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Großstrukturen des Reliefs - Europa

Großstrukturen des Reliefs - Europa

Unter dem Begriff des Reliefs wird die Gesamtheit der Gebirge, Becken und Talräume Europas subsumiert. Das Relief wurde durch zwei Faktoren geschaffen: erstens durch die geotektonischen Vorgänge, welche im Laufe der Erdgeschichte verschiedene Gesteinskomplexe neben- und übereinander gelagert haben, und zweitens durch die Abtra-gungs- und Aufschüttungsrgänge, die in Abhängigkeit m Klima in erdhistorischer Dimension gewechselt haben. Hierbei ist für Europa die letzte Eiszeit n entscheidender Bedeutung gewesen.

Die geotektonische Struktur Europas

Europa ist der Erdteil, auf dem seit der Bildung von Land und Meer alle gebirgsbildenden Vorgänge ihre Spuren hinterlassen haben. Hierbei begann der Prozess der Gebirgsbildung und der Anlagerung im Norden und Osten im Anschluss an die stabile Masse des Baltischen Schilds und der Russischen Tafel und vollzog sich in drei Hauptperioden der Gebirgsbildung, in denen die Areale von Paläo-, Meso- und Neoeuropa von Norden nach Süden aneinander gefügt worden sind (Abb. 2.2). Da bei jedem Gebirgsbildungsprozess jeweils neue stabile Vorländer benötigt wurden, andererseits an der Rückseite Magmamassen an die Oberfläche kamen und überdies jedes gebirgs-bildende Schichtpaket - wenn es nicht versenkt und metamorph wird - nur einmal gefaltet und überschoben werden kann, bei späteren Faltungen aber zerbricht, besteht im Nord-Süd-Profil von Europa eine im Einzelnen sehr komplizierte Abfolge von Rumpfschollengebirgen zu Faltengebirgen hin, welche durch das Auftreten von Schichtstufenlandschaften als Relikten von Mee-restransgressionen noch weiter differenziert wird. 1. Die erste große Gebirgsbildung erfolgte in Paläo-europa. Sie betraf den Norden des Erdteils. Hier bildete der Baltische Schild, eine heute nach mehreren Abtragungsphasen flache schüsseiförmige Rumpflandschaft, die stabile Zone für die Angliederung des Kaledonischen Gebirges, welches vom Nordkap in Skandinavien über Schottland bis Nordirland reicht. Bei den späteren gebirgsbildenden Vorgängen in Europa ist dieser älteste Gebirgszug durch ein dreifaches System von Bruchlinien in einzelne Schollen zerbrochen worden. Abtragungsvorgänge erzeugten ausgedehnte Rumpfflächen, die Hochfläche des Fjell in Skandinavien weist mehrere Hundert Kilometer Breite auf. Im Anschluss an diese Gebirgsbildung in Paläo-europa erfolgte die zweite große Gebirgsbildung in Mesoeuropa. Sie war komplizierter als die erste, da zwei große Massive, das Französische Zentralmassiv und das Böhmische Massiv, die Gelenke darstellten, zwischen denen Bögen auftraten. Der erste Bogen zieht von Irland über Corn-wall in die Bretagne zum Französischen Zentralmassiv. Der zweite schwingt über die Vogesen und den Schwarzwald zum Böhmischen Massiv hinüber, der dritte klingt nach Osten hin aus und verschwindet unter der Podolischen Platte.


Zum Unterbau kristalliner Gesteine gesellt sich der Oberbau der Schichtstufenlandschaften, welcher in dieser Gebirgszone Europas modellhaft ausgebildet ist. Das Vorland ist durch seine Lagerstätten von Bedeutung: Steinkohlenflöze, Erdgas- und Erdölvorkommen, von denen die Letztgenannten in das Schelfgebiet der Nordsee hinausreichen.

Im Vergleich zu diesen älteren Gebirgsbildungs-perioden stand der alpidischen Gebirgsbildung in Neoeuropa besonders wenig Platz zur Verfügung. Teilweise verschmelzen die alpidischen Gebirgszüge mit den oben genannten Massiven. Sie sind bogenförmig gegliedert. Die jeweils eigenständigen Gebirge markieren verschiedene Ränder der Europäischen Platte. Teilweise wurde älteres Grundgebirge in die Faltung einbezogen. Entsprechend der Schmalheit des Vorlandes sind die im Alpen- und Karpatenvorland in der Tiefe lagernden Erdölfelder von geringer Ergiebigkeit. Auch die Erdgasvorkommen in der Poebene und im Vorland der Pyrenäen können sich nicht mit denen im Vorland von Mesoeuropa messen. Zum Unterschied von älteren Ge-birgsbildungsperioden treten große tektonische Senkungsbecken auf. Zu ihnen zählen die Po-ebene, das Pannonische Becken und das Senkungsbecken der Moldau in Rumänien.

Das Erbe der Eiszeit und die Gegenwart

Die Effekte des Klimas überlagern die morphotek-tonischen Strukturen. Von entscheidender Bedeutung sind die Phänomene, welche auf das Quartär und hier vor allem auf die letzte Eiszeit zurückgehen (Abb.2.3). In einem Nord-Süd-Profil durch Europa lassen sich fünf Gebiete unterscheiden:

1. Nordeuropa wurde zur Gänze von der flächenmäßigen Vergrößerung der Eiskappe des Nordpols erfasst und überfahren.
2. Im Vorland der mesoeuropäischen Gebirgsbil-dung lagerte der hier bewegungsmäßig erlahmende und sich später phasenweise zurückziehende riesige Eiskuchen des Inlandeises seine Sedimente ab.
3. Die Rumpfschollengebirge blieben eisfrei, bedeckten sich jedoch aufgrund des vegetationsfeindlichen Klimas mit einer mächtigen periglazialen Schutthülle. Durch die Ausblasung des Feinmaterials entstand eine breite Ablagerungszone von Löss. Bördenlandschaften ziehen sich von Flandern über die Münsterer und die teipziger Bucht bis nach Galizien hinein. Sie liegen in unmittelbarem Kontakt mit den Flachmeerablagerungen der Steinkohlenflöze. Einer der ältesten Siedlungsräume West- und Mitteleuropas folgt diesem ökologisch begünstigten Vorlandstreifen der Mittelgebirge. Längs dieser Leitschiene haben am Nordrand der Karpaten auch deutsche Siedlungen und deutsches Stadtrecht im Mittelalter viel früher und weiter nach Osten vorgegriffen als im nördlichen Tiefland.
4. Die Vorländer der alpidischen Gebirgsbildung haben in Abhängigkeit von der Reliefenergie und der Höhe der jeweiligen Gebirge eine unterschiedliche Gestaltung erfahren. In den Westalpen und westlichen Ostalpen erreichte das Eisstromnetz das Vorland und hinterließ von Seen erfüllte Zungenbecken und Schotterterrassen. Im nördlichen Vorland der Pyrenäen entstanden riesige Schwemmfächer, welche im Wechsel von Eis- und Warmzeiten zu einer Riedellandschaft zerschnitten worden sind.
5. Die alpidischen Gebirge waren in der Eiszeit in unterschiedlichem Ausmaß vergletschert. Die Alpen und teilweise auch die Pyrenäen entwickelten mächtige Eisstromnetze. Die Formen der Glazialerosion - Kartreppen, Trogtäler und Talstufen - sind besonders in den Westalpen großartig entwickelt. In den mediterranen Gebirgsräumen waren nur die höchsten Ketten vergletschert, wie die Kare im Apennin, auf der Sierra Nevada und im Pindusgebirge beweisen. Die tieferen Teile unterlagen einer periglazialen Gestaltung mit einer zum Teil mächtigen Blockmeerbildung, wie in der Vitoscha südlich von Sofia.

Die tiefsten Teile wurden durch Schichtfluten geformt, welche Fanglomerate auf den Fußflächen ablagerten. Diese sind besonders am Südrand der Pyrenäen außerordentlich eindrucksvoll erhalten.







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