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Erfurt - Thüringen

Erfurt - Thüringen

Die Turmreiche
Die Hauptstadt des Bundeslandes Thüringen mit knapp 201000 Einwohnern an den Ufern der Gera hieß wegen ihrer 43 Kirchen und 36 Klöster im Mittelalter »das deutsche Rom« oder auch »die Turmreiche«. Man kann die zwischen Anger und Domplatz gelegene Altstadt wegen ihrer historischen Bauten und der weitgehend erhaltenen mittelalterlichen Struktur fast als architektonisches Freilichtmuseum bezeichnen, das den Charme einer Kleinstadt rströmt. Und doch pulsiert rund um den Fischmarkt mit dem neugotischen Rathaus und dem Anger mit den Kaufhäusern das moderne Leben. Im Mittelalter war es der Färberwaid, dem Erfurt seine wirtschaftliche Bedeutung zu rdanken hatte. Um die Mitte des 17. Jhs. wurde er durch das billigere Indigo aus Indien und Nordamerika abgelöst. Hundert Jahre später besann man sich auf die fruchtbaren Böden der Gegend: So sind Gartenbau und Samenzucht bis heute wichtige Wirtschaftsfaktoren der Stadt geblieben.

Geschichte

Das Jahr 742 gilt als Gründungsdatum der Stadt. Im 9. Jh. wurde Erfurt ein wichtiger Grenzhandelsposten zwischen dem Frankenreich und den Gebieten der benachbarten Slawen.

Um die Jahrtausendwende geriet die Stadt unter den Einfluss des Erzbistums Mainz, im 13. Jh. gelang es den reichen Kaufmannsfamilien jedoch, ihre Unabhängigkeit wiederzuerlangen. Die 1392 gegründete Universität, nach Heidelberg und Köln die drittälteste in Deutschland, war zeitweilig die zweitgrößte deutsche Hochschule.


Nach Jahrhunderten mainzischer Oberherrschaft wurde Erfurt 1802 preußisch. 1807-1813 unterstand es dem Frankreich Napoleons, wogegen sich die Bürger vehement zur Wehr setzten. Im Oktober 1813 wurde die Stadt von den Verbündeten (Preußen, Österreichern und Russen) angegriffen; die Gebäude um den Domplatz gingen in Flammen auf. Die Übergabe Erfurts durch die Franzosen fand am 6. März 1814 statt.
Im Zuge der Industrialisierung Ende des 19. Jhs. wuchs die Macht der Arbeiterschaft. Die Delegierten der deutschen Sozialdemokratie beschlossen 1891 auf dem Erfurter Parteitag das »Erfurter Programm«, mit dem das Gothaer Programm von 1875 abgelöst wurde.

1950 wurde Erfurt Landeshauptstadt von Thüringen, 1952 Hauptstadt des Bezirks Erfurt. Nach der Wiedervereinigung wurde es erneut Thüringens Landeshauptstadt.


Anger und Angermuseum

Der Altstadt-Rundgang beginnt am Anger, dem einstigen Waidmarkt und bis heute der geschäftigste Platz der Stadt. Er wird von repräsentativen Geschäftsgebäuden des 19. und 20. Jhs., aber auch von prächtigen Bürgerhäusern aus dem 16. und 18. Jh. gesäumt. Im wohl schönsten Profangebäude Erfurts ist das Angermuseum zu Hause. Der prächtige Barockbau (1706-1712) liegt an der Stelle des kurmainzischen Packhofes, im Mittelalter der Warenumschlagplatz. Das Museum zeigt Thüringer Kunsthandwerk, mittelalterliche Kirchenkunst sowie Gemälde des 19. und 20. Jhs., u.a. die expressionistischen Fresken auf mittelalterlichen Gewölben von Erich Heckel (Di-So 10-18 Uhr).

Unterwegs zum Dom

Bartholomäusturm
Der Turm ist der Überrest einer Kirche aus dem 12. Jh. Er beherbergt seit 1979 ein Glockenspiel mit 60 Glocken, der Apoldaer Glockengießerei, das zwischen 10 und 18 Uhr alle zwei Stunden erklingt. Gegenüber steht das Barockhaus »Zum großen Schwantreiber und Paradies« von 1706.

Dacherödensches Haus
Im Dacherödenschen Haus, einem Renaissancebau, der aus zwei Häusern besteht, »Zum Güldenen Hecht« und »Zum Großen und neuen Schiff« mit eindrucksvollem Portal von 1557 und einem malerischen Innenhof, verkehrten auch Goethe und Schiller.

Kurmainzische Statthalterei
An der Wigbertikirche (15.1h.) vorbei sind es nur wenige Schritte bis zum monumentalen Bau der Statthalterei, einem barocken Palais, von 1711 bis 1720 errichtet. Bis 1802 wurde dort über die Geschicke der Stadt entschieden. Heute ist das Gebäude Sitz der Thüringer Staatskanzlei.

Barfüßerkirche
Das Langhaus der ehemaligen Barfüßerkirche brannte 1944 aus und ist nur als Ruine erhalten (Fenster mit Glasmalereien von 1230/40). Im gotischen Chor ist das Museum für die Kunst des Mittelalters untergebracht (April-Okt. Di-So 10-13,14-18 Uhr).

Predigerkirche
Man überquert die Gera und erreicht die Predigerkirche. Die gotische Pfeilerbasilika (1278-1380) gehörte zum Dominikanerkloster. Zur Ausstattung zählt einer der wenigen erhaltenen Lettner (1410) in Deutschland.

Domplatz

Der Domplatz ist mit 4 ha einer der größten Plätze Deutschlands; seine Randbebauung ist gut erhalten bzw. restauriert. Der Obelisk wurde 1777 zu Ehren des Mainzer Kurfürsten und Erzbischofs Karl loseph von Erthal errichtet, die Minerva-Statue (18. Jh.) auf dem Brunnen in der Südecke des Platzes ist Symbol für den Markt, der mittwochs und samstags stattfindet.

Dom
Die breite Freitreppe führt zum mächtigen Bauensemble von Dom und Se-verikirche, Erfurts Wahrzeichen. Der Dom besteht aus einem dreischiffigen spätgotischen Langhaus mit ungewöhnlich breiten Seitenschiffen und 26 m hohem hochgotischem Chor (1349-1372). Im mittleren der drei Türme hängt die »Mater Gloriosa« von 1497, mit 12 t eine der größten frei schwingenden Glocken der Welt.

Die Ausstattung des Doms (u.a. das Chorgestühl aus dem 14. Jh.) ist von erlesener Schönheit. Die 15 Glasfenster des Chores sind ein kostbares Zeugnis mittelalterlicher Glasmalerei (Nov.-April Mo-Sa 10-11.30,12.30-16, Mai-Okt. Mo-Sa 9-11.30, 12.30-17, So/Fei 9-11.30, 12.30 bis 16.30, So, Fei 14-16 Uhr; Führungen zur Gloriosa April-Okt. Do stündlich 9-13, Fr u. So 13-16, Sa 11-16 Uhr außer am ersten Wochenende des Monats).


St.-Seri-Kirche

Die fünfschiffige frühgotische Hallenkirche (1278-1400 errichtet) ist mit Kunstwerken reich ausgestattet, u.a. dem Sarkophag des hl. Severus, eine meisterlichen Plastik, einem 15 m hohen gotischen Taufstein aus Sandstein (1467) und einem barocken Hochaltar (Mai-Okt. Mo-Fr 9-12.30, 13.30 bis 17 Uhr, Nov.-April 10-12.30, 13-30-16 Uhr).


Naturkundemuseum
Nahe dem Domplatz, in der Großen Arche 14, ist in einem Waidspeicher von 1522 das Naturkundemuseum beheimatet, eines der modernsten in Deutschland. In vier Etagen vermittelt es Einblicke in Thüringens Landschaften. Die 350 Jahre alte und 14 m hohe Stieleiche verbindet als Baumplastik alle Etagen (Di-So 10-18 Uhr).

Fischmarkt
Einer der reizvollsten Plätze Erfurts ist der Fischmarkt. Hier stehen die Renaissancehäuser »Zum Breiten Herd« (1584) und »Zum Roten Ochsen« (1562), in dem die Galerie am Fischmarkt, eine Kunsthalle von europäischem Rang, untergebracht ist (Di-So 11-18, Do 11 bis 22 Uhr).

Michaeliskirche
Links am neugotischen Rathaus vorbei biegt man in die Michaelisstraße mit alten Bürgerhäusern ein und erreicht die Michaeliskirche. Das zwei-schiffige gotische Bauwerk diente ab dem späten 14. Jh. als Universitätskirche. Gegenüber liegt die Ruine der spätgotischen Alten Universität.


Westlich der Gera

Augustinerkirche und kloster
Die Augustinerstraße entlang, am Nikolaiturm (ca. 1360) vorbei, kommt man zu Augsutinerkirche- und kloster. Die dreischiffige, im Inneren äußerst schlichte Basilika (1334 fertig gestellt) gehörte ursprünglich zu einem Augustiner-Eremitenkloster.
Sehenswert sind die Fenster in der Ostwand aus dem frühen 14.Jh. Dargestellt ist die Legende des heiligen Augustinus. Im Süden der Kirche liegen die Klostergebäude mit dem Kreuzgang. Hier kann man auch die Lutherzelle, in der Martin Luther von 1505 bis 1511 als Mönch lebte, besichtigen. Er wurde 1507 in der Kirche zum Priester geweiht (Führungen stündlich: Okt. Mo-Sa 10-12,14-16, So/Fei 11, Nov.-März Di-Sa 10-12, So/Fei 10.45 Uhr).

Krämerbrücke
Am Wenigemarkt liegt der Zugang zur Krämerbrücke, der längsten komplett mit Häusern bebauten Brückenstraße Europas von 1156. 1293 brannte die Holzkonstruktion ab, und die Brücke wurde 1325 aus Stein wiederaufgebaut. Die heutige Überbauung datiert aus dem 17. bis 19. Jh. Über den Torbogen der beiden Brückenzugänge waren zwei Kirchen eingebaut; nur noch die östliche am Wenigemarkt, die Ägi-dienkirche aus dem 14. Jh., steht.

Krämerbrückenfest - das größ-te Altstadtfest Thüringens im Juni. Bei Musik und Kultur kann man auf der 120 m langen Brücke Handwerker und Händler, Gaukler und Minnesänger in Aktion erleben.

Kaisersaal
Im Kaisersaal des alten Universitätsballhauses, Futterstraße, wurde 1791 Schillers »Don Carlos« uraufgeführt und fand 1891 der Parteitag der SPD statt. Als Kultur- und Kongresszentrum bietet er Gastronomie und Raum für Veranstaltungen aller Art (Mo-Do 11-17, Fr 11-14 Uhr).
Mehr zur Geschichte des traditionsreichen Hauses erfährt man im Stadtmuseum © im Haus »Zum Stockfisch«, einem Spätrenaissancebau, Johannesstraße (Di-So 10-18 Uhr).

Im Museumskeller, einem Studentenkiub, geht abends bei Livemusik mächtig die Post ab.

Museum für Volkskunde
Wer tiefer in die Thüringer Geschichte eindringen möchte, besuche das Museum für Thüringer Volkskunde im einstigen Martinshospital (1547). Zu sehen ist u.a. die Werkstatt des letzten Thüringer Maskenmachers (Di-So 10-18 Uhr).

Gartenbauausstellung

Mit prächtiger Gartenarchitektur erfreut das etwa 90 ha große Gelände der einstigen Zitadelle Cyriaksburg (1480) im Süden der Stadt. Seit 1961 ist hier die permanente Gartenbauausstellung (iga) mit vielfältigem Programm angesiedelt: Tast- und Riechgärten, Blumenausstellungen und Tropenhäusern, einem Spiel- und Freizeitzentrum, einer 5ternwarte und einem Gartenbaumuseum (März-Dez. Di-So 10-18 Uhr).

Ausflug in die Umgebung

Schloss und Park Molsdorf
Verlässt man die Autobahn A4 bei Arnstadt, ist das »Thüringer Versailles« schnell erreicht, zu dem der Reichsgraf von Gotter zwischen 1736 und 1745 ein Wasserschloss (16. Jh.) umbauen ließ. Der 15 ha große Park wurde ab 1826 im englischen Stil angelegt und lädt zu Spaziergängen ein. Die Innenräume des Schlosses beherbergen heute Gemälde und Möbel aus dem 18. Jh. (Di-So 10-18 Uhr).

Infos

Tourist Information Erfurt, Benediktsplatz 1,99084 Erfurt, Tel. 03 61/6 64 00, Fax 6 64 02 90. www.erfurt-tourist-info.de, service@erfurt-tourist-info.de.

Mehr vom Erfurt-Besuch hat, wer sich vorab über das »ERFURTmagazin« der Tourismus Gesellschaft sachkundig macht (Tel. 03 61/6 64 00).

Die Erfurt-Card lohnt sich für die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs sowie beim Besuch von Museen und Veranstaltungen.

Theater
Gut ein Dutzend Bühnen werben in Erfurt um Besucher: Opernhaus, Schauspielhaus, das Kabarett »Die Arche«, die Theater im Haus Dacheröden, im Ballhaus Kaisersaal, das Kinder- und Jugendtheater Schotte oder der Waidspeicher mit Puppenspiel (Tickets: Tel. 03 61/2 23 3155). ■ Ein Open-Air-Erlebnis sind die alljährlichen Domstufenfestspiele im Juli und August.







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