JUST_IN_TIME
und in weiterer Folge sequenzierte Lieferungen
Das Thema der vorliegenden Arbeit sind Just-in-Time und sequenzierte Lieferungen, die die Quintessenz der Umstellung der Produktionsplanung und -steuerung darstellen, welche derzeit weltweit stattfinden.
Im Gegensatz zur traditionellen Massenproduktion haben die neuen Methoden u.a. das Ziel, die Materialbestände in den Lagern so weit wie möglich zu reduzieren. Konkret sucht man in diesem Produktionssystem nach einem Weg, die Kosten jeder Tätigkeiten, welche keinen Beitrag zur Wertschöpfung leisten, weitgehend zu eliminieren.
Diese Kosten beinhalten unter anderem auch jene, die aus unnötigen Lagerbeständen , welches gebundenes Kapital darstellt, und dem für deren Haltung und "Handling" notwendigem Personal resultieren.
Die vorliegende Arbeit bezieht ihre Quellen aus dem Buch von Josef Görgens "Just-in-Time Fertigung" und der Diplomarbeit von Herrn Schwertberger Klemens aus dem Jahr 1995.
Schwertberger bezieht sich in seiner Arbeit auf die Massenproduktion und Beziehungen von Ford of Spain zu seinen Zulieferern. Zur Veranschaulichung und zum besseren Verständnis der Zusammenhänge zu diesem Thema, sind die Beispiele und Liefertabellen aus dem Original übernommen.
Der Just-in-Time Begriff in der Literatur und:
Was Toyota mit Just-in-Time zu tun hat.
Mitte der 40er Jahre hatte die Toyota Motor Corporation, wie auch die gesamte übrige japanische Automobilindustrie einen deutlichen Produktivitätsrückstand, verglichen mit der amerikanischen Automobilindustrie. Zur Verbesserung der Produktivität setzte Toyota auf die Automatisierung ihrer Fertigung.
1948 wurde bei Toyota mit der suksessiven Umstellung der Fertigungssteuerung begonnen. Die Umkehrung des vorher üblichen Informationsflusses wurde begleitet durch ein spezielles Informationssystem: Mittels Kärtchen (Kanbans) an den Behältern für die Produktion wurden Begleitinformationen zu jedem Behälter bereitgestellt, an den Behältern angebracht (Transportbox mit Info-Anhänger), und so die Spezifikation der zu fertigenden Teile weitergegeben.
Das ursprüngliche JIT (wie einst bei Toyota eingeführt) funktionierte ohne jegliche elektronische Unterstützung und war dennoch absolut sicher gegen Fehler, worin auch seine Stärke lag - einfach nur mit einem Warenanhänger, dem Kanban, als Informationsträger.
Dies lag ganz im Sinne des JIT Konzepts, nämlich möglichst einfache Lösungen zu finden die kaum fehleranfällig sind.
Ein Definitionssatz für den Begriff der "Just-in-Time" Fertigung muß sich also an der Betrachtung der Toyota Production Systems ausrichten.
In der englischsprachigen Diskussion wurde nun der Begriff Toyota Production System durch den Begriff "Just-in-Time", aber auch durch den geeigneteren Begriff "Just-in-Time-(Fertigungs)System" ersetzt. "Just-in-Time" wurde zum Oberbegriff für die Gesamtheit, des Toyota Production Systems. Immer noch werden die Begriffe "Just-in-Time", "Kanban", bis hin zu "Just-in-Time Philosophie" und "Kanban Philosophie" synonym verwendet, obwohl darauf hingewiesen werden muß, daß das Toyota Production System ein Fertigungssystem ist und Kanban lediglich eines der eingesetzten Steuerungsmittel in diesem Fertigungssystem darstellte.
In der zweiten Hälfte der 80er Jahre, also nachdem zahlreiche erfolgreiche Einsatzbereiche unterschiedlicher Branchen durchgeführt und dokumentiert waren, erschienen Diskussionsbeiträge, die den Systemcharakter im "Just-in-Time" Konzept erkannten und betonten.
So wie Ford selbst, benötigen auch die Zulieferer Angaben über den vorgesehenen Bedarf aller Teile, die sie liefern müssen, bzw. für den Zusammenbau von Baugruppen benötigt werden.
Konkret soll zwischen zwei Arten von Berichten (die die Zulieferer von Ford erhalten) unterschieden werden.
w Materialfreigabe oder Releases für die folgenden sechs Monate (werden mindestens einmal pro Monat aktualisiert) und
w der "Daily-Call-In" auch DCI.
Beide Berichte werden in der Datenverarbeitungszentrale in Köln ermittelt und über das Informationsnetz "Ford-Net", an das die Zulieferer angeschlossen sind, an diese weitergeleitet.
Die Zulieferer werden zu diesem Zweck von Ford kostenlos mit einem Personal Computer der Marke IBM ausgestattet und bekommen eine Mailbox zugewiesen. Die Übertragung der Daten erfolgt in Form eines sogenannten Batches, d.h. daß - sobald die Verbindung hergestellt wurde- die gesamte Information auf einmal auf die Festplatte des PCs des Zulieferers überspielt wird und dort dann, ohne daß die Verbindung weiter aufrechterhalten werden muß, weiterverarbeitet werden kann.
Jeder Zulieferer erhält die Materialfreigabe für jene Teile, die ihn betreffen, als Information über den voraussichtlichen Bedarf.
Der Bedarf an Teilen und Baugruppen für die Montage wird so festgelegt, als ob er am selben Tag, an dem die fertigen Autos das Montagewerk verlassen (Off-Line date), entstünde. Der erfolgte Verbrauch an Material wird auch erste an dem letzten Kontrollpunkt im Werk (Off-Line Assy. am Ende der Montagelinie) vom Zentralcomputer registriert und von den Beständen abgerechnet, die eigentliche Herstellung muß natürlich schon um einige Tage (also um die Durchlaufzeit) früher beginnen.
Der DCI oder täglicher Abruf ist die Benachrichtigung des Tagesbedarfes, den die Zulieferer jeden Morgen neu erhalten. Auch der DCI wird für jeden Teil getrennt berechnet, allerdings täglich, und über das Ford-Net den Zulieferern übertragen.
Der DCI ermittelt den Tagesbedarf für die folgenden 10 Produktionstage und wird täglich aktualisiert.
Berechnet wird er über Nacht im Zentralcomputer von Ford in Köln, nachdem dieser um 22:00 Uhr (ab 21:30 steht die Produktion bis 6:00 still) die Daten des Computers aus Valencia erhalten hat (mit den genauen Angaben über den dortigen Materialverbrauch an diesem Tag).
Ein Materialüberschuß ist an sich für den Produktionsablauf kein Problem, ganz im Gegenteil, stellt jedoch unnötige Kosten und zusätzliches Handling dar, da das Material irgendwo zwischengelagert werden muß (unnötiger Platzbedarf und weiters Widerspruch zum Kernziel des JIT-Konzepts): die Fahrt mit dem Schlepper zum Lager einerseits und die Fahrt zur Produktionslinie andererseits.
Die Segmentierung ist das genaue, kurzfristige Produktionsprogramm für die Werke von Ford. Sie gibt die an jedem Tag zu produzierenden Mengen jeder Fahrzeugvariante an, ohne eine genaue Reihenfolge oder Sequenz (innerhalb eines Tages) vorzugeben.
Die Segmentierung berücksichtigt Parameter wie das Modell (Fiesta oder Escort), die Ausstattung (C, CL, CLX oder Ghia) sowie andrer Optionen wie z.B. Klimaanlage oder Servolenkung. In der Praxis kann es oft zu mehr oder weniger plötzlichen oder unvorhergesehenen Schwankungen in den Kapazitäten für die verschiedenen Varianten kommen, z.B. weil eine erwartete Lieferung von Material, das für eine bestimmte Variante benötigt wird, nicht rechtzeitig eintrifft, sodaß diese Variante vorerst nicht hergestellt werden kann. Dieser Umstand erklärt sich sehr deutlich in Bild 1.
Das Stock Status System ist das EDV-unterstützte Bestandsführungssystem von Ford. Die wichtigste Information ist jene über Materialein- und ausgang. Der Materialeingang oder die Materialannahme wird vom System registriert, sobald die Daten des entsprechenden Lieferscheins eingegeben werden. Dies geschieht i.a. täglich, jeweils um 20 Uhr. Normalerweise werden die Daten des Lieferscheins auf deren Übereinstimmung mit der tatsächlichen Lieferung überprüft, bei den JIT-Lieferungen kann man jedoch aus Zeitgründen nur die Anzahl der Ladeeinheiten überprüfen (nicht deren genauen Inhalt), sodaß eventuelle Abweichungen nicht registriert werden können.
Unter Konsignation ist zu verstehen, daß dem Zulieferer von Baugruppen für deren Zusammenbau Material überlassen wird, das an sich Eigentum von Ford ist (dieses Material wird von Ford bestellt und auch von Ford bezahlt).
Da man bei den Just-in-Time gelieferten Teilen im Werk nur über sehr geringe Sicherheitsbestände verfügt, muß der Zulieferer in den aufgezählten Fällen so bald wie möglich verständigt werden, um sicher zu gehen, daß der Materialbedarf gedeckt werden kann.
Wenn es darum geht zu entscheiden, welche Zulieferer welche Teile oder Baugruppen Just-in-Time liefern, wo wird man zuallererst überprüfen müssen, ob folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) die Teile müssen eine bestimmte Größe aufweisen und
b) der jeweilige Tagesbedarf muß groß sein.
Mit anderen Worten JIT zahlt sich nur bei sehr großen Firmen aus, mit enormen Tagesbedarf. Es wäre unwirtschaftlich, wenn nicht bei jeder Fahrt zumindest der Großteil der Ladekapazität des Lkws genutzt würde, wenngleich bei JIT-Lieferungen (aus relativ geringen Entfernungen) auch kleinere Lkws in Betracht gezogen werden können, die bei Langstreckentransporten aufgrund der höheren Kosten nicht in Frage kämen.
Gehen wir davon aus, das oben genannt Voraussetzungen erfüllt sind und die Ladekapazität der Lkws ausreichend genutzt sind, so folgen noch zwei Bedingungen:
c) es muß mindestens viermal pro Tag geliefert werden, und
d) der Zulieferer muß sich in einem Umkreis von maximal 25 Kilometern, nur so kann garantiert werden, daß der Zulieferer mit der ausreichenden Flexibilität reagieren kann, wie sie die JIT Lieferungen erfordern.
Sequenzierte Lieferungen sind bei genauer Analyse nichts anderes als bis zum Exzess getriebene JIT-Lieferungen, und die genaue Angabe der Fertigungssequenz über elektonischen Datenaustausch könnte man als eine Art elektronisches Kanban betrachten. Sie signalisieren, daß Material effektiv verbraucht wird und daher Nachschub erforderlich ist. Jedesmal, wenn ein Behälter mit neuem geschickt wird, wird wieder ein entsprechendes Kanban beigelegt, das zurückgeschickt wird, sobald begonnen wird aus diesem Behälter Material zu entnehmen. Solange kein Material gebraucht wird, gehen auch keine Kanbans an den Zulieferer zurück, und es wird auch kein Material nachgeliefert (Pull-System).
Selbst bei Umsetzung des beschriebenen Kanban-Systems wird auch für JIT-Lieferungen der DCI nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil: er muß weiterhin als unersetzbares Hilfsmittel zur Vorausplanung der täglichen Produktion beim Zulieferer beibehalten werden. Die endgültige Feinabstimmung der Lieferungen an Ford im Laufe des Tages erfolgt dann über das Kanban-System (Pull-System) wird auch als kombiniertes Push/Pull- System bezeichnet.
Unter den Zulieferern bzw. den Zulieferfirmen werden jene Institute verstanden, welche Ford Just-in-Time mit Baugruppen, z.B.: komplette Hinterachse, Sitze, Fußbodenisolierung u.a., beliefern.
Aus den letzten zwei Angaben der Lieferzettel (siehe kommende Seite) kann man sich ein Bild vom täglichen (physischen) Liefervolumen machen, wenn man davon ausgeht, daß die LKW wie unter dem Kapitel 4.1, "JIT bei Ford Spain; Einleitung" gefordert- ganz oder zumindest zu einem Großteil genützt sind.
Sehen Sie auf der folgenden Seite drei Beispiele:
Die folgende Tabelle enthält die genauen für die Entladung der einzelnen Lieferungen vorgesehenen Zeiten, mit Angabe der genauen Entladestelle.
Die JIT-Lieferungen von Teilen für das Montagewerk werden in den beiden Entladestellen (Nord und Süd) des Gebäudes 66 genannten Lagerhalle entladen. Einzige Ausnahme sind zwei der täglichen Lieferungen mit Windschutzscheiben der Firma CESA, JIT 4, die direkt an der Entladerampe der Montagehalle entladen werden, von der aus es einen einfachen Zugang zu der Stelle gibt, wo das Material verwendet wird. Allgemein gilt, daß das Material, sobald es entladen wurde, direkt an die Linie geführt wird - ohne jegliche Zwischenlagerung.
Für die Entladung der JIT 1-7 stehen zwei Entladestellen zur Verfügung.
Die Entladestelle Nord des Gebäudes 66 ist einerseits für die kurzzeitige Zwischenlagerung von Kleinteilen, andererseits für die Entladung von JIT Lieferungen vorgesehen. Für letztere stehen jedoch in Entladestelle Nord nur ein Stapler und ein Schlepper zur Verfügung. Der Platz reicht für zwei Lkws mit großen Trailer, wenngleich immer nur einer auf einmal entladen werden kann. Aus diesem Grund kann es hin und wieder zu Wartezeiten kommen, wenn der vorgegebene Entladevorgang dem vorgegebenen Zeitplan nicht konform ist.
Die Entladestelle Süd ist die größere der beiden Entladestellen. Hier kommt der größere Teil des Materials für die Montage an, der auch hier zwischengelagert wird, und auch die restlichen JIT-Lieferungen werden hier von drei Staplern und drei Schleppern entladen. Die JIT-Lieferungen haben jedoch Vorrang gegenüber den normalen Lieferungen, um auch hier Wartezeiten zu vermeiden.
Eines der grundlegenden Charakteristika eines Just-in-Time Systems ist es, daß es ein sogenanntes Pull-System ist, d.h. die Materiallieferungen werden jeweils von der aktuellen reellen Produktion nach sich gezogen. Neues Material soll also nur dann nachgeliefert werden, wenn das vorhandene auch tatsächlich verbraucht wurde, und nicht früher. Im Idealfall würde der Materialbedarf überhaupt erst zu dem Zeitpunkt durch eine Lieferung gedeckt werden, zu dem er wirklich Auftritt, wie im Fall der sequenzierten Lieferungen (siehe auch Kapitel 4.2) .
Dadurch unterscheidet sich Just-in-Time von der klassischen Materialbedarfsplanung, die nach dem Push-System funktioniert. Bei diesem erfolgen die Materialbestellungen in Abhängigkeit der Produktionsvorhersage (also im voraus), ohne Berücksichtigung des u.U. tatsächlichen abweichenden Standes der Produktion. Da also die Daten der Produktionsvorhersage in der Praxis nicht zu jedem Zeitpunkt genau sind, ist man auf Sicherheitsbestände angewiesen, um ggf. Abweichungen der realen Produktion gegenüber der Vorhersage ausgleichen zu können.
Eines der zentralen Ziele der Just-in-Time Methode sind jedoch null Lagerstände (cero stocks).
Wenngleich auch das System in der Theorie aber auch in der Praxis funktioniert, heißt das nicht, daß es nicht bei genauerer Betrachtung, welche wir uns jetzt aber ersparen wollen, die eine oder andere Schwachstelle gibt, die es aber im Sinne des ständigen kontinuierlichen Verbesserungskonzeptes -japanisch: "Kaizen" auszumerzen gilt. n
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