Barock in schönster Blüte
Einst erfüllten dort, wo sich heute Schloss und Stadt Ludwigsburg ausbreiten, lagdhornklang und Büchsenknall dichte Wälder. Gern rgnügten sich hier die württembergischen Herrscher bei der Jagd auf Hirsche und Sauen. In seinem Revier ließ sich Herzog Eberhard Ludwig statt eines anfangs geten Jagdsitzes gleich ein ganzes Schloss erbauen. Und was für eines! Ein schwäbisches Versailles nach Art des französischen Sonnenkönigs musste es werden. Schließlich sollte alle Welt sehen, dass Württemberg ein bedeutendes Land ist.
Die direkt neben dem Bau gete Stadt erhielt nach ihrem Gründer den Namen Ludwigsburg. Und dass dieser die Ortschaft zur Residenzstadt machte, lag sicher auch am schmeichelnden Drängen seiner Herzensdame Wilhelmine von Graenitz, mit der er der zürnenden Ehefrau und dem Gemäuer des Stuttgarter Alten Schlosses entfliehen wollte.
Die junge Stadt zeigte sich zumindest anfangs weltoffen und den schönen Künsten zugetan. Goethe, Schiller und Mozart lebten zeitweise dort oder kamen gern und häu zu Besuch. »Ludwigsburg ist ein ganz besonderer Ort«, schrieb Leopold Mozart nach Hause, als er hier 1763 mit seinem Sohn Wolfgang Amadeus Station machte. Das gilt auch heute noch - ganz besonders während der sommerlichen Internationalen Schlossfestspiele mit ihren hochkarätigen Aufführungen, die europaweit geschätzt sind.
Geschichte
Ludwigsburg wurde erst im 18. Jh. gegründet. 1704 ließ der junge Herzog Eberhard Ludwig (1677-1733) in den Wäldern des Neckarlandes mit dem Bau eines bescheidenen Jagdsitzes beginnen, der schon bald zum Schloss umgeplant wurde. Die Liaison Eberhard Ludwigs mit Wilhelmine von Graevenitz, die den Herzog bald völlig beherrschte, trug dazu bei, dass Ludwigsburg ab 1724 württembergische Residenz wurde. Diese übte zunächst große Anziehungskraft auf die Geistesgrößen und Künstler Europas aus, doch wurden den absolutistischen Herzögen die aufkeimenden Ideen von Freiheit und Demokratie bald unheimlich, so dass an die Stelle von Weltoffenheit allmählich Repression und Verfolgung traten. Der Musiker und Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart wurde zehn Jahre lang eingesperrt, Schiller konnte vor der drohenden Verhaftung gerade noch nach Baden fliehen. Nach einigen Jahrzehnten Residenzstadt-Herrlichkeit verlegte Herzog Carl Alexander den Regierungssitz wieder nach Stuttgart. Sein Nachfolger Carl Eugen wohnte während der Bauzeit des Stuttgarter Neuen Schlosses in Ludwigsburg und regierte bis 1764 von hier aus.
Ab 1775 verlor Ludwigsburg seine Bedeutung als Residenz und erlebte einen wirtschaftlichen Niedergang. Nachdem Württemberg Königreich geworden war, ließen König Friedrich I. und Königin Charlotte Mathilde Teile des Schlosses im Empire-Stil modernisieren. Heute ist das Schloss der Anziehungspunkt der 85000 Einwohner zählenden Stadt.
In jüngster Zeit hat sich Ludwigsburgais Medienstandort mit der einzigen Filmakademie in Baden-Württemberg profiliert.
Die Schlossanlage
Für Ludwigsburgs größte Attraktion sollte man viel Zeit einplanen und mit bequemen Schuhen losziehen, um Bau und Gärten in Ruhe genießen zu können. Das Residenzschloss O ist die größte unzerstört gebliebene Barockanlage Deutschlands. Umgeben von einem weitläufigen Park, der jeden Sommer in herrlicher Blütenpracht erstrahlt, umfasst es 18 Gebäude mit 452 Räumen. Etwa 50 Säle werden bei Führungen besichtigt.
Zwei breite Paradetreppen, die Königs- und die Königinnentreppe, schwingen sich in dem ab 1725 errichteten Neuen Corps de Logis vom Vestibül zum Gardesaal empor. In den königlichen Wohnungen ist noch die vom Hofbaumeister Nikolaus Friedrich von Thouret gestaltete, originale Empire-Ausstattung zu bewundern: erlesene Möbel, Porzellan, Wandteppiche und glitzernde Leuchter; kühle Pracht dann im Marmorsaal.
Die Ahnen- und die Bildergalerie stellen die Verbindung zu den älteren Schlossteilen her und umschließen einen Abschnitt des ausgedehnten Innenhofs. Prunkvolle Deckengemälde und Bilder der Grafen, Herzöge und Könige von Württemberg sowie ihrer Frauen schmücken diese Raumfluchten.
An den Östlichen Kavaliersbau, 1715 bis 1719 von Frisoni erbaut, schließt sich das ebenfalls von ihm stammende *Schlosstheater an, in dem die völlig erhaltene Bühnenmaschinerie von 1759 einen Eindruck von der hoch entwickelten Theatertechnik jener Zeit gibt. Die *Schlossklrche mit ihren muschelförmigen Haupt- und Seitenchören glänzt in einer für den württembergischen Protestantismus ungewöhnlichen Pracht.
Durch den Riesenbau mit den Prinzenräumen erreicht man das Alte Corps de Logis, 1704-1709 als erstes Schloss erbaut. Flankiert wird es vom runden Spiel- und dem lagdpavillon. Besonders das an allen Wänden und an der Decke mit Spiegeln verkleidete Schlafgemach des Herzogs, das .Spiegelkabinett, regt natürlich die Phantasie der Besucher heftig an. Im ausgemalten Ordenssaal. der über zwei Stockwerke reicht, wurde 1819 die Verfassung des Königreichs und 1919 die des republikanischen Landes Württemberg verkündet. (Öffnungszeiten: Führungen Mitte März bis Nov. tgl. 10-17, Nov.-Mitte März Mo-Fr 10.30,11.45.13-3°. 15.16 Uhr, Sa, So 10.30, 11.30. 13.30-16 Uhr halbstündlich.)
in den Räumen des Ludwigsburger Schlosses befindet sich die Ausstellung Höfische Kunst des Barock mit einer eindrucksvollen .Sammlung Ludwigsburger Porzellans. Der Eingang zur berühmten Manufaktur, die 1750 gegründet wurde und bis heute wertvolle Figuren, kunstvoll bemalte Gebrauchsgegenstände, Geschirr und Schmuck produziert, liegt im mittleren Schlosshof.
Der Stadtpark, 1954 nach den Originalplänen gestaltet, lässt französische, deutsche, italienische und holländische Einflüsse erkennen (Öffnungszeiten: Mitte März bis Anf. Nov. tgl. 7.30-20.30 Uhr).
m Holzmarkt zum Marktplatz
Nun geht es aus den hochherrschaftlichen Gefilden ins bürgerliche Ludwigsburg. Die Gebäude jenseits der Schloss- und Stuttgarter Straße lassen den Glanz alter Zeiten nur erahnen und sind z. T. etwas heruntergekommen. Urban wirkt dagegen der Holzmarkt mit Restaurants rundum und einem Obelisken. Er erinnert an die Ludwigsburger Dichter und Autoren Friedrich Theodor Vischer (1807 bis 1887), David Friedrich Strauß (1808 bis 1874), lustinus Kerner (1786-1862) und Eduard Mörike (1804-1875). Ihre Geburtshäuser sind mit Plaketten bezeichnet, ebenso die Wohnhäuser der Dichter Schiller und Schubart.
Repräsentativ zeigt sich dann wieder der Marktplatz. Auf der Westseite steht die barocke doppeltürmige evangelische Stadtkirche 0 mit figurengeschmückter Giebelseite. Die Ostseite nimmt die schlichtere Dreieinigkeitskirche ein, 1781 als Garnisonskirche geweiht, die heute der katholischen Gemeinde dient.
Alljährlich in der Adventszeit verwandelt sich der Marktplatz in einen illuminierten barocken Weihnachtsmarkt.
Festival der Masken
Als Festival der Masken und Kostüme begeistert die Venezianische Messe mit Musik, Tanz und Komödianten auf dem Ludwigsburger Marktplatz alle zwei lahre (2004) im September drei Tage lang das Publikum, ein Fest der Flaneure zwischen Barock und Avantgarde (s. a. S. 19).
Der Karlsplatz
Die neobarocke Friedenskirche 0 am
Karlsplatz wurde um 1900 ebenfalls als Garnisonskirche erbaut. Sie beherbergt heute das Landeskirchliche Museum der Evangelischen Kirche in Württemberg (Öffnungszeiten: Di bis Sa 14-17. So und Fei 11.30-17 Uhr).
Schräg gegenüber wurde 1988 das Forum am Schlosspark 0 eröffnet, ein architektonisch sehr anspruchsvolles, technisch ausgeklügeltes Kongress-und Veranstaltungshaus. Es ist auch Heimat der Ludwigsburger Schlossfestspiele. (Inf. beim Veranstalter, Marstallstr. 5, Tel. 0 7141/93 96-0.)
Ausflug nach Marbach
Auf einem steilen Felsabhang über dem Neckar erhebt sich das teilweise noch ummauerte Marbach (14000 Einw.), wo am 10. November 1759 Friedrich Schiller das Licht der Welt erblickte.
Das Geburtshaus des Genius in der Niklastorstr. 31 empfängt die Besucher heute mit einer heimeligen, fast intimen Atmosphäre. Von 1758 bis 1763 war es der bescheidene Wohnsitz der Familie Schiller (Öffnungszeiten: tgl. 9-17 Uhr).
Etwas außerhalb der Stadt liegt in der Schillerhöhe 8-10 der »Schwäbische Olymp«, das .Schiller-Nationalmuseum, dem das Deutsche Literaturarchiv angegliedert ist.
Im Jahre 1895 vom Schiller-Verein gegründet, widmet sich das Museum allen Geistesgrößen des Landes: von Wieland und Schubart, Mörike, Hölderlin, Kerner und Uhland bis hin zu Hermann Hesse. Heute wird hier auch die deutsche Literatur von der Mitte des 18. Jhs. bis zur Gegenwart gesammelt (Öffnungszeiten: tgl. 9 bis 17 Uhr).
Touristik-Information,
Marktstr. 23,71627 Marbach am Neckar,
Tel. 0 7144/10 22 50,
rathaus@schillerstadt-marbach.de
Infos
Tourist-Information, Marktpl. 6, 71634 Ludwigsburg,
Tel.0 7141/ 9175 55.
www.ludwigsburg.de
Nestor-Hotel, Stuttgarter Str. 35/2,
Tel. 96 70,
www.nestor-hotels.de
Ein Haus für gehobene Ansprüche; auf dem historischen Kasernengelände.
Villa Foret, Friedrichstr. 76, Tel. 9 43 30, www.villa-foret.de. Freundliches, sehr persönlich geführtes Hotel.
Alte Sonne, bei der katholi- sehen Kirche,Tel. 92 52 31. Spitzengastronomie.
Post-Cantz, Eberhardstr. 6, Tel. 92 35 63. Bodenständige Gerichte und Weine.
Seiberts, Biergarten und Weinstube, Uferstr. 95, Tel. 5 56 90. Hier sitzt man sehr schön direkt am Neckar unter Walnussbäumen.
Heilbad Hoheneck, Uferstr. 50, Tel. 5 50 21. Das staatl anerkannte Heilquellen-Bad im Ortsteil Hoheneck hat drei Sole-Becken, Freischwimmbecken und Solarium.