Einleitung
Nach DIN 8580 ist Urformen das Fertigen eines festen Körpers aus formlosen Stoff durch Schaffen des Zusammenhalts. Das Urformen dient also dazu, aus einem zu verarbeitenden Werkstoff in formlosen Zustand einem Teil erstmals eine Gestalt zu geben. Als formlose Stoffe gelten Gase, Flüssigkeiten, Pulver, fasern, Späne, Granulate, Lösungen, Schmelzen und anderes mehr.
2 Herstellung von Halbzeugen durch Gießen
Bei dieser Urformverfahrensgruppe handelt es sich um die Herstellung von Vor- und Zwischenprodukten, die z.B. durch Umformen (plastische Verformung) weiterverarbeitet werden.
1 Kokillenguß (Gießen von Blöcken)
Bei diesem werden Blöcke, Brammen, Drahtbarren u. a. in Dauerformen, das sind Kokillen aus metallischen Werkstoffen (meist Gußeisen) hergestellt, die durch Umformen (Walzen, Schmieden, Pressen, Drahtziehen u.s.w.) zu einem Halbzeug (Blech, Profil, Draht) oder Rohteil (Schmiede oder Preßteil) weiterverarbeitet werden, das in seiner Gestalt und seinen Abmessungen dem ursprünglichen Block nicht mehr ähnlich ist.
Man unterscheidet beim Blockgießverfahren den Kopfguß (Auch fallender Guß genannt), bei dem die Kokille durch direktes Eingießen der metallischen Schmelze von oben (bei großen Blöcke), und den Bodenguß (steigender Guß), bei dem eine oder mehrere Kokillen gleichzeitig (Gespannguß) über ein Verteilersystem (Eingußrohr und Kanalsteine) von unten (bei kleineren Blöcken) gefüllt werden.
Abb. 1: Kopf- und Bodenguß (a..Pfanne; bGestänge zum Betätigen der
Verschlußstange; cVerschlußstange; dKokille; eflüssiger Stahl;
fStahlblock; gverlorener Kopf)
1 Vorteil des Kokillengußes
Nichtmetallische, schädliche Anteile in der Schmelze können leichter in den oberen Teil des Gußblockes aufsteigen und sich dort sammeln, wo sie durch Wegtrennen des Kopfes schließlich entfernt werden werden (verlorener Kopf).
1.2 Arbeitsablauf
Die vorbereiteten Kokillen werden in der Gußgrube in der geschilderten Weise aufgebaut. Sie werden mit dem flüssigen, metallischen Werkstoff gefüllt, der in ihnen erstarrt. Die Kokillen werden von den Blöcken abgezogen, und die Blöcke abtransportiert.
1.3 Unberuhigt und beruhigt vergossene Stähle
Beim Gießen des Flußstahls in Blöcken unterscheidet man unberuhigt und beruhigt vergossenen Stahl.
1.3.1 Unberuhigt vergossene Stähle
Hat das Normzeichen U - Durch den Frischvorgang hat der Stahl verschiedene Gase aufgenommen (Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Kohlenoxyd), welche beim Abkühlen in der Kokille aus dem noch flüssigen Stahl nach oben drängen, ihn kräftig durchwirbeln. Die Eisenbegleiter werden teils zum Blockkopf, teils in Blockinnere gedrängt und erzeugen einen ungleichmäßig zusammengesetzten Kern. An der früher erstarrenden Randzone entsteht weicher, kohlenstoffärmerer Stahl. Unberuhigt vergossene Stähle haben leicht bearbeitbare Randzone und ergeben beim Zerspanen eine saubere Fläche ohne Fehler; sie lassen sich auch sehr gut kalt verformen.
Aus ihnen werden die weichen, unlegierten Baustähle hergestellt (Tiefziehbleche, Federdraht, Automatenstahl).
1.3.2 Beruhigt vergossene Stähle
Hat das Normzeichen R - entstehen durch Zugabe von Silizium, Mangan. Aluminium beim Vergießen in Kokillen. Diese Stoffe verhindern das Aufsteigen von Gasblasen beim erstarren, da der noch vorhandene Sauerstoff unter Bildung von SiO bzw. Al O chemisch gebunden wird. Die Spülwirkung der Gase entfällt und das Gefüge ist im ganzen Querschnitt gleichmäßig. Beruhigt vergossene Stähle werden als Werkzeugstähle, Vergütungs- und Sonderstähle verwendet.
1.3.3 Besonders beruhigt vergossene Stähle
Hat das Normzeichen RR - enthalten zusätzlich Titan und Vanadium; sie haben beste Härteeignung, sind feinkörnig und phosphorfrei.
2 Strangguß (Gießen von Strängen)
Bei diesem Verfahren, mit denen entweder Vorprodukte für das Urformen oder Halbzeuge hergestellt werden, ist das Urformwerkzeug (Durchlaufkokille, Gießwalze, Gießband, Gießrad) stets kleiner als das durch Urformen hergestellte Produkt.
1 Mit Durchlaufkokille
Bei diesem Gießverfahren wird eine Schmelze des metallischen Werkstoffs einer ortsfesten Durchlaufkokille zugeführt, in der die Erstarrung beginnt. Entsprechend der Bauweise unterscheidet man diskontinuierlich oder kontinuierlich arbeitende vertikale und horizontale Stranggießanlagen. Der entstehende Strang (Voll- oder Hohlprofil) wird nach dem Verlassen der Durchlaufkokille bis zu seiner vollständigen Erstarrung gekühlt. Der Strang wird meist periodisch in bestimmte Abschnitte getrennt, die ähnlich wie die Blöcke des
Blockgießverfahrens durch Umformen weiterverarbeitet werden.
2 Mit sich bewegenden Urformwerkzeugen
Bei diesen Stranggießverfahren sind unter Einsparung von Fertigungsstufen des Urformens Umformanlagen zum Walzen oder ziehen direkt nachgeschaltet, so daß meist keine Trennung der entstandenen Stränge in einzelne Abschnitte erfolgt.
3 Vorteil des Stranggießens
Um ca. 15% größere Ausbringung als beim Blockgießen, weil durch das kontinuierliche Stranggießen die "verlorene Köpfe" wie beim Blockguß wegfallen. Durch die rasche Erstarrung der Stränge lassen sich auch Steigerungen (Anhäufungen von Legierungsanteilen) und Lunkerbildung (Hohlräume durch ungleichmäßiges Erstarren) weitestgehend vermeiden.
3 Entgasung von Stählen
3.1 Vakuumbehandlung bei flüssigem Stahl
Der Stahl für die Vakuumbehandlung kommt in flüssigem Zustand aus Konvertern oder E-Öfen. Durch die Vakuummetallurgie wird die Leistung dieser Schmelzanlagen gesteigert und die Qualität der Stähle verbessert.
3.1.1 Prinzip der Vakuum-Entgasung
Vakuumanlagen arbeiten mit einem Druck von etwa pabs = 1/1000 bar. In diesem Vakuum können Stickstoff und Wasserstoff leicht abgepumpt werden, weil sie bei diesem Druck nur geringe Löslichkeit im flüssigen Stahl haben. Ein Abpumpen des Sauerstoffs dagegen ist nicht möglich, weil sein Lösungsvermögen unter dem Druck in der Vakuumanlage liegt. Der Sauerstoff muß deshalb durch Desoxidation, und zwar durch Verbindung des Sauerstoffes mit Kohlenstoff zu Kohlenmonoxid, entfernt werden. Das gasförmige Kohlenmonoxid wieder kann abgepumpt werden.
3.1.2 Vakuumbehandlungsverfahren
3.1.1 Gießstrahlentgasung
Beim Eingießen der Stahlschmelze in das Vakuumgefäß versprühen die im Gießstrahl freiwerdenden Gase und werden abgepumpt.
3.1.1.1 Vakuum-Blockguß
Der flüssige Stahl wird mit einer Gießpfanne zur Vakuumanlage gebracht und dort, in der Vakuumwanne stehende Kokillen- oder Gußform, umgegossen.
Anwendung findet der Vakuum-Blockguß beim Gießen schwerer Schmiedestücke.
Abb. 4: Gießstrahlentgasung:
a) Vakuum-Blockguß
3.1.1.2 Abstichentgasung
Um Temperatur zu vermindern, kann der Stahl auch direkt vom Ofen über eine kleine Vorsetzwanne in die Vakuumwanne gegossen werden.
3.1.2 Pfannenentgasung
Die mit Stahlschmelze gefüllte Gießpfanne wird in ein Vakuumgefäß gesetzt. Durch ein Spülgas (Argon) wird ein ständiges Umführen der Schmelze bewirkt, so daß ein sehr guter Stoffaustausch bei der Desoxidation und Legierungsbildung entsteht.
3.1.3 Teilmengenentgasung
Bei diesem Verfahren werden Teilmengen der Schmelze nacheinander behandelt. Man unterscheidet folgende Verfahren:
3.1.3.1 Vakuumumlaufverfahren
Ein Fördergas bewirkt den Umlauf der Stahlschmelze, so daß stets eine Teilmenge entgast werden kann.
3.1.3.2 Vakuumheberverfahren
Durch Heben und Senken des Vakuumgefäßes wird das Ansaugen und Ablaufen einer Teilmenge aus der Gießpfanne bewirkt. Durch die Teilmengenbehandlung erfolgt ein starkes Versprühen der Schmelze im Vakuumgefäß.
3.2 Umschmelzverfahren bei festem Stahl
3.1 Umschmelzen mit Vakuumlichtbogenanlage
In der Vakuumlichtbogenanlage wird ein schlanker Stahlblock durch Wärmewirkung des Lichtbogens zum Abschmelzen gebracht. Der Stahlblock (als Abschmelzelektrode) ist der negative Pol der Anlage. Der positive Pol ist eine wassergekühlte Kupferkokille. Unter Einfluß des Lichtbogens tropft der Elektrodenblock langsam ab und erstarrt in der Kupferkokille zum neuen gereinigten Stahlblock. Während des Umschmelzens im Vakuum werden die für den Stahl schädlichen Gase (Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff) frei und abgepumpt.
3.2 Elektroschlacke-Umschmelzverfahren (ESU-Verfahren
Ein im Strangguß oder Blockguß hergestellter Rohblock aus Elektrostahl dient als Abschmelzelektrode und bildet den negativen Pol. Der positive Pol ist eine wassergekühlte Kupferkokille.
Unter der Wirkung des Lichtbogens schmilzt der von oben eingeschobene Elektrodenblock in einem heißen Schlackenbad (etwa 1800°C) langsam ab, tropft durch die Schlacke, die dabei Verunreinigungen des Stahlblockes aufnimmt. Unter der flüssigen Schlacke bildet sich nach Erstarren der Tropfen der neue, gereinigte Stahlblock. Die Schlacke wird durch einen Stromkreis auf Temperatur gehalten.
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