Immer noch eine Residenz
Jede Stadt, die auf sich hält, ist von einem ganz bestimmten Geist durchdrungen. In Ansbach ist es das ein wenig flatterhafte, wenngleich ungemein elegante und prunkvolle Lebensgefühl des sich schließlich selbst rzehrenden Ancien regime, das diese mittelfränkische Stadt heute noch prägt: Rokoko in höchster Vollendung.
Ansbach war im 18. |h. eine der glanzvollsten Fürstenresidenzen in der Mitte Europas. Und sie ist es eigentlich bis auf den heutigen Tag geblieben. In kaum einer Stadt ist es so leicht, sich in die Zeit zurückzursetzen, als die Damen Reifröcke und Perücken und die Herren Zopf trugen - und alle meinten: Nach uns die Sintflut.
Geschichte
Im 8. Jh. gründete der hl. Gumbert im weiten Tal der Fränkischen Rezat ein Benediktinerkloster, daneben entstand eine Siedlung, die sich Onolz-bach oder Onoldia nannte. Die entscheidende Weichenstellung für die Entwicklung Ansbachs in Richtung auf seinen heutigen Rang und sein derzeitiges Erscheinungsbild erfolgte 1331. In diesem Jahr erwarben die Nürnberger Burggrafen aus dem Hause Ho-henzollern die Vogtei über die Stadt und blieben 460 Jahre lang ihre Herren. 1456 zur Residenz erhoben, entwickelte sich die Stadt an der Rezat schnell zu einem urbanen Mittelpunkt im westfränkischen Raum zwischen Nürnberg und Rothenburg.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg begann vor allem unter Markgräfin Christiane Charlotte und ihrem Sohn Carl Wilhelm Friedrich der Ausbau Ansbachs von der Renaissance- zur Barockresidenz. Glanzvollstes Zeugnis der Epoche ist das Ansbacher Schloss. Die umfangreiche Bautätigkeit und die enormen Kosten des markgräflichen Hofes leerten die Staatskassen und erhöhten den Schuldenberg. Die drohende Pleite konnte der letzte Markgraf weder durch einen Erbfall, der ihm die Markgrafschaft Bayreuth einbrachte, noch durch die Vermietung zweier Ansbach-Bayreuther Regimenter an die Engländer für den Einsatz gegen die aufständischen Nordamerikaner abwenden. 1791 trat Carl Alexander die Stadt gegen eine Leibrente an Preußen ab und lebte von nun an im Ausland.
1806 schließlich wurde die Markgrafschaft dem Königreich Bayern einverleibt. Die bisherige Residenzstadt wurde Sitz der Regierung des Rezat-kreises, heute Regierungsbezirk Mittelfranken. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den die Stadt im wesentlichen unversehrt überdauerte, entwickelte sich Ansbach zu einer prosperierenden Mittelstadt mit rund 40000 Einwohnern.
Ewiger Stadtgeist
Der »Stadtgeist« haust vor allem im prächtigen Schloss der Ansbacher Markgrafen, in dem jetzt zwar die Regierung von Mittelfranken residiert, die Besucher aber eher das Gefühl erhalten, als sei der Hof erst gestern ausgezogen. Und der Geist weht auch durch die Gärten und Alleen, die Parks und Salons. Dieses feine Odeur mischt sich mit einer kräftigen Prise bürgerlich-fränkischer Solidität und macht Ansbach zu einer der abwechslungsreichsten Städte Frankens.
Sehenswürdigkeiten
Der bedeutendste Sakralbau in Ansbach ist die ehemalige Stiftskirche *St. Gumbertus O in der Altstadt. Ihre von drei Türmen dominierte Fassade gilt als das Wahrzeichen der Stadt. Ältester Teil der Kirche, in deren Architektur sich Stilelemente von Romanik, Gotik, Renaissance und Barock mischen, ist die Krypta (um 1040). Der abgeschlossene spätgotische Chor vom Anfang des 16. Jh. birgt die Schwanenritterkapelle mit vielen Epitaphen und Totenschilden dieses Ordens. Das Gemälde »Christus in der Kelter« wird der Schule von Albrecht Dürer zugerechnet, aus der Dürerzeit stammt auch der spätgotische Altar. In der Fürstengruft unter der Schwanenritterkapelle befinden sich die Sarkophage der Markgrafen und ihrer Familien. Das Langhaus von St. Gumbertus ist im wesentlichen ein barocker saalartiger Neubau (1736-38).
An die Nordseite der Kirche schließt sich die ehemalige Hofkanzlei 0 an. Der Bau mit reich gegliederter Fassade und harmonischem Innenhof stammt aus der Spätrenaissance (1591-1600).
Gegenüber der Gumbertuskirche stößt man auf das Stadthaus 0, das Markgraf Georg der Fromme 1532 von Baumeister Sixt Kornberger erbauen ließ.
Am Martin-Luther-Platz, steht die St.-Johannis-Kirche O, ein Werk der Spätgotik. Da sie im Gegensatz zu St. Gumbertus nicht barockisiert wurde, vermittelt sie die sakrale Schlichtheit einer Hallenkirche aus der ersten Hälfte des 15. Jhs.
Das Markgrafenschloss 0 ist der Mittelpunkt Ansbachs und zugleich sein glanzvollstes Bauwerk - in seiner Geschlossenheit, mehr noch in seiner original erhaltenen Ausstattung ein Denkmal des absoluten Fürstentums. Obwohl an ihm die Jahrhunderte gebaut haben, war es im wesentlichen ein Werk des Graubündeners Gabriel de Gabrieli, der auch das nördlich gelegene anmutige Prinzenschlösschen schuf.
Die Ausstattung des Markgrafenschlosses ist höchst kostbar. Zauberhaft sind die Raumfolgen: Weißer Saal, Schlafzimmer des Markgrafen, Spiegelkabinett, Gobelinzimmer, Monatszimmer, Kachelsaal mit 2800 Original-Fliesen und -Kacheln aus der Ansbacher Fayencemanufaktur, der doppelgeschossige Festsaal. Nahezu alle Räume sind schwungvoll und kostbar stuckiert, die gesamte Einrichtung bis zu den Kronleuchtern und Deckengemälden ist stimmig und stilrein, eine Raumwelt der Illusion, des Spiels, des Luxus - Hofkultur des i8.Jhs. in Vollendung. Führungen Di-So zur vollen Stunde 10-15 Uhr, im Sommer 9-17 Uhr.
Nahe dem Schloss jenseits der Promenade - mit ihren barocken Kavaliershäusern und den drei Ansbacher Toren heute noch ein sehr geschlossen wirkendes Ensemble - breiten sich »Orangerie © und Hofgarten aus. Die Orangerie (1726-1728) zählt zu den größten Gartenschlössern Frankens. Ihr nach Süden vorgelagert ist der Hofgarten, ein weiträumiger Park, dessen Längsachse bis an die Bahnhofstraße reicht. Die über 250 Jahre alte Lindenallee wurde 1724 unter Markgräfin Christiane Charlotte angelegt. Nahe der Orangerie steht hinter hohen Hecken der Gedenkstein für Kaspar Hauser, dessen Schicksal seinerzeit ganz Europa bewegte. Genau an dieser Stelle wurde er 1833 erstochen. Ein zweites Denkmal erinnert in der Innenstadt an den geheimnisvollen Unbekannten.
Wer mehr über das bekannteste Findelkind aller Zeiten erfahren will, besucht am besten das Markgrafenmuseum nahe der Kirche St.Johannis im Schnizleinhaus am Kaspar-Hauser-Platz. Hier gibt es auch frühgeschichtliche und kunsthistorische Sammlungen sowie das Fayencen- und Porzellankabinett (Tel.51296, Öffnungszeiten: Di-So 10-12,14 bis 17 Uhr).
Infos
Amt für Kultur und Touristik, lohann-Sebastian-Bach-Platz 1, 91522 Ansbach, Tel. 09 81/5 12 43, Fax 513 65, www.an5bach.de
Hotel am Drechseisgarten, Am Drechseisgarten 1, Tel. 89020, Fax 890 26 05, www.best-western.de. Modernes 100-Betten-Haus mit allem zeitgemäßen Komfort, Panorama-Restaurant.
Hotel Bürger-Palais, Neustadt 48, Tel. 9 5131, Fax 9 56 00, www.hotel-buerger-palais.de. Günstige Lage in der Fußgängerzone, intimes Haus.
Hotel zur Windmühle, Rummelsber-ger Str. 1, Tel. 150 88, www.hotel-windmuehle.de. Traditionsreich, zentral gelegen; im Restaurant v. a. fränkische Küche.
Landgasthof Kaeßer, Brodswinden 23, Tel. 97 0180, Fax 9 7018 50, www.landgasthof-kaesser.de. Großzügige Räume, auch Nichtraucherzimmer.
Altdeutsche Bierstube, Schalkhäuser Str. 8, Tel. 13414. Preiswerte fränkische Küche, rustikale Einrichtung.
Gasthaus Kronacher, Kron-acherstr. 1, Tel. 9 77 78 90. Gasthauskultur mit abwechslungsreicher Karte.
Zur kleinen Kartoffel, Büttenstr. 17, Tel. 9 6313. Alle Kartoffelspezialitäten aus Mutters Küche.
Veranstaltungen: Die Ansbacher Rokokofestspiele finden alljährlich im Juli im ehemaligen Lustgarten des Hofgartens und im Innenhof des Schlosses statt. Dabei erwacht der Glanz des Ansbacher Hofes zu neuem Leben. Die Ansbacher Bachwoche wird im gleichen Monat alle zwei Jahre (ungerade Jahreszahl) begangen. Beliebt sind auch die jährlich stattfindenden Internationalen Gitarrenkonzerte (Mai-Okt.) und die Kaspar-Hauser-Festspiele (Mitte Sept.).
Ausflüge
Rund 15 km östlich von Ansbach liegt Heilsbronn (s.a. S.73). Die romanische Zisterzienserbasilika (1132-1139) birgt Grablegen der Hohenzollern und des fränkischen Adels. Unter einem der Hochgräber im Mittelschiff entspringt eine Quelle des Flüsschens Schwabach.
Ebenfalls östlich von Ansbach hat sich eines der mächtigsten fränkischen Bollwerke behauptet, die ehemalige Nürnberger Festung Lichtenau. Die Anlage mit Wällen und Bastionen stammt aus dem 17.Jahrhundert.