Gilden existieren in Kiel eine ganze Anzahl. Aber eben nur eine Büttgill. Diese Büttgill, sagen die Mitglieder, sei sogar einmalig auf der Welt. Was es auf sich hat mit der Ellerbeker Büttgill, ist nachzulesen in der Festschrift für das 325. Gildefest, das im Jahr 1991 stattfand:
»Ein Jahr nach der Gründung der Kieler Universität (1665) wurde die Gilde am 8. Juli 1666 als Brand- und Schützengilde von zehn Ellerbekern, drei WeUingdorfern und fünf Auswärtigen (Kiel, Neumühlen, Elmschenhagen, Preetz) gegründet. Die Gründungsurkunde, von der Priorin des Klosters Preetz unterfertigt, befindet sich noch heute im Besitz der Gilde und wird vom 1. rsitzenden in der Gildelade verwahrt und als kostbarer Besitz gehütet. Der Zweck der Gilde war, sich bei Brandschäden zu unterstützen, aber auch, und das wahrscheinlich vorwiegend, sich als Schützenbruder beim Schuß auf den damals noch eisernen gel zu betätigen. Die Bestimmungen in der Gilderolle befassen sich vorwiegend mit dem Verhalten auf dem Schießplatz. Es müssen zum Teil rauhe Sitten geherrscht haben; denn es ist bestimmt, Degen, Dolche, Messer und dergleichen feindliche Instrumente vor dem Schießen beim rstand abzuliefern. Auch auf Zucht und Sitte wurde gesehen. Die Gildebrüder hatten sich zu befleißigen, kein Argemiß Frauen und Jungfrauen zu geben bey Poen (Strafe) 1- MarkButtgilde genannt. Auswärtige Besucher wurden nämlich von den zahlreichen Fischern mit gebratenem oder in sauer gelegtem Butt oder Aal bewirtet.«
Inzwischen heißt die Gilde auch »amtlich« »Ellerbeker Büttgill vun 1666 e.V.«. Gildefest gefeiert wurde und wird wie eh und je, im Jahre 1999 das 333.! Zum Festumzug im Jubiläumsjahr kamen denn auch besonders viele befreundete Gilden, Schützenvereine und andere Vereine. Manche mit originellen Festwagen. Musikkapellen fehlten nicht. Drei Tage wurde dann auf den hölzernen gel geschossen. 3800 Schuß waren erforderlich bis zum Königsschuß. Jens Petersen und Ellen Balaschew wurden das Jubiläumsjahr-Königspaar.
Brückenstraße 29
In den Jahren unmittelbar nach 1900 mußten die Ellerbeker Fischer mit ihren Familien endgültig und vollständig der Werfterweiterung weichen, ihre Heimat an der Förde aufgeben, ihre Häuser, die Fischerplätze, die Räuchereinrichtungen verlassen. Sie wurden umgesiedelt auf das Gelände an der Schwentinemündung in Wellingdorf. Hier waren neue Häuser entstanden, zumeist zweistöckig. Schlichtwohnungen in Schlichtbauten waren es in der Mehrzahl offensichtlich nicht, sondern durchaus ansprechende Häuser. Das 1903, also in der Umsiedlungszeit, errichtete Gebäude Brük-kenstraße 29 kann dafür als Beweis gelten. Von den Eigentümern mit Liebe und Sachverstand renoviert und gepflegt, ist es ein besonders schönes Haus in diesem Quartier.
Kohnrodern
»Dat Kohnrodern fangt Klock 11.00 an«, so hat es in der schriftlichen Einladung gestanden, die ganz und gar in Plattdeutsch geschrieben war. Das gehört zur Traditionspflege und zur Pflege der plattdeutschen Sprache. Beides wird beim EWSK, dem EUerbek-Wellingdorfer-Segelklub e.V. von 1926 »großgeschrieben« und ebenso intensiv wie selbstverständlich praktiziert. Überlieferungen und Erinnerungen an den Alt-Ellerbeker Strand zu hegen und zu pflegen gehört zu den satzungsgemäßen Vereinsaufgaben.
Also »Kohnrodern«, auf Hochdeutsch: Kahnrudern. Das geschieht im Sportboothafen Wellingdorf, dem Heimathafen des Vereins, und ein Stück in der Schwentinemündung. Mit zwei Nachbauten Alt-Ellerbeker Kähne. Maß genommen für die Nachbauten hat man im Altonaer Museum. Dort befindet sich das letzte Original eines Alt-Ellerbeker Kahns. Die Nachbauten heißen - logisch - »WöIIndörp« (Wellingdorf) und »Ellerbek«.
Mit solchen Kähnen haben früher die Ellerbeker Fischerfrauen den Fang quer über die Förde zum Fischerleger (dort, wo heute die - ehemalige -Fischhalle steht) gerudert und an die Kieler Kundschaft verkauft.
Daran erinnert das alljährliche »Kohnrodern« des EWSK. Und deshalb gehört der erste Ruderwettkampf - Boot gegen Boot - auch den Fischerfrauen, pardon: den Frauen des Vereins. Die kommen und rudern in Alt-Ellerbeker Tracht. Ein prächtiges Bild. Gerudert wird, überlieferungsgerecht, mit dem Stechpaddel.
Fast könnte man an diesem Sonnabend im August rund um den Sportboothafen Wellingdorf glauben, Alt-Ellerbek feiert fröhliche Auferstehung.
Fröhlich jedenfalls geht es zu. Auch beim Stechpaddel-Wettrudern. Da wird mit Hallo schon mal ein Paddelblatt Hafenwasser zum Nachbarboot »rübergereicht«. Und an der Wendetonne machen die Frauen in beiden Booten gemeinsam eine kurze Pause. Zwecks flüssiger Stärkung. Irgendwer hatte doch irgendetwas »Trinkbares mit Prozenten« an Bord geschmuggelt. Dann aber zurück zu Start und Ziel. Launig angefeuert von den Zuschauern auf den Bootsstegen und an Land. Ganz knapp gewonnen hat Boot »Wöllndörp«, wie Oberbürgermeister Gansei feststellte. Der war mittendrin im bunten Treiben. Es wurde weiter »kahngerudert«. Jetzt waren die Vorstände dran, vom eigenen und von sechs befreundeten Vereinen. Zeit zum Klönschnack blieb reichlich, man kennt sich in Wellingdorf. Das Bier hat geschmeckt, auch Bratwurst und Räucheraal. Mit Trommeln und Pfeifen sorgte der Spielmannszug vom Wellingdorfer Turnverein (WTV) zusätzlich für Stimmung. In der Brückenstraße - der Zufahrtsstraße zum Sportboothafen - hatten alle Hausbesitzer geflaggt. Dem EWSK zu Ehren, Alt-Ellerbek zu Ehren. In dieser Straße, wohl einmalig in Kiel, steht vor jedem Haus ein Flaggenmast. Und im nächsten Jahr ist wieder »Kohnrodern«. Nach Alt-Ellerbeker Art und Manier.
Sportboothäfen
Im Bereich des Hafens Kiel gibt es laut Auskunft des städtischen Hafenamtes neun Sportboothäfen. Nämlich: den Olympiahafen Schilksee und die Sporthäfen Stickenhörn, Wik, Düsternbrook, Blücherhafen, Reventlou, Seeburg, Wellingdorf und Dietrichsdorf. Alle diese Sporthäfen sind öffentliche Häfen, die von der Sporthafen Kiel GmbH, einer privaten Betreibergesellschaft, verwaltet werden. Soviel fürs Amtliche. Hinzu kommen Sportboothäfen, die zwar an der Förde, aber nicht im Hafengebiet Kiel, sprich: auf Kieler »Hoheitsgebiet«, liegen. Als da beispielsweise wären: Mönkeberg, Möltenort/Hei-kendorf, Laboe, Strande.
Mit Sportboothäfen, auch »Yachthäfen« genannt, ist es wie mit allen Dingen im richtigen Leben: Es gibt Unterschiede. Aufgeräumt, wohlsortiert, funktional sind sie alle. Nur die einen etwas mehr, die anderen etwas weniger. Oder sagen wir lieber: etwas anders.
Der Sportboothafen Wellingdorf gehört zur Kategorie »noch etwas anders«. Mit einer gemütlichen, richtig schönen Bootshafenatmosphäre. Eben nicht total clean und so.
Dieser Hafencharme der kleinen Art kommt nicht zuletzt aus der Summe vieler Details. Dazu gehören: Der Freizeitfischer, der im offenen Boot seine Netze ldariert, begleitet von fachmännisch-freundlich-ironisch-aufmunternden Kommentaren einiger »Sehleute« auf der Brücke; man kennt sich. Die kleine, an der Ecke ziemlich eingezwängte, herrlich-urige Schwentine-Werft, mit der Slipanlage bis 40 Tonnen und dem »Service rund ums Boot«. Ein höchst privater Fischräucherofen auf dem Kai. Seglerinnen und Segler, die an langer Back auf der Pier ausgiebig frühstücken. »Handfeste« runde Festmacherpoller auf der hölzernen, breiten Mittelbrücke. Ein schwimmendes Vereinsheim. Das eine und andere Nicht-Sportboot zwischen den Freizeit-Motor- und Segelyachten.
Keß steht die Möwe auf dem Achterdeck im offenen Boot, schaut in die Runde und kommentiert: »Schön hier, nicht wahr?« Sie sagte es in der Möwensprache.
Stadttor
Von wegen, die Stadt hat kein Stadttor. Sie hat! Zugegeben, um eines der vormaligen, »richtigen« Stadttore aus jener Zeit, da Kiel mauerumgeben und befestigt war, handelt es sich nicht. Lang, lang ist es her, daß sie der Abbruch-Spitzhacke zum Opfer fielen, Kiels Tore, die wie folgt hießen und in die gleichnamigen Straßen einführten: Holstenthor, Küterthor, Haßthor, Dänisches Thor, Kattenthor, Fischerthor, Flämisches Thor, Schumacherthor und Pfaffenthor. Ein neues Stadttor ist entstanden, in Elmschen-hagen. In der Zeit um 1938-1940, als (nach der 1939 erfolgten Eingemeindung) dort rund um den Andreas-Hofer-Platz die »Gartenstadt Elm-schenhagen« gebaut wurde.
Vielleicht ist es ja kein »vollgültiges« Stadttor. Aber es sieht so aus, mit einer rundbogigen Wagendurchfahrt in der Mitte und je einem Personendurchgang links und rechts. Wer aus der Klagenfurter Straße zum Andreas-Hofer-Platz will, durchquert das offene Tor, das eingebaut ist in die Häuserzeile der Wiener Allee.