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Eisenach - Thüringen

Eisenach - Thüringen

Am Fuße der Wartburg
Neben der Wartburg kann man andere Sehenswürdigkeiten des kulturhistorisch bedeutsamen Eisenach (44 500 Einw.) leicht aus dem Auge verlieren. Die Wartburg ist die Hauptattraktion: Schauplatz des legendären Sängerwettstreits, Wirkungsstätte der hl. Elisabeth, Zufluchtsort Luthers, Treffpunkt der Studenten beim Wartburgfest 1817.
In der Stadt am Fuße der Burg besuchte Martin Luther die Schule, wurde Johann Sebastian Bach geboren und war der Weimarer Minister Goethe oft zu Gast. Neben Luther und Bach ist r allem der sagenhafte Wettstreit im Palas mit der Wartburg verknüpf. Zu den streitlustigen Dichtern gehörten Walther n der Vogelweide und Wolfram n Eschenbach, die bekanntesten Dichter des 13. Jhs. 1221 wurde die ungarische Königstochter Elisabeth Landgräfin n Thüringen. Sie wurde 1235 kurz nach ihrem Tod heilig gesprochen, weil sie dem prunkllen höfischen Leben entsagte und sich im hessischen Marburg um die Kranken und Entrechteten kümmerte. Im Jahre 1896 wurde in Eisenach die dritte Fabrik für Kraftfahrzeuge in Deutschland gegründet, die zu DDR-Zeiten das begehrte Modell »Wartburg« produzierte. Sein Nimbus verblasst angesichts der neuen Opelwerke n General Motors.



Geschichte

Im Jahr 1150 wird Eisenach, an einem Flussübergang über die Hörsei gelegen, als »isinacha« erstmals urkund lich erwähnt. Um 1067 vermutet man den Baubeginn der Wartburg. Das bunte Leben am Thüringer Hof wurde in der um 1260-1270 entstandenen Dichtung »Der Wartburgkrieg« dargestellt. Um 1200 erhielt Eisenach eine Stadtmauer, von der Teile heute noch zu sehen sind.

Von 1498 bis 1501 war Martin Luther Schüler der Lateinschule St. Georg. Seinen damaligen Eindruck von der Stadt fasste er später mit dem Begriff »Pfaffennest« zusammen. Schon unter Reichsacht stehend, predigte Luther 1521 in der Stadtkirche St. Georg. Die Bürgerschaft beteiligte sich 1525 am Bauernaufstand, der vom Fürstenheer blutig niedergeschlagen wurde.
Das Wartburgfest der Deutschen Burschenschaften (1817) anlässlich des vierten Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig und der 300. Wiederkehr der Reformation wurde zu einer Demonstration gegen Reaktion und Restauration. Auf dem Eisenacher Parteitag 1869 wurde die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei beschlossen; eine Gedenkstätte ist in der Marienstr. 57 zu sehen (Mo, Di, Do, Fr 9-16 Uhr).
Im Zweiten Weltkrieg wurden bei Bombenangriffen zahlreiche historische Bauwerke im Stadtzentrum zerstört, zu DDR-Zeiten viele Gebäude einfach abgerissen.


Karlsplatz und Umgebung

Unweit von Bahnhof und Busbahnhof, via Bahnhofstraße betreten wir am Karlsplatz das Areal des mittelalterlichen Eisenach durch das NikolaitorO. Es ist im Kern spätromanisch, wurde um 1200 errichtet und ist als das einzige erhaltene von ehemals fünf Stadttoren zugleich das älteste Thüringens.

Die sich anschließende, aus der gleichen Zeit stammende Nikolaikirche © war früher Teil eines Benediktinerinnenklosters. Ihr Achteckturm verrät rheinischen Einfluss.



Rund um den Marktplatz

Rathaus
Vom Karlsplatz über die Karlstraße, die ehemalige Judengasse, sowie die Alexanderstraße kommt man zum Rathaus am Marktplatz. Der Fachwerkbau geht auf das spätmittelalterliche Brothaus zurück, das 1564 im Renaissancestil umgebaut und 1636 nach einem Brand um ein Stockwerk erhöht wurde. Bemerkenswert ist der leicht nach hinten geneigte Turm mit geschweifter Haube und Laterne.

Marktbrunnen
Auf dem Marktbrunnen (1549) ist der heilige Georg, der Schutzpatron von Eisenach, dargestellt. Ein weißes Kreuz im Straßenpflaster (zwischen Marktbrunnen und Postamt) markiert die Stelle, an der 1525 nach der Bauernerhebung der Stadtrat 17 Anführer der Bauern enthaupten ließ.

Stadtschloss
An der Nordseite steht das barocke Stadtschloss, 1741-1744 vom Weimarer Hofbaumeister Gottfried Heinrich Krohne für Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar errichtet (bis 2003 wegen Bauarbeiten geschl.).

Georgenkirche
Die Südseite des Marktes begrenzt die Georgenkirche. 1180 wurde sie von Ludwig IM. gegründet und 1515 zu einer spätgotischen Hallenkirche erweitert. Im Bauernkrieg 1525 wurde das Gotteshaus verwüstet, doch 1560 mit zwei Emporen im Stil der Renaissance wiederhergestellt. In der Kirche sind die Grabsteine der Ludowinger zu sehen, auch der des Grafen Ludwig des Springers, des sagenumwobenen Gründers der Wartburg. In der Georgenkirche predigte am 2. Mai 1521 Martin Luther, Bach wurde hier getauft, Ludwig und Elisabeth schlössen in der Kirche den Bund fürs Leben.

Predigerkirche
Ein weiteres mittelalterliches Gotteshaus, nur wenige Schritte westlich des Marktplatzes, ist die frühgotische Predigerkirche (zweite Hälfte des i3.|hs). Sie gehörte zu einem Dominikanerkloster. Hier wirkte einer der bedeutendsten deutschen Mystiker: Meister Eckhart. Bemerkenswert sind die zweistöckige Kapelle an der Südseite und die dreischiffige Krypta.

In dem Gebäude ist heute eine ständige Ausstellung zur mittelalterlichen Kunst Thüringens untergebracht. Auch Sonderausstellungen werden gezeigt (Di-So 9-17 Uhr).

Alte Residenz
Über den Markt kommt man - vorbei an der Alten Residenz, einem Schloss mit Renaissanceportal am Nordflügel, das in der Zeit Friedrichs des Weisen im 16. ]h. errichtet wurde und nur noch in Teilen erhalten ist, zur Lutherstraße.


Museen

Lutherhaus
Das Haus am Lutherplatz 8, ist eines der ältesten und schönsten Bürgerhäuser Eisenachs. Martin Luther lebte hier von 1498 bis 1501 als Lateinschüler bei der Familie Cotta. Eine Ausstellung dokumentiert das Leben des Reformators (April-Okt. tgl. 9-17, Nov.-März tgl. 10-17 Uhr).

Bachhaus
lohann Sebastian Bach wurde am 21. März 1685 hier am Frauenplan 21 geboren. Sein Vater lohann Ambrosius war ab 1671 der Stadtpfeifer und Hausmann in Eisenach. Seit 1906 besteht hier eine Gedenkstätte zu Leben und Werk des Komponisten (tgl. 10-18 Uhr. Tel. 03691 7 93 40).

Reuter-Villa
In der Reuter-Villa am Reuterweg 2 ist die Richard-Wagner-Ausstellung ©, die Oesterleinsche Sammlung zu Leben und Werk des Komponisten Richard Wagner, zu sehen (Di-So 10-17 Uhr). Hier starb 1874 der niederdeutsche Schriftsteller Fritz Reuter. Er hatte sich die Villa im Neorenais-sancestil bauen lassen.
letzt geht es den Reuterweg hinauf zur ersten Burganlage Deutschlands, die im Jahr 2000 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. Eine knappe halbe Stunde dauert der Aufstieg zur 410 m hoch gelegenen Wartburg.

Luther und Muntzen

Martin Luther und Thomas Müntzer wirkten im 16. ih. als Theologen; Ersterer wurde als »der Gute« verehrt, Letzterer als »der Böse« gebrandmarkt - oder umgekehrt, je nach Geschichtsverständnis.

Luther brachte mit seinen 95 Thesen, die er 1517 an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg nagelte, den Stein der Reformation ins Rollen. Die Thesen richteten sich gegen den geschäftstüchtigen Prediger Tetzel, der mit Ablassscheinen handelte. Unter Ablass verstand man die käufliche Erlösung von Bußstrafen. Diese Praxis stellte Luther noch gar nicht in Frage, doch er verlangte mit dem Ablassschein auch ehrliche Reue von seinen Beichtkindern.

Die Thesen wurden ins Deutsche übersetzt und innerhalb weniger Wochen in ganz Deutschland verbreitet. Sie erregten mehr Aufsehen als Luther lieb war. Offensichtlich war es ihm in Wittenberg entgangen, dass Tetzel eine Schlüsselrolle in der europäischen Hochfinanz spielte. Obwohl Luther von Papst und Kaiser unter Druck gesetzt wurde, widerrief er nicht. Er publizierte weitere Programmschriften, in denen er kirchliche Praktiken in Frage stellte. 1521 ächtete Kaiser Karl V. Luther im Wormser Edikt.

Luther hatte Thomas Müntzer eine Priesterstelle in Zwickau vermittelt. Beeindruckt von den »Zwickauer Propheten«, Leuten aus dem einfachen Volk, predigte Müntzer von einem Gott, der nicht nur durch die Schrift, sondern auch durch das Herz zu den oft ungebildeten Menschen sprach. Müntzer bekam regen Zulauf von den Bauern-, in Mühlhausen wurde unter seiner Führung 1525 der »Ewige Rat« eingesetzt, um den Gottesstaat zu verwirklichen. Klöster wurden geplündert, die Beute verteilt, Adelssitze in Schutt und Asche gelegt. Dem Bauernaufstand machte das Heer der Fürsten ein Ende; Müntzer wurde hingerichtet.

Luther und Müntzer handelten beide theologisch begründet, kritisierten die Kirche und die Willkür der Fürsten. Während es Luther um den Glauben an sich ging, suchte Müntzer die politische Verwirklichung seiner Ideen. Müntzer war Revolutionär, Luther Reformator. Als der Bauernkrieg losbrach, versuchte Luther zunächst noch, zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Als dann Blut floss, schlug er andere Tone an. Er ermahnte die Fürsten, die aufsässigen Bauern zu vernichten: »Steche, schlage, würge hier wer kann!« Damit hatte die Reformation nicht zum Volksaufstand gegen den Fürstenstaat geführt, sondern diesen noch gestärkt.
Müntzer geriet in Vergessenheit. Erst die Historiker der Arbeiterbewegung befreiten ihn aus der historischen Ächtung und stilisierten ihn zum Volkshelden. 1975 begann der Osten, beide Theologen in neuem Licht zu sehen; Luther wurde rehabilitiert.


Wartburg

Die Wartburg wurde der Sage nach 1067 von Graf Ludwig dem Springer gegründet. Die Gebäude der historisch interessantesten deutschen Burganlage hoch über Eisenach gruppieren sich um zwei Innenhöfe, die man über eine Zugbrücke betritt. Ältester Teil ist das spätromanische Landgrafenhaus, der Palas (1220); Besuch nur im Rahmen einer Führung.
In einer schlichten holzgetäfelten Stube der Vogtei wohnte Martin Luther bei seinem zehnmonatigen Aufenthalt auf der Burg unter dem Decknamen »|unker)örg«. Die Lutherstube ist fast unverändert erhalten. Hier übersetzte der Reformator vom 12.12. 1521 bis zum 1.3.1522 das Neue Testament ins Deutsche.

In der Neuen Kemenate und in der Dirnitz (beide nach 1850 entstanden) sind die Kunstsammlungen untergebracht, u. a. spätgotische Wandteppiche, Kunsthandwerk der Renaissance, eine Skulptur aus der Werkstatt von Tilman Riemenschneider sowie Werke deutscher Maler aus der Barockzeit.

Die Wartburg wurde im 19.1h. aufwändig restauriert. In dieser Zeit (1854/55) entstanden die berühmten Fresken von Moritz von Schwind in der Elisabethgalerie, die die Geschichte der Wartburg, den Sängerstreit und die Elisabethlegende zum Thema haben. Der legendäre, auch in den Fresken dargestellte Sängerstreit (1206/1207) wurde im Sept. 2001 erstmals neu inszeniert, freunde mittelalterlicher Lyrik und Musik waren begeistert. Mit weiteren Inszenierungen ist zu rechnen. Die Wartburg ist März-Okt. tgl. 8.30-20 geöffnet, letzte Führung 17 Uhr, Nov.-Febr. 9 bis 18, letzte Führung 15.30 Uhr). Über Führungen und die vielfältigen Aktivitäten auf der Wartburg informiert das Wartburg-Informationszentrum, Schlossberg 2, 99817 Eisenach, Tel. o 36 91/7 70 73. Fax 036 91/7 70 72.

Ein schöner Spaziergang führt auf die Göpelskuppe östlich der Wartburg, mit dem Burschenschaftsdenkmal (1901/1902); es erinnert an das Wartburgfest von 1817, als die deutschen Burschenschaften gegen Feudalherrschaft und die Zersplitterung ihres Vaterlands demonstrierten.

Automobilbaumuseum
Liebhaber aller motorisierten Gefährte kommen auf ihre Kosten, wenn sie vom Bahnhof aus unter den Gleisen hindurch zur Rennbahn gehen. Im Automobilmuseum sind alle Fahrzeuge zu sehen, die seit dem Ende des 19. Ins. in Eisenach produziert wurden, unter anderem der Wartburg-Motorwagen von 1898 und der berühmte Dixi U 34 von 1907 (Di-So 10-17 Uhr, Tel. o 36 9i/7 72 12).








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