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WERBEPSYCHOLOGIE

WERBEPSYCHOLOGIE



Definition Werbung:


"Unter Werbung versteht man die beabsichtigte Beeinflussung von marktrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen ohne formellen Zwang unter Einsatz von Werbemitteln und bezahlter Medien." ( G. Schweiger, G. Schrattenecker; Werbung 1986 )



Georg Felser definiert Werbung über folgende zentrale Merkmale:




"Werbung ist eine Handlungsweise, die das Ziel hat, Entscheidungsspielräume von Personen zugunsten einer bestimmten Sache zu beeinflussen. Daher ist Werbung auf immer ein versuchter Eingriff in Verhaltensmöglichkeiten.

Werbung besteht darin, diejenigen Qualitäten der Sache offenkundig zu machen, die ohne Werbung verborgen waren.


Aus diesen beiden Definitionen geht deutlich hervor, daß mit Werbung sowohl das Verhalten als auch Entscheidungen beeinflußt werden sollen.



Zielsetzung der Werbung


Kroeber-Riel unterscheidet fünf mögliche Funktionen der Werbung:


Sie soll informieren.

Sie soll motivieren.

Sie soll sozialisieren.

Sie soll verstärken.

Sie soll unterhalten.


Wobei die eben genannten Funktionen bei verschiedenen Werbebeispielen unterschiedlich ausgeprägt sind.



Ad "Informieren


Nicht jede Information über Produkte kann Werbung genannt werden. Andererseits kommt es sicher öfter vor, daß Personen ihren Informationsbedarf mittels Werbung decken. Dazu ist zu bemerken, daß Produkte "unterschiedlich erkärungsbedürftig"

sind. Denkt man zum Beispiel an Zigaretten-Werbung, so wird hierbei keinerlei Er-

klärung nötig sein, man weiß wie sie aussehen, wie sie zu konsumieren sind, etc..

Wobei Werbung für Zigaretten nicht als positiv zu bewerten ist und aus diesem Grund immer mehr verboten wird,

Anders sieht der Erkärungsbedarf bei der Werbung für ein neues Haarfärbemittel aus: hierbei müssen die offenen Fragen, die sich eventuell stellen könnten (leichte Anwendabarkeit, Einwurkungsdauer, etc.), von der Werbung beantwortet werden.

Andererseits gibt es mehr als genug Werbebeispiele, bei denen so gut wie keine oder wirklich keine Informationen über das beworbene Produkt vorkommen.


In diesem Zusammenhang erwähnt G.Felser die sogenannte "Ereigniswerbung"

und die "Ideenspots". Unter Ereigniswerbung sind Werbespots gemeint, die überhaupt keine Argumente nennen, sondern als bloßes Kunstwerk erscheinen;

In ähnlicher Art funktionieren auch "Ideenspots": hier steht die witzige Idee im Vor-

dergrund, die mit dem Produkt fast nichts zu tun hat.

Nach Untersuchungsergebnissen aus den USA erfüllen weniger als die Hälfte aller

Werbespots Informationsfunktionen.

Oft ist es für die Hersteller gar nicht sinnvoll, mit bestimmten Fakten zu ihrem Produkt zu werben, denn oft genug wird "das Plus" eines Produktes schnell von der

Konkurrenz nachgeahmt. Oder aber, wenn man an gesättigte Märkte denkt: Wenn die Qualitätsunterschiede zwischen Produkten nicht besonders groß sind, und der Kunde so gut wie kein Kaufrisiko wahrnimmt, dann nützt es der Werbung nicht viel,

wenn sie sich auf das Verbreiten von Produktinformationen verläßt.



Ad Motivieren


Wenn Werbung einen besonderen Vorzug eines Produktes hervorhebt (wie etwa durch den Hinweis ".mit einem Schuß mehr Sahne!"), dann schafft sie Anreize, dann motiviert sie. Sie motiviert aber auch, wenn sie Emotionen erweckt.

Durch Werbung wird ein Aktivationszustand erzielt, der zu Hinwendung oder Abwendung führt. In der Forschung zum Konsumentenverhalten ist der Begriff der "Aktivation" sehr geläufig.

Werbung soll zwar "emotionale Konsumerlebnisse" verschaffen,das heißt aber nicht, daß eine spezielle genau umrissene Emotion erzeugt werden soll. Im Gegenteil: es ist schwierig, die Emotion zu benennen, die durch eine bestimmte Werbung angesprochen wird.



Ad Sozialisieren


Werbung soll "Normen und Modelle für das Konsumverhalten" bereitstellen.

Das geschieht zum Beispiel, wenn die Werbung Verhaltensmöglichkeiten zeigt, die normal sind oder normal sein könnten. In solchen Fällen sozialisiert sie.



Ad Verstärken


"Verstärker" ist einer der wichtigsten Begriffe der Psychologie. Ein Verstärker ist derjenige Reiz, der ein bestimmtes mit ihm verbundenes Verhalten wahrscheinlicher macht. Ein typischer Verstärker ist eine Belohnung. In der Werbung geht es einerseits darum, angenehme Assoziationen zu einem Produkt aufzubauen und aufrechtzuerhalten, andererseits Markentreue zu verstärken.

Mit verstärkter Werbung können auch Stammkunden dazu gebracht werden, höhere Produktmengen zu kaufen.

Anders gesagt: Die Unterstützung eines Verhaltens, das auch ohne die Werbung bereits gezeigt wurde, ist eine sehr wichtige Funktion, auf der ein großer Teil der

Werbewirkung beruht.

Ad Unterhalten


Von Werbung wird immer auch ein Minimum an Unterhaltung oder angenehmen

Zeitvertreib erwartet. Eindringlich zeigt sich diese Unterhaltungsfunktion in der alljährlichen Sammlung prämierter Werbespots in der Cannes-Rolle.

Doch oft liegt der Unterhaltungswert von Werbung nur darin begründet, daß sie als Kunstwerk betrachtet wird.



Was ist Werbepsychologie ?


Nach Lutz von Rosenstiel gehört die Werbepsychologie zum Teil der Angewandten

Psychologie und zum Teil der Praktischen Psychologie an: ".. Werbung ist ein

Kommunikationsprozeß, der einen Sender, einen Empfänger, eine Botschaft und ein Medium umfaßt, durch Kommunikationshilfen positiv oder negativ beeinflußt wird,

sich in spezifischen Situationen abspielt und zu einem bestimmten Ergebnis führt. Die Werbepsychlogie untersucht die psychologischen Aspekte dieser Elemente des

werblichen Kommunikationsprozesses."




Automatische Prozesse der Informationsverarbeitung




Implizites Gedächtnis und Mere-exposure-Effekt


Effekt des impliziten Erinnerns


Wenn die Informationsverarbeitung in der Vergangenheit das Verhalten in der Gegenwart beeinflußt, wenn also eine Person vorliegende Gedächtnisinhalte genutzt hat, ohne ein bewußtes ( explizites ) Erinnern, dann spricht man in der kognitiven Psychologie vom Gedächtniseffekt des "impliziten Erinnerns".


Beispiel: Bei der Darbietung einer Wortliste ertönt ein störendes Geräusch. Wenn die Versuchspersonen später die Wörter wieder hören, meinen sie, das Geräusch sei leiser geworden. Früher bereits gehörte Wörter werden subjektiv von einer wesentlich leiseren Geräuschkulisse begleitet als Wörter, die neu sind. Dieser Effekt läßt sich auch nicht durch den Hinweis abstellen, daß die Geräuschkulisse in Wirklichkeit die gleiche geblieben ist. (Vgl. Felser )



Der Mere - exposure - Effekt


Ein weiterer Gedächtniseffekt, der Mere - exposure - Effekt beruht nicht auf der Vertrautheit einer Vorlage, denn das bewußte Wiedererkennen ist für die uneingeschränkte Entfaltung des Effekts eher hinderlich. Wichtig hierbei ist die Darbietungshäufigkeit von unterschiedlichen Stimulus-Material ( Begriffe, Gerüche, Bilder, akustisches Material, etc. ). Von häufig dargebotenen Reizen werden positivere Bedeutungen erwartet als von seltener dargebotenen Reizen.



Der Mere-exposure-Effekt im Alltag


Mit Hilfe des Mere-Exposure-Effektes wird auch im Alltag versucht, gefallen und Sympathie zu erzeugen. Zum Beispiel: dadurch, daß ein Musikstück oftmals im

Radio gespielt wird, oder Politiker wiederholt auf Plakaten gezeigt werden, sollen

sie bekannt und populär gemacht werden.



Anwendung auf die Werbung


Implizite Gedächtniseffekte in der Werbung bestehen aber nicht im Wiedererkennen, sondern in einer positiveren Bewertung des vorher gesehenen.

Als Beispiel für die Anwendbarkeit der impliziten Gedächtniseffekte in der Werbung

ist der Test, den Perfect und Askew mit Versuchspersonen vornahmen: Sie "legten

ihren Versuchspersonen Werbeanzeigen in Illustrierten vor. Einige Versuchsper-sonen wurden aufgefordert, das Layout des Magazins auf seine Lesbarkeit hin ein-

zuschätzen. Eine andere Gruppe sollte dagegen gezielt einige Werbeanzeigen in dem Magazin beurteilen. Wie zu erwarten war, erinnerte sich die Gruppe, deren Auf-

merksamkeit gezielt auf Anzeigen gerichtet wurde, wesentlich besser an diese Vorlagen als die andere Experimentalgruppe. Das Ergebnis einer direkten Über-prüfung der Gedächtnis-Effekte wäre also eher ernüchternd ausgefallen: Bei einer

beiläufigen Verarbeitung der Werbevorlagen war die bewußte Erinnerung sehr gering. Es wurde aber auch eine indirekte Form der Überprüfung eingesetzt, mit der

sich Effekte des impliziten Gedächtnisses zeigen sollten. Die Versuchspersonen sollten die entscheidenden Werbevorlagen danach beurteilen, ob sie "in's Auge

springen", sich deutlich von den anderen Anzeigen unterscheiden, leicht zu merken

und ansprechend sind. Auf allen diesen Bewertungsdimensionen schnitten die gesehenen Anzeigen besser ab als Vergleichsanzeigen, die die Versuchspersonen

noch nie vorher gesehen hatten. Das wichtigste aber ist: die gesehenen Anzeigen

wurden unter allen Bedingungen positiver bewertet. Für diesen Effekt war es offen-bar ganz gleich, ob die Anzeigen bewußt erinnert worden waren oder nicht. Ebenso-

wenig machte es einen Unterschied, ob sie beiläufig oder aufmerksam wahrgenom-men worden waren. Kurz gesagt, um eine positivere Einstellung gegenüber den Anzeigen zu erzeugen, genügt es offenbar, die Versuchspersonen den Werbevorlagen auszusetzen. Es war keineswegs erforderlich, daß sie sich später bewußt an die Anzeigen erinnerten."(Vgl.: Felser Georg, S.131)

Sowohl mit den Forschungsansätzen zum impliziten Gedächtnis als auch mit dem Mere-exposure-Effekt kann man die Erwartung begründen, daß eine beiläufige Darbietung die spätere Wahrnehmung des Dargebotenen beeinflußt. Zudem geht die Beeinflussung offenbar in eine positive Richtung: die vorher dargebotenen Reize werden positiver bewertet.



Priming oder Assoziative Bahnung


Unter Priming versteht man die Wirkung von bestimmten Informationen auf spätere Informationsverarbeitung.

Ein alltägliches Beispiel hierfür ist das Gesellschaftsspiel "Tabu", bei dem ein Spieler seiner eigenen Mannschaft einen Begriff erklären muß, ohne bestimmte Tabu-Begriffe zu gebrauchen. Der Spieler hat eine Liste mit diesen Tabu-Wörtern. Liest er sie durch, kommt ihm keine andere Möglichkeit in den Sinn, den Begriff zu erklären, als nur mit diesen Wörtern. Durch das Durchlesen der Tabu-Wörter werden gerade diese besonders verfügbar, sie sind besser präsent. Diese erhöhte Verfügbarkeit ist eine Version des Priming-Effektes.


Eine andere Version ist jene, daß nur ein Begriff selbst nach einer vormaligen Verarbeitung besser verfügbar ist, sondern daß auch der Zugriff auf semantisch ähnliche Begriffe erleichtert wurde. Mit Hilfe des Primings kann der Abruf eines ganzen Netzwerkes von Bedeutungen wahrscheinlich gemacht werden. ( Bsp.: Brot - Butter, rot - Blut )



Kontexteffekte


Kontexteffekte sind spezielle Effekte des Primings. Hierbei beeinflussen andere Informationen, mit denen zusammen der Gegenstand einer Bedeutung gesehen wird, das Urteil.

Die Werbung versucht häufig, ihr Produkt in einen angenehmen Kontext zu stellen. Sie tut das in der Hoffnung, daß das angenehme Drumherum auf die Wahrnehmung des Produktes abfärbt. Doch haben Kontexteffekte nicht immer die gleiche Richtung. Der Einfluß der Kontexte schwankt zwischen Assimilation und Kontrast, wobei unter Assimilation das Abfärben der Eigenschaft eines Produktes oder einer Person auf ein anderes Produkt bzw. eine andere Person zu verstehen ist.

Wenn der Gegensatz zwischen Personen oder Produkten deutlich wird, spricht man von Kontrasteffekt.



Anwendung auf die Werbung


Die Werbung bedient sich sowohl des Priming- als auch des Kontexteffektes. Grundsätzlich funktioniert Priming mit Bildern genauso gut wie mit Begriffen. Sowohl Bild- als auch Wortinformation sind geeignet, semantische, affektive oder episodische Verknüpfungen zu verwandten Informationen herzustellen.


Die banalste Anwendung von Priming in der Werbung ist das gezielte Verfügbarmachen der Produktinformation in Geschäften. Falls es zu einer Entscheidung kommt, soll der Konsument eine bestimmte Produktinformation vor anderen abrufen. Daher werden Angebote in Einkaufs-Centern und Super-Märkten ständig laut durchgegeben, oder es befinden sich Werbetafeln an den Einkaufs-wagen.


Auch Kontext-Effekte finden ihre Anwendung in der Werbung und Produkt-gestaltung.


Ein Beispiel für die Plazierung eine bestimmten Kontexte zur Image-Verbesserung

führt G. Felser an:

Smith und Engel (1968) legten ihren Versuchspersonen eine Werbeanzeige für ein Auto vor. In einer Version war das Auto gemeinsam mit einer verführerischen Frau

Abgebildet. Die andere Version bestand aus derselben Abbildung ohne die Frau. In der Experimentalgruppe nahmen die Versuchspersonen das Auto als schneller, teurer, ansprechender und schöner wahr als in der Kontrollgruppe ohne die Abbil-


dung der Frau. In einer Nachbefragung gaben 22 von 23 Versuchspersonen an, sich nicht an die Abbildung der Frau zu erinnern. Auf die Abbildung aufmerksam gemacht, bestritten sie einen möglichen Einfluß.



Ein weiteres Beispiel zeigt, daß Kontrasteffekte ebenfalls für die Werbung genütz                 werden : Felser berichtet von einem Immobilienmarkler, der seinen Kunden immer zuerst einige Häuser zeigt, die wenig ansprechend aussehen und die sie ganz bestimmt nicht kaufen würden. Haben seine Kunden nur genug unattraktive Objekte gesehen, dann erscheint ihnen später das normale Angebot um so interessanter.




Unterschwellige Wahrnehmung


Durch die 1957 durchgeführte Untersuchung des Marktforschers Vicary,

der während einer Kinovorführung durch einen zweiten Projektor alle 5 Sekunden die Worte "eat popcorn" und "drink coca-cola" auf die Leinwand projizieren ließ, wobei die Projektionen zwischen 1/300 und 1/6000 Sekunde gelegen haben sollen,

zeigte sich, daß nach diesem Experiment , das über einen Zeitraum von sechs

Wochen fortgeführt wurde, der Popcorn-Verbrauch um 18% und der Coca-Cola-Verbrauch um 57% gestiegen ist.

Allerdings sei Vicary nicht bereit gewesen, weitere wichtige Einzelheiten zu seinem

Experiment bekanntzugeben. Die Folge dieses Experiments war, daß eine hitzige

Diskussion über die Möglichkeit der unterschwelligen Werbung stattfand, die bis

in die Gegenwart andauert.- Viele Fragen werden dabei aufgeworfen.



Gibt es überhaupt eine unterschwellige Wahrnehmung ?


Die hierbei entscheidende Frage ist, ob auch solche Reize eine Wirkung haben, die nie auch nur die Chance hatten, bewußt wahrgenommen zu werden.

G. Felser schreibt dazu: "Eine unterschwellige Wahrnehmung wird dann unterstellt,

wenn die Identifikation des dargebotenen Materials nicht besser ist als bloßes Raten und wenn gleichzeitig bestimmte Maße dafür sprechen, daß eine Reizverarbeitung stattgefunden hat. Solche Maße sind beispielsweise Reaktionszeiten bei Entscheid-ungsaufgaben, die das dargebotene Material betreffen, elektrodermale Haut-

reaktionen oder evozierte Potentiale auf der Großhirnrinde. Diese Maße zeigen also,

daß der Reiz verarbeitet wurde."

Allerdings fehlt für G.Felser ein Argument dafür, daß der Reiz wirklich unter-schwellig war. Er führt als eines der überzeugendsten Argumente dafür an, daß es sich um eine Unterschwelligkeit der dargebotenen Reize handelt, daß den Versuchspersonen für ein korrektes Wiedererkennen des dargebotenen Materials  Geld angeboten wird. Geld wurde ihnen deshalb geboten, weil sehr oft behauptet wird, die Versuchspersonen seien einfach unwillig, die unterschwelligen Reize zu erkennen.






Können sich unterschwellige Reize auf unsere Absichten, Wünsche und Bedürfnisse auswirken?


Grundsätzlich kann man zwischen schwachen und starken unterschwelligen (subliminalen ) Effekten unterscheiden. Ein starker Effekt wäre es, wenn eine Botschaft die Form eines direkten Befehls oder einer Aufforderung zur Ausführung dieses Befehls hat. Dieser Effekt kann jedoch heutzutage als gescheitert betrachtet werden. Eine unterschwellige Beeinflussung durch Priming ist jedoch möglich.

Bornstein (1989) unterscheidet drei Wirkungsweisen des Primings:

Erstens, daß durch die reine Bedeutung eines Begriffs später Informationen besser verarbeitet werden können (Wortassoziationen).

Zweitens könnten Motiv- und Affektzustände durch den unterschwelligen Reiz angesprochen werden. Wenn der Reiz zu einem bereits existierenden Bedürfnis paßt, dann wird dieses Bedürfnis zusätzlich aktiviert. Ein neues Bedürfnis wird aber nicht durch den Reiz erzeugt.

Drittens könnte der unterschwellig dargebotene Reiz nämlich einfach von einem Mere - exposure - Effekt profitieren. Eine häufige, einfache, unverstärkte Darbietung bewirkt bereits bei überschwellig dargebotenen Reizen eine positivere Affektlage gegenüber diesen Reizen ( siehe oben: Priming ).

Aufgrund der Experimente von Byrne (1959) und Bornstein (1989) scheint eine unterschwellige Aktivierung von existierenden Bedürfnissen, sowie von Trieben, also von angeborenen Bedürfnissen, durch unterschwellige Reize möglich zu seien.




Welche praktische Bedeutung hat unterschwellige Reizdarbietung für die Werbung?


Vier entscheidende Vorteile einer unterschwelligen Beeinflussung sind nach Bornstein (1989) von Bedeutung:


Die Herkunft einer unterschwelligen Darbietung bleibt unklar. ( günstig wenn Absender keinen guten Ruf hat und nicht mit Wohlwollen rechnen kann ).

Man kann sich der unterschwelligen Darbietung nicht entziehen.

Die Rezipienten können kaum bewußte Strategien gegen die Beeinflussung einsetzen.

Durch die Unklarheit der Herkunft der unterschwelligen Beeinflussung ist eine Rechenschaft über veränderte Affekt und Einstellungen der beeinflußten Personen nicht möglich. Die Gefahr dabei ist, daß Versuchspersonen im Nachhinein versuchen ihre Affektlage zu rationalisieren.



Eine Problem für die Nutzung von unterschwelliger Wahrnehmung stellt die Annahme dar, daß die Empfindungsschwelle nicht für alle Personen und für alle Situationen gleich ist. Auch ist es möglich, daß bestimmte Erwartungshaltungen den Abruf der Reizinformation erleichtern; z.B.: ist die Erwartung, bei Werbespots mit Produkten konfrontiert zu werden, sehr hoch, sodaß eine tatsächliche Konfrontation insgesamt leichter registriert wird und dadurch keine so starke Reizenergie voraussetzt.




Resümee


Effekte des impliziten Gedächtnisses, der Mere - exposure -Effekt, verschiedene Arten des Priming und deren Einflüsse auf Urteile und Bewertungen funktionieren immer dann am besten, wenn die Rezipienten von diesen Einflüssen nichts wissen.

Bornstein ist der Ansicht, eine unterschwellige Beeinflussung sei nichts wesentlich anderes: in allen Fällen werde der Rezipient beeinflußt, ohne daß er etwas dagegen unternehmen könne.


Wie sich zeigt, ist die Beeinflussung durch Werbung in den üblichen Fällen nicht allein eine Sache des Werbetreibenden, sondern auch des Publikums. Sicher ist, daß in normalen, unbewachten Alltagssituationen Konsumenten von diesen Prozessen beeinflußt werden. Aber: Wer seine Aufmerksamkeit auf die beein-flussenden Prozesse richtet, kann vieles daran kontrollieren und neutralisieren.

Dem gegenüber steht der Empfänger der unterschwelligen Reizdarbietung, dem es prinzipiell an jeglicher Kontrollmöglichkeit über eine mögliche Beeinflussung fehlt. Bei unterschwelliger Reizdarbietung ist der Rezipient völlig auf seine Automatismen zurückgeworfen, es fehlt ihm jede Kontrollmöglichkeit über eine mögliche Beeinflussung. Er ist nicht mehr als Rezipient im eigentlichen Sinn anzusehen, der eine freie Meinungsäußerung entgegennimmt.


"Daher kann eine unterschwellige Reizdarbietung auch nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt werden. Somit ergeben sich eine Reihe von ethisch und juristisch bedeutsamen Folgen aus der Unterscheidung zwischen prinzipiell und "zufällig' unkontrollierbaren Beeinflussungsprozessen.' ( G. Felser )








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