Hightech-Standort.
Geschichte
»Der Berg ruft« jeweils an Pfingsten tausende zur traditionsreichen Er-langcr Bergkirchweih, dem neben dem Forchheimer Annafest wohl schönsten Bierfest Frankens. 1686 hingegen rief Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth vor der Rcstriklionspolilik des Sonnenkönigs Ludwig XIV. geflohene Hugenotten auf, in sein durch den Dreißigjährigen Krieg ausgeblutetes Land zu kommen. Die in Erlangen angesiedelten Rel'ugies stellten mit ca. 1000 Menschen das größte Kontingent. Von der l'euplierung, später stießen Pfälzer und Schweizer Reformierte hinzu, versprach man sich wirtschaftlichen Aufschwung. Handschuh-, Hutmacher, Gobelin-und Strumpfwirker ließen die ersten Manufakturen Frankens entstehen. Religiös motivierter Fleiß mehrte den Wohlsland aller, nachdem auch sprachliche Barrieren zur alteingesessenen Bevölkerung beiseite geräumt waren.
Den entscheidenden Schub zur Industriestadt und letztlich zum Überspringen der Großstadtmarke von 100 000 Einwohnern gaben nach 1947 die Preußen. Siemens-Schuckcrt verlegte die Hauptverwaltung vom ausgebombten Berlin nach Erlangen, das zuvor schon Sitz von Siemens & Halske gewesen war. Noch immer isl mit rund 24 000 Beschäftigten Siemens wichtigster Arbeitgeber in Erlangen, wobei die zu den weltweil größten Anbietern zählende Medizintechnik von Schrumpfungen wohl am wenigsten betroffen ist. Im Gegenteil! Die Kommune träumt vom Status einer Bundeshauptstadt der medizinischen Forschung', zumal sich im Sog des Konzerns im Umland eine Art Medical Valley zu entwickeln scheint. Beispielhaft isl die enge Verzahnung mit Einrichtungen der Universität. Vorbei die Zeiten, wo man in einem behäbigen Städtchen vergleichsweise familiär studieren konnte. Die klassische Alma Mater wurde durch neue naturwissenschaftlich-technische Fachbereiche längst zur Spezialislenschmiede. Auch das Klinikum bedient Bevölkerung und Forschung.
Markgraf Friedrich hatte sich das nicht träumen lassen, als er 1743 die Hochschule von Bayreulh nach Erlangen verlegte, wo sie in den Fakultäten Medizin, evangelischer Theologie, Jura und Philosophie mit den eine neue Heimat gegeben, und das, obwohl sie Calvinisten, er und seine Landeskinder aber Lutheraner waren - damals ein größerer Graben als zu den Katholiken.
Spaziergang auf den Spuren der Markgrafen
Für das fürstliche Willkommensgeschenk, die Hugenoltenkirche (1), wurde der erste Grundstein der Neustadt gelegt, die ab 1701 allgemein Christian Erlang hieß. 1693 geweiht, 1723-35 mit einem Turm versehen, fügte sich das schlichte Gotteshaus homogen in die barocke Idealstadt ein, von der man allerdings zunächst nichts sieht. Stattdessen ist das Umfeld der Kirche von Nachkriegsbauten zugekleistert. Die eigentliche Reißbrelt-stadt erschließt sich in den Nebenstraßen nahe dem Bahnhof, beim Überqueren der Hauptstraße in und jenseits der Universitälsstra-ße mit ihren Instituten samt Universitätsbibliothek (2), zum Schloss hin und darüber hinaus. Die überwiegend zweigeschossigen Steinhäuser des 18. Jh. sind alle nach demselben Schema erstellt: trauf-seitig, schmucklos, selbst in der Fensterfront auf Einheitlichkeit bedacht. Aus der Norm fallen einige wenige Fachwerkbauten aus den Siedlungsanfängen, denn Sandstein war teuer, auch wenn er am Burgberg gebrochen wurde.
Dagegen heben sich die repräsentativen Gebäude am großzügig angelegten Schloss- und Marktplatz ab. So das Palais Stutterheim (3; 1728-30) mit prächtigem Stuck im Treppenbereich, was ein Besuch der Städtischen Galerie preisgibt. Von den bunten Schirmen des Wochenmarktes gänzlich unbeeindruckt zeigen sich die Symbolfiguren der Universität und des Gewerbes auf dem nach den Stiftern, einem Kaufmannsehepaar, benannten Paulibrunnen (4) von 1889. Fbenso ungerührt wirkt auf der Schloßplatzseite Markgraf Friedrich (5), dessen Standbild zur 100-Jahr-Feier der Hochschulgründung enthüllt wurde. Das imposante Schloss (6), 1700 als sechste Residenz des Landes unter sparsamer Akzentuierung der Fassade im typischen Markgrafenstil erbaut, wobei nur die Attika mit den Statuen einen Hang zu Extravaganz andeutet, war zeitweise Domizil von Elisabeth Sophie, der Witwe des Stadigründers. Bei ihrer Wiederverheiratung 1714 nahm sie nicht nur das gesamte Mobiliar, sondern auch Boden und das »angeschraubte ornamens nebst den eingemachten Spiegeln« mit. Ein Verlust damals, der allerdings 1814 durch den Schlossbrand noch größer gewesen wäre. 1825 ging das Gebäude an die Universität über, die von hier aus zentral verwaltet wird.
Die Hauptstraßen-Achse verlängerte sich schon früh durch Bebauung zur ev. Altstädter Kirche (7; 1709-21) am Martin-Luther-Platz und dem Stadtmuseum (8; 1731-36), ehemals Rathaus hin. Infolge fürchterlicher Kriege und eines Großbrands (1706) unterscheidet sich der alte Kern im Baustil kaum von der Neustadt. Erst 1812 aber vereinte sich unter bayerischer Herrschaft das Franken- mit dem Franzo-senslädlchen. An der Nahtstelle steht ein sehenswerter Marklgra-fen)stein höfischer Epoche, 1719 als )Opera- und Comoedienhaußi eröffnet. Das dank Wilhelmine von Bayreuth (s. S. 192) später in verführerischem Rokoko ausgestattete Markgrafentheater (9) wird von Gastbühnen und Eigenproduktionen des ensemble theaters Erlangen bespielt. Nicht mehr im Originalzustand ist der glcichaltc Redoutensaal (10), in dessen Marstall das Theater in der Garage agiert.
Das wär's im Grunde schon, will man nicht in den Süden zur Siemens-Verwaltung (11), dem 1953 erbauten, fruchtfarbigen Himbeer-palast in der Werner-von-Sicmens Straße pilgern und zugleich die für Firmenangehörige geschaffenen Viertel abklappern. Dazu schwingt man sich in Deutschlands Fahrradstadt Nr. 1 am besten in den Sattel, so wie es auch die Studenten auf dem Weg zu den Instituten der FAU (Friedrich-Alexander-Universität) tun. Falls sie nicht gerade im Schloßgarten (12) relaxen! Der markgräfliche Park, Erlangens eigentliche Attraktion, kommt auch Touristen zu einer Verschnaufpause gerade recht. Weniger des Hugenottenbrunnens (1706) auf der Schlossterrasse wegen, wo Elias Räntz unter Abbildung von Glaubensflüchtlingen den Sladlgründer verherrlicht. Nicht allein der eleganten Orangerie (13; 1706) wegen, in der keine Zitrusfrüchte mehr, sondern die Institute für Kirchenmusik und Kunstgeschichte überwintern. Und nicht um des monumentalen Kollegienhauses (14) willen. Sein Zauber beginnt mit den vielen jungen Leuten zu wirken, die schon die erste Frühlingssonne bei Picknick, Gesprächen oder einfach im Gras träumend genießen.
informalion: Verkehrsverein, Rathausplatz 1, 91052 Erlangen, Tel. 0 91 31/8 95 10, Fax 89 51 51, Stadtführungen; I hemenführungen des Vereins Geschichte für Alle (Kontakt s. S. 111).
Unterkunft: Hotel Altmann's Stube, Theaterplatz 9, 91054 Erlangen, fei. 8 91 60, Fax 89 16 66, mittel, familiär.
Restaurants: Altmann's Stube, s.o., exquisit, Mo-Sa; Oppelei, Halbmondstraße 4, Tel. 2 15 62, Do-Di, frisch-saisonal, intimes Gärtla; Brandenburger Adler, Essenbai her Straße 13, Tel. 2 93 13, mit Gärlla am Burgberg; Uni-cum, Carl-Thiersch-Straße 9, lel. 30 14 80, Uni-Bistrorant, ehemals US-Kasino, Brunch.
Museen: Sladlmuseum, Ge-schichte der Hugenotten, damit Erlangens. und der Zeitgeschichte, Sonderausstellungen. Martin-Luther-Platz 8/9, Di-Fr 9-13 u. Di/Mi auch 14-17, So 11 -17 Uhr; Städtische Galerie, Palais Stutlerheim, Marktplatz 1, Di-Fr 10 18, Sa/So 10-17 Uhr; Wal-derlebniszcntrum Tennenlohe, u. a. Museumsfesl, s. S. 222; ... in Buben-reuth: Geigenbaumuseum, u. a. kleinste spielbare Geige der Welt, McCarlneys Bass, Birkenallee 51, So 14-16 Uhr, Gruppen a. A., Tel. 0 91 31/2 13 82.