Dortmund-Ew'ng war lange ein reiner Bergarbeiter-Vorort. Als letzte Dortmunder Zeche stellte Minister Stein 1987 die Kohlenförderung ein. Als Evinger Wahrzeichen blieb der 62,4 m hohe Förderturm über Schacht 4 (1925/26) m Abbruch verschont. Bei dem »Hammerkopfturm« aus Stahl und Stahlfachwerk erklärt sich die markante Form mit dem großen Platzbedarf für zwei Turmfördermaschinen auf der obersten Etage. Der Evinger Turm ist noch mit Elektrofördcrma-schinen n 1932 und 1956 bestückt, die als technische Denkmale am originalen Platz erhalten bleiben. Im Zuge der Neunutzung des Zechengeländcs wurde die Hängebank unter dem Hammerkopfturm abgerissen und durch ein kontrastiv-modernes Bürogebäude ersetzt. Die restaurierte Lohnhalle n Minister Stein beherbergt inzwischen ein sozialwissenschaftliches Forschungszentrum.
Das Werksgelände grenzt im Südosten an den Dortmunder Nordfriedhof. Auf diesem Gottesacker erinnert ein Ehrenmal an die 136 Opfer des Grubenunglücks m 11. 2. 1925 auf Minister Stein, der (bis dato) zweitgrößten deutschen Bergwerkskatastrophe. Die expressionistische Totcnklage vereinigt Motive aus »Pietas Romana«, Erin-nyc und christlicher Pietä (Fritz Bagdons, 1927). Ein weiteres Denkmal wurde den 30 Bergleuten gesetzt, die am 8.8.1920 auf der Zeche Kaiserstuhl (auf dem Gelände der Westfalenhütte, umgekommen waren. Dargestellt ist eine trauernde Mutter, die mit der linken Hand ihren vaterlos gewordenen Sohn umfasst. Die Kommunistische Partei Deutschlands ließ 1929 einen Gedenkstein für zwölf Dortmunder Arbeiter auf dem Friedhof aufstellen, die am 17. 3.1920 bei Demonstrationen und Kämpfen im Gefolge des Kapp-Putsches erschossen worden waren. Da dieses Denkmal, das auch die kommunistischen Symbole Hammer und Sichel zeigt, während des Dritten Reichs n Sträuchern zugewuchert war, ist es heute noch rhanden.
Mit der um 1900 angelegten Alten Kolonie Eving besitzt der Vorort eine Gartenstadt n hoher Wohnqualität. Entlang baumbestandener Straßen sind in lockerer Folge unterschiedliche Haustypen aufgereiht. Mehrfach werten behäbige Schaugiebel die Fassaden auf, gelegentlich ragen kantige Turmzimmer über den Dachfirst hinaus. Ein Wechselspiel n hellen Putzflächen, rotem Ziegelstein und eingestreuten Fachwerk-Akzenten verleiht der Siedlung ein malerisches Aussehen. Beherrschendes Zentrum ist das Wohlfahrtshaus am Nol-lendorfplatz. In dem dreiflügcligen Gebäude, dessen Hauptgiebcl n einem Uhrturm bekrönt wird, waren früher zahlreiche betriebliche Sozialeinrichtungen der Zeche Minister Stein untergebracht: Badeanstalten für Frauen und Männer, Kindergärten, eine Hauswirtschafts- und Kochschule, eine Wäscherei, eine Bibliothek mit Leseraum , zeitweilig auch ein Ledigenheim, ein Beamtenkasino, und eine Verkaufsstelle der werkseigenen Konsumanstalt. Nach erfolgter Sanierung im Rahmen der IBA beherbergt das Gebäude heute u. a. eine Rundfunkakadcmic.
Die weitaus bedeutendste Dorfkirche auf Dortmunder Stadtgebiet steht im Vorort Brechten, nördlich n Eving. Bei der spätromanischen Hallenkirche aus dem dritten Viertel des 13. )h. wurde 1960-62 die ursprüngliche Ausmalung freigelegt. Farbige Arkaden, Ornamentbänder und Pflanzcnmotive gliedern die Wand- und Gewölbeflächen. Auf der Westwand erinnert eine aufgemalte große Maßwerkrose an die Fensterrosen des Mindener Doms und der Kathedrale NotreDame in Paris. Im Gewölbe des Chorraums findet sich die vielleicht älteste westfälische Weltgcrichtsdarstcllung: Schwerter entfahren dem Munde Christi. F.ngel tragen seine Mandorla, blasen Posaune, führen die Erlösten zum himmlischen Jerusalem und weisen die Verdammten ab. Als Fürbitter erscheinen Maria und Johannes Baptista. der Brechtener Pfarrpatron aus rreformatorischcr Zeit. Unter den Seligen wie auch unter den Verdammten befinden sich Repräsentanten der hohen geistlichen wie weltlichen Macht. Ein Teufel zieht die Gruppe der Verlorenen zur Hölle, die sich als scheußlicher Feuer speiender Tierrachen öffnet. Ein weiterer Teufel, der gerade einen Ritter wie eine kleine Puppe auf dem Arm hält, wird sie gleich dort hineinstoßen. Obwohl die Farben im Laufe der Jahrhunderte stark verblasst sind, wirkt dieses Weltgericht in seiner Dramatik außerordentlich eindrucksll. Von der Ausstattung der Kirche ist r allem ein gotischer Taufstein aus der Zeit um 1250 bemerkenswert, der die Verkündigung, die Taufe Jesu und die Kreuzigung zeigt. Kanzel und Altarrahmen stammen aus der Barockzeit. Die beiden nazarenischen Altarbilder wurden im 19. Jh. eingefügt. In die Außenwand der Sakristei ist eine schmale >Pestluke< eingelassen. Aus dieser Luke heraus konnte der Priester die Eucharistie an Pestkranke spenden, ohne seine eigene Gesundheit allzu sehr zu gefährden.
Östlich n Eving blieb in Kirchderne eine weitere Dorfkirche aus dem Mittelalter erhalten, wiederum eine spätromanische Hallenkirche aus dem 13. Jh. Nach Bombenschäden erfolgte 1947/48 der Wiederaufbau, wobei auch 40 Quadersteine m alten Dortmunder Rathaus Verwendung fanden. An älterer Ausstattung birgt das Gotteshaus noch einen romanischen Taufstein sowie vier spätgotische Holzuren m zerstörten Hauptaltar. Der nordöstlich anschließende Vorort Dortmund-Derne verdankte seine Wirtschaftsblüte der Zeche Gneisenau. Nach dem Ende der Kohlenförderung und dem Abriss der meisten Tagcsanlagen konzentriert sich hier das denkmal-pflcgerische Engagement auf zwei Fördergerüste: Der Doppelback über Schacht 4 (1933/34) prägt das Ortsbild an der Derner Drehscheibe. Er ist als hochrechteckiger Stahlrahmen mit markanten diagonalen Verstrebungen konstruiert und wird n zwei Maschinen-häusem flankiert, in denen Dampffördermaschinen n 1924 und 1934 erhalten blieben. Der Tomson-Bock über Schacht 2 (1885/86) ist das letzte erhaltene Beispiel seiner Bauart und das älteste erhaltene Fördergerüst des Ruhrgebiets. Am Rande der weitläuen Derner Bergarbeiterkolonie hebt sich ein exklusiver Komplex n drei großen Beamtenhäusern an der Altenderner Straße n der übrigen Bebauung ab. Ein erheblich aufwändigerer, >hochherrschaftlicher< Baustil verdeutlicht hier demonstrativ die Distanz zwischen den Bergwerksbeamten und der übrigen Belegschaft.
Am südwestlichen Rand n Dortmund-Scftam/iorsr, einer modernen Satellitenstadt mit 15 000 Einwohnern, liegt der einzig erhaltene D-Zug des Ruhrgebiets. Hierbei handelt es sich um eine lang gestreckte Zeile n Reihenhauswohnungen für Industriearbeiter. Inspiriert durch englische Vorbilder wurde dieser Koloniehaustyp in der Frühzeit der industriellen Relution auch im Ruhrrevier mehrfach realisiert. Das Scharnhorstcr Beispiel stammt allerdings erst n 1905 (Straße Am Holzgraben).