Stadt
Hamburg ist nicht nur St. Pauli! Die Richtigstellung tut Not, weil viele immer nur an »das eine« denken und darüber gar nicht wahrnehmen, dass Hamburg mehr ist als nur seine sündige Meile. 103 weitere Stadtteile gibt es in Hamburg, die jeder auf seine Weise mit St. Pauli sehr wohl mithalten können.
Allen ran die Innenstadt. Mit den herausgeputzten, standardisierten Fußgängerzonen anderer Städte kann sie zwar nicht aufwarten, dafür besticht sie aber mit dem Jung-fernstieg, vielen Einkaufspassagen, ihren Kontorhäusern, ungezählten |u-gendstilfassaden und typisch norddeutschen Backsteinkirchen.
Östlich der Außenalster, in den Stadtteilen Uhlenhorst und Winterhu-de, reihen sich malerische Villen entlang den Kanälen, die zum Teil in den großen See im Stadtpark münden, der mit Freilichtbühne, waldgesäumten Wiesen und einem Planetarium die größte Grünanlage der Stadt ist; westlich der Außenalster lockt das schicke Pöseldorf mit seinen Boutiquen und Lokalen Besucher an; rund um die Universität wird das Viertel Rotherbaum n Studenten bevölkert, und daran schließen sich Harvestehude, wo viele Konsulate exklusives Quartier mit Alsterblick bezogen haben, und Eppendorf mit seinen historischen Wohnbauten an. Südwestlich des Zentrums erreicht man St. Pauli, dann den Hafen, und an der Elbe entlang gelangt man in das ehemals dänische Altona. Noch weiter m Zentrum entfernt folgen Ottensen, das grüne Othmarschen, Nienstedten und schließlich Blankenese, das sich m Fischerdorf zum noblen Vorort mauserte. Am sudlichen Eibufer gedeihen im Alten Land Obsttagen, und südöstlich des Zentrums liegen die Vierlande, ein dörfliches Gemüse- und Blumenanbaugebiet mit alten Kirchen und Höfen. Sehenswert sind auch der Ohlsdorfer Friedhof, der zweitgrößte der Welt, und die so genannten Walddörfer, deren adlige Besitzer sie an die Stadt verpfändeten und nicht wieder auslösten.
Hier liegt auch das Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook. Rund 60 der 755 km' des Stadtgebiets sind Parkanlagen - die größten dan mitten in der Stadt.
Land und Fluss
Hamburg besitzt den größten Hafen Deutschlands und liegt dennoch nicht am Meer. Bis dorthin nämlich sind es auf der Elbe noch ca. 100 km. Was hier Land und was hier Wasser ist, kann nicht so eindeutig bestimmt werden -zumindest nicht auf längere Zeit gesehen. Die Gletscher der letzten Eiszeit hatten mit ihrem Schutt nämlich nicht nur die hoch gelegene Hamburger Geest zusammengeschoben, sondern beim Abschmelzen auch das Urstromtal der Elbe und später die Rinnen von Alster und Bille geschaffen. Die Marsch bildete sich darin aus dem durch die Gezeiten angeschwemmten Sand und Schlick. Holländer bauten an dieser Stelle bereits im 12. und i3.|ahrhundert Deiche und rangen so dem Wasser fruchtbares Land ab - das Alte Land. Im Stadtgebiet sind Alster und Bille größtenteils kanalisiert, das ursprüngliche Bett ist nicht mehr zu erkennen. Das Stadtbild veränderte sich immer wieder: Kanäle und Fleete gezeitenabhängig) wurden gezogen oder zugeschüttet. Dämme errichtet Schleusen gebaut und Brücken: Hamburg hat mehr als 2000 davon - mehals Amsterdam und Venedig!
Steckbrief
Fläche: 755 km', davon Erholungsfläche 61 km' und Hafen 75 km!. Größter Durchmesser: Nord-Süd 40 km, Ost-West 42 km. Gebietseinteilung: 7 Bezirke, 104 Stadtteile, 180 Ortsteile. Bevölkerung: 1,725 Mio., davon 15,1% Ausländer. Klima: Dank der Nähe zu Nord-und Ostsee gibt es keine Extreme. Am wärmsten ist der Juli mit durchschnittlich 18,2 °C, am kältesten der Januar mit durchschnittlich 1,7 °C.
Politik: Die Freie und Hansestadt Hamburg hat drei Verfassungsorgane: die Bürgerschaft, das Parlament, das sich aus 121 auf vier lahre gewählten, ehrenamtlichen Abgeordneten zusammensetzt; den Senat, die Landesregierung, die aus 10-15 von der Bürgerschaftgewählten Senatoren besteht und der ein Erster Bürgermeister und als Stellvertreter ein Zweiter Bürgermeistervorstehen; und das Hamburgische Verfassungsgericht, dessen Mitglieder weder in der Hamburger noch in der Bundespolitik Ämter bekleiden dürfen. Im Bundesrat hat Hamburg drei Stimmen.
Wirtschaft: Der Hafen und die Verwaltungssitze vieler Großunternehmen bestimmen die Bedeutung der Stadt als einem der wichtigsten Industriestandorte Deutschlands.
Luftfahrtindustrie (Airbus, Lufthansawerft), Chemie, Elektrotechnik, Maschinen- und Schiffbau, Mineralölwirtschaft, Brauereien, Banken und Börse, Werbewirtschaft und Medien (s. S. 14, Die vierte Gewalt) sind in Hamburg stark vertreten.
Hamburg Katasstrophen
Katastrophen wie die Pest im 14. Jahrhundert erfassten ganz Europa. Es gab aber auch solche, die viel »Lokalkolorit« trugen. Der Große Brand vom Mai 1842 brach in der Hamburger Deichstraße aus und wütete drei Tage lang: 51 Menschen starben, 20000 wurden obdachlos, 1100 Wohnungen und 102 Speicher verbrannten.
Hätte man rechtzeitig Schneisen gesprengt, so wäre das Schlimmste verhindert worden. Doch der Senat lehnte dies ab, weil er Re gressansprüche der Hausbesitzer befürchtete.
Hausgemacht war auch die große Choleraepidemie von 1892.8605 Menschen starben, weil eine Sanierung der Gängeviertel verschleppt worden war. Dort herrschten hygienische Zustände, die Robert Koch, den Entdecker des Choleraerregers, zu der Bemerkung veranlassten: »Ich vergesse, dass ich mich in Europa befinde.«
Beim Feuersturm von 1943 verloren etwa 45 000 Menschen durch Bombenangriffe ihr Leben, die ganze Stadtviertel in Schutt und Asche legten. Und schließlich kam das Wasser: Bei der Sturmflut von 1962 ertranken 315 Menschen. Mittlerweile wurden Hochwasserschleusen, Sperrwerke und Flutschutzmauern gebaut, die sogar noch stärkeren Sturmfluten standgehalten haben.
Geschichte im Uberblick
11000-4000 v. Chr. In der Mittleren Steinzeit leben bereits Rentierjäger an der Alstermündung und an den Geesthängen nördlich der Elbe.
Um 4000 v. Chr. beginnen die Menschen in der Region sesshaft zu werden. Wichtige Fundplätze sind: Meiendorf (Lager der Rentierjäger); Wellingsbüttel (Flintgeräte der Altsteinzeit); Boberg und Rissen (stein- und bronzezeitliche Grabhügel); Farmsen (eisenzeitliche Siedlung); Bramfeld (Siedlung des 4.-8. Jhs.).
6.-7. Jahrhundert n. Chr. Das Gründungsjahr Hamburgs ist nicht genau nachweisbar; Originalquellen existieren nicht. Ausgrabungen in der Nähe des Speersorts förderten spätsächsische Siedlungsreste aus dem 6-/7- )h. zutage.
810 lässt Kaiser Karl der Große oberhalb der Alstermündung einen ersten befestigten Missionsstützpunkt anlegen. Er lag zwischen Speersort, Kattrepel und Schopen-stehl (später Domgelände). Außerhalb der Festung siedeln sich Fischer, Händler, Handwerker an.
831 Die Hammaburg (harn = altsächsisch für Ufergelände) wird von Ludwig dem Frommen zum Sitz des ersten Erzbischofs von Hamburg, des Benediktinermönchs Ansgar, erhoben. Seine Aufgabe ist die Missionierung des Nordens.
845 Die Hammaburg wird von den Wikingern erobert, geplündert und zerstört.
847 Das Erzbistum Hamburg und das Bistum Bremen werden zusammengelegt. Der Sitz des Erzbischofs wird aus Sicherheitsgründen nach Bremen verlegt.
937 Erzbischof Adaldag verleiht Hamburg das Marktrecht und lässt die Hammaburg wieder aufbauen.
966 König Otto I. stattet Hermann Billung mit Befugnissen aus, die denen eines Herzogs gleichkommen, und ernennt ihn zu seinem ständigen Vertreter in Hamburg. Erzbischöfe und Billunger teilen sich nun die Herrschaftsrechte über Hamburg.
Die Überfälle der slawischen Obotri-ten lassen die Erzbischöfe und Billunger Herzöge zunächst eng zusammenstehen. Als jedoch die Gefahr von außen beseitigt ist, kommt es im 11. |h. zur offenen Rivalität zwischen den Billungern und der Kirche.
1035-1043 Erzbischof Bezelin Alebrand lässt um 1035 einen steinernen Wohnsitz bauen, den er bei Besuchen als Residenz benutzt. Der Billunger Bernhard II. folgt mit der Turmburg nach (später Alsterburg genannt; Reste wurden beim Bau des neuen Rathauses entdeckt).
1106 Nachdem das Geschlecht der Billunger ausgestorben ist, verleiht Lothar von Sachsen die Grafschaften Holstein und Stormarn und damit die Regentschaft über Hamburg an den Grafen Adolf von Schauenburg. Unter der Herrschaft der Schauenburger erlebt die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung.
1188 Adolf III. gründet neben der erzbischöflichen Altstadt die gräfliche Neustadt. Er überlässt das Gebiet am unteren Alsterlauf (Nikolaifleet) einer Gruppe von Kaufleuten und Schiffern, die eine Siedlung mit Hafen errichten.
1189 Auf Betreiben Adolfs III. gewährt Kaiser Friedrich I. Barbarossa der Stadt Hamburg die Zollfreiheit und das Recht zum freien Handelsverkehr auf der Unterelbe. Dieses soll, wie eine Urkunde von 1265 (Barbarossa-Freibrief) im Nachhinein feststellt, am 7. Mai 1189 geschehen sein. Dieser Tag gilt seitdem als Hafengeburtstag.
1201-1227 Hamburg wird von den Dänen überfallen und Adolf III. gefangen genommen. Ein dänischer Statthalter regiert die Stadt.
1216 Zusammenschluss der gräflichen und erzbischöflichen Stadt.
1227 Der Schauenburger Graf Adolf IV. bricht die Vorherrschaft der Dänen und gewinnt Hamburg zurück.
1228 Die erzbischöflichen Hoheitsrechte werden an die Schauenburger Grafen abgetreten. Das Domkapitel bleibt in Hamburg und behält territoriale Rechte im Dombezirk.
1230 Durch Stauung der Alster wird die nördlich der Stadt liegende Alster-niederung überflutet. Mit der gestauten Alster werden Mühlen (im Bereich desjungfernstiegs) betrieben.
1238 Der Graf von Holstein gibt den Bürgern von Hamburg Rechte und Freiheiten (Steuerfreiheit), ihre Geschicke vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet selbst zu lenken.
Im 13. Jahrhundert entsteht ein enger wirtschaftlicher Verbund Lübecks mit Hamburg. Der Hamburger Hafen wird Lübecks Nordseehafen.
1321 Hamburg tritt der Hanse, einem Zusammenschluss bedeutender Handelsstädte, bei.
1401 Hamburgs Kriegsflotte besiegt die seeräuberischen »Vitali-enbrüder«. Deren Anführer Klaus Störtebeker und 30 seiner Mitstreiter werden 1402 auf dem Gras-brook hingerichtet.
1410 Hamburgs Bürger fordern vom Rat mehr Mitspracherechte. Sie legen einen 20 Artikel umfassenden »Rezess« vor, der als erste Verfassungsurkunde der Stadt gilt.
1459 Mit dem Tod des kinderlosen Grafen Adolf VIII. endet die Herrschaft der Schauenburger Grafen. Die Dänen übernehmen die Oberhoheit über Hamburg.
1510 Der Augsburger Reichstag erhebt Hamburg in den Rang einer Reichsstadt. Dänemark erkennt diesen neuen Status der Stadt nicht an.
1529 lohann Bugenhagen, ein Anhänger Luthers, verfasst eine evangelische Kirchenordnung (inkl. Schulordnung) für Hamburg, die am 15. Mai 1529 von Rat und Bürgerschaft angenommen wird.
1588 Gründung der Hamburger Börse.
1618 Am 6. Juni wird Hamburg durch ein Urteil des Reichskammergerichts eine wirklich »Freie« Stadt.
1619 Die Hamburger Bank, die erste Girobank in Deutschland, wird feierlich eröffnet.
1616-1625 Hamburg erweitert und verstärkt seine Befestigungen über die alten Stadtgrenzen hinaus, so dass sich die Stadt innerhalb der Umwallung erweitern kann. In diesem Rahmen wird die Außen-von der Binnenalster abgetrennt. Aufgrund der starken Befestigung bleibt Hamburg während des Dreißigjährigen Krieges uneinnehmbar.
1712 Nach langjährigen innenpolitischen Auseinandersetzungen gibt sich Hamburg eine gründlich überarbeitete Verfassung, den »Hauptrezess«. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Bürgerschaft und Rat wird darin festgeschrieben.
1768 Dänemark erkennt im »Gottorper Vergleich« Hamburg als Kaiserliche Freie Reichsstadt an und bestätigt damit die Unabhängigkeit der Stadt vom Herzogtum Holstein.
1783 Hamburg entwickelt rege Handelsbeziehungen zu den USA.
1806 Hamburg nennt sich »Freie Hansestadt« und ist souverän, nachdem das Deutsche Reich nicht mehr besteht.
1806-1814 Napoleons Truppen besetzen Hamburg. Die Besatzungszeit (von 1810-1814 gehört Hamburg zum Kaiserreich Frankreich) ruiniert Hamburgs Wirtschaft, der Schaden beläuft sich auf 221 Mio. Francs.
1815 Hamburg tritt dem Deutschen Bund bei.
1842 Der Große Brand zerstört innerhalb von drei Tagen ein Drittel der Hamburger Altstadt.
1860 Hamburg gibt sich eine neue Verfassung, die u. a. die Gewerbe-, Religions-, Presse- und Versammlungsfreiheit garantiert. Die Mehrheit der Hamburger Bevölkerung hat nach wie vor kein politisches Mitspracherecht.
1888 Aufgrund des Zollanschlusses an das Deutsche Reich wird den Hamburgern die Einrichtung eines Freihafens erlaubt.
1921 Die Hamburger Bürgerschaft erarbeitet eine neue demokratische Verfassung auf der Grundlage der Volkssouveränität.
1933 Hamburgs Parlament wird aufgelöst. Die Nationalsozialisten setzen einen so genannten Reichsstatthalter ein.
1937 Durch das Groß-Hamburg-Gesetz werden preußische Gebiete (Altona, Wandsbek, Harburg-Wilhelmsburg) an Hamburg abgetreten.
1939-1945 Bei Luftangriffen der Alliierten auf Hamburg kommen etwa 45 000 Menschen ums Leben, fast eine Million flieht aus der Stadt. Die Hälfte der Wohnungen, 80% der Hafenanlagen und 40% der Industriegebäude sind zerstört.
1949 Hamburg als »Freie und Hansestadt Hamburg« Bundesland.
1962 Sturmflutkatastrophe fordert 315 Menschenleben und verursacht Schäden in Milliardenhöhe.
1974 Fertigstellung der Köhlbrand-brücke und des Neuen Elbtunnels.
1976 Die neuen Flutschutzanlagen halten der größten Sturmflut in der Geschichte Hamburgs stand.
1989 Hamburg feiert den 800. Hafengeburtstag.
1997 Galerie der Gegenwart neben der alten Kunsthalle eröffnet. Überwältigend viel moderne Kunst in moderner Architektur.
1998 Der Bau der vierten Röhre des Elbtunnels beginnt.
2000 Hamburg erhält den Zuschlag als Standort für den Bau von Airbus-Großraumflugzeugen.
2001 Bürgerschaftswahlen: Die seit 44 Jahren regierende SPD muss die Macht an eine von der CDU geführte Koalition abgeben.
2002 Eröffnung der vierten Röhre des Elbtunnels.