Problem 2000

Was ist das Jahr2000-Problem? Ein Beispiel!

Ich will mit einem Beispiel beginnen, um das Problem zu erklären.

Nehmen wir an, diese drei Schachteln liegen auf einem Förderband, in jeder Schachtel befinden sich Medikamente mit einem Ablaufdatum, wie auf den Schachteln notiert: 1.11.99, 1.12.99 und 1.1.00.

Was passiert nun, wenn die Schachteln an einer Lesestation vorbeikommen, an welcher die Schachteln mit bereits abgelaufenen Medikamenten ausgesondert werden?

Wir haben heute den 19.4.99. Die erste Schachtel bleibt auf dem Förderband, der 1.11.99 ist ja ein 'höheres' Datum als der 19.4.99; ebenso die zweite Schachtel. Was aber passiert, wenn die dritte Schachtel vorbeikommt: sie wird ausgeschieden, der Inhalt vernichtet, denn 1.1.00 ist als Datum betrachtet ja kleiner als der 19.4.99.

Was kann man aus diesem Beispiel erkennen. Viele Geräte, die von Computerprogrammen gesteuert werden, können zum Jahrtausendwechsel ein Problem bekommen, wenn das Jahr nur zweistellig verarbeitet wird.

Denn: wenn das Jahr in dieser Form verarbeitet wird: 1.11.1999, 1.12.1999 und 1.1.2000 kann es keine Panne geben.

Wodurch entstand das Problem überhaupt?

Computer wurden in der Mitte unseres Jahrhunderts entwickelt. Damals war Speicherplatz noch sehr teuer und daher haben viele Programmierer in ihren Programmen und Datenbanken die Darstellung von Jahreszahlen nur zweistellig vorgesehen. Sicher hat auch die Gewohnheit eine große Rolle gespielt, wir schreiben ja in unseren Heften auch oft die Jahreszahl nur zweistellig.

Dadurch entstehen Probleme, wie ich im Beispiel gezeigt habe, aber auch vieles andere kann passieren::

.) Geht es beispielsweise um Geburtsdaten, wird im Jahr 2001 nicht mehr erkennbar sein, ob es sich um eine 101-jährige oder eine 1- jährige Person handelt.

.) Daten, die nach der Zeit sortiert werden, können durcheinander geraten, weil die Jahreszahl '00' als die älteste angesehen wird.

.) Ein großes Risiko besteht bei Atomkraftwerken. Hier kann es, wie bei allen Kraftwerken, zu Störungen kommen. Schweden hat bereits angekündigt, den AKW- Betrieb für die Jahrtausend­wende einzustellen. Auch die USA erwägt ein solches Vorgehen, sollte die Jahr2000-Tauglichkeit nicht unter Beweis gestellt werden. Ein Stromausfall von gewaltigem Ausmaß wäre die Folge.

.) Bei Fluglinien besteht erhöhte Gefahr. Asiatische Fluglinien haben ihre Manager verpflichtet, sich zur Jahrtausendwende an Bord einer Maschine zu befinden, um sicherzugehen, dass die Umstellungen auch gewissenhaft durchgeführt werden.

Andere Fluglinien nehmen keine Buchungen für die Silvesternacht an.-> hoher Verdienstausfall

Es kann aber auch schon jetzt zu Problemen kommen: z.B.: Projekttermine, Versicherungs­laufzeiten, etc.

Welche Geräte sind betroffen, wen kann das Problem treffen?

Die Frage kann heute wohl kaum ein Mensch beantworten. Warum? Weil seit vielen Jahren nicht nur für Computer Programme geschrieben wurden, sondern in fast allen technischen Geräten Mikrochips eingebaut wurden, die Steuerfunktionen für die Geräte beinhalten.

Die Liste reicht daher von einfachen Küchengeräten über Zentralheizungen bis zu militärischen Waffen und Atomkraftwerken.

Durch einen eingebauten Chip kann z.B. eine Liftanlage feststellen, dass sie 'seit 100 Jahren' nicht gewartet wurde, der Lift kann daher vielleicht nicht mehr in Betrieb genommen werden. Schlimmer ist es sicher, wenn Heizungsanlagen ausfallen, denn zu Neujahr ist es bei uns regelmäßig sehr kalt. Schlimm wird es, wenn medizinische Geräte in Spitälern streiken und zu katastrophalen Zuständen würde es kommen, wenn Energieversorgungsunternehmen betroffen sind und z.B. kein Strom geliefert wird.

Ein Tag keinen Strom bedeutet: kein Kaffee, kein Toast, keine Heizung (außer gute alte Kohlenöfen), aufgetauter Gefrierschrank, kein Licht, kein Telefon, keine Verkehrsampeln, keine Liftanlagen, nur mit Notstromaggregaten versorgte Spitäler,

Ob es solche oder ähnliche Probleme geben wird, hängt ganz davon ab, ob sich die Programmierer bei der Programmerstellung über das bevorstehende Problem im klaren waren, oder nicht.

Bei älterer Software (vor 1990) wurde noch nicht an das Jahr2000-Problem gedacht oder nicht damit gerechnet, dass die Software so lange benutzt wird.

Was bedeutet das für unsere Wirtschaft?

Sehr viel:

(1) Derzeit arbeiten rund um die Welt Techniker, um die Risiken zu minimieren oder gänzlich auszuschließen. Dafür werden viele Milliarden Dollar ausgegeben.

(2) Mit der Angst vor dem Jahrtausendwechsel machen aber auch viele andere Firmen ein Geschäft. In Amerika bieten Unternehmen atomstrahlungssichere Bunker an - und einige, die es leisten können bestellen solche Bunker. Viele besorgen sich Notfallspakete, die Nahrung und Getränke für zumindest 1 Woche beinhalten. Auch Notstromaggregate werden vermehrt verkauft. In vielen Firmen werden alte PCs komplett getauscht. Noch 1997 wurden nicht Jahr2000-feste PCs verkauft, auch Betriebssysteme und Software, z.B. von Microsoft, ist erst seit wenigen Monaten komplett Jahr2000-fest. (Im Internet gibt es Compliance-Listen großer Unternehmen, wo auf Probleme aufmerksam gemacht wird.)

(3) Nach der Jahrtausendwende kann es zu riesigen Schadenersatzklagen und einer riesigen Anzahl von Prozessen kommen, Tausende Rechtsanwälte werden möglicherweise reich werden - freilich nur, wenn es auch zu Problemen kommt.

Was könnte wirklich passieren, in welchen Bereichen wird der Durchschnittsbürger betroffen sein?

Betrachten wir nochmals den schlimmsten Fall:

Die Telekommunikationssysteme brechen total zusammen. Aber auch die Versorgung von Gas, Wasser, Strom und Lebensmittel fällt aus. Panikkäufe verschärfen die Lage. Probleme bei der Krankenversorgung verzögern die rechtzeitige Behandlung. Das Militär ist zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt, um die Notfallhilfe und den nötigen Schutz zu gewährleisten. Durch Milliardenklagen gerät die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur der ganzen Welt ins Trudeln. Die Folgen werden noch ein Jahrzehnt lang zu spüren sein.

Der optimale Fall:

Durch öffentliche Planung können die Auswirkungen besser abgeschätzt werden. Überall wurden schon früh die Probleme erkannt und durch internationale Zusammenarbeit wurden auch Lösungen gefunden. Wo das nicht mehr möglich war, sind taugliche Notfallpläne erstellt worden. Eine eigene Kommission überwacht und verteilt die Ressourcen. Innerhalb von 18 Monaten läuft die Wirtschaft wieder völlig normal.

Beide Möglichkeiten werden voraussichtlich nicht eintreten. Eine Horrorvision ist unwahrscheinlich und eine internationale Planung und Koordination scheint unmöglich. Noch immer ist die Einstellung vieler Klein- und Mittelbetriebe 'Es wird schon nicht schiefgehen '. Sie stehen, genauso wie die meisten Privatmenschen, diesem Problem noch immer unwissend oder ignorant gegenüber.

Große Versorgungsunternehmen, die Verantwortung für unsere Gesellschaft tragen (z.B. Energieversorgungsunternehmen), werden aber - von kleinerer Pannen abgesehen - voraussichtlich problemlos die Energie liefern. Vielleicht wird es Verzögerungen bei Lebensmittellieferungen kommen, vielleicht wird das eine oder andere Geräte seine Funktion vorübergehend einstellen. Lebensbedrohend sollte aber das Jahr2000-Problem für uns nicht werden.