Die Mosel ist ein wichtiger Verkehrsweg in Europa, über 90 Prozent des Gesamtrkehrs ist grenzüberschreitend. Als Fluss, der die Nationen rbindet, entspringt la Moselle in Frankreich und durchfließt danach Luxemburg und Deutschland. Genützt hat sie auF ihrem 500 Kilometer langen Weg allen, und das länderübergreifend: der Industrie, den Touristen, den Winzern. Eine europäische Erfolgsgeschichte aIso4 Heute lautet die Antwort "ja-doch Jahrhunderte lang war die Mosel als Verkehrsweg alles andere als ein Beispiel nachbarschaftlichen Einrständnisses: Sie war ein Zankapfel erster Güte.
Gütertransport und Zölle
Die Mosel wurde wohl bereits in keltischer Zeit befahren. In der römischen Antike war der Fluss eine viel befahrene Wasserstraße, die militä-rischen und wirtschaftlichen Zwecken gleichermaßen diente. Auf Moselschiffen wurde Wein transportiert (in Fässern und Amphoren), aber auch Kalkstein, Basaltblöcke und Steine aus fremden Ländern. Salze und Tuchballen sind ebenfalls als Güter bezeugt. Flussabwärts wurde gerudert, flussaufwärts erfolgte Treidelrkehr.
Im frühen Mittelalter, als die Franken das von den Römern geschaffene Verkehrsnetz übernahmen, transportierten sie auf der Mosel in der Hauptsache Wein und Getreide. Im 9. Jahrhundert aber zeichnete sich die territoriale Zersplitterung des Moselraums ab - von nun an mussten sich rschiedene Herrschaften die Mosel als Wasserstraße teilen. Jetzt rangen die Fürstentümer Lothringen und Luxemburg, das Erzstift Trier und Pfalz-Zweibrücken um die größten Stücke des Kuchens.
Bald galt das Augenmerk der neuen Herrscher nicht mehr so sehr dem Handel, sondern in erster Linie den Zolleinnahmen, die der Gütertransport auf dem Fluss mit sich brachte. Rasch waren die Zollstellen entlang der Mosel wegen ihrer hohen Anzahl berühmt-berüchtigt; hinzu kam noch das Stapelrecht der Stadt Trier. Kein Wunder, dass Güterrkehr und Handel unter diesen Bedingungen litten.
Schifffahrt und Handel bis 1800
Der schlechte Zustand des Wegenetzes zu Lande sorgte dafür, dass die Mosel allen Widrigkeiten zum Trotz bis ins 16. Jahrhundert ein wichtiger Verkehrsweg blieb. Transportiert wurde eine Vielfalt an Waren: Getreide, Wolle, Mühlensteine und Pelzwaren, Öle, Salze und Tuche, aber auch Eisen und seit dem 15. Jahrhundert Kohle und Stahl. Hauptgut aber war nach wie vor der Wein.
Im Dreißigjährigen Krieg mit seinen Verwüstungen ging die Schifffahrt auf der Mosel zurück. Doch als im 18. Jahrhundert Lothringen in das französische Königreich eingegliedert wurde, erwachte das Interesse an der Mosel von neuem -vor allem auf französischer Seite. In Frankreich wurde nun immer stärker diskutiert, was seit der Römerzeit in den Köpfen der Menschen herumgeisterte: Die Mosel sollte durch Kanalbauprojekte und Eingriffe am Flusslauf als Verkehrsweg größere Bedeutung erlangen; die verschiedenen Wirtschaftsräume und Handelszentren sollten besser vernetzt, der Güterverkehr gestärkt werden. Entsprechende Pläne waren über die Jahrhunderte immer wieder aufgetaucht; keiner hatte jedoch wirklich Erfolg gehabt.
Auch die Versuche des späten 18. Jahrhunderts scheiterten: Obwohl Frankreich und Kurtrier Flussregulierungen diskutierten, planten und sogar in Angriff nahmen, blieben die Arbeiten in den Anfängen stecken. Der Grund war, wie in der Folgezeit noch oft, das liebe Geld - der Mangel an finanziellen Mitteln zwang zur Aufgabe der hochfliegenden Pläne.
Dampfschifffahrt und Eisenbahn
Das 19. Jahrhundert brachte neuerliche territoriale Umbrüche mit sich. Im Zuge der napoleonischen Kriege und des Wiener Kongresses 1815/16 veränderte sich die Landkarte Europas. Kurtrier gehörte nun als Teil der Rheinprovinz zu Preußen. Auf der Mosel bot sich mittlerweile das folgende Bild: Kähne mit 200 Tonnen Tragfähigkeit konnten den Fluss befahren. Unter anderem wurden Holz, Öl und Wein transportiert, dazu Kunst- und Gebrauchsgegenstände, Eisenerz, Tabak, Blei und Stahl. Den größten Posten aber machte die Steinkohle aus den Saargruben aus. Allerdings: Drei Fünftel der Kohle wurden nicht per Schiff, sondern mühevoll über den Landweg transportiert. Diese Tatsache verdeutlicht den schlechten Zustand der Wasserwege.
In den folgenden Jahrzehnten sah Preußen sich der alten Aufgabe gegenüber, die Mosel als Verkehrs- und Handelsweg aufzuwerten. Ein Anstoß dazu kam durch die neu aufkommende Dampfschifffahrt, die sowohl der Personen- als auch der Güterbeförderung dienen .sollte. Noch standen den modernen Dampfschiffen auf der Mosel aber zahlreiche Hindernisse entgegen: Untiefen und Stromschnellen behinderten die Fahrt, Geröll unter den Stromschnellen führte zu seichten Stellen, Inseln und Kiesbänke spalteten den Fluss in mehrere Arme. Allgemein war das Flussbett wegen seiner Felsbänke zu flach, und Nebenflüsse brachten ihre Ablagerungen unreguliert mit in die Mosel. Nichtsdestotrotz beschloss Preußen, die Fahrrinne auszubauen.
Die Bauarbeiten begannen 1839. Weitere Buhnen wurden angelegt, Untiefen und Kiesbänke beseitigt. Bereits im Dezember des selben Jahres konnte das erste Dampfschiff die Mosel befahren. Allerdings handelte es sich nicht um ein preußisches oder luxemburgisches Schiff, sondern um die französische "Ville de Metz. Doch auch auf preußischer Seite überwog die Freude. Regierungspräsident von Schaper erklärte laut eines Berichts der Trierischen Volkszeitung vom 17. Dezember 1839, "mit welchen freudigen Empfindungen das Erscheinen des ersten, den Moselstrom befahrenden Dampfschiffes die Herzen der Einwohner Triers erheben müsse, und daß diese Erscheinung eine der segensreichsten Folgen des Friedens sei,
Noch im selben Jahr wurde in Trier eine Mosel-Dampfschifffahrtsgesellschaft gegründet. Etwas später folgte die Kooperation mit dem französischen Metz; zusammen strebte man einen regelmäßigen Verkehr zwischen Metz und Trier an. 1845 hatte sich die Dampfschifffahrt bereits so weit etabliert, dass sowohl zwischen Metz und Trier als auch zwischen Trier und Koblenz jeweils drei Schiffe verkehrten. Für die nächsten drei Jahrzehnte erlebten sowohl die traditionelle Treidelais auch die Dampfschifffahrt eine relative Blüte. Und das, obwohl sämtliche Bauarbeiten an der Mosel bis 1857 eingestellt wurden. Sie erschienen wieder einmal zu teuer; im Verhältnis zu den aufgewendeten Mitteln fielen die Verbesserungen am Mosellauf allzu bescheiden aus. Dessen ungeachtet erreichte die Dampfschifffahrt in den folgenden Jahren ihren Höhepunkt. Im Jahr 1878 konnte für die Schiffe der Trierer Gesellschaft die Rekordzahl von 56 000 Fahrgästen verzeichnet werden.
Doch dem Aufstieg folgte der tiefe (und rasend schnelle) Fall: Bereits 1882 war die Dampfschifffahrt nicht mehr rentabel. Was auf den ersten Blick unverständlich erscheint, erklärt sich mit dem Auftauchen des großen Konkurrenten Eisenbahn. Die Bahn übernahm mit Leichtigkeit Fahrgäste und Waren, war wetterunabhängig und schnell. In der Euphorie des Schienenzeitalters sah es so aus, als habe die Mosel als Verkehrsweg urplötzlich ausgedient. Dass dem nicht so war, sollte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich werden, als die alten Pläne zur umfassenden Schiff-barmachung der Mosel wieder auftauchten - und dann auch länderübergreifend verwirklicht wurden.
Kriege und Zusammenarbeit
Bis dahin war es allerdings noch ein langer und leidvoller Weg mit zwei verheerenden Weltkriegen. Friedliche Handelsbeziehungen schienen in diesen dunklen Jahren in weiter Ferne zu liegen. Erst 1945 stellte sich die Frage des Moselausbaus von neuem. Diesmal gab die französische Seite den Anstoß, wünschte Frankreich doch dringend eine direkte Schiffsverbindung von den Hochöfen Lothringens zum Rhein. Denn Ruhrkohle und Koks waren für die lothringische Stahlindustrie existentiell wichtig, und der Transport per Eisenbahn hatte sich als teuer erwiesen-zu teuer: Um gegenüber der englischen und amerikanischen Konkurrenz bestehen zu können, mussten die Produktionskosten gesenkt werden. So kam die Mosel als kostengünstiger Verkehrsweg wieder ins Gespräch, mitsamt der Visionen und Pläne, die schon so oft angedacht aber nicht zu Ende gebracht worden waren.
Dieses Schicksal sollte dem Moselausbau diesmal nicht drohen. Frankreich und Deutschland hatten zwar verschiedene Ziele und Hoffnungen bezüglich der Mosel, doch nun verhandelten sie, und zwar zäh und jahrelang. Beide Seiten stellten eigene Prognosen für das Transportaufkommen an, beurteilten die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit und den Sinn des Ausbaus - und kamen einer gemeinsamen Lösung langsam näher. Erschwert wurden die Verhandlungen dadurch, dass der Moselausbau mit einem anderen Problem verquickt wurde: der bis dato ungelösten Oberrhein-Frage. Dabei drehte es sich um Pläne Frankreichs, den Rheinseitenkanal bis kurz vor Straßburg weiterzuführen. Dies löste auf deutscher Seite die Befürchtung aus, der Grundwasserspiegel könne absinken und die Landwirtschaft dadurch negative Konsequenzen zu tragen haben. Außerdem wollte Deutschland den direkten Zugang zum Rhein nicht verlieren. So zeichnete sich bald ab, dass eine Einigung in der Moselfrage ohne eine Einigung in der Rheinfrage nicht zu haben war und umgekehrt. Weitere strittige Punkte-die Saarfrage, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit eines Moselausbaus für die deutsche Seite, Einwände der luxemburgischen Hüttenindustrie - erschwerten die Verhandlungen zusätzlich.
So dauerte es bis Mitte der 1950er Jahre ehe sich eine für alle befriedigende Lösung abzeichnete. Am 27. Oktober 1956 war es soweit: Der Vertrag über die Schiffbarmachung der Mosel wurde unterzeichnet. Er sah vor, dass die Mosel zwischen Thionville und Koblenz 270 Kilometer lang ausgebaut werden sollte, sodass 1500-Tonnen-Schiffe sie befahren könnten. Nötig waren dafür 13 Staustufen und eine zusätzliche Schleusenkammer an der vorhandenen Staustufe Koblenz. Eine mindestens 40 Meter breite Fahrrinne musste geschaffen, Wasserkraftwerke errichtet und zusätzlich den Bedürfnissen von Fischerei, Wasserwirtschaft und Fremdenverkehr Rechnung getragen werden. Die Finanzierung des Bauvorhabens sollte der neu geschaffenen Internationalen Moselgesellschaft anvertraut werden. Der Moselvertrag trat am 1. Januar 1957 in Kraft.
Die Mosel als Großschifffahrtsstraße
Sieben Jahre dauerten die Bauarbeiten. Dann, nach Jahrhunderten voller ehrgeiziger, angefangener und wieder verworfener Pläne, war die Mosel endlich zur Großschifffahrtsstraße geworden. Am 26. Mai 1964 übergaben Frankreich, Luxemburg und Deutschland den ausgebauten Fluss feierlich seiner neuen Bestimmung. Zwischen Koblenz und Thionville konnten von nun an 1500-Tonnen-Schiffe und Schubverbände mit einer Tragfähigkeit von rund 3500 Tonnen verkehren. 14 Stauanlagen waren gebaut, Fischpässe, Sickerleitungen und Pumpwerke errichtet, Bachmündungen verlegt. Wie ein kleines Wunder erschien es da, dass die Mosel sich nach wie vor harmonisch in die Landschaft einfügte.
Auch in den folgenden Jahren wurde die Mosel weiter ausgebaut, bis 1979 das französische Neuves-Maisons erreicht war. Seitdem gelten rund 394 Kilometer des Flusses als Wasserstraße, mit 16 französischen, zwei deutsch-luxemburgischen und zehn deutschen Stauanlagen. Heute weist die Mosel eine jährliche Transportmenge von 15 bis 16 Millionen Tonnen und eine Verkehrsleistung von mehr als drei Milliarden Tonnenkilometern auf. Damit ist sie das geworden, wovon Generationen von Herrschern geträumt hatten: eine der meist befahrenen Binnenwasserstraßen Europas.
Wein und Wanderwege
Dass die Mosel sich ihre Schönheit auch als Großschifffahrtsstraße bewahren konnte, bezeugen die vielen Touristen, die alljährlich an ihren Ufern Erholung suchen. Hier zahlt sich aus, dass man sich bei den Bauarbeiten der 1950er und 1960er Jahre bemüht hatte, auch Aspekte der Ökologie und des Landschaftsbildes zu berücksichtigen: Das Schicksal des reinen Industrieflusses blieb der Mosel erspart. So sind heute an ihren Ufern auch der Fremdenverkehr und der Weinbau bedeutende Wirtschaftszweige - Bereiche, die sich für manchen Touristen aufs schönste ergänzen, muss er doch nur in einer der zahlreichen Straußwirtschaften einkehren und sich nach einer Wanderung ein Glas Riesling schmecken lassen.
Tatsächlich tragen mehr als die Hälfte der Reben im Moselland Rieslingtrauben, daneben werden Müller-Thurgau, Kerner und Elbling angebaut. Zu verdanken ist der Weinbau im Moselland vor allem der geschützten Tallage der meisten Hänge sowie den süd- und südwestlich ausgerichteten Steillagen und Terrassen. Hier finden die Reben ein Mikroklima vor, das ihnen sichtlich behagt. Der Moselwein blickt auf eine lange Tradition zurück, die in die römische Zeit zurückreicht: Das belegen nicht nur rekonstruierte Kelteranlagen, sondern auch ein besonderer Fund: das berühmte Weinschiff aus Neumagen-Dhron. Bei diesem Weinschiff handelt es sich allerdings nicht um ein echtes Schiff, sondern um das schiffsförmige Grabmal eines römischen Weinhändlers aus dem dritten Jahrhundert. Das Neumagener Weinschiff gilt als Beleg dafür, dass in antiker Zeit Wein aus der Moselgegend auf dem Wasserweg transportiert wurde.
Heute profitiert auch der Tourismus, ein weiteres wirtschaftliches Standbein der Region, vom Moselwein. Wanderwege und Festivals rund um den Rebensaft locken zahlende Gäste an, die sich gerne verführen lassen. Zum Beispiel zur "Schwimmenden Weinprobe, einer Moselfahrt inklusive Weinproben und Erläuterungen durch einen Winzermeister. Doch auch ohne Affinität zum Wein kann man der Seele des Mosellandes nachspüren. Klettersteige, die erstaunlich steil dem Himmel zustreben, Schmetterlings- und Orchideenpfade und grüne, tunnelartige Gänge aus wildem Buchsbaum ziehen Sport- und Naturfreunde an. Und immer wieder stößt man auf die Geschichte, sei es nun in Gestalt mittelalterlicher Burgen oder römischer Ausgrabungen.
Anfänge der Moseltouristik
Das Reisen selbst ist eher eine junge Erscheinung an der Mosel, denn lange stand der Fluss im Schatten seines mächtigen Rivalen, des Rheins. So äußerte sich der Schriftsteller Carl Julius Weber im Jahr 1806 nach einer Moseltour nur abfällig: "Die Moselufer haben nichts Ausgezeichnetes - sie ist lange, lange kein Rhein. Der Rhein, nicht die Mosel, zog bis in die 1830er Jahre die Besucher an. Das lag zum einen an seiner größeren Berühmtheit, aber auch an ganz praktischen Hindernissen für den Reisenden: Die Täler der Mosel waren schlecht erschlossen, die Straßen in keinem guten Zustand. Die Fahrt in der Postkutsche von Koblenz nach Trier dauerte 30 Stunden-viel Zeit, die zudem beschwerlich verbracht wurde, war das Reisen in holperigen Kutschen auf schlecht befestigten Wegen doch alles andere als ein Vergnügen.
Erst in den 1830er Jahren änderte sich das Bild, als Eilwagen zu Lande und Eiljachten zu Wasser eingerichtet wurden. Zwar dauerte die Fahrt auf der Eiljacht von Koblenz bis Trier länger als mit der Kutsche - nämlich drei Tage -, doch war für die Unterhaltung und das leibliche Wohl gesorgt. Langsam sickerte es ins Bewusstsein der Rhein-Reisenden, dass auch die Mosel, obschon nicht so berühmt, einen Abstecher wert sein könnte. So konnte man im Baedeker 1839 lesen: "Der Rhein ist großartiger, die Mosel romantischer. Sie windet sich in engerem Thale, durch oft höhere Berge in zahllosen Krümmungen, reißt sich bald durch wilde, düstre Felsen, zieht bald an lieblichen Rebengeländen und waldbewachsenen Hügeln still vorüber. Auf dem ganzen Thale ruht ein Ernst, eine zauberische Stille, welche dem Gemüth wohltuend ist und es zu feierlichen Empfindungen stimmt.