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Kirche und Staat

Thema


Kirche und Staat


Nachbearbeitet


Kirche und Staat


1. Reich Gottes


2. Christenverfolgung


2.1. Örtliche Einzelverfolgungen

2.2. Systematische Verfolgung




3. Konstantinische Wende


4. Die Kirche im Bund mit dem Frankenreich


5. Kirche und Staat im hohen und späten Mittelalter


5.1. "Libertas ecclesiae" (echte Kirchenfreiheit)

5.2. Der Investiturstreit

5.3. Die Führung des Abendlandes ging vom König auf den Papst über


6. Aufklärung


7. Neuzeit - Beziehungsmodelle zwischen Kirche und Staat


7.1. Staatskirchentum

7.2. Trennung von Kirche und Staat

7.3. Kooperationsmodelle

7.4. Kirche in pluraler Gesellschaft


8. Kirche und Staat in Österreich


8.1. Habsburger und Josephinismus

8.2. Konkordate


8.2.1. Pius XI

8.2.2. Wandel der Staats- und Traditionskirche zur Zeugnis- und Bekenntniskirche

8.2.3. Kirche im 3. Reich

8.2.4. Kirche in der 2. Republik


9. Theologie der Befreiung


9.1. Motivation der Option für die Armen

9.2. Armut


9.2.1. Der Arme im sozio- ökonomischen Sinn

9.2.2. Der Arme im Sinn des Evangeliums


9.3. Geschichte der Theologie der Befreiung



KIRCHE UND STAAT


1. Reich Gottes


Das Christentum ist politisch (Reich Gottes).

Die Visionen des Reiches Gottes hier und jetzt sind:

a) Christus heilt, er ist ein Terapeut.

b) Mit den Jüngern veränderte sich das Reich Gottes; wir leben in einer

Kontrastgesellschaft.


Laut Mt 5; Jes 2 sollen wir so leben, daß wir andere mit unserem Glauben "anstecken" und sie mitmachen. Sie (die anderen) sollen sehen, wie wir (Christen) einander lieben.


Wenn die von Christus gewollte Kontrastgesellschaft

Weltflucht begeht, so bleibt jenen Menschen, denen es hier und heute schlecht geht, die Vertröstung aufs Jenseits.

in der Welt aufgeht, resultieren daraus Fanatismus und Gewalt.



2. Christenverfolgung


In Rom war die Religion aufs engste mit dem Staatswesen verbunden. Der Kult war eine öffentliche Angelegenheit und gehörte zum Aufgabenbereich der Beamten. Die römische Religionspolitik ließ Raum für alle Religionen, sofern sie neben der eigenen Gottheit auch die Staatsgötter verehrten. Den Christen und ihrem Glaubensverständnis war es unmöglich, diese Bedingungen zu erfüllen. Dieser Ausschließlichkeitsanspruch der Christen war die eigentliche Ursache für die wachsende Feindseligkeit ihnen gegenüber. Die Ablehnung der Staatsreligion hatte die Verweigerung des Kaiserkultes zur Folge. Die Christen hielten sich von den öffentlichen Opfern und vom "Kulturleben", das eng mit dem heidnischen Kult verbunden war, fern und fanden sich zu geheimen Gottesdiensten zusammen. Dies schürte den Unwillen der heidnischen Mitbürger. Die Absonderung weckte Mißtrauen und war Nährboden für Verdächtigungen.


2.1. Örtliche Einzelverfolgungen (ca. 60 - 250 n. Chr.)


Der Kaiser (Nero: 54 - 68), auf dem der Verdacht der Brandstiftung lag, schob die Schuld den Christen zu, und ließ sie unter ausgesuchtesten Martern hinrichten.


Über die Einstellung des römischen Staates zur Kirche zu Beginn des 2. Jh. gibt ein Briefwechsel zwischen Plinius dem Jüngeren und Kaiser Trajan (98 - 117) Aufschluß. Plinius bittet um Verhaltensvorschriften gegenüber den Christen. Des Kaisers Meinung:

"Im allgemeinen läßt sich keine feste Regel aufstellen. Aufzuspüren sind sie nicht; sollten sie angezeigt und überführt werden, so sind sie zu bestrafen."


Während des 2. Jh. war es strafwürdig, Christ zu sein, was aber rechtlich nicht fundiert und allein durch die feindliche Haltung der heidnischen Bevölkerung begründet war. Am offensten zeigte sich das durch Pogrome Marc Aurels (161 - 181).

2.2. Systematische Verfolgung


Der in Carnuntum bei Vindobona zum Kaiser ausgerufene Septimus Severus hatte 201/2 den Übertritt zum Christentum mit Strafen belegt. Es gab zwar aufgrund des Edikts größere Verfolgungen im gesamten Römerreich, es wurde aber nicht konsequent genug durchgeführt.


Die eigentliche systematische Verfolgung begann erst unter Kaiser Decius (249 - 51). Er wollte das von allen Seiten bedrohte Römerreich durch die Wiederbelebung des heidnischen Kultes zusammenhalten. Jeder Erwachsene mußte aufgrund eines Dekretes in Anwesenheit einer kaiserlichen Kommission Weihrauchkörner vor Götterstatuen opfern. Viele Christen haben geopfert, um ihre Posten beibehalten zu können.


Die letzte schwere Verfolgung brach um 300 herein, als der, von seinem Schwiegersohn und Mitkaiser Galerius, aufgehetzte Diokletian (284 - 305) verfügte:

Alle Christen, besonders Bischöfe und Priester mußten zum Opfer gezwungen; alle Kirchen mußten zerstört, alle hl. Bücher ausgeliefert und vernichtet werden.


Einer der vielen Christen, die das Martyrium erlitten, war der hl. Florian, der um 304 in der Enns ertränkt wurde. Erst als der sterbenskranke Galerius 311 ein Edikt erließ, in dem er den Christen zugestand, wieder Christen sein zu dürfen und Gottesdienste zu halten, gab er den Christen Hoffnung. Sie sollten bei ihrem Gott für den Kaiser beten.


Die äußerst blutige Verfolgung war zu Ende, die geistige Auseinandersetzung ging aber weiter. Aus der Verfolgung lernte die Kirche vom Staat unabhängig zu sein und trotz Unterdrückung zu überleben, ja sogar sich zu verbreiten und zu vermehren.



3. Die konstantinische Wende


Diokletian hatte das Römische Reich in einen West- und einen Ostteil geteilt, was einen Zwist zwischen den Regenten zur Folge hatte. Nach vielen Schlachten siegte Konstantin der Große. Gemeinsam mit Lincinius einigte er sich auf das Toleranzedikt von Mailand (313), dem Beginn positiver staatlicher Kirchenpolitik:


Die Kirche wurde nicht nur toleriert, sondern auch vom Staat gefördert.

Die Kirche erhielt enteignete Güter zurück und wurde mit Schenkungen bedacht.

Der Sonntag wurde gesetzlicher Feiertag.


Der eigentliche Grund von Konstantins Bekehrung war, daß er erkannt hatte, daß das Christentum Macht und aufbauende Kräfte hatte. Konstantin fühlte sich auch als Regent der Kirche und griff in innere Angelegenheiten ein. Er meinte:

"Was ich will, muß als kirchlicher Rechtssatz gelten!" (=Cäsaropapismus).


Die daraus resultierenden Gefahren der Veräußerlichung in dem aufkommenden Massenchristentum und der Abhängigkeit von der Staatsgewalt konnte niemand vorausahnen.


380 erließ Kaiser Theodosius der Große ein "Edikt über den Katholischen Glauben", mit dem die kath. Reichskirche begründet wurde. Christentum wurde Staatsreligion.

Vorteile:


Die Christen wurden nicht mehr verfolgt.

Seit Konstantin können Christen in einflußreiche Stellungen gelangen.

Die Bischofssitze können Vermögen erben. Sie werden Reichsbeamten gleichgestellt und können daher Recht sprechen und andere hohe Ehrenstellungen erreichen.

ungehinderte Verbreitung des Christentums im gesamten Reich

Einflußnahme in das öffentliche Leben (Abschaffung der Kreuzigungsstrafe, Sonntag wird gesetzlicher Feiertag).


Nachteile:


Gefahr des Mitläufertums: es lohnt sich, ein Christ zu sein

Gefahr, daß die politisch-weltlichen Interessen für die Kirche in den Vordergrund treten.

Wegen der Privilegien wird es attraktiv, Kleriker oder Bischof zu werden; Gefahr der sozialen Entfremdung zwischen Bischöfen und Volk beginnt.

Christentum erhebt nach 391 Monopolanspruch und wird intolerant gegenüber anderen Kulturen und Religionsgemeinschaften.

Die Kaiser erheben Anspruch an der Lehrentwicklung der Kirche, insbesodere erwarten sie Einigkeit und üben Druck auf Lehrentscheidungen aus (ein Cäsaropapismus entsteht - Bischöfe richten sich mehr nach der Weisung des Kaisers als nach der des Papstes).

Indem das Christentum staatstragende Kraft wird, muß es Kompromisse mit den staatsbürgerlichen Pflichten schließen.


Außerdem teilte Theodosius der Große das Römische Reich in zwei Teile:

Im Westreich war die Kirche Trägerin öffentlicher Aufgaben, und dem Bischof fielen öffentliche Aufgaben zu.Im Ostreich bildete sich das Staatskirchentum weiter

=> Cäsaropapismus: Der Kaiser ist Herr über Staat und Kirche.



4. Die Kirche im Bund mit dem Frankenreich


Entstehung der fränkischen Adelskirche


Auf den Trümmern des Imperiums gründeten die Germanen im 5./6. Jh. ihre Reiche. Sie nahmen auch den christlichen Glauben an, aber nur in arianischer Form Irrlehrer Arius - Christus ist nur Mensch). Nur die Franken bildeten unter Chlodwig eine abgeschlossene Landeskirche (Glaube der römischen Kirche).

Der Grund: Die eingene Vorstellung eines sakralen Königtums,d.h. Glauben an die göttliche Abstammung des Königs und an seine Mittlerfunktion zwischen Gott und Volk als Fruchtbarkeits- und Friedensspender. Der König berief Nationalkonzilien und besetzte die hohen Kirchenämter, u. zwar ausschließlich mit Adeligen.Damals entstand die abendländische Adelskirche:

Der Adel besetzte in der Kirche - ähnlich wie im Staat - die hohen Amter. Dieser Zustand währte bis zur Französischen Revolution.




Das Bündnis des Papsttums mit dem Fränkischen Reich


Pippin der Jüngere ließ sich 751 von den Franken zum König wählen und von Bonifatius zum König salben. Aufgrund der Bedrohung Roms durch die Langobarden folgte 754 der förmliche Bund mit der Kirche.

Papst Stephan II. bat den Frankenkönig um Schutz und ernannte ihn mit dem Titel "Patricius Romanorum" zum Schirmherrn der römischen Kirche. Der König versprach Schutz und Anrecht auf den Kirchenstaat.


Pippin, der das Land um Rom erobern konnte, übertrug es in der "Pippinischen Schenkung" (756) an den Papst.

Die Folge: Einerseits wurde das Papsttum unabhängig, andererseits verstrickte es sich zunehmend in weltliche Machtkämpfe.


Karl der Große, Imperator Romanorum und Vicarius Christi (stellvertretender Schirmherr)


Karl (768 - 814) erneuerte das Schutzversprechen an den Papst. Er war aber nicht nur Schützer, sondern auch Schirmherr der Kirche (Vicarius Christi), der zusammen mit dem Papst die Sorge für die Kirche trägt.

Der Papst krönte am Weihnachtsfest 800 Karl zum römischen Kaiser Deutscher Nation. Dieser leitete aus der Kaiserwürde die Oberherrschaft über den Papst ab.

Karl begann mit der Missionierung der Sachsen, Friesen und Dänen. Für Karl war die Missionierung nicht allein ein Glaubenswerk, sondern auch ein Dienst am Reich.


Karl schuf Bistümer in den neubekehrten Gebieten und eine Metropolitverfassung. Er trug auch Sorge für die Bildung von Klerus und Volk und für den Gottesdienst. Seine Kirchenpolitik war geleitet von der Verantwortung für die Kirche und das christliche Volk.


Mit dem Tod Karls begann der Niedergang des Reiches.

In diesen Niedergang wurde auch die Kirche mit hinein gezogen. Das päpstliche Amt wurde zum Spielball des römischen Adels. die Kirchenhoheit ging an Herzöge und Grafen über.



5. Kirche und Staat im hohen und späten Mittelalter


Es gelang nicht, die Kirchenstämme zu vereinigen. Otto der I. bemühte sich, den Herzögen die Kirchenhoheit zu entreißen und Bischöfe und Abte zu Stützen des Reiches zu machen. In den Bischöfen hatte der König eine ständige treue Gefolgschaft, denn ihre Ehelosigkeit verhinderte, daß die Amter erblich wurden.


Otto der Große befreite Johannes XII aus einer mißlichen Lage und erhielt zum Dank dafür die Kaiserkrone (962). 963 ließ er sich von den Römern schwören, niemanden ohne seine Zustimmung zum Papst zu wählen.


Bis über die Mitte des 11. Jh. waren Reich und Kirche in diesem gegenseitigen Dienstverhältnis verbunden, wobei die kaiserliche Autorität den Vorrang vor der päpstlichen hatte. (Ottonische Reichskirche).


5.1. "Libertas ecclesiae" (echte Kirchenfreiheit)


Die Bewegung "Libertas ecclesiae" aus dem Hochmittelalter ging von den Klöstern Cluny und Gorze aus und hatte folgendes zum Inhalt:


Die Befreiung der Kirche vor den Eingriffen der weltlichen Größen

Wiederherstellung des freien kirchlichen Wahlrechts, um

die Eigenständigkeit der religiösen kirchlichen Bereiche zu sichern

ungehinderte Glaubensausübung


Das Leben in den Klöstern wurde in Askese, Liturgie und Arbeit nach der Strenge der Benediktinerregel geführt.


Als in Rom die Forderung nach Freiheit von jedem weltlichen Einfluß laut wurde, erwuchs daraus der


Streit um die Investitur, d. h. um das Recht der Besetzung der Bistümer und Reichsabteien.



5.2. Der Investiturstreit


Streitende Parteien waren Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII.


Mit seinem Reformprogramm "Dictatus Papae" forderte Gregor, daß sich Kaiser und Könige als christliche Laien nicht in die Kirche einmischen dürften. Der Papst sei der Oberste der Christenheit. Er leitete sein Recht vom Wesen und Auftrag der Kirche ab.



Im besonderen wandte sich Gregor gegen


Priesterehe

Laieninvestitur (Vergeben von Bistümern und Abteien durch Könige und Fürsten)

Simonie (Übergabe eines geistlichen Amtes gegen Geldeswert, finanzielles Ausnützen aus schamlose Weise)


Heinrich erkannte die Tragweite des gregorianischen Roformprogrammes und erklärte den Papst für abgesetzt. Gregor antwortete mit dem Bann Heinrichs. Dieser Bann bedeutete seine Absetzung als Kaiser. Der Adel war Heinrich gegenüber nicht mehr verpflichtet => Lehenswesen!


Um die Lossprechung von der Exkommunikation zu erreichen, ging Heinrich nach Canossa. Der Papst löste den Bann.


Das Problem war aber damit nicht aus der Welt, der Kampf dauerte noch Jahrzehnte. Der Papst bannte den König ein zweites Mal, die Fürsten wählten einen zweiten König, der Kaiser besetzte Rom und stellte einen Gegenpapst auf.





5. 3.. Die Führung des Abendlandes ging vom König auf den Papst über


1198 bestieg der 37jährige Innozenz III. (1198 - 1216), ein Mann von großer staatsmännischer Begabung, den päpstlichen Thron. Er baute die päpstliche Herrschaft zur Weltherrschaft aus. Überzeugt, daß Christus dem Petrus und seinen Nachfolgern nicht nur die Herrschaft über die Kirche, sondern über die ganze Erde übertragen habe, nahm er das Richter- und Schiedsrichteramt über Könige und Reiche in Anspruch. Er griff in den deutschen Thronstreit ein und erreichte, daß ihn zahlreiche Länder als Lehensherren anerkannten.


Ein Nachfolger des Innozenz war Bonifaz VIII. (1294 - 1303). Er vertrat noch einmal mit aller Schärfe den universalen Machtanspruch des Papsttums.

=> Zwei-Schwerter-Theorie:


"Beide Schwerter hat die Kirche in der Gewalt, das geistliche und das weltliche. Dieses ist für die Kirche zu führen, jenes von ihr. Jenes gehört dem Priester; dieses ist zu führen von der Hand der Könige und Ritter, aber nur, wann und solange der Priester es will."


Diese Ansprüche entsprachen keineswegs mehr den tatsächlichen Machtverhältnissen. Unbekümmert um das päpstliche Verbot besteuerte der französische König Philipp IV. der Schöne die Kirchengüter. Als Bonifaz den Bann androhte, ließ Philipp kurzerhand den Papst gefangennehmen.



6. Aufklärung


Die Aufklärung umfaßt


die Weltanschauung des Gebildeten Bürgertums im 18. Jh.

den Glauben an die Vernunft

den Kampf gegen Kirche und Absolutismus (gegen geistige und politische Bevormundung)


Deren Forderungen waren:

Unterwerfung der Kirche unter den Staat

Religiöse Toleranz

Redefreiheit

Bildung und Wohlfahrt der breiten Masse

freier wirtschaftlicher Wettbewerb

Lehre von der Volkssouveränität


Ideen der Aufklärung und Ihre Auswirkungen

Auswirkungen auf

den Staat:


John Locke:

T  seine Staatstheorie belief sich auf das Naturrecht des Menschen (die Grundrechte)

T  Gewaltentrennung

Montesquieu:

T  der Mensch hat Grundrechte wie Freiheit

T  setzt sich für die Trennung der Gewalten (gesetzgebende = legislative, ausführende = exekutive, richterliche = judikative) ein.


das Rechtswesen:


Hauptgedanke: alle Menschen sind gleich, haben gleiche Rechte. Dieser Gedanke setzte sich durch. Die daraus resultierende Reform brachte:

eine Vereinheitlichung der Rechtsordnung

die Folter wurde in Frage gestellt


die Religion:


Toleranz

wirkte dem Hexenwahn entgegen.


Bildung und Erziehung:


Anliegen der Aufklärer: Bildung und Erziehung aller

Rosseau: Émile (Erziehungsroman) -> wendet sich gegen mechanische Lernmethoden

Auswirkungen: Einführung der allgemeinen Schulpflicht

Eine fast unüberbrückbare Kluft zwischen der kirchlich - traditionellen Lehre und den Aufklärern rissen deren Begründung von Recht und Sittlichkeit und die Gesellschaftsordnung auf.



7. Neuzeit - Beziehungsmodelle zwischen Kirche und Staat


In der Neuzeit - teilweise als Folge der Reformation - wird der Glaube stärker als persönliches Bekenntnis aufgefaßt; der öffentlich verbindliche Charakter der Religionsausübung geht im Zuge der Säkularisierung mehr und mehr zurück. In dem Maß, in dem die Einheit der Kirche, Gesellschaft und Staat verlorengeht, wird es notwendig, die Beziehung zwischen Staat und Kirche verfassungsrechtlich zu regeln. Dabei bilden sich folgende Formen heraus:


7.1. Staatskirche


Eine Religionsgemeinschaft wird anderen Religionen zur maßgebenden, und rechtlich privilegierten Kirche. Mögliche Privilegien: Nur diese Kirche hat das Recht,


Religionsunterricht zu erteilen,

Rundfunk- und Fernsehsendungen zu gestalten,

Theologenausbildung an staatlichen Universitäten zu betreiben;

eigene Steuerhoheit,

Rechte der standesamtlichen Beurkundung,


(Beispiel: Die Orthodoxe Kirche in Griechenland; die Rolle der Kirche in den nordischen Ländern und Großbritanntien)


7.2. Trennung von Kirche und Staat


Die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft wird zur Privatsache des Staatsbürgers. Der Staat registriert die Kirchenzugehörigkeit seiner Staatsbürger nicht, und die Kirche erhält den Charakter einer privatrechtlichen Vereinigung. Damit entfallen:


der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen,

Mitsprache und Repräsentanz im öffentlichen Leben.


Diese Trennung läßt starke unterschiedliche Einstellungen von Staat und Kirche zueinander zu. Während etwa in den Vereinigten Staaten von Nordamerika das Verhältnis zwischen Staat und den christlichen Gemeinschaften ein grundsätzlich wohlwollendes und wechselseitig bestärkendes ist, herrscht in dezitiert atheistischen Ländern eine kirchenfeindliche Haltung mit Formen der Behinderung oder indirekten Verfolgung (China) vor. Weitere Beispiele für die Trennnung zwischen Staat und Kirche: Frankreich, Mexiko.


7.3. Das Kooperationsmodell


Die rechtliche Gestaltung der Beziehung zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublick Deutschland und Österreich ist im Grundgesetz und in den Verfassungen der Länder, in Konkordaten und zusätzlichen Kirchenverträgen grundgelegt.

Wichtige Bestimmungen sind:


die Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit

die Absage an eine Staatskirche

der Rechtsstatus der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts

die Kooperation von Kirche und Staat in den Bereichen von gemeinsamen Interessen (Kultur, Bildungswesen, Sozialwesen, Steuerrecht)


Was tut der Staat für die Kirche:

Erlaubnis einer Kirchensteuer

Zuschüsse zu caritativen, kulturellen und sonstigen Einrichtungen

Zuschüsse zur Jugendarbeit und zur Erwachsenenbildung

Sicherung des RU und Ausbildung von Theologen und Religionslehrern

Anhörung kirchlicher Vertreter bei Gesetzesvorgaben

Finanzierung der Militär- und Anstaltsseelsorge

Mitsprache bei Rundfunk und Fernsehen sowie Sendezeiten

Steuerfreiheit für Bistümer, Orden und Klöster


Was tut die Kirche für die Gesellschaft:

Beratungsdienst, Telefonseelsorge

Trägerschaft von Krankenhäusern, Altersheimen, Kindergären, Ferienheimen,

Beiträge zur Verständigung und ethischen Problemklärung in der Gesellschaft

Denkmalpflege und Förderung der Kunst

Ausstrahlung in den sozialen und kulturellen Bereich (Klöster)

Förderung der sozialen Zusammengehörigkt. und Verständigung (Pfarreien, Feste)

Kirchliche Schulen und Bildungseinrichtungen

7.4. Kirche in der pluralen Gesellschaft


Die moderne Gesellschaft ist plural, es bestehen also mehrere weltanschauliche Überzeugungen gleichberechtigt nebeneinander.

Das bedeutet aber, daß christliche Wertvorstellungen nicht mehr allgemein verbindlich anerkannt werden.

Staat, Wirtschaft und Bildungswesen haben an Bedeutung gewonnen und entwickeln sich weitgehend außerhalb des kirchlichen Einflusses.

Zugehörigkeit zur Kirche ist verfassungsrechtlich der freien Entscheidung des Einzelnen überlassen.

Die Säkularisierungstendenzen stehen in einer gewissen Spannung zu volkskirchlichen Traditionen, die weiterhin wirksam bleiben:

die Mehrzahl der Kinder wird getauft

der Staat erhebt oder läßt Kirchensteuer erheben

trotz nachlassender innerer Bindung gehört die Mehrzahl der Erwachsenen einer Kirche an

auch viele kirchendistanzierte Christen akzeptieren die Kirchen, weil sie Element der abendländischen Kultur sind, caritative Leistungen erbringen und man ihre Mitwirkung bei Hochzeiten und Beerdigungen wünscht

Dementsprechend haben Kirchen verfassungsmäßig und gesetzlich gesicherte Ansprüche und Mitwirkungsrechte

Angesichts dieser Spannung und Situation der Volkskirche hängt die Einstellung zur Kirche stärker als früher von der persönlichen Entscheidung ab.

Vermutlich wird sich an der Situation der Volkskirche wenig ändern und nur ein geringer Teil der Mitglieder wird am kirchlichen Leben aktiv teilnehmen. Diese Gruppe wird dies aber enschiedener und bewußter tun.



8. Kirche und Staat in Österreich


8.1. Habsburger - Josephinismus


Maria Theresia (1740 - 1780) bewahrte selbst in den schweren Schicksalsschlägen ihrer Regierung (Erbfolgekriege!) ihr naives und unerschütterliches Gottvertrauen. Dies zeigte sich in Stiftungen und Wohltätigkeitsarbeit. Sie erwartete dafür "gebührenden Lohn". Dies erschien ihr nicht der Fall, als ein Kardinal nicht einmal die Exkommunikation eines Herzogs verhindern konnte.

Staatskanzler Graf Wenzel Kaunitz-Rittberg (1768) nützte diese eingetretene Verstimmung, um die folgenden Staatskirchlichen Ideen durchzusetzen:


1. Vorstufe zum Josephinismus

Er richtete eine von den Freimaurern beherrschte Behörde ein, die das früher beanspruchte Recht, in die äußeren Dinge der Kirche schützend und verbietend einzugreifen (ius circa sacra), auf die inneren Vorgänge ausdehnte - die Giunta economale.

Der Verkehr mit Rom auch in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre wurde verboten, die Besetzung höherer Stellen nach der Nützlichkeit für den Staat durchgeführt, Klostereintritte an strenge Bedingungen geknüpft.

Die Tätigkeit der Mailänder Behörde war gleichsam die Vorübung für die von Joseph II. und seiner Mutter geschaffenen zentralen Behörden des Gesamtstaates.

2. Vorstufe


Rechtsordnung:

früher: das Recht wurde von den Geboten Gottes her begründet

jetzt: es setzte sich die Lehrmeinung durch, daß nur der Nutzen der Menschheit und die vernünftige Einsicht in die Menschheitsziele gesetzliche Regeln aufstellen dürften.


Jansenismus:

Er kam aus den Niederlanden.

Die Jansenisten

stellten dogmatische Fragen hintan zugungsten eines Auserwählungsbewußtseins, das etwa folgendes besagte:

Weil Maria Theresia ehrlich fromm sei, seien alle ihre Maßnahmen gottgefällig

und lobenswert. So habe sie die Verantwortung ernst genommen, die Kirche zur

Armut zurückzuführen (in der Lombardei), sie für das Wohl des Staates

einzuspannen, etwa durch die Reform der Universitätsausbildung des Klerus.

In der Studienhofkommission wurde gegen den Widerstand des Wiener

Erzbischofs Kardinal Migazzi beschlossen, die künftigen Geistlichen müßten

durch eine gründliche Ausbildung in Rechtswissenschaft,

Landwirtschaftswesen, Volksschulpädagogik usw. zu Staatsdienern auf dem

Lande erzogen werden; Glaubenslehre und Bibelkunde seien nicht so wichtig.


Andererseits übertrug die Kaiserin die für den Staat unumgängliche Sorge

("allzeit ein politikum") für die Volksbildung fast zur Gänze der Kirche.


Was sich unter Maria Theresia angebahnt hatte, steigerte sich unter ihrem Sohn zum Jophinismus.


Wesen des Josephinismus


Joseph II.: seit 1765 Kaiser, 1780 bis 1790 selbständiger Regent der österreichischen Erblande, vertrat

grundsätzliches Staatskirchentum.

als "aufgeklärter Herrscher" bewertete er das Menschliche und Diesseitige höher als das Übernatürliche - Göttliche. Religion habe lediglich die Aufgabe, auf sittlicher Ebene die Glückseligkeit der Menschen zu fördern, eine Verkündigung geoffenbarte Wahrheiten habe nur dann zu erfolgen, wenn sie mit der Vernunft durchschaut werden könnten und praktische Werte vermittelten.

Aus der Stellung des Herrschers als Diener des Staates und erstes Glied der Kirche erwachse ihm die Pflicht, diese Belange der Kirche zu regeln und sie der Wohlfahrt der Staatsbürger anzupassen.


T  Der Josephinismus wollte nicht unkirchlich sein, ging aber von einem falschen Kirchenbegriff aus. Er sah die Kiche nicht als das mit Jesus Christus geeinte und in seiner Lehre, dem Gnadenleben und den berufenen Amtsträgern verbundene Volk Gottes an, sondern als eine auf den Menschen bezogene Organisation, die wichtigeren Gemeinschaft zum Wohle der Menschen, dem Staat, Halt und Sittlichkeit bieten konnte.

Maßnahmen im Sinne des Rationalismus


Die "vernunftgemäße" Aufgabe der Kirche mußte eine vernunftgemäße Ausbildung voraussetzen. Diese schien Joseph II. in den tridentinischen Seminarien und den Klosterschulen nicht gewahrt. So verlangte er das Studium nur an den öffentlichen Anstalten, an Lyzeen und Universitäten.

Die Hörer wurden an Generalseminarien zusammengefaßt, sie waren für mehrere Diözesen gemeinsam und standen unter der Leitung eines staatlichen Beamten.

Das Hauptgewicht im Studium wurde auf das Kirchenrecht, die Kirchengeschichte, die praktische Einführung in die Seelsorgsmethoden und die Erteilung des Religionsunterrichts (Pastoraltheologie und Katechetik) gelegt.

Dogmatik trat nur im Sinne eines geschichtlichen Überblicks auf, eine philosophische Durchleuchtung (spekulative Theologie) der Glaubenslehre trat völlig zurück.


Jegliches Verständnis fehlte dem Josephinismus für:

den Nutzen des Gebetes

die Wallfahrten

die betrachtenden Frömmigkeitsformen

die Heiligenverehrung als Vorbilder, etc.


Durch eine Reihe einschneidender Maßnahmen wurden die ganze Flut barocker Andachten eingedämmt und sinnvolle Gebräuche ausgerottet, wie

die Segnung von Flur und Stall

die Fronleichnamsprozession

Bittgänge und Vierzigstündiges Gebet

Herz-Jesu-Kult

Volksmission


Maßnahmen im Sinne des Pragmatismus


Nützlichkeit für den Staat beherrschte das Denken des Josephinismus.

Klöster wie Orden der Kartäuser, Kamaldulenser und weibliche Zweige der Karmeliter und Franziskaner wurden aufgelöst, weil sie keinen Nutzen brachten.


Solchen Nutzen brächten nur die

eigentliche Pfarrseelsorge

der Jugendunterricht

die Krankenpflege.


Pfarregulierung:

Ein Großteil vor allem der nieder- und oberösterreichischen Stifte betreute die Pfarreien der Umgebung.

Josephs Neuerung:

Administrator für die Belange der Seelsorge in den Pfarren, der zugleich das Vermögen des Klosters verwaltete

Prior für die inneren geistlichen Dinge

Die Einkünfte der Klöster sollten nur für die drei "Nutzbarkeiten" Verwendung finden. Überflüssiges solle anderen Pfarreien oder der Schule zufallen.


So kam es zu einer dritten Art der "Klosterreform":

Wenn eine neue Pfarre gegründet oder eine entlegene Seelsorgstelle verselbständigt wurde, meldete man den finanziellen Bedarf dafür an, und die lokalen Behörden erhielten den Auftrag, ein geeignetes Koster ausfindig zu machen, dessen Grundbesitz oder Einkünfte dafür ausreichten. Dann wurde es aufgehoben.

Alle veräußerten Kirchengüter bildeten zusammen den unter Verwaltung der Länder stehenden "Religionsfonds".

Er bestand als eigene "Rechtspersönlichkeit" bis 1938 und diente der Besoldung des Klerus, der baulichen Pflege der Kirchen und karitativen Anstalten und zum Unterhalt der katholischen Privatschulen. Nach dem 2. WK ging der Religionsfonds in das Eigentum der Republik Österreich über, die dafür jährlich den einzelnen Diözesen nach ihrer Kopfzahl einen Zuschuß leistet. (z. B. Augustinerstift St. Pölten)


Säkularisation => Spinnen von Intrigen => wertvolle Kulturgüter verschleudert, kostbare Bibliotheken fanden keinen Käufer,


Die Wiener Zentralbehörden sahen den eigentlichen Nutzen der Pfarrseelsorge in:

der Erziehung des Volkes zum Gehorsam unter die wohlmeinende Obrigkeit

der Anleitung zur richtigen Arbeit und rechten Sittlichkeit, die den Frieden im Lande gewährleistet


Seit 1782 bemühte sich die "Geistliche Hofkommission" mit Hilfe der Bischöfe, übergroße und dadurch unüberschaubare Pfarrsprengel zu teilen. So wurden rund 640 Seelsorgsbereiche allein in NÖ, OÖ, der Steiermark und Kärnten neu abgegrenzt, entweder als Pfarreien oder Lokalkaplaneien.

Zur Deckung des großen Personalbedarfs wies man die Ordenspreister der aufgehobenen Köster an, solche Stellen zu übernehmen.Sie galten fortan als Weltpriester.

Der größte Teil der heutigen österreichische Pfarren geht in seiner Gliederung auf die josephinische Zeit zurück.


"Pfarregulierung":

Es wurde darauf geachtet, möglichst die staatlichen Verwaltungssprengel (Gemeinden, Katastralgemeinden, Kreise) mit den kirchlichen in Einklang zu bringen. Es sollte keine Grenzüberschneidung geben. Nach anfänglichen Problemen führte Joseph eine "Diözesanregulierung" nach dem Grundsatz durch, daß Bischofssitz und Landeshauptstadt, Landesgrenze und Bistumsgrenze zusammenfallen, jedoch überschaubare Sprengel entstehen sollen.


Der Verlauf des Josephinismus


Am Anfang der Regierung des Kaisers überstürzten sich die Maßnahmen.

Der Wiener Nuntius Garampi, unterstützt vom Erzbischof Kardinal Migazzi, protetstierte heftig. Es drohte nämlich die Gefahr einer Abspaltung von Rom, die Bildung der österreichischen Nationalkirche.


Gerade das josephinische Ehepatent, das eben vorher erflossen war und die Geistlichen zu zivilen Standesbeamten machte, griff das sakramentale Wesen der Ehe an.

Das Toleranzpatent (1784), das den meisten Religionen in der Habsburgermonarchie die Freiheit des Kultes und Bekenntnisses brachte, schien die Lehre von der wahren Kirche in Frage zu stellen.

Aufgrund von Widerständen alpenländischer frommer Dorfgemeinschaften widerrief der Nachfolger Josephs, Leopold II., z. B. das Verbot der Christmette und ließ das Hl. Grab in der Karwoche wieder zu.


Was jedoch blieb, war bedauerlich genug. Das System der Unterordnung der Kirche unter den Staat, das Staatskirchentum, die Verbeamtung der Geistlichkeit, die Verurteilung des Volkes zu passiver Haltung - das alles konnte nicht aufgewogen werden durch die bessere Organisation der Seelsorge und die (übrigens freudig aufgenomenen) neuen Singmessen, die ursprünglich als Kampfmaßnahmen gegen den römischen Gottesdienst gedacht waren.

Noch 50 Jahre blieb das Kirchenverwaltungssystem als Nachjosephinismus in Kraft; man nahm es hin und gewöhnte sich daran und nur mit Mühe könnte sich die Kirche aus der Umklammerung des Staates lösen.


8.2. Konkordate


8.2.1.Pius XI.


Wurde 1879 zum Priester geweiht. Als Leiter der Vatikanischen Bibliothek war er sehr gelehrt. Mit seiner Erstbesteigungen im Monte-Rosa-Gebiet und seine alpinistischen Extremleistungen wurde er bekannt. Er besaß ein festes Gottvertrauen und einen wagemutigen Optimismus. So erschien er als Mann, der einer in Unordnung geratenen Welt Frieden und Auftrieb zu geben vermochte.


Konkordate

(Konkordat = völkerrechtlicher Vertrag zwischen einem Staat und dem Vatikan)

In seiner ersten Enzyklika "Ubi arcano" prägte der Papst seinen Wahlspruch: "Friede Christi im Reich Christi." Er führte das Fest Christkönig ein. Er rechnete aber nicht mit einer Oberherrschaft Christi über die Welt, sondern mit einer von den aktiven Laien gelebten Durchdringung der Gesellschaft mit christlichen gesellschaftlichen Grundsätzen. Das sprach er in einer Großzahl von Rundschreiben zu Ehe und Familie, zur Gesellschaftsordnung ("Quadragesimo anno"), zur Katholischen Aktion aus. Ein jahrhundertealter Vorgang wurde aufgehalten: Seit dem Mittelalter sah man die Kirche fast nur mehr als Priesterkirche an, der die Laien gehorchen mußten, jetzt wurde die mündige Mitverantwortung des Laien, wie in der Urkirche, wieder neu gesehen.


Es ist kennzeichnend, daß Pius XI. die Regelung der kirchlichen Beziehungen zu den neuen oder gewandelten Staaten weithin den Verhandlungen von Laien überließ und nur die endgültigen Rechtsformen durch kuriale Organe ausarbeiten ließ. Dabei ging der Papst jedesmal auf die besonderen gesellschaftl. Verhältnisse der einzelnen Staaten ein, besonders deutlich im österreichischen Konkordat von 1933/34, das die berufsständische Verfassung zur Voraussetzung wählte (und deshalb bis heute durch ergänzende Übereinkünfte modifiziert werden mußte).


Das umstrittenste Konkordat wurde mit Hitler 1933 für das Deutsche Reich abgeschlossen. Pius XII., der am Zustandekommen maßgebend beteiligt war, hat es (1947) als "Versuch einer Rettung der Länderkonkordate mit räumlichen und inhaltlichen Erweiterungen in eine ganz ungewisse Zukunft hinein" beurteilt.

8.2.2.Wandel der Staats- und Traditionskirche zur Zeugnis- und Bekenntniskirche


1918: Ausrufung der Republik => Bischöfe erklären dem neuen Staat gegenüber Loyalität.

1919: Februarwahlen: Sozialdemokraten (SD) stärkste Partei

Kampfansage der SD an das konfessionelle Schulwesen

Forderung nach der Abschaffung des Religionsunterrichts.

Ehe: Propaganda der SD: "Heraus aus der Kirche, werdet konfessionslos" => Abbruch der vorerst freundlichen Haltung der Kirche.


Im Jahr des Justizpalastbrandes: mehr als 28.000 Kirchenaustritte in Wien.

Bundeskanzler Seipel gilt seit der blutigen Niederwerfung der Demonstranten als "Prälat ohne Milde".


1929 bis 1933: Vorbereitung eines Konkordats Österreichs mit dem Vatikan

Inhalte:

Ehegesetze

Schulrecht

Erhebung der Administraturen Innsbruck-Feldkirch und Burgenland zu Diözesen

1. Mai 1934: Abschluß des Konkordats (parlamentarisches Leben ist lahmgelegt).


1934 - 38: österreichische Kirche erlebt eine kurze Protektion des Staates.


Bundeskanzler Dollfuß wollte eine Gesellschaft nach der Sozialenzyklika Pius XI. (1931) errichten, das Parlament sollte nach Berufsständen geordnet sein. Realisiert wird die neue Verfassung nicht.


Situation Österreichs:

drückende Arbeitslosigkeit

Fremdenverkehr zusammengebrochen

Verbot der Sozialdemokraten

starke (illegale) nationalsozialistische Bewegung

politischer Druck durch Deutschland und Italien


8.2.3. Kirche im 3. Reich


12. März 1938: Regierung Seyß-Inquart, Einmarsch dt. Truppen

14. März 1938: Kardinal Innitzer bei Hitler, der einer loyalen Kirche freie Ausübung und Frieden zusichert.


Die katholische Kirche ist auf den "Anschluß" unvorbereitet, eingeschüchtert durch den bereits stattfindenden Kirchenkampf im "Reich", und steht noch dazu ohne Konkordat in einem rechtsfreien Raum. In dieser Perspektive erklären die Bischöfe ihr - Ja - bei der Volksabstimmung. 10. April 1938: 99,7 % für den Anschluß.


NSDAP:  1929: Massenpartei

1932: stärkste Partei, Hitler: Reichskanzler

vor 1933: keine offizielle Behinderung der Kirche vor 1933

Hervorhebung des Christentums im Regierungsprogramm und Abschluß des Reichskonkordats im Juli 1933.


Kapitulation des Katholizismus im NS, weil:

der NS eine pseudoreligiöse Bewegung war

und mit religiösem Instrumentar (Führer, Reich, Erlösung, Gehorsam, Massenfeiern, Ausschalutng der "Bösen" = Juden) arbeitete.


Kardinal Innitzer:       gründet Hilfsstelle für verfolgte Juden in Wien


Vor 1938 hatte die politisch stark engagierte Kirche Österreichs aufgrund der alarmierenden Berichte aus Deutschland und in Übereinstimmung mit der Enzyklika "Mit brennender Sorge" den NS als widerchristlich verurteilt.

Nach dem Anschluß 1938 hielten es die österr. Bischöfe in ihrer "Feierlichen Erklärung" für ihre "selbst-verständliche nationale Pflicht", sich als "Deutsche zum Deutschen Reich zu bekennen". Diesem  Hirtenbreif waren Drohungen und Einschüchterungsversuche, Versprechungen sowie eine Audienz Kardinal Innitzers bei Hitler vorangegangen. Auf diese Phase der totalen Unterordnung folgt auch prompt der Zusammenstoß: Schon im Herbst 1938 kam es zu jenem Sturm auf das Erzbischöfliche Palais, der als Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Kirche und NS-Regime gelten muß.

Die Kirche wurde von nun an immer mehr in die Katakomben getrieben bzw. ins Ghetto gedrängt. Viele Priester kamen in Konzentrationslager, Gefängnisse oder wurden hingerichtet.


Die Erfahrung mit dem NS und all seinen Schrecken hat nicht nur in den früheren Parteien, sondern auch in der Kirche zu einem Umdenken geführt, das sich in Entwicklungen nach dem 2. WK ausgedrückt hat.


8.2.4. Kirche in der 2. Republik


Unter Kardinal Franz König (Erzbischof von Wien 1956 - 1985) hat die Kirche in Österreich eine Position eingenommen, die charakterisiert wird durch das Schlagwort: "Freie Kirche im freien Staat" (Mariazeller Manifest 1952). Demnach bestimmen die Parteien seber durch ihre Programme, ihre Praxis und ihre handelnden Personen Nähe oder Ferne zur Kirche.


Der Klerus hat sich aus der Parteipolitik zurückgezogen, Laien-Christen aber können und sollen sich in allen demokratischen Parteien, Gewerkschaften und Verbänden betätigen, um christliche Wertvorstellungen auch politisch umzusetzen.

"Freie Kirche" bedeutet somit nicht eine "Kirche der Partei oder eines katholischen Ghettos", sonder heißt "eine Kirche der weltoffenen Türen und ausgebreiteten Arme, bereit zur  Zusammenarbeit mit allen".


Diese neue Standortbestimmung hat der Kirche auch wieder mehr Möglichkeiten eröffnet, glaubwürdig christliche Wertvorstellungen in der öffentlichen Diskussion zu vertreten und somit erneut die prophetische und ideologiekritische Aufgabe wahrzunehmen.







9. Theologie der Befreiung (TdB)


TdB = jene Glaubensreflexion der Kirche, die Ernst gemacht hat mit der vorrangigen und solidarischen Option für die Armen. Von ihnen ausgehend und mit ihnen zusammen will die Kirche befreiend wirken.



9.1.Motivation der Option für die Armen


Theo-logische Motivaton (von Gott her): Der biblische Gott ist ganz grundlegend ein lebendiger Gott, der Urheber und Schützer allen Lebens. Immer, wenn jemand sein Leben bedroht sieht und von der Zeit sterben soll, kann er auf die Gegenwart und Macht Gottes zählen, der ihm in irgendeiner Weise zu Hilfe kommt. Kraft seines eigenen Wesens weiß sich Gott angetrieben, dem notleidenden Armen zu Hilfe zu eilen.

Der Kult, der Gott wohlgefällt, muß begleitet sein von Gerechtigkeit und Hinkehr zum Bedürftigen und Unterdrückten. Wenn sich die Kirche für die Armen entscheidet, handelt sie wie der Vater, der im Himmel ist.


Christologische Motivation (von Christus her): Christus selbst hat unleugbar eine persönliche Option für die Armen getroffen und sie als die ersten Adressaten seiner Botschaft betrachtet. Er erfüllt das Gesetz jener Liebe, die sich gleich dem barmherzigen Samariter den Gefallenen auf der Straße zuwendet und die den Fernstehenden zum Nächsten und den Nächsten zum Bruder macht. Für die Jünger Jesu, die die Kirche bilden, wird diese Option in der Stiuation einer allgemein verbreiteten Armut zur vorrangigen Weise, den Glauben an Christus zu bekennen.


Eschatologische Motivation (vom Endgericht her): Jesus ist in seiner Frohbotschaft ganz eindeutig: Im höchsten Augenblick der Geschichte, wenn es um unser ewiges Heil oder unsere ewige Verdammnis geht, ist das, was wirklich zählt, unsere Haltung der Annahme oder Ablehnung gegenüber den Armen. Der höchste Richter selbst verbirgt sich hinter jedem Unterdrückten, und dieser gilt uns als einer der geringsten Brüder Jesu. Endgültige Gemeinschaft mit Christus hat allein der, der in der Geschichte wirklich Gemeinschaft mit den Sakramenten Christi - und das sind die Armen und Notleidenden - hatte.


Apostolische Motivation (von den Aposteln her): Von ihren ersten Anfängen an hat sich die Kirche um die Armen gekümmert. Die Apostel und ihre Nachfolger taten allen Besitz zusammen, so daß es unter ihnen keine Armen gab. Bei der Verkündigung des Evangeliums empfahlen sie, die Armen sollten nicht vergessen werden. Wie der größte Kirchenvater des Ostens, Johannes Chrysostomus, sagt: "Hinsichtlich der Mission wurde die Welt in Heiden und Juden geteilt, doch hinsichtlich der Armen gibt es keinerlei Teilung, denn sie gehören zur einen Sendung der Kirche, der des Petrus (Juden) ebenso wie der des Paulus (Heiden)".


Ekklesiologische Motivation (von der Kirche her): Angesichts der Marginalisierung und Verarmung der großen Bevölkerungsmehrheiten in Lateinamerika hat die Kirche des Kontinents, getreiben durch die bereits genannten Beweggründe und bewegt durch tief menschlich empfundenes Mitleiden, eine feierliche vorrangige Position für die Armen getroffen; sie ist 1968 in Medillin aufgekeimt und 1979 in Puebla bestätigt worden.

Die Bischöfe erkannten "die Notwendigkeit der Umkehr der gesamten Kirche im Sinne einer vorrangigen Option für die Armen mit Blickrichtung auf deren umfassende Befreiung".

Ausgehend von den Sehnsüchten und Kämpfen der Armen, bemüht sich die Kirche darum, in ihrer Evangelisierung die Akzente so zu setzen, daß alle sich gedrängt fühlen, ihren Glauben auch (nicht ausschließlich) als Faktor der Umgestaltung der Gesellschaft in Richtung auf mehr Gerechtigkeit und Brüderlichkeit zu leben. Alle müssen eine Option für die Armen treffen: Die Reichen sollten sich großzügig und rückhaltlos für die realen Armen und die Armen sollten sich für andere Arme oder für die Armsten der Armen entscheiden.


9.2.Begriff Armut


9.2.1. Der Arme im sozio-ökonomischen Sinne


Alle jene, die bedürftig oder der zum Unterhalt notwendigen Mittel beraubt sind (Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit, Elementarunterricht und Arbeit).


Unverschuldete Armut: unabhängig vom konkreten Willen der Betroffenen (unfruchtbare Böden, chronische Trockenheiten,)

=> das kapitalistische System hält diese Art von Armut dadurch aufrecht, indem sie billige Arbeitskraft aus ihr bezieht.


Ungerechte sozio-ökonomische Armut: hervorgerufen aus dem Prozeß der Ausbeutung der Arbeit. Der Arbeiter wird nicht nach Recht und Gerechtigkeit bezahlt, der Preis für die Rohstoffe wird gedrückt, die Zinsen für die Darlehen, die die Genossenschaften brauchen, sind verheerend. In diesem Fall bedeutet Armut Verarmung und stellt eine soziale Ungerechtigkeit von internationaler Reichweite dar.


Diskriminierte jeder Art:

aus rassischen Gründen

aus kulturellen Gründen

aus Gründen des Geschlechts

aus gesundheitlichen Gründen,


=> Diesen Armen müssen wir verkünden, daß Gott sie bevorzugt liebt, ganz gleich, wie ihre moralische oder persönliche Situation aussehen mag.


9.2.2. Der Arme im Sinn des Evangeliums


Im Sinne des Evangeliums arm ist jener, der sich Gott für die Verwirklichung seines Plans mit dieser Welt zur Verfügung stellt und dadurch zum Werkzeug und Zeichen des Gottesreiches wird. Darum zeigt sich der im Sinne des Evangeliums Arme solidarisch mit den Armen, ja, er identifiziert sich mit ihnen, wie es der historische Jesus getan hat.


Der Theologie der Befreiung geht es darum, daß alle Christen, auch die sozio-historisch Armen, zu Armen im Sinne des Evangeliums werden.



9.3. Geschichte der TdB


Die historischen Wurzeln der TDB liegen in der prophetischen Tradition von Glaubensboten und Missionaren, die von Beginn der Kolonisierung an die Art, wie die Kirche auf dem Kontinent präsent war, und die Weise, wie man die Ureinwohner, die Schwarzen, die Mestizen und die armen Bevölkerungsschichten in der Stadt und auf dem Land behandelte, in Frage gestellt haben.


Politisch-soziales Gären


Die populistischen Regierungen der 50er und 60er Jahre riefen ein nationalistisches Bewußtsein wach und förderten eine bezeichnende Entwicklung der Importsubstitution auf industriellem Gebiet (Importe wurden zunehmend durch Eigenproduktion ersetzt).

T  Kapitalismus

T  Forderungen nach einschneidenden sozio-ökonomischen Veränderungen

T  Militärdiktaturen in den Hauptnationen Lateinamerikas

TStabilität durch politische Repression und durch die polizeiliche Kontrolle sämtlicher Regungen des öffentlichen Lebens


Kirchliches Gären


Vor allem seit den sechziger Jahren weht in den Kirchen ein starker Wind der Erneuerung. Die Kirchen bejahen ihren gesellschaftlichen Auftrag:

Laien engagieren sich in der Volksarbeit, charismatische Bischöfe und Priester bestärken den Ruf nach Fortschritt und nationaler Modernisierung.

Es gibt Initiativen, die das Bewußtsein und die Lebensbedingungen der notleidenden Bevölkerungsschichten wirklich voranbringen: die verschiedenen kirchlichen Bewegungen wie

die JUC (Kath. Universitätsjugend)

die JOV (Kath. Arbeiterjugend)

die JAC (Kath. Landjugend)

der MEB (Bewegung zur Förderung der Grundausbildung)



Die Armut der Länder in der Dritten Welt ist der Preis, der gezahlt werden muß, damit die Erste Welt Überfluß genießen kann.







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