Der Rhein hat seinen Namen wohl n dem keltischen Wort renos, was so viel wie Fluss, Gang oder Weg bedeutet.
Er kann mit einigen Superlativen aufwarten. So ist er der größte, wohl berühmteste und bekannteste Strom Deutschlands, außerdem ist er sein verkehrsreichstes Gewässer. Im Jahr 1989 passierten insgesamt 144,2 Millionen Tonnen an Waren und sonstigen Transportgütern die deutsch-niederländische Grenze bei Emmerich. 1992 berühren 185 568 Fahrzeuge den Rhein. In Duisburg durchfließt er den größten Binnenhafen der Welt. An seinen Ufern liegen mit der Schweiz, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden vier Nationen. Er durchbricht als einziger Fluss Westeuropas die Mittelgebirgsschwelle und verbindet so das innere Herz Europas mit der Nordseeküste und letztlich mit England. Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, die ihren Sitz in Straßburg hat, ist die älteste internationale staatliche Behörde. Sie regelt die internationale Rheinschifffahrt, der der Fluss n der Nordsee bis Basel offen steht. Und der Rhein bildet einen Teil der Staatsgrenzen zwischen Deutschland und Frankreich sowie zwischen Deutschland und den Niederlanden.
Der Rhein ist Heimat und Kulisse n vielen Mythen und Sagen, etwa jener n der Loreley, die durch ihre Schönheit die Schiffer ins Verderben geführt hat, oder jener des Rheingolds bzw. des in den Fluss versenkten Nibelungenschatzes. So nimmt der Rhein auch in der lkstümlichen Überlieferung seiner Anwohner eine gewichtige und identitätsstiftende Position ein.
Der Rhein als Verkehrsweg
Bereits in antiker Zeit war der Rhein eine gern genutzte Wasserstraße. Schon die Kelten und Germanen fuhren auf ihm, ebenso die Römer, die eine regelrechte Rheinflotte unterhielten. Für die Römer war der Rhein eine wichtige Verkehrsverbindung, auf der sie Waren und Baumaterial in die Provinz Niedergermanien brachten. Das Gedeihen der römischen Militärlager und zivilen Siedlungen am Rhein, aus denen einige der bis heute bedeutenden Städte am Fluss hervorgingen wie etwa Mainz, Köln und Koblenz, beruhte zu einem nicht unerheblichen Teil auf dieser Verkehrsverbindung.
Aber wie so oft, hat auch in diesem Fall der Vorteil einen Nachteil im Gefolge, denn der Rhein wurde für viele Städte und Siedlungen an seinen Ufern zu einem bequemen Einfallsweg für die im frühen Mittelalter mordend und plündernd über Westeuropa herfallenden Wikinger. Xanten, Köln, Neuss, Bonn und Duisburg waren dabei nur die größten betroffenen Orte. Diese Überfälle der Nordmänner sind aber zugleich ein Indiz für den Reichtum der besagten Städte, denn der Aufwand hätte sich kaum gelohnt, wenn dort nichts zu holen gewesen wäre. Dabei erwies sich der Rhein in doppelter Hinsicht als vorteilhaft bzw. fatal, je nachdem auf welcher Seite man stand, denn auf ihm konnten die Wikinger obendrein die geraubten Güter auch noch bequem fortschaffen.
Als "freie und königliche Straße bezeichnete Kaiser Friedrich Barbarossa den Rhein in einer Urkunde aus dem Jahr 1167. Auch zu seiner Zeit war der Rhein eine beliebte und viel befahrene Wasserstraße. Und da außerdem das Wegerecht, genau wie das Zollrecht, das Münzrecht, das Jagd-und Fischereirecht und einige andere zu den Regalien, also den Königsrechten, zählte, war Friedrich I., als er diese Urkunde ausstellen ließ, auch der Eigentümer dieser Wasserstraße, genau wie seine Vorgänger und seine Nachfolger. Allerdings behielten die Herrscher diese Rechte nicht für sich. Stattdessen vergaben sie sie an ihre Untertanen, die den Rhein in vielerlei Hinsicht nutzten. Bezeugt ist diese Nutzung in den unzähligen Verleihungsurkunden, die aus dem Mittelalter überliefert sind. Diese Urkunden besiegelten meistens Schenkungen, welche die jeweiligen Empfänger als Belohnung für geleistete Dienste, als Tauschobjekt für anderen Besitz oder einfach als Gunstbeweis für einen besonders treuen Lehnsmann erhielten, und dann vor allem fiskalischen Nutzen daraus zogen.
Besonders viele solcher Urkunden sind in den Archiven von Kirchen, Stiften und Klöstern erhalten, da auch diese zu den Beschenkten zählten. Sie erhielten derartige Geschenke als Gegenleistung für erbrachte spirituelle oder liturgische Dienste. So gelangten viele geistliche Institutionen in den Besitz von Zollrechten, die reiche finanzielle Mittel versprachen. Ais Beispiel sei das St. Sime-on-Stift zu Trier genannt, welches anlässlich seiner Gründung durch den Trierer Erzbischof im Jahr 1050, von diesem den Zoll des an der Mündung der Mosel in den Rhein gelegenen Koblenz erhielt, um zur Ausstattung des Stifts beizutragen. Die Trierer Bischofskirche wiederum hatte den Koblenzer Zoll 1018 von Kaiser Heinrich II. erhalten. Und Zölle wurden nicht nur beim Passieren einer Zollstelle wie jener in Koblenz fällig, deren Tarifeliste uns in mehreren Exemplaren überliefert ist. Zölle wurden oftmals auch erhoben, wenn ein Hafen angelaufen wurde, wobei dann meist noch Hafengebühren zu entrichten waren. Zölle konnten aber auch schon bei der Vorbeifahrt an einem Hafen, oder beim Unterqueren einer Brücke fällig werden. Aber nicht nur die Zollrechte waren beliebt, auch Zollbefreiungen wurden gern von Herrschern ausgestellt und von den Gefolgsleuten ebenso gern angenommen. Denn mit einer Zollbefreiung ließ sich viel Geld sparen. Möglich wurde diese "Doppelstrategie der Herrscher durch eine juristische Feinheit. Verschenkt wurden in der Regel nämlich nicht die eigentlichen Zollrechte, sondern lediglich die Einnahmen daraus. Das Recht als solches blieb beim König, bzw. beim Eigentümer, sodass er Zollbefreiungen aussprechen konnte, ohne damit die Ansprüche des Nutznießers der Einnahmen zu verletzen.
Der genannte Koblenzer Zolltarif gibt nicht nur über die Kosten Auskunft, die bei einer Schiffsreise anfallen konnten, er erlaubt auch einen Einblick in die Welt der Waren, die auf den Flüssen und speziell auf dem Rhein transportiert wurden. Dazu zählte fast alles, was man im Alltag brauchte. Lebensmittel wie Getreide und Wein, Salz und Fische gehörten dazu, ebenso Baumaterialien, Waffen, Keramikprodukte und - vor allem in frühmittelalterlicher Zeit- auch Sklaven, die meist aus den Gebieten östlich des Reichs stammten.
Einige Jahrhunderte später manifestierte sich die Bedeutung des Rheins für den Warenverkehr und damit seine wirtschaftliche Potenz in der Einrichtung erster planmäßig verkehrender Frachtschiffe. So gab es am Ende des Mittelalters sogenannte Marktschiffe, die nach einem festgelegten Fahrplan auf dem Rhein fuhren und die Händler aus den umliegenden Gebieten mit ihren Waren in die Städte Mainz und Köln brachten. Für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts sind Schiffe bekannt, die regelmäßig zwischen Duisburg und Nimwe-gen pendelten. Regelmäßige Fahrten gab es schon im 14. Jahrhundert zwischen Köln und Neuss.
Neben Waren befuhren allerdings auch Reisende den Rhein auf Binnenschiffen. Den Herrschern - und dies gilt nicht nur für Kaiser und Könige; auch Herzöge, Grafen, Äbte und Bischöfe zählten dazu - standen für ihre Reise meistens eigene Schiffe zur Verfügung, die von ihren Gefolgsleuten gestellt werden mussten. Ein Schiff genügte dabei nicht; schließlich musste oftmals ein ganzer Hofstaat mitfahren können, dazu Proviant und bewaffnete Begleiter. Die "einfachen Menschen konnten hingegen bei so manchem Schiffer eine Passage für eine bestimmte Strecke kaufen, wie es die Vita des heiligen Goar für eine Pilgerin zu berichten weiß, die im Jahr 830 von einem Händler auf dem Rhein mitgenommen wurde.
Eine der ersten uns namentlich bekannten Personen, die auf dem Rhein reiste, ist kein geringerer als Karl der Große. Er gehörte zu den eifrigen Nutzern der Wasserstraße. Mittelalterliche Könige und Kaiser konnten ihr riesiges Reich nur regieren, wenn sie ständig unterwegs waren, um überall persönlich vorstellig zu werden und ihre Herrschaft auszuüben. Die belegbare Strecke, die Karl der Große im Lauf seines Lebens auf dem Wasser zurücklegte, wird auf beachtliche mehrere 10000 Kilometer geschätzt.
Was das Binnenschiff zum bevorzugten Reisegefährt machte, war seine Bequemlichkeit und bei der Talfahrt außerdem seine Geschwindigkeit. Entfernungen von bis zu 100 Kilometern konnten flussabwärts an einem Tag überwunden werden, eine Leistung, an die auf dem Landweg im Mittelalter nicht zu denken war. Und so ist nicht nur Karl der Große auf dem Rhein gefahren, auch für spätere Herrscher, wie etwa Ludwig den Deutschen, die Ottonenkaiser, den Salier HeinrichIV. oder Friedrich I. Barbarossa, um nur einige zu nennen, sind Reisen auf dem Rhein belegt. Dazu kommen noch diverse Erzbischöfe und Bischöfe, Herzöge und Grafen, Händler und Pilger, ebenso Missionare und Kreuzritter.
Mit der Neuzeit verlor der Rhein aber, wie viele andere Flüsse auch, seine Attraktivität fürjene Reisenden, die nicht nur um des Reisens Willen unterwegs waren; dies wohl besonders wegen der aufkommenden Eisenbahnen, die ein schnelleres Vorankommen ermöglichten. Von da an fanden Flussreisen vor allem zum Vergnügen der Reisenden statt. Als man speziell am Rhein die Strecke zwischen Koblenz und Rüdesheim entdeckte und sie wegen ihrer landschaftlichen Reize zu schätzen lernte, war das begründet, was wir heute als Rheinromantik bezeichnen.
Die Romantisierung des Mittelrheintals
Gerade die Kombination der wild-rauhen, von hohen Hängen und idyllischen Tälern geprägten Region entlang des mittleren Abschnitts des Flusses, mit den auf den Höhenzügen an den Rheinufern gelegenen Burgen machen das malerisch-romantische Erscheinungsbild dieser Landschaft aus. Ende des 18. Jahrhunderts als solches entdeckt, entwickelte sich das Mittelrheintal schnell zu einem begehrten Reiseziel. Neben Engländern und Italienern gehörten die Vertreter der deutschen Romantik-wie Clemens Brentano, Achim von Arnim, Friedrich Schlegel, Friedrich Hölderlin und Heinrich Heine - zu den Ersten, die an den Rhein reisten und durch ihre Reiseberichte, Briefe und Gedichte zur Romantisierung der Rheinlandschaft beitrugen. Bekannt wurde vor allem die Rheinreise von Brentano und von Arnim. Die beiden bereisten unter anderem im Jahr 1802 die Gegend zwischen Mainz und Koblenz.
Kurz nach dieser Reise schwelgte Brentano in einem Brief an seinen Freund von der gemeinsam verbrachten Zeit: "Waren wir nicht recht glücklich am Rhein ..., ich war nie so glücklich wie mit dir im kleinen Nachen, und du bist es immer, nachdem mein Herz sich sehnt, wie wir auf dem Ostein [gemeint ist ein kleines Jagdschloss oberhalb von Rüdesheim] waren, da war das Leben schön.
Aber auch Maler waren auf den Geschmack gekommen. Caspar Scheuren machte den Mittelrhein in seinen Grafiken populär und auch William Turner gehörte zu den berühmten Reisenden, die ihr Weg an den Fluss führte.