Kriterien der Definition von Wirtschaftsblöcken
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Vorwort
Das vorliegende Referat beschäftigt sich mit den Definitionskriterien bei der Einteilung und Abgrenzung von Wirtschaftsblöcken, wobei etwaige historisch bedingte Veränderungen bei den jeweiligen Kriterien aufgezeigt werden sollen. Genauso sollen anhand von ausgewählten Ländern Frag- und Merkwürdigkeiten, sowie Schwächen, aber auch Vorzüge der Kriterien betrachtet werden.
Dieser Teil soll nur als Hintergrund für die im Seminarsvortrag behandelten neueren geschichtlichen Entwicklungen dienen, die zahlreiche neue Länder produzierten, welche noch nicht eindeutig irgendwelchen Wirtschaftsblöcken zugeordnet sind. Dies wirft die Frage auf, ob die klassischen Kriterien überhaupt noch anwendbar sind, oder ob für diese neuen Länder ebenfalls neue Kriterien geschaffen werden müssen.
Es werden in diesem Referat nur Wirtschaftsblöcke behandelt, die heute existent sind, oder zumindest noch bis vor 2-3 Jahren vorhanden waren wie zum Beispiel die Planwirtschaft in den Ostblockländern. So wird zum Beispiel das Phänomen 'wie wurden heutige Entwicklungslännder zu Entwicklungsländer?' nur kurz erläutert, aber durch Hinweise im Literaturverzeichnis kann je nach Interessenlage des Lesers weiterführende Literatur zur Vertiefung des Sachverhalts herangezogen werden.
Prinzipiell wird dieses Referat kein wirtschaftsgeschichtlicher Abriß, sondern es soll die Kriterien, deren historische Entwicklung und determinierenden Institutionen zur Definition von Wirtschaftsblöcken charakterisieren.
Einleitung
Ein Wirtschaftsblock charakterisiert eine Gruppe von Staaten, in denen ähnliche Wirtschaftsordnungen vorherrschen, wobei die vom jeweiligen Staat gesetzte Wirtschaftsordnung eine Rahmenbedingung für das wirtschaftliche Handeln darstellt. Es kann hierbei grob zwischen vier Idealtypen unterschieden werden, wobei aber global betrachtet zahlreiche Mischformen der einzelnen Wirtschaftsordnungen auftreten (SCHATZL,1991:15).
Die einfachste Unterscheidung kann zwischen dem Wirtschaftssystem der Marktwirtschaft und der Planwirtschaft getroffen werden. Innerhalb dieser beiden Wirtschaftssysteme werden anhand von Indikatoren -auf die später eingegangen wird- Länder nach ihrem Entwicklungsstand klassifiziert.
Mitte der 80er Jahre war zum Beispiel der Entwicklungsstand von Ländern eine wichtige Klassifikation von Wirtschaftsblöcken. Hierzu wurde eine Vielzahl von Kriterien herangezogen. Als da wären:das Bruttosozialprodukt, das Realeinkommen pro Einwohner, der Anteil der im primären und im sekundären Sektor Beschäftigten, der Energieverbrauch und die Stahlproduktion pro Einwohner. Weiterhin noch der Technisierungsgrad der Landwirtschaft, die Kapitalbildung und die Investitionsquote. Demographische Kriterien waren die räumliche und die zeitliche Bevölkerungsdynamik, der Bildungsstand sowie die Infrastruktur des Landes (HAGEL,1984:308).
Wie sich nun diese Kriterien im Laufe der Zeit geändert haben (haben sie sich geändert?) wird im folgenden untersucht.
Allerdings gäbe es anhand dieser Kriterien innerhalb einzelner Länder 'Entwicklungsländer' wie zum Beispiel Süditalien und Sizilien im Vergleich zu Norditalien. Eine solche regionale Anwendung dieser Kriterien soll in diesem Referat nicht erfolgen, sondern wie bestimmte Wirtschaftsblöcke anhand bestimmter Kriterien bestimmt werden, so daß regionale Disparitäten innerhalb bestimmter Länder vernachlässigt werden.
1. Kriterien zur Abgrenzung von Wirtschaftsblöcken
[Anm.:Der Mangel an weiteren Literaturangaben außer BOBEK deuten nicht auf einen Mangel an Literatur hin, sondern auf den Mangel an seriöser Auseinandersetzung von Wirtschaftsforschern und Geographen in den 50er und 60er Jahren. Die meisten Aufsätze befassen sich mit Kolonialherrenarroganz mit der Einteilung in Wirtschaftsblöcken, so daß BOBEK, der die Vorgehensweisen der Vereinigten Nationen beschreibt, hier eine Ausnahme bildet.]
Die einzelnen Wirtschaftsblöcke und Wirtschaftsregionen grenzen sich durch Unterschiede in puncto Ökonomie, Kultur, sowie politischer und sozialer Hinsicht von einander ab. All diese Faktoren müßten theoretisch berücksichtigt werden, wenn eine genaue Klassifikation aller Länder nach ihrem Entwicklungsstand vorgenommen werden sollte (FINKING,1978:228)
Diese Kriterien änderten sich im Laufe der Zeit mehrmals. Waren gegen 1955 die Verteilung des Welteinkommens, die Ernährungsverhältnisse und der Prozentsatz der im agrarischen Sektor Beschäftigten die Hauptkriterien zur Abgrenzung von Wirtschaftsblöcken, so waren die Einkommensunterschiede zwischen den einzelnen Pro-Kopf-Quoten sehr kraß, was vor allem die im Zweiten Weltkrieg unmittelbar betroffenen europäischen Länder betraf. An der Spitze dieser Länderhierarchie standen die USA, Kanada, Neuseeland, Australien und die Schweiz mit Pro-Kopf-Einkommen von über 1200 $, während die übrigen europäischen Länder bis 700 $ herabreichen. Die UdSSR markierte die obere Grenze der sozialistischen Länder, in denen die Planwirtschaft als Wirtschaftsform vorherrschte. Das Ende dieser Hierarchie bildeten Indien, China, Pakistan sowie andere asiatische, afrikanische und die lateinamerikanischen Länder. Die Einkommensgrenze wurde für die sogenannten unterentwickelten Länder bei 300 $ angesetzt, während Länder mit einem Durchschnittseinkommen zwischen 300 bis 500 $ eine Übergangsstellung einnahmen (BOBEK,1962:72).
Die Ernährungsverhältnisse, d.h., die Kalorienmengen pro Tag und Kopf klassifizierten 64% der Weltbevölkerung unterhalb des Weltdurchschnitts von 2500 Kalorien. 56% der damaligen Weltbevölkerung blieben sogar noch unter 2150 Kalorien pro Tag.
Die obigen Einteilungen verfeinerte dann die Miteinbeziehung des prozentualen Anteils der in der Landwirtschaft Beschäftigten. So charakterisierte ein Prozentsatz von unter 30% Industrieländer, die auch schon unter dem Kriterium der Einkommensverhältnisse die Gruppe der sogenannten 'Reichen Länder' bildeten.
Unter die Kategorie der 'Mittleren Länder' fallen die UdSSR, Japan, Brasilien, Mexiko, Polen und Ungarn, während die Kategorie mit über 2/3 aller Beschäftigten in der Landwirtschaft von den restlichen Ländern gebildet wird (BOBEK,1962:73)
Mitte der 50er Jahre wurden vor allem von amerikanischen Wissenschaftlern wie HARTSHORNE, BERRY, GINSBURG Merkmale wie Ernährung, Erziehung, Arbeitsbedingungen, Verbrauch von verschiedenen Gütern, Infrastruktur, um nur einige zu nennen, zur besseren Charakterisierung von unterentwickelten Ländern verwendet. Insgesamt waren es 47 Struktur- und Verhaltensmerkmale, die 96 Länder der Welt charakterisierten (BOBEK,1962:73).
BERRY verwendete um 1960 Merkmale wie das Pro-Kopf-Einkommen, die Bevölkerungsdynamik, den Pro-Kopf-Kalorienverbrauch, den Prozentsatz der nichtagrarischen Beschäftigten, den Weizen- und Reisertrag pro ha, den Prozentsatz der alphebetisierten Bevölkerung, den Verbrauch an Stahl und Handelsdünger, sowie die Menge an Motorfahrzeugen und erzeugter Energie, um zu einer 'feineren' Zuordnung der untersuchten Länder zu kommen.
Den aus den obigen Merkmalen erhaltenen Wirtschaftsblöcken wurden folgende Länder zugeordnet:
1. Westliche Industrieländer,
2. Ostblockländer
3. Die Länder im circum-mediterranen Raum
4. Die lateinamerikanischen Länder
5. Die Länder des heutigen Mittleren Ostens
6. Das tropische Afrika
7. Süd- und Ostasien
(BOBEK,1962:74f).
In den 60er Jahren kam dann im internationalen Sprachgebrauch die Dreiteilung in die 1.Welt der Industrieländer, in die 2.Welt der Länder mit einer zentral geplanten Wirtschaft und in die 3.Welt der ärmeren Länder auf (GOTW,1983:1).
Nach der sogenannten Ölkrise im Jahre 1973, und dem damit verbundenen gestiegenen Wohlstand und Wirtschaftskraft der OPEC-Länder, wurden diese zwar berücksichtigt, aber nicht als eigenständiger Wirtschaftsblock, sondern als Gruppe innerhalb der regionalisierten Entwicklungsländer aufgeführt, wie Abbildung 1 zeigt.
Gegen Ende der 70er Jahre wurden dann seitens der Weltbank vermehrt soziale und politische Kriterien, wie das Einkommensniveau, Industrieland oder Agrarland, OPEC-Länder mit einem Kapitalüberschuß, sowie die Länder mit einer zentralen Planwirtschaft verwendet, um fünf Gruppen von Ländern mit unterschiedlichen Wirtschaftsordnungen und Entwicklungsständen zu unterscheiden, d.h., fünf Wirtschaftsblöcke zu erhalten.
Um nun zwischen den Entwicklungsniveaus zu differenzieren, verfaßte die Weltbank weitere Kriterien wie der Pro-Kopf-Kalorienverbrauch, der prozentuale Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft, die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Geburtsperiode zwischen 1970-75, die Analphabetenrate unter der Bevölkerung, die älter als 15 Jahre ist. Weiterhin wurde der prozentuale Exportanteil von landwirtschaftlichen Produkten und industriellen Gütern berücksichtigt.
1.1. Schwächen der Kriterien
Schießt man zuerst einen Meter links, dann einen Meter rechts von einem Fuchs vorbei, so ist er statistisch gesehen tot (Al Bundy).
Das Bruttosozialprodukt (BSP) als alleiniger Indikator für ein bestimmtes Entwicklungsniveau genügt nicht, um verschiedene Entwicklungslevels zu charakterisieren. Um sich verschiedene BSP´s vor Augen zu führen, sollen hier einige Dimensionen von BSP´s aufgeführt werden:die USA geben quantitativ mehr von ihrem BSP für militärische Zwecke aus als die BSP´s von Dänemark, Norwegen und Finnland zusammengenommen. Prozentual gesehen sind die Militärausgaben vom BSP von Israel und Saudi-Arabien aber höher als die der USA. Somit kann das BSP nur eine ungefähre Zuordnung liefern. Es sagt nämlich nichts über die Verteilung der Mittel innerhalb der Bevölkerung aus. (DADAYAN, 1988:12) Hinzukommen müßte, so die Meinung von DADAYAN, der aus der ehemaligen UdSSR stammt, ein von ihm vorgeschlagenen sozialer Abzug, d.h., inwieweit der durchschnittliche Mensch in einem ihm angemessenen sozialen Umfeld wie soziale Leistungen, beschäftigt oder arbeitslos, lebt. Wobei die Arbeitslosenrate als Maßstab für einen bestimmten Entwicklungsstand dienlich erscheint, die dann vom BSP abgezogen werden sollte. Aber selbst dieser Vorschlag kann nicht als ein perfekter Indikator für wirtschaftliche Entwicklungsniveaus dienen (DADAYAN, 1988:18)
Allerdings verwendet die Weltbank weiterhin monetäre Kriterien zur Kategorisierung von Ländern, die dann zu Wirtschaftsblöcken zusammengefaßt werden. Hierbei wird die Grenze zwischen 'arm' und 'reich' bei einem Pro-Kopf-BSP von 5000 $ gezogen, so daß Großbritannien mit 5030 $ zu den 'reichen' Ländern gehört, während Italien, Irland und Neuseeland unter den 'armen' Ländern geführt werden (GOTT, 1983:10)
Jedoch sind im Kriteriumskatalog der Weltbank, wie oben aufgeführt, weitere Kriterien enthalten. Aber das Beispiel 'arm'/'reich' mit der Grenze bei 5000 $ zeigt, daß Nuancen bei den Kriterien genügen würden, so daß sich die Grenzen von Wirtschaftsblöcken verschöben . Das gleiche würde auch für all die anderen Kriterien der Weltbank gelten (GOTW, 1983:11).
2. Zuordnungskriterien zur zentralen Planwirtschaft
[] Ja mach´ nur einen Plan, sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ´nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht. Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlecht genug. [] Bertolt Brecht
Im Realen Sozialismus ist das Einparteiensystem die alles dominierende Regierungsform. 'Alles' bedeutet dabei Kunst, Politik, Religion und auch die Wirtschaft, so daß die Gesellschaft, im Gegensatz zu den westlichen Marktwirtschaften, von all diesen Bereichen als Entscheidungs- und Innovationsinstanz ausgeschlossen ist. Dies bedeutet dann, daß oben aufgeführte Bereiche in erster Linie eine politische Dimension erhalten und daß Protagonisten im Sinne der Partei handeln müssen.
In den westlichen Marktwirtschaften können Haushalte, Unternehmen, Konsumenten und Produzenten ihr wirtschaftliches Verhalten weitgehend in eigener Verantwortung gestalten und planen , wobei der Markt regulativ für die notwendige Koordination zwischen den Produzenten und Konsumenten sorgt (MATIS, 1991:184).
Diese oben genannten Merkmale werfen die Frage nach der notwendigen Verbindung zwischen einer staatlichen Wirtschaftsplanung und einem Einparteiensystem auf.
Literaturverzeichnis:
Bobek, Hans (1962):Zur Problematik der unterentwickelten Länder. in:Entwicklungsländer. Darmstadt. 1985. S. 66-92
Clarke, C.G.; Dickenson, J.P. et ali (1983):A Geography of the Third World (GOTW). London / New York. 283 S.
Dadayan, Vladislav (1988):The orbits of the global economy. Moskau. 245 S.
Damus, Renate (1986):Die Legende von der Systemkonkurrenz. Kapitalistische und realsozialistische Industriegesellschaft. Frankfurt/ New York. 245 S.
Finking, Gerhard (1978):Grundlagen der sektoralen Wirtschaftspolitik. Köln.268 S.
Gardner, H. Stephen (1988):Comparative Economic Systems. New York. 493 S.
Hagel, Jürgen (1984):Entwicklungsländer. in Sozial- und Wirtschaftsgeograpie Bd.3. S.308-311. München. 370 S.
Informationen zur politischen Bildung Heft 221 (4.Qrtl. 1988):Entwicklungsländer. München. 40 S.
Lühring, Joachim / Schmidt-Wülfen, Wulf D. (1982):Nach der Modernisierungs- und Dependenzdebatte. Karlsruher Manuskripte zur mathematischen und theoretischen Wirtschafts- und Sozialgeographie. Heft 60. 60 S.
Matis, Herbert / Stiefel, Dieter (1991):Die Weltwirtschaft:Struktur und Entwicklung im 20. Jahrhundert. Wien. 275 S.
Schätzl, Ludwig (19912):Wirtschaftsgeographie. Bd.3. Politik Paderborn. 238 S.
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