Als feuchte Insel ist Europa vor dem Eingreifen des Menschen zum Großteil natürliches Waldland gewesen. Die Siedlungsgeschichte war daher bis zur Neuzeit eine Rodungsgeschichte, welche wie nirgends sonst auf der Erde eine völlige Umgestaltung des natürlichen Waldkleides, eine Überführung in andere Nutzungen und in manchen Gebieten auch eine Degradierung des Waldes zu verschiedenen Sekundärformationen bzw. seine völlige rnichtung zur Folge hatte. Die Kulturlandschaft ist auf Kosten des Waldes entstanden. Die frühe Reduzierung des Waldes hat in Europa auch früher als auf anderen Kontinenten zur Waldpflege geführt. Mitteleuropa steht am Anfang der bis ins 18. Jahrhundert zurückreichenden Bewegung der Forstwirtschaft. Der "europäische Forst stellt eine Besonderheit dar.
Die gegenwärtige Bewaldungsdichte in Europa (Abb.2.28) geht nur sekundär auf Klima- und Standortfaktoren zurück; in erster Linie ist sie Folge der Rodung bzw. der Waldvernichtung durch den Menschen. Es besteht ein deutliches Gefälle in der Bewaldungsdichte vom borealen Nadelwald, wo sie die höchsten Werte erreicht, gegen das atlantische Laubwaldgebiet und die mediterrane Hartlaubregion, wobei Mitteleuropa eine Übergangsstellung einnimmt. Zwei Phänomene verdienen Beachtung:
1. die hohe Bewaldungsdichte in den Rumpfschollengebirgen Mitteleuropas, in den Gebirgen der Donauländer, den Karpaten und im Dinarischen Gebirge, die auf die viel zu wenig beachtete Aufforstungsstrategie der Donaumonarchie zurückzuführen ist;
2. die nahezu völlige Waldvernichtung in Großbritannien, welche höhere Werte erreicht als in großen Teilen des Mediterrangebietes.
Die folgenden Aussagen über die Zusammenhänge zwischen Klimagebieten und Waldzonen sind vor diesem Hintergrund zu verstehen. Zum kühlgemäßigten Klima gehört der boreale Nadelwald, der heute das Waldreservoir von Europa darstellt. Dem gemäßigten Klima entspricht die Zone der sommergrünen Laubwälder, der im atlantischen Raum Heiden und Moore entsprechen und wo in Zentraleuropa die Laubwälder weitflächig durch Fichtenforste ersetzt worden sind. Die östliche Grenze der Laubwaldzone setzt sich gegen die Natursteppe ab, die allerdings in Europa nur in Form inselhafter Vorposten der großen Binnensteppen Asiens auftritt. Dem mediterranen Klima entspricht die Hartlaubwaldregion, die weitgehend zur Macchie degradiert worden ist.
Dieser zonale Aufbau spiegelt sich in den Höhenstockwerken der Gebirge wider (Abb. 2.29, 2.30). Die Abhängigkeit der getation vom Gesteinsuntergrund und bestimmten Bodentypen nimmt von Norden nach Süden zu. Während in den nördlichen Nadelwäldern zwischen den Beständen auf kristallinem bzw. kalkigem Untergrund kaum edaphische Unterschiede bestehen, sondern sich im Laubwaldgebiet die Pflanzenassoziationen in Kalk und Kristallin. Das Vorhandensein von entsprechenden Leitpflanzen ist im Mediterrangebiet noch wesentlich deutlicher ausgebildet. Eine ähnliche Aussage gilt für den Eingriff des Menschen in die natürliche Waldformation, die Umwandlung in Kulturland und die Degradierung zu verschiedenen Sekundärformationen bzw. die völlige rnichtung des Waldes.
Die Zone des nördlichen Nadelwaldes
Das physiognomische Bild des nördlichen Nadelwaldes ist durch eine grandiose Einförmigkeit der Bestückung gekennzeichnet. Er besteht im Wesentlichen nur aus drei Baumarten: der Fichte, der Kiefer und nach Osten hin der Lärche. Die physiognomische Ahnlichkeit dieser Baumarten ist überraschend. Kiefern und Fichten haben die gleiche spitze, fast säulenförmige Kronengestalt. Dies hängt damit zusammen, dass der boreale Nadelwald zum Teil bereits auf Dauerfrostboden steht und die Bäume sehr flach wurzeln. Dementsprechend groß ist der Abstand zwischen den Einzelbäumen. Es handelt sich um einen lockeren, einschichtigen Waldbestand, der überall dort, wo das Gebiet von Stürmen heimgesucht wird, tiefe Narben aufweist. Schwierig ist die rjüngung des Waldes an der nördlichen getationsgrenze infolge der Kürze der getationszeit. Es sind zumindest zwei Monate des Jahres mit Durchschnittstemperaturen über 10°C erforderlich, damit die Bäume blühen und Samen erzeugen können. Je weiter man nach Norden kommt, umso seltener ist dies der Fall. An der Nordgrenze des Waldes haben Untersuchungen ergeben, dass nur jedes 50. oder 100. Jahr ein Besamungsjahr war. Einmal beseitigt, kann sich daher der Wald ohne forstwirtschaftliche Maßnahmen kaum regenerieren. Das Wachstum der Bäume ist sehr langsam. In Lapd benötigen Fichte und Kiefer fast 200 Jahre, um eine Höhe von zwölf Metern zu erreichen. Der durchschnittliche jährliche Holzzuwachs liegt dementsprechend bei einem halben bis zu einem ganzen Festmeter pro Hektar. Gerade durch diesen geringen Zuwachs ist jedoch die Qualität des Holzes erstklassig und wird in südlicheren Breiten nicht erreicht.
Der boreale Nadelwald ist das Holzresevoir Europas für die Zellstofferzeugung, die Papierindustrie usw. Infolge der Monotonie der Bestände ist die marktwirtschaftliche Auswertung verhältnismäßig einfach und zum Unterschied von Nordamerika kommen echte Urwälder kaum mehr vor. Dieser nördliche Nadelwald besteht aus drei Teilen:
Das subarktisch-maritime Birkenwaldgebiet bildet sein nördliches Vorfeld. Die Jahrestemperaturen bewegen sich zwischen 2 und 7°C. Der wärmste Monat erreicht maximal 14 C. Ewiger Bodenfrost reicht bis in Tiefen von 1 bis 1,5 m. In Form einzelner Sträucher schiebt sich auf der Halbinsel Kola der Birkenwald gegen die Strauch- und Flechtentundra vor. Vogelbeere, Wacholder und mehrere Weidenarten gehören dazu. Anstelle von Birkenwald wäre es richtiger, von ßirkenheide zu sprechen, da die Birken sich nahezu kriechend am Boden festklammern. Als Unterwuchs treten Heidelbeere und Heidekraut flächenhaft auf. Im Rahmen der menschlichen Nutzung hat dieser Streifen hauptsächlich als Weide für die Rentierhaltung gedient, deren Ausdehnung zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Zurückdrängung der nördlichen Waldgrenze, vor allem in Lapd, geführt hat. Damit besteht eine gewisse Parallele zu den Vorgängen an der Obergrenze des Waldes in den Ge-birgsräumen, wo - ebenfalls durch die Weidewirtschaft - die natürliche Waldgrenze abgesenkt worden ist. Waldlos sind der Küstenrand Norwegens, das Vorgebirge und die Inseln, wo der starke Wind einzelne Laubhölzer, wie Ebereschen, Birken und Erlen, nur in kriechender Form aufkommen lässt.
Die eigentliche Nadelwaldzone schließt sich an, in der in Skandinavien Fichte und Kiefer ungefähr gleich stark vertreten sind. Die Kiefer überwiegt auf sandigem, die Fichte auf feuchtem Boden. Flächenhaft verbreitet sind Heidel- und Prei-selbeersträucher, deren Beeren teilweise international vermarktet werden. Riesenfarnwälder sind ein Zeichen für die starke rsauerung des Bodens unter dem Einfluss der starken Niederschläge und der hohen Luftfeuchtigkeit. Dementsprechend ist auch die Moorbildung landschaftsbeherrschend.
Die Zone der sommergrünen Laubwälder
Die sommergrünen Laubwälder sind im Vergleich zu Nordamerika artenarm (32 Laubbaum- und 8 Nadelbaumarten; in Nordamerika: 57 bzw. 18 Arten; vgl. Mayer 1984 S. 129). Dies ist auf die West-Ost-streichenden alpidischen Gebirge zurückzuführen, die nach der Eiszeit eine Wiedereinwanderung von Vegetationselementen aus dem Süden erschwerten.
Die Nordgrenze des Laubwaldgürtels ist eine Kältegrenze. Das Auftreten von Früh- und Spätfrösten und die Verkürzung der Vegetationszeit bilden entscheidende Barrieren. Zum Unterschied davon sind die Ost- und ebenso die Südgrenze als Dürregrenzen ausgebildet, einerseits gegen die Steppenräume und andererseits gegen die Hartlaubzone hin.
Die Hauptverbreitung des Laubwaldes auf dem Kontinent liegt zwischen dem 45. und dem 55. Breitengrad. Seine Existenzbedingungen sind Niederschläge zu allen Jahreszeiten, vor allem eine ausreichend feuchte, sommerliche Vegetationsperiode von mindestens fünfmonatiger Dauer.
Nach dem Grad der Ozeanität des Klimas sondern sich ein west- und ein mitteleuropäischer Abschnitt des Laubwaldgürtels voneinander.
Die westeuropäische Laubmaidregion
Im ursprünglichen Waldbestand der westeuropäischen Laubwaldregion hielten einander Eiche, Buche und Hainbuche das Gleichgewicht, während die Fichte ebenso wie die Kiefer in den meisten Teilen fehlte. Beide sind erst in den vergangenen fünfzig Jahren durch die moderne Forstwirtschaft in größerem Umfang hereingebracht worden. Die landschaftsbeherrschenden Vegetationsformationen Westeuropas sind jedoch nicht Wälder, sondern Heiden und Moore.
Die Heiden gehören zu den interessanten pflanzengeographischen und kulturhistorischen Phänomenen des atlantischen Klimabereichs. Die Heiden sind eine Sekundärformation, welche durch die Beweidung und die Art der Holzentnahme sowie die Brandwirtschaft entstanden ist. Sie sind Degradationsformen, gekennzeichnet durch ein typisches Bodenprofil mit starker Rohhumusdecke, Ortsteinbildung in der Tiefe und Stickstoffmangel des Bodens. In älterer Zeit waren die Heiden vorwiegend mit einer extensiven Schafhaltung verbunden, welche in Großbritannien bis heute große Bedeutung besitzt.
Die jüngere Entwicklung der Heiden ist in hohem Maße von den agrarpolitischen Intentionen der einzelnen Staaten abhängig gewesen. So haben die Niederlande, die vor 150 Jahren noch ausgedehnte Heidegebiete besaßen, seither alle Heiden melioriert und in Kultur genommen. Durch die Methode des Tiefpflügens wurde die Ortsteinschicht zerbrochen und die Rohhumusdecke durch Beimengung von Mineralboden aufgelockert. Eine intensive Stickstoffdüngung hat die Qualität der Böden verbessert und die Erträge erheblich erhöht. Die Kultivierung der Heiden war stets mit einer besitzrechtlichen Veränderung, nämlich der Überführung aus dem Gemeinschafts- in den In-dividualbesitz, verbunden.
In Deutschland und in Frankreich bestand in den vergangenen Jahrzehnten die Tendenz, Heidegebiete als Naturschutzparks einzurichten und als Naturdenkmal zu erhalten.
Bis heute flächenbeherrschend sind die Heiden in der Mitte und im Nordwesten Frankreichs geblieben, wo sie nach wie vor als Allmende genutzt werden, und ebenso in großen Teilen Englands.
Die Moore bilden das zweite wesentliche Vegetationselement Westeuropas. Ihre Entstehung setzt Jahresdurchschnittstemperaturen von unter zehn Grad Celsius sowie eine feuchte, durch hohe Niederschlagsmengen ausgezeichnete Vegetationsperiode bei gleichzeitig geringer Verdunstung voraus. Ein weiteres topographisches Merkmal kommt hinzu, nämlich ein flachwelliges Relief mit sanften Böschungen und dementsprechend träger und langsamer Entwässerung.
Es sind zwei Typen zu unterscheiden: Nieder-und Hochmoore. Zwischen beiden besteht ein grundsätzlicher Unterschied insofern, als Niedermoore einen nährstoffreichen Grundwasserhorizont benötigen, während Hochmoore versauert sind und nur von Regenfällen gespeist werden. Die Moore sind ebenso wie die Heiden seit dem 18. Jahrhundert durch verschiedene Maßnahmen in Kultur genommen worden. Auch hierbei gingen die Niederlande beispielgebend voran und haben verschiedene Verfahren der Moorkultivierung entwickelt, die dann in weiten Teilen Norddeutschlands übernommen wurden. So hat Friedrich der Große Fehnkolonien durch Holländer anlegen lassen.
Die mitteleuropäische Laubwaldregion
In der mitteleuropäischen taubwaldregion ist die Rotbuche der Leitbaum der Wälder. Sie wird in wärmeren Lagen von Eichen und Hainbuchen abgelöst, während sie nach oben hin in eine Mischwaldstufe mit Buchen, Tannen und Fichten übergeht. Die edaphische Differenzierung ist im gesamten Raum der Inlandeisvergletscherung besonders ausgeprägt und spiegelt sich auch in den Unterschieden agrarischer Nutzung wider. In den feuchten Niederungen der Ursprungstäler stockt ein Eichen-Kiefern-Wald, während die Sanderflächen ein natürlicher Standort der Kiefer sind, neben der auch die Fichte stärker in Erscheinung tritt. Zum Unterschied von diesen eher dürftigen Wäldern werden die Endmoränenzüge von einem recht üppigen Mischwald von Rotbuchen, Eichen und Hainbuchen bedeckt. Die Nutzungspalette reicht von den Weiden und Wiesen in den Niederungen bis zu einer recht aufwendigen Fruchtwechselwirtschaft des Anbaus auf den Moränenzügen.
Die mediterrane Hartlaubregion
Die mediterrane Hartlaubregion ist nach Norden hin keineswegs scharf abgegrenzt, sondern weist eine Übergangsstufe auf, welche als submediterrane Stufe bezeichnet wird und vom Süden her auch in die Alpentäler hineinreicht. Sie ist auf Kristallin durch die Edelkastanie und auf Kalk durch den Buchsbaum als Leitpflanze kenntlich. Die Flaumeiche entspricht der natürlichen Vegetation, während die Edelkastanie erst später als Kulturbaum hereingebracht wurde. Die Kastanienstufe bildet eine breite Zone an den Südabhängen der Cevennen im Französischen Zentralmassiv (Abb. 2.31) und in den kristallinen Südalpen. Die einst für die menschliche Nahrung und als Viehfutter wichtige Kastanie hat ihre Bedeutung in der modernen Agrarwirtschaft verloren, mit bedingt durch eine Art Krebserkrankung der Bäume, so dass sich heute die einstige Kastanienstufe weithin als Verfallszone präsentiert. Nur selten haben andere Baumkulturen die Nachfolge angetreten, wie im Gebiet des Monte Amiato im Apennin, wo Haselnusssträucher die einstigen Kastanienkulturen ersetzt haben.
Besonders auf kalkigem Untergrund hat die für das Mediterrangebiet kennzeichnende Waldverwüstung auch die submediterrane Stufe erfasst. Dabei ist der Buchsbaum eine Leitpflanze für die degradierte Sekundärvegetation geworden. Er tritt im Apennin wie auf der südosteuropäischen Halbinsel, vor allem im Pindusgebirge, auf.
Physiognomisch ist die Zone der Hartlaubhölzer anhand der immergrünen, trockenheitsresistenten Holzpflanzen, deren harte, dicke und lederartige Blätter zur Bezeichnung als Hartlaubhölzer geführt haben, klar zu erkennen. Allerdings ist vom ursprünglichen Waldkleid nur sehr wenig übrig geblieben. Es bestand aus verschiedenen Eichenarten, wie der Stein-, der Kermes- und der Korkeiche sowie diversen Koniferen, wie der Aleppokie-fer, der Pinie und mehreren Arten von Baumwacholdern (Abb. 2.33).
Die Waldvernichtung wurde jedoch in diesem sehr alten Kulturraum mit schon früher dichter Besiedlung nicht nur durch die Übernutzung durch den Menschen verursacht, sondern wurde auch durch das außerordentlich langsame Wachstum der Bäume begünstigt. Vor allem die Eichen benötigen mehrere hundert Jahre, um ihre volle Höhe zu erreichen. Während die einheimischen Arten somit durch einen sehr langsamen Holzzuwachs gekennzeichnet sind, konnte man mit importierten Baumarten, wie dem Eukalyptus, geradezu unwahrscheinliche Zuwachsresultate erzielen. In Sizilien, wo zuerst große Plantagen entstanden, weisen die Bäume nach 30 Jahren eine Höhe bis zu 30 m und einen Durchmesser bis zu 60 cm auf. Mit Holzerträgen von 40 Festmetern pro Hektar im Jahr werden in den Eukalyptusplantagen die höchsten forstwirtschaftlichen Erträge der Erde erzielt. Durch die nahezu völlige Waldvernichtung ist eine Sekundärformation entstanden, welche in den einzelnen Sprachen verschiedene Bezeichnungen erhalten hat. In Griechenland spricht man von Phrygana, einer strauchreichen Polsterflur, in Spanien von den Tomillares, einer degradierten Cistus-Ausbildung, in Frankreich von der vornehmlich aus Dornsträuchern bestehenden Garri-gue. Die italienische Bezeichnung Macchie steht als Gattungsbegriff für alle. Diese Sekundärformationen bestehen aus verschiedenen Stachelbüschen, Distelgewächsen und Pflanzen, die infolge ihrer ätherischen Öle und Stacheln vom Vieh gemieden und selbst von den Ziegen kaum angerührt werden.
Der Charakterbaum des Mediterrangebietes ist die Olive, ursprünglich wild wachsend, dann in Kultur genommen. Unter den Koniferen wird die Pinie als dekorativer Alleebaum und rings um Gutshöfe angepflanzt, ähnlich wie in Mitteleuropa Eichen und Linden (Abb. 2.34).
Die Degradierung der Vegetation hat vor dem Boden nicht Halt gemacht. Bei den mediterranen Gelb- und Roterden finden sich daher auch alle Formen der Bodenzerstörung. Es ist außerordentlich schwierig, den Wald wieder auf die völlig ihrer Bodendecke beraubten Hänge zurückzubringen. Zwar werden Aufforstungsprogramme in allen Staaten durchgeführt (Abb. 2.32), doch sind viele davon infolge der relativen Kürze ihrer Laufzeit und der hohen Kosten gebietsweise noch kaum über das Experimentierstadium hinausgekommen. Unbrauchbar sind für diese Länder auch die Angaben der internationalen Forststatistik, in welcher Macchie vielfach als Kiefern- oder Steineichenwald ausgewiesen wird.
Zusammenfassend wird der Einfluss des Menschen auf die zonale und vertikale Differenzierung des Vegetationsaufbaus skizziert. Derart bildet die nördliche Nadelwaldzone ein Höhenstockwerk in den Mittel- und Hochgebirgen Mitteleuropas und im Mediterrangebiet. Auf ihre Bedeutung für die Holzwirtschaft in Nordeuropa wurde hingewiesen. Eine ähnliche Rolle kommt ihr auch in der Mitte Europas zu. Dieses Höhenstockwerk des Nadelwaldes konnte sich im Mediterrangebiet gleichfalls am besten gegen die Weidewirtschaft behaupten. Im Apennin und im Pindusgebirge beeindrucken den Reisenden die prachtvollen Tannen- und Kiefernwälder der Hochregion über dem nahezu vollständig vernichteten Stockwerk des Laubwaldes.
Das tiefere Stockwerk des mitteleuropäischen Laubwaldes ist von der Forstwirtschaft in weiten Teilen von Mitteleuropa durch Nadelwälder ersetzt worden. An die Stelle von Buchenwäldern sind Fichtenforste getreten. Ganz ähnlich geht die viel jüngere Aufforstungspolitik mediterraner Staaten vor, bei der die Aleppokiefer im Zuge der Aufforstungen die Steineiche verdrängt. Die Entwicklung zweier Übergangsstufen, nämlich einerseits zwischen der Laubmischwaldstufe und dem borealen Nadelwald und andererseits zwischen der Hartlaub- und der Laubwaldregion, verdient Beachtung.
Die nördliche Stufe des Mischwaldes war in Nordeuropa ebenso wie in den Gebirgshochlagen der Mitte Europas die Zone eines Vorstoßes der Siedlung in Kolonisationsperioden und ist heute eine Zone des Rückzugs der agrarwirtschaftlichen Nutzung und auch der Siedlung überall dort, wo die Bevölkerung keine neuen Einkommensquellen außerhalb der Landwirtschaft erschließen kann. Eine ähnliche Pufferfunktion kommt der submediterranen Flaumeichenstufe zu, in der sich in vorindustrieller Zeit, oft in Form eines sehr arbeitsaufwendigen Terrassenbaus, vor allem der Weinbau ausgebreitet hat. Heute sind diese Gebirgs-randgebiete im Französischen Zentralmassiv, in den Südalpen und längs der Dalmatinischen Küsten weitflächige Verfallsgebiete, da ihre Produkte in der marktwirtschaftlichen Konkurrenz denen aus den klimatisch günstigeren vollmediterranen Gebieten unterlegen sind.
Damit sind diese vegetationsmäßigen Pufferzonen in siedlungs- und agrarhistorischer Hinsicht gleichzeitig Gebiete, in denen sich Expansion und Rückzug der mitteleuropäischen sowie mediterranen Kulturlandschaft vollzogen haben und weiterhin vollziehen.
Waldsterben und Waldbrände
Alle traditionellen Agrargesellschaften haben in der Vergangenheit Raubbau am Wald betrieben. Die Ziegenherden in den Macchien Griechenlands und auf den griechischen Inseln geben einen aktuellen Anschauungsunterricht hinsichtlich der inzwischen in Zentraleuropa weitgehend verschwundenen Waldweide von Rindern und Schafen. Hier haben bereits die physiokratischen Bestrebungen im 18. Jahrhundert die Epoche einer geordneten Forstwirtschaft eingeleitet, welche auf die Verbesserung des Wirtschaftswaldes ausgerichtet war. Der Forst ersetzte den Wald. Im Zuge der Arrondierung von Grenzertragsböden breitete sich in der Hochphase der Industrialisierung vor dem Ersten Weltkrieg die Forstwirtschaft in den Mittel-und Hochgebirgen im mittleren Streifen Europas weit in den Karpatenraum hinein aus.
Ausgerechnet in diesen Forstrevieren in dicht besiedelten und industrialisierten Räumen, wie im Erzgebirge, wurde zuerst - Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts - das Absterben von ausgedehnten Waldarealen beobachtet. Jahre hindurch beherrschte das Thema des Waldsterbens die Medien. Im Verein mit anderen Umweltschäden kam es zur Genfer Luftreinhaltekonvention 1979 und in weiterer Konsequenz zum großen europaweiten Monitoring des Zustands der Waldökosysteme. Rückblickend kann Europa für sich in Anspruch nehmen, das weltweit größte Biomonitoringsystem entwickelt zu haben.
Dank umfassender Maßnahmen sind im Untersuchungszeitraum die Schwefelemissionen europaweit spürbar zurückgegangen. Durch die Stillle-gung großer Industriegebiete nach der Wende hat sich die Situation in den EU-Erweiterungsstaaten entspannt. Nur in einigen Teilen der Mittelmeerregion, hierzu gehören weite Teile Portugals, Südspaniens und Frankreichs, Teile von Italien und von Kroatien, geht das Waldsterben weiter. In diesen Räumen hat im vergangenen Jahrfünft der Nadel- und Blattverlust aller Arten deutlich zugenommen. Besonders betroffen sind davon die Steineiche und die Seestrandkiefer.
In diesen mediterranen Waldgebieten ist für die EU in den letzten Jahren eine neue Aufgabe entstanden, nämlich die Koordination des Kampfes gegen die Waldbrände, welche in den ungewöhnlich heißen Sommern zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Portugal, Spanien, Griechenland und Italien gewütet haben. Die Kommission hat ein kohärentes Waldbrandinformationssystem für Europa entwickelt, das die Risiken anhand bestimmter Faktoren bewertet und ein tägliches Brandvorhersagesystem mit speziellen Gefahrenkarten erstellt. Außer der Risikovorhersage ist die Umweltbehörde der EU dabei, die Funktion einer zentralen Koordinationsstelle für das Katastrophenmanagement zu übernehmen.
Zum Unterschied von der Agrarpolitik hat die EU bisher noch keine Forstpolitik entwickelt. Es ist von Interesse festzustellen, dass auch die Erstaufforstung von landwirtschaftlichen Flächen, welche im Zusammenhang mit der Stilllegungsbeihilfe der EG subventioniert wurde, nicht von Erfolg begleitet war. Von den 220.000 ha stillgelegten Flächen in Deutschland wurden zunächst lediglich 0,5% aufgeforstet. Anders ist die Situation in Frankreich, wo schon im 19. Jahrhundert Agrarland brach gefallen ist und über eine Million Waldbesitzer ihre kleinen Waldstücke als eine Art Sparbüchse betrachten, die nicht angetastet wird.
Diese zwei Beispiele belegen die enormen Unterschiede der Rahmenbedingungen für eine europaweite EU-Forstpolitik nicht nur in Hinblick auf den Waldzustand und die Artenzusammensetzung von den Tundrenwäldern in Finnland über die Fichtenforste in den Alpen und Mittelgebirgen bis zu den Macchien Spaniens und Griechenlands, sondern auch die Vielfalt der Intentionen der Waldbesitzer. Zu wenig beachtet werden hierbei die sehr unterschiedlichen Interessen bezüglich der Jagd, welche in weiten Teilen Zentraleuropas als Hochwildjagd eine historische Funktion vom herrschaftlichen Forst bis zur bäuerlichen Eigenjagd besitzt und in den ländlichen Räumen weit verbreitet ist. Mit den EU-Erweiterungsstaaten sind ausgedehnte Jagdreviere in den Karpaten hinzugekommen.
Nationalparks
Unter den Agenden der EU sucht man den Begriff des Nationalparks vergeblich. Die Einrichtung und Finanzierung von Nationalparks ist bisher eine nationale Angelegenheit geblieben. Selbstverständlich hat die EU 1992 die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) akzeptiert und die Natura-2000-Aktion gestartet. Doch gibt es keine Institution der EU für die Nationalparks.
Auf den ersten Blick könnte man daher der Meinung sein, der nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebrochene Boom in der Planung und Errichtung von Nationalparks sei eine sehr späte Übernahme des US-amerikanischen Konzepts der Ausweisung von besonders schützenswerten Naturlandschaften, die 1872 mit der Ausweisung des Yellowstone-Nationalparks begann und vor dem Ersten Weltkrieg nur von zwei europäischen Staaten, nämlich Schweden und der Schweiz, nachgeahmt wurde. In Schweden wurde der erste Nationalpark 1909, in der Schweiz 1914 ausgewiesen. Nur hier gab es auch noch relativ "unberührte Naturräume.
Die Unterschiede bezüglich der Nationalparkpolitik in den USA und in Europa sind grundsätzlicher Natur.
In den USA gehören die Nationalparkgebiete, welche rund 20% der Fläche einnehmen, dem Staat. Sie werden vom Department of the Interior nach einheitlichen Prinzipien verwaltet und aus Staatsmitteln instand gehalten. Nationalparks sind Teil der "We are all Americans-ldeologie und haben mit einem täglichen Besucherstrom von 1 Mio. Menschen eine beachtliche Bedeutung für die Freizeitgestaltung.
In Europa besteht derzeit keine Tendenz zur "Europäisierung der Nationalparkidee. Dementsprechend bestehen starke nationale Unterschiede in den Zielsetzungen. Es gibt derzeit auch keine Informationsbehörde über die bestehenden Nationalparks und sonstigen Naturparks in Europa. Die in Tabelle 2.1 vermittelte Information beruht auf den Angaben der einzelnen Staaten.
In Europa besteht eine Vielfalt von internationalen Organisationen sowie regionalen und lokalen Institutionen, welche auf der Grundlage des Natur- und Umweltschutzes entstanden sind. Es besteht jedoch keine Tendenz, im Nachhinein die Areale der neu eingerichteten Nationalparks zu "nationalisieren. Für Großbritannien liegen präzise Daten über die Besitzverhältnisse vor, wonach sich rund vier Fünftel der Fläche der Nationalparks in Privatbesitz befinden und das restliche Viertel dem Verteidigungsministerium, der staatlichen Forstbehörde, dem National Trust, einer Art Denkmalschutzvereinigung, und Wassergesellschaften gehört. Ähnlich sind die Verhältnisse in Frankreich und im deutschen Sprachraum.
Es ist einsichtig, dass aufgrund des vorherrschenden Privatbesitzes die Errichtung von Nationalparks in den altbesiedelten Räumen Europas recht mühsam ist und nur durch die Pachtung von Flächen erfolgen kann. Dabei hat sich, dem französischen Beispiel folgend, auch ein Kern-Rand-Konzept von Nationalparks als zweckmäßig erwiesen, wobei nur im Kern eine "Renaturierung erfolgt, bisherige Nutzungen eingestellt werden und andererseits eine Wiederansiedlung von ausgestorbenen Tieren, wie Bibern, Wildschweinen, Wölfen, Bären und spezifischen Vogelarten, darunter besonders den großen Greifvögeln, durchgeführt wird.
Beruhend auf der Überzeugung von der Notwendigkeit, "die biologische Diversitätzu erhalten, werden bestimmte Pflanzenassoziationen unter besonderen Schutz gestellt, darunter Watten und Marschen, Sumpf- und Augebiete. Bei den Randzonen geht es darum, in einer geordneten "Rückzugspolitik periphere Siedlungsräume in Naturschutzgebiete und Nationalparks umzuwandeln und im Verein mit einem sanften Tourismus Geldmittel in abgelegene Landschaften zu lenken.
Die Tabelle 2.1 bietet eine Übersicht über die derzeit von den einzelnen europäischen Staaten ausgewiesenen Nationalparks und die großen nationalen Unterschiede.
In Deutschland wurde 1969 mit dem Bayerischen Wald der erste Nationalpark eingerichtet, 1978 folgte das Königsseegebiet bei Berchtesgaden und 1985 wurden die Küstenbereiche des deutschen Wattenmeers als Nationalpark ausgewiesen. In der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik wurden noch vor der Wiedervereinigung fünf Nationalparks eingerichtet. 2004 wurde mit dem Nationalpark Eifel der fünfzehnte Nationalpark in Deutschland eröffnet.
Es entspricht der kleingliedrigen naturräumlichen und historisch-politischen Struktur Europas, dass seit der Zwischenkriegszeit auf regionaler und auf lokaler Ebene bestimmte Areale als Naturschutzgebiete ausgewiesen wurden. Hierbei hatten die nordeuropäischen Staaten, aber auch Österreich eine Vorreiterrolle inne.
In regionaler Hinsicht kommt gegenwärtig Landschaftsschutzgebieten, in denen ordnungsgemäße Landwirtschaft und Erholungsnutzung vorgesehen sind, wachsende Bedeutung zu. In der Bundesrepublik umfassen die mehr als 6.000 Landschaftsschutzgebiete bereits rund ein Viertel der Staatsfläche. Damit wird eine Größenordnung im Flächenausmaß erreicht, welche den Flächenanteil der Nationalparks in den USA sogar übertrifft. Aufgrund der historischen Erschließung attraktiver Berg- und Hochgebirgsräume und der viel größeren Vielfalt an naturnahen Betätigungen in Europa ist die Erholungsfunktion in Nationalparks ein integrierter Bestandteil des touristischen Freizeitaufkommens, für dessen quantitative Anteile am Tourismus bisher jedoch keine Daten zur Verfügung stehen.
In der Ausweisung von Naturschutzgebieten besteht in Europa ein deutliches Nord-Süd- und ebenso ein West-Ost-Gefälle. Während in Nordeuropa, in Norwegen, Schweden und Finnland, dank der geringen Durchsiedlung und Bevölkerungsdichte noch weiträumige naturnahe Landschaften vorhanden sind und starke Intentionen dieser Staaten bestehen, weitere Naturschutzgebiete für die Zukunft zu erhalten, zeigt andererseits Griechenland an der Idee der Neueinrichtung von Naturschutzgebieten nur geringes Interesse. Dies ist auch insofern einsichtig, als hier ebenso wie in anderen mediterranen Räumen das kulturhistorische Erbe stets von dominanter Bedeutung war.
Die West-Ost-Aussage für Europa lautet anders. Während im Westen die "Nationalparkwelle bereits den Höhepunkt überschritten hat, sind nunmehr die EU-Erweiterungsstaaten und die Staaten in Südosteuropa dabei, ihre beachtlichen Naturlandschaftsreserven für künftige europäische Interessenten einzurichten.