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Die Main - Leben an einer Wasserstraße

Die Main - Leben an einer Wasserstraße

Befragt man Menschen auf der Straße nach wissenswerten Informationen über den Main, fällt vielen spontan ein, in ihrer Schulzeit etwas von einem Weißen oder Roten Main gehört zu haben. Manchem ist auch noch die Sage von der Gründung Frankfurts am Main durch Karl den Großen im Gedächtnis: Eine weiße Hirschkuh soll den Kaiser und sein Heer auf der Flucht vor den Sachsen durch den Fluss geführt haben. Diese Gründungsgeschichte Frankfurts wurde von Thietmar, dem Bischof von Merseburg, in seiner Chronik über Kaiser Heinrich II. überliefert und später auch von den Brüdern Grimm in ihrem großen Werk Deutsche Sagen rwendet. Ansonsten fallen zum Main eher Stichworte wie Schifffahrtsweg, Standort von Fabriken und Firmen wie Hoechst und Opel oder "nicht besonders sauber bzw. "würde ich nicht drin schwimmen ein.

Dabei weist der Main einige Besonderheiten auf: es handelt sich bei ihm um den einzigen größeren mitteleuropäischen Fluss, der von Osten nach Westen und nicht wie normalerweise nach Norden fließt. Dies ist einer der Gründe, warum der Main eine wichtige Funktion als Verkehrsbzw. Handelsweg bekam. Auch entspringt und mündet er als einziger größerer Fluss innerhalb Deutschlands. Der Main mündet in den Rhein, den größten deutschen Schifffahrtsweg mit Verbindung zur Nordsee, ist aber zusätzlich auch eng an das Flusssystem der Donau angebunden. Diese Tatsache beflügelte schon seit Karl dem Großen, also seit über 1200 Jahren, die menschliche Fantasie: Eine Verbindung zwischen Main und Donau rsprach Einnahmen durch Handel, sicheren Warentransport und schnelleres Reisen.



Vom "nassen Limes zur "Pfaffengasse

Der Main verfügt über eine weit zurückreichende Geschichte als Lebensraum, Handelsweg und Verbindung zwischen Ost und West. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind die Phasen der römischen Herrschaft von 59 v. bis um 260 n. Chr. und des Aufstiegs der fränkischen Herrschergeschlechter der Merowinger und Karolinger ab dem 6. Jahrhundert. Aber auch aus der vorgeschichtlichen Epoche gelangen in letzter Zeit Aufsehen erregende Funde insbesondere bei Ausgrabungen keltischer Fürstengräber in Hessen ans Tageslicht, egal ob es sich dabei um den Keltenfürsten vom Glauberg oder - ein wenig bescheidener - um den Fürsten aus dem Stadtwald von Frankfurt am Main handelt. Der Archäologe Wolfgang Ebel-Zepezau-er spricht in Zusammenhang mit dem Main von einer "Hauptverkehrsachse der Region und belegt dies vor allem durch Funde von Fibeln und Gürtelhaken, die im süddeutschen Raum auf einer Achse von Württemberg bis Franken verbreitet waren und die aus latenezeitlichen Hügelgräbern am Mainufer bei Offenbach stammen.
Für die Römer dienten größere Flüsse häufig als Grenzen für ihre neu eroberten Provinzen und als Verkehrswege für Nachschublieferungen und Truppentransporte. Die unter der Bezeichnung obergermanisch-raetischer Limes bekannte Grenze des römischen Machtbereichs vom Rhein bis zur Donau ist seit Juli 2005 Weltkulturerbe der UNESCO. Der Rhein bildete die natürliche Grenze für die durch Caesar 58 bis 49 v. Chr. eroberte Provinz Gallien, während die Donau die 15 v. Chr. eroberte Provinz Raetia begrenzte. Rechtsrheinische Operationen der Römer fanden zunächst nur statt, um aufsässige germanische Stämme wie die in Hessen ansässigen Chatten (zum Beispiel 10 v. Chr. durch Drusus) zu bestrafen.
Die Gebietserweiterungen unter Kaiser Vespa-sian und seinen Nachfolgern fasste Kaiser Domiti-an 85 in der neuen Provinz Germania Superior zusammen. Der Limes als Grenzbefestigung mit Kastellen, Wachttürmen und einem ausgebauten Straßennetz wurde unter Domitian (Taunuslimes) angelegt, noch am Ende des 2. bzw. Anfang des 3. Jahrhunderts baute man die Grenzbefestigung mit Wällen und Grabenanlagen aus. Von Groß-krotzenburg bis zum heutigen Miltenberg bildete der von den Römern tnoenus genannte Fluss auf einer Länge von 52 Kilometern die Grenze (auch als "nasser Limes bezeichnet) zwischen den römischen Provinzen und germanischen Gebieten.
In die Zeit der Römer fällt auch die Entstehung erster Städte am Main, aus dem stark befestigten Kastell Moguntiacum wurde das heutige Mainz. Auch die Orte Wörth, Miltenberg und Großkrot-zenburg gehen im Kern auf die römischen Kasteile zurück. Die neuen Gebiete wurden in Verwaltungsbezirke, sogenannte Civitas unterteilt. Der Hauptort der Civitas Taunensium war Nida, heute Frankfurt-Heddemheim. Hier gelang die Ausgrabung eines Hafens mit hölzernem Boot. Wahrscheinlich wurde entlang des Mains auch getreidelt, das heißt Schiffe wurden von Mensch und Tier am Ufer den Main hinaufgezogen. Auf dem römischen Grabstein des Bussus aus Mainz ist jedenfalls ein Lastkahn mit Treidelmast und Ruder abgebildet. Die in den Ziegeleien bei Großkrot-zenburg und Frankfurt-Nied hergestellten Waren wurden wohl auf dem Fluss befördert. Auch Brücken über den Main entstanden unter der römischen Herrschaft, so wurden bei Großkrotzenburg Holzpfähle vom Fundament einer Steinbrücke geborgen, auch bei Steinheim und Frankfurt fanden sich Brückenreste. Diese relativ friedliche Zeit unter römischer Herrschaft ging nach 260 durch die Aufgabe des Gebiets durch die Römer und die Eroberung durch die Alamannen zu Ende.
Die Alamannen besiedelten zunächst das gesamte Flussgebiet des Mains und gründeten einige Städte, darunter im späten 5. Jahrhundert Aschaffenburg. Sie wurden aber bereits 496 nach der Schlacht bei Zülpich wieder von den Franken in Richtung Schwaben verdrängt. In der Folgezeit kam es zu einer fränkischen Landnahme an Rhein und Main, so tragen zahlreiche Orte entlang des Mains fränkische Namen (oft Orte mit der Endung "-heim) bzw. haben diesen Volkstamm sogar im Namen wie Frankfurt am Main.

Am oberen Main entstand in den folgenden Jahren das Stammesherzogtum Franken als fränkisches Kerngebiet. Bis heute ist der Name Franken mit diesem Gebiet am Obermain verknüpft. In der Pfalz Forchheim fanden in den Jahren 900, 911, 919 und zuletzt 1077 Königswahlen der ostfränkischen Herrscher statt. Schon unter der Herrschaft der in Franken ansässigen Karolinger setzte die zunehmende schriftliche Überlieferung von Ortsnamen in Urkunden ein. Die Ersterwähnung Frankfurts erfolgte beispielsweise in einer Urkunde Karls des Großen im Jahr 794.
Zahlreiche Städte entstanden auch im Zuge der Ausbreitung des Christentums durch die Gründung von Klöstern. Im Jahr 719 bereiste Bonifatius erstmals Franken, 742 wurde durch ihn das Bistum Würzburg begründet, das längere Zeit die Stellung eines Verwalters der fränkischen Königslande inne hatte und damit rasch die Position der stärksten Territorialmacht am oberen und mittleren Main erreichen konnte. Bereits kurze Zeit später im Jahr 747 wurde Mainz Sitz eines Erzbistums und dehnte sein Einflussgebiet im Lauf der Zeit bis nach Miltenberg aus. Bamberg wurde zwar erst 1007 durch Kaiser Heinrich IL zur Bischofsstadt erhoben, zog allerdings danach einiges von der Bedeutung Wurzburgs auf sich. Somit lagen entlang des Mains drei einflussreiche kirchliche Territorien, die auch als Fürstbistümer bezeichnet wurden. Diese Konstellation überdauerte einige Jahrhunderte und prägte im Volksmund für den Main die spöttische Bezeichnung "Pfaffengasse des Reichs.
Eine starke Landesherrschaft entwickelte sich in der Folgezeit entlang des Mains nicht mehr. Über relativ geschlossene Territorien verfugten außer den Fürstbistümern nur noch die hohenzol-lerschen Markgrafen von Brandenburg mit den beiden Linien Ansbach und Kulmbach bzw. Bayreuth, die Grafen von Henneberg sowie die Grafen von Wertheim und von Hanau. Mit Nürnberg (Reichsstadt seit 1219), an der Pegnitz und damit an einem Nebenfluss des Mains liegend, Schweinfurt (seit 1282) und Frankfurt (seit 1220) entstanden außerdem starke und nur vom Kaiser abhängige Reichsstädte. Nürnberg bewahrte die Reichskleinodien auf, Frankfurt wurde mit dem Erlass der Goldenen Bulle 1356 Wahlort und im Lauf der Zeit auch Krönungsort der römisch-deutschen Kaiser und damit heimliche Hauptstadt.

Im Jahr 1500 teilte Kaiser Maximilian I. das Reich zur besseren Verwaltung in Reichskreise ein. Dabei wurden Mainz, Frankfurt und die anderen Territorien am Untermain dem oberrheinischen Kreis zugeschlagen, 27 fränkische Territorien am oberen und mittleren Main wurden im fränkischen Reichskreis zusammengeschlossen.
Als Folge der Zersplitterung in relativ kleine Territorien wurden Handel und Verkehr auf dem Main vor allem im 18. und 19. Jahrhundert beeinträchtigt. So verlangte jedes Territorium üblicherweise Wegzoll, die Reisedauer verlängerte sich entsprechend. Allein zum Bistum Würzburg gehörten zwölf Zollstationen, das Kloster Seligen-stadt verlangte am Palmsonntag einen speziellen Palmen-Zoll. Folgen des territorialen Flickenteppichs im positiven Sinne sind aber auch die zahlreichen Burgen, Schlösser, Kirchen und Klöster entlang des Mains, die vor allem in dem als Reisebericht aufgemachten Buch von Franz Prinz zu Sayn-Wittgenstein Der Alain. Von den Quellen bis zur Mündimg ausführlich gewürdigt werden.
Diese Situation änderte sich erst im Zuge von Säkularisierung und Mediatisierung gegen Ende des Alten Reichs. Großer Gewinner der Zerschlagung der kleinen Territorien war zunächst Bayern, das 1806 den Löwenanteil der fränkischen Gebiete zugeschlagen bekam. Bis 1813 zählte auch das Fürstbistum Mainz unter dem Erzbischof Karl Theodor von Dalberg zu den Gewinnern. Sein an Napoleon orientierter Rheinbundstaat vereinigte ab 1806 erstmals den größten Teil der untermaini-schen Gebiete von Mainz über Frankfurt bis Aschaffenburg und wurde 1810 zum Großherzogtum Frankfurt erhoben. Durch die Niederlage Napoleons 1813 war der Spuk allerdings schnell vorbei, und Frankfurt erhielt als eine der wenigen Reichsstädte seine Unabhängigkeit zurück.

Der Main war jetzt immerhin nur noch unter sechs Staaten aufgeteilt, unter ihnen Bayern, das Großherzogtum Baden, das Großherzogtum Hessen, Kurhessen, Frankfurt und das Herzogtum Nassau. 1866 errang Preußen die Macht am Untermain und vereinigte in der Provinz Hessen-Nassau die drei letztgenannten Territorien. Im Jahr 1945 ging das Untermaingebiet dann in dem neu gegründeten Bundesland Hessen auf. Die Gebiete am mittleren und oberen Main gliedern sich heute in die bayrischen Regierungsbezirke Unter- und Oberfranken. Im Bereich von Wertheim bildet der Main außerdem auf 25 Kilometern die Grenze zum heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Die größte Stadt am Main ist Frankfurt mit mehr als 650000 Einwohnern, weitere Großstädte sind Würzburg, Offenbach und Wiesbaden.







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