Nervenbalsam: der Hunsrück
Der Hunsrück ist eine der schönsten deutschen Mittelgebirgslandschaften. Aber wer weiß das schon? Massentourismus findet hier nicht statt. Was der Landschaft zum Vorteil gereicht. Sie hat, zumal abseits der Bundesstraßen, viel Ursprünglichkeit bewahrt. Eine Region, die Ruhe vermittelt. Gut geeignet, um die Nerven gestreßter Großstadtmenschen wieder auf "normal zu bringen.
Sanftwelliges Land auf den Höhen mit weiten Ausblicken über Felder und Wiesen, große Wälder, interessante Felsformationen, naturbelassene Bäche. Kleine Orte, in denen zumeist das Grau des Hunsrück-schiefers das Bild der Dachlandschaft bestimmt.
Zwischen Laufersweilcr und Gemünden über Dill, Dillcndorf, Hecken und Dickenschied liegt eine der vielen Strecken, auf denen man die ganze Schönheit der Huns-rücklandschaft genießen kann. Zum Beispiel Anfang bis Mitte Juni, wenn überall leuchtend gelb der Ginster blüht.
In Gemünden ist das barocke Schloß der freiherrlichen Familie n Salis-Soglio einer der vielen Beweise dafür, daß der Hunsrück reichlich mehr zu bieten hat als ,nur Natur.
Arme-Leute-Essen
"Murde und Klees, sagt Christel Bottlen-der, "das war früher im Hunsrück ein Arme-Leute-Essen. Es wurde oft gekocht, weil hier r Zeiten arme Leute die Regel waren. "Murde ist hunsrückisch und bedeutet Möhren, "Klees sind Klöße. Damit die Sache Geschmack bekam, wurde Rauchfleisch mitgekocht. Christel Bottlen-der erläutert: "Oft war es statt eines Stücks Rauchfleisch eben nur die Schwarte. So wurde die Geschmacksillusion einigermaßen aufrechterhalten. Schließlich wurde nur ein Schwein pro Jahr zum Eigengebrauch geschlachtet. Das mußte reichen.
Und dann hat Christel Bottlender Murde und Klees gekocht. Für den Gast war es ein herzhafter Genuß. Eine kräftige kulinarische, regionaltypische Besonderheit, die man sich häufiger auf den Speisekarten der Gaststätten im Hunsrück wünschen würde.
Das Rathaus n Rhaunen
Das 1723 erbaute Rathaus n Rhaunen ist n besonderer Art. Das Dach ist mit Schiefer gedeckt, die Fassade des oberen Stockwerks gänzlich mit dem gleichen Material verkleidet. Zur Straße hin wird das Obergeschoß n vier Eichenholzständern getragen. Dadurch ergibt sich darunter eine offene Vorhalle mit gemütlichem Laubencharakter.
Das niedliche Dachreitertürmchen mit einer Glocke darin macht das kleine Gebäude endgültig zu einem interessanten "Schauobjekt.
Die Schmidtburg
Die Dahner Burgen, Burg Trifels, die Burgen am Rhein: berühmt, bekannt, besucht.
Und wer spricht n der Schmidtburg?
Zugegeben, der Name ist für eine mittelalterliche Burganlage eher ungewöhnlich. Aber bereits 1084 ist ein "Burchard de Smideburch urkundlich genannt.
Auch die einsame und versteckte Lage überrascht: ziemlich abseits aller heutigen und auch früheren großen Straßen, mitten im Hunsrück, zwischen ldarwald und Soonwald, nahe der Ortschaft Schneppenbach.
Wie das so ist mit alten Burgen: Irgendwann hat man sie nicht mehr benötigt, sie wurden verlassen und verfielen.
So erging es auch der Schmidtburg. Sie geriet in Vergessenheit. Die Natur kam zurück, die Ruinen wurden überwuchert
n Büschen und Bäumen, n Pflanzen
aller Art.
Pfadfinder, die auf den nahen Wiesen des Hahnenbachtales ihre Zeltlager durchführ-ten, waren r rund drei Jahrzehnten die ersten, die die Schmidtburg aus dem Dornröschenschlaferweckten. Sie führten Aufräumarbeiten durch. Die Ortsgemeinde Schneppenbach und die Verbandsgemeinde Kirn-Land setzten die Arbeiten fort. Die Ruinen wurden freigelegt, die Anlage gesichert. Eine Burganlage n außergewöhnlicher Größe mit einer Längsausdehnung n 230 Metern kam zum Vorschein, r Jahrhunderten auf einem Bergsporn erbaut.
So kann man heute wieder nachllziehen, was einst alles zu der aus Schieferbruch-steinen errichteten Schmidtburg gehörte: Unter- und Oberburg, Burggraben, Ställe, Wirtschaftsgebäude, Haupt- und inneres Tor, Bergfried, Burghöfe, Ringmauer, Zisterne, Burgmannenhäuscr, Verteidigungsturm, eine Kapelle.
Besichtigung ist möglich.
Wer n der Ortschaft Bundenbach hinuntergeht zum Schiefer-Besuchcrbcrgwerk "Herrenberg, hat an einigen Wegstcllen einen prächtigen Blick n oben auf die Anlage der Schmidtburg.
Die Kelten auf der Altburg
Viele siedelten hier im Laufe der Geschichte. Und alle sind ein wenig auch unsere Vorfahren.
Die Kelten waren ebenfalls da. Vor den Römern. Auf einem Felsplateau bei Bundenbach im Hunsrück wurde eine keltische Siedlungs- und Befestigungsanlage geortet. Altburg heißt der Platz.
Tausende n Pfostengruben, Palisaden-und Zaungräben konnten ebenso freigelegt werden wie ein Felsenkeller. Keramikscherben n vielen Gefäßen mit Formen aus spätkeltischer Zeit wurden gefunden.
Ein Teil der keltischen Siedlung ist rekonstruiert.
Die Altburg, ein archäologisches Denkmal, kann besichtigt werden.
Fossilienfunde
Mit dem Schieferhammer ebenso rsichtig wie dennoch beherzt Bruchschiefer spalten - und dann eine Versteinerung finden. Vielleicht eine 350 Millionen Jahre alte Seelilie, einen Schlangenstern, einen Kopffüßler, einen Seestern, einen Blattkrebs. Oder der Hobby-Paläontologe entdeckt statt eines versteinerten Lebewesens aus der Frühzeit der Erdgeschichte echtes Hunsrück-"Gold, sprich Pyrit.
An den eigens eingerichteten Schieferspalttischen r dem Schiefer-Besucherbergwerk "Herrenberg bei Bundenbach ist beides möglich. Viel Ausdauer und eine Portion Glück rausgesetzt.
Wenn's dann gar nicht klappen will mit dem eigenen Fossilienfund: Am Kiosk ist dergleichen käuflich zu erwerben.
Vor dem
Besucherbergwerk Herrenberg:
Schiefer spalten,
um Versteinerungen zu finden
Der Räuber m Hunsrück
Als Johannes Bückler ist er geboren - aber wer kennt ihn schon unter diesem Namen ?! Genannt wurde er "Schinderhannes. Und nun weiß jeder Bescheid: Das war doch dieser Räuberhauptmann, nicht wahr?
Richtig! Weil er's gar zu arg trieb, hat man ihn - gerade 26 Jahre alt - im Jahre 1803 in Mainz hingerichtet, zusammen mit 19 seiner Räubergenossen.
Anfangs war Bücklcr als Scharfrichtergehilfe tätig. Dann beging er einige Diebstähle, um sich schließlich ganz auf die Räuberei zu verlegen. Vor allem im Hunsrück trieb sich seine Bande herum. Von Jahrmarktsgeschäften heimkehrende Juden sollen in besonderem Maße ausgeplündert worden sein. Historische Quellen berichten: "Schinderhanncs stellte förmliche Sicherheitskarten aus.
Keine Frage, Bückler war ein Verbrecher. Manche dieser Gestalten werden n der Nachwelt romantisch verklärt. Der Schinderhannes gehört dazu. Schon wenige Jahre nach seinem gewaltsamen Tode n Staats wegen wurde er zur literarischen ur. Und sein Nenn-Name ist, rund 200 Jahre nach den Räubertaten, noch immer bekannt.
Im Hunsrück, nahe der Ortschaft Bundenbach, sprudelt ein Schindcrhannes-Brun-nen. An dieser Quelle soll - mindestens der Legende nach - der Räuber seine Pferde getränkt haben.
Mit den Achaten begann es
Idar-Oberstein und Edelsteine - zwei Begriffe, die wie untrennbar zusammengehören.
Mutter Natur war so gütig und lieferte aus Hunsrückfelsen das Material, Achate r allem. Die Menschen in Idar und in Oberstein - r Zeiten noch zwei getrennte Orte - sowie in der zugehörigen Region machten sich ans Werk: Achatschleifcrcien, -bohrereien, -Schneidereien entstanden. "Neumanns Orts- und Verkehrs-Lexikon des Deutschen Reichs berichtet im Jahre 1905 n über 50 Schleifmühlen im Idartal.
Edelsteinschleifer und Edelsteinhändler hatten bald ihre Lektionen perfekt gelernt. Statt ausschließlich Hunsrückmaterial zu bearbeiten und zu verkaufen, kamen mehr und mehr Rohedelsteine jeglicher Art aus aller Welt zur Bearbeitung und zum profilen Wiederverkauf ins Idartal.
Idar-Oberstein - zu einer Stadt zusammengewachsen - wurde zu einem internationalen Edelsteinzentrum.
Und ist es noch immer! Auch wenn das heimische Gebirge keine Achate und sonstiges edles Gestein für den professionellen Schleif- und Handelsbetrieb mehr liefert.
Entlang der touristischen Route "Deutsche Edelsteinstraße können verschiedene Schleifereien besichtigt werden. In Asba-cherhütte, zwischen Kempfeld und Herrstein, wird in der "Alten Wasser-Schleiferei n Ernst Biehl jun. der Stein noch nach alter Art bearbeitet. In Kirschweiler ist die historische, unter Denkmalschutz stehende erste Elektroschleiferei aus dem Jahre 1970 der Gebrüder Fuhr (jetzt Firma Brusius) für Besucher zugänglich.
Das Deutsche Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein ins Besuchsprogramm schreiben! Alle Arten Edelsteine der Welt sind -roh und geschliffen - zu bewundern.
Schlußpunkt der Edelsteincrkundungs-tour: der Besuch in den n glitzernden Gesteinsadern durchzogenen Hohlräumen des Steinkaulenberges. Seit dem Mittelalter bis in die Zeit um 1870 wurde hier unter Tage nach Achaten gegraben.
Sobernheim und Emanuel Felke
Wer Pfarrer Kneipp war, weiß jeder. Jedenfalls so ungefähr. Pastor Felke ist weniger bekannt.
Wer war Felke?
Zuvörderst natürlich Geistlicher. Wie Kneipp. Sodann Naturhciler. Wie Kneipp. Kernstück seiner Behandlungsmethoden: Lehmbäder und Lehmpackungen.
1856 in Stendel geboren, hat Felke r allem in Sobernheim gewirkt. Dort ist er 1926 auch gestorben.
Aus seinen Heilmethoden hat sich die anerkannte Fclkc-Naturheilkunde entwik-kelt. In Sobernheim, dem Felke-Heilbad, wird sie erfolgreich angewandt.
Radioaktiv
"Radioaktiv ist heute eher ein Schreckenswort. Das war nicht immer so. Der "Bäder-Almanach des Jahres 1913 berichtete:
"Ein weiteres wichtiges Heilmittel ist die einzig dastehende, weltberühmte Kreuznacher Mutterlauge (). Es werden jährlich 350000 Liter Mutterlauge gewonnen und in Kannen n 10 Litern, in größeren Gebinden n etwa 200 Litern und auch eingedickt in Salzform nach dem In- und Ausland versandt. Die Mutterlauge ist ebenfalls stark radioaktiv.
Nachhaltigen Imageverlust hat dieser weltweite Export "stark radioaktiver Substanzen Bad Kreuznach nicht gebracht. Im Gegenteil: Der Bekanntheitsgrad des Kurortes an der Nahe ("dem schönsten Seitental des Rheins ) ist weiter gestiegen.
So stimmt denn auch weiterhin, was im "Illustrierten Führer durch Bäder, Heilanstalten und Sommerfrischen aus dem Jahre 1907/08 zu lesen ist:
"Seine unvergleichlich schöne Lage in dem reizenden Nahetal, das bald lieblich-idyllische, bald wildromantische Partien aufweist, führt dem Orte neben den Tausenden n Kranken, welche alljährlich an seinen in ihrer Wirkung einzig dastehenden Quellen Heilung suchen, auch zahlreiche Touristen aus aller Herren Länder zu, die sich des herrlichen Panoramas erfreuen, das dem Naturfreunde hier überall entgegenlacht.
1000 Meter Gradierwandstrecke
Die langgestreckten und hochaufragenden, aus geschichtetem Dornenbuschwerk errichteten Wände der fünf Gradierwerke im Bad Kreuznacher Salinental sind eine Attraktion. Und so gesund! Wer die insgesamt 1000 Meter Gradierwandstrecke gemessenen Schrittes und tief durchatmend abschreitet, merkt es bald: Die Nase wird freier, den Bronchien tut's gut, man atmet besser und leichter.
Die an den Buschwänden herabrieselnde Sole, n der Natur angereichert unter anderem mit Jod und Brom, verdunstet zu 15 Prozent, läßt die Umgebung der Gradierwerke zu einem großen Freiluft-Inhala-torium werden.
Beeindruckend die umweltfreundliche, genial-einfache, hier seit mehr als zweieinhalb Jahrhunderten praktizierte Technik, mit der die Sole auf die Höhe der Gradierwände gepumpt wird: Ein Bach treibt Wasserräder, die ihren ständigen Drehschwung auf Pleuelstangen und lange, bewegliche Balkenwerke übertragen. Die Balken wiederum treiben mit ihrem langsamen, aber kraftllen Hin-und-her ebenso schlichte wie wirkungslle kombinierte Druck- und Saugpumpen.
Bestens funktionierende Mechanik wie aus einem Technik-Museum - aber in leistungsfähigem Echtbetrieb.