2.1 Permanentmagnetisches Schweben
2.1.1 Funktionsweise des permanentmagnetischen Schwebens (PMS)
Das Prinzip des permanentmagnetischen Schwebens (PMS) beruht auf den abstoßenden Kräften, die zwischen zwei Permanentmagneten entstehen. Dazu müssen die Dipole so angeordnet werden, daß die jeweils gleichen Pole übereinanderstehen, wie in Abb. 2.1.1 dargestellt.
Abb. 2.1.1 Anordnung der Dipollatten
Hierbei treten vier verschiedene Kräfte zwischen den Magneten auf:
Die Hauptkraft, die beim PMS genutzt wird, ist die Kraft zwischen den jeweiligen Nordpolen, die in der Lage ist, den oberen Magneten bei entsprechender seitlicher Fixierung über dem unteren Magneten in einen Schwebezustand zu bringen. Die anderen Kräfte, wie die Anziehung vom Nordpol des einen und dem Südpol des anderen Dipols bzw. andersherum, sowie die abstoßende Kraft zwischen den Südpolen können hier vernachlässigt werden, da die jeweiligen Pole in Relation zu den Nordpolen weiter auseinander liegen und somit weitaus kleinere Kräfte erzeugen.
2.1.2 Verwendung des permanentmagnetischen Schwebens
Das PMS wird vor allem für Bahnen im unteren Geschwindigkeitsbereich eingesetzt. Da der physikalisch instabile Zustand des PMS nur mir aktiver Magnetregelung aufrecht erhalten werden kann, was mit Permanentmagneten nicht möglich ist, erfolgen Abstandsregelung und Führung über mechanische Elemente (z.B. durch ein Fahrgestell), oder durch elektrodynamische oder elektromagnetische Elemente (s. Abb.2.1.2).
So wird das PMS häufig nur als Unterstützung benutzt, d.h. daß das Fahrzeug zusätzlich mechanisch getragen und geführt wird, zum Beispiel an einer Schiene, wie in Abb. 2.1.3 dargestellt.
Abb. 2.1.2 elektromagnetische Spurführung Abb. 2.1.3 Magnetbahn mit
Führungsschiene
Bei dieser Verwendung wird das PMS hauptsächlich zur Fahrgeräuschemissionsreduzierung, Verringerung der Rollreibungskräfte und somit zur Verminderung der Abnutzung des Systems genutzt, es arbeitet nicht mehr berührungsfrei.
Ein Beispiel ist die M-Bahn[1], die auf einer Versuchsstrecke in Berlin erprobt wurde. Die Bahn läuft auf einer Schiene, unter der Permanentmagnete angebracht sind, die hauptsächlich dem Antrieb dienen. Gleichzeitig wird das Rollengestell entlastet. Sie ist nur für Geschwindigkeiten unter 100 km/h ausgelegt, also nur im Nahverkehr einsetzbar.
2.2 Elektrodynamisches Schweben
2.2.1 Funktionsweise des elektrodynamischen Schwebens (EDS)
Das elektrodynamische Schweben beruht auf dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion.
Induktionsgesetz:
Von M. Faraday 1831 entdecktes Grundgesetz der Physik; beschreibt die Erzeugung einer elektrischen Spannung auf elektromagnetischem Wege durch Anderung des magnetischen Flusses, z.B. in einer Spule. Die Anderung läßt sich u.a. durch Bewegung der Spule in einem Magnetfeld oder durch zeitliche Anderung eines Magnetfeldes (z.B. durch Wechselstrom) erreichen: der durch die Induktion hervorgerufene Induktionsstrom fließt so, daß er (über sein Magnetfeld) seiner Ursache (z.B. Bewegung der Spule) entgegenwirkt (Lenzsche Regel).
Durch große Spulen wird ein starkes Magnetfeld erzeugt. Wird ein Leiter nun relativ zum Magnetfeld bewegt, so werden im Leiter sekundäre Ströme induziert. Wird der Leiter kurzgeschlossen, wie es bei einer breiten Metallplatte der Fall ist, so bilden sich "Kreisströme", sogenannte Wirbelströme. Diese Wirbelströme erzeugen Ihrerseits auch wieder ein magnetisches Feld, welches nach der Lenz'schen Regel seiner Ursache, d.h. der Spule entgegengesetzt ist. Dadurch entstehen zwei entgegengesetzte, sich abstoßende Magnetfelder, die einen Schwebezustand erzeugen. Wahlweise
Ein Beispiel für elektrodynamisches Schweben ist der in Japan entwickelte MLU[3]. Das Fahrzeug bewegt sich bis zu einer Geschwindigkeit von 100 km/h auf Stützrädern, dann nicht auf einer Leiterplatte, sondern auf passiven Reaktionsspulen im Fahrweg. Der MLU kann Geschwindigkeiten im Bereich von 500 km/h erreichen.
2.3 Elektromagnetisches Schweben
2.3.1 Funktionsweise des elektromagnetischen Schwebens (EMS)
Zum EMS wird ein starkes Magnetfeld benötigt. Dieses wird durch einen zu einer Spule gewickelten, stromdurchflossenen Leiter erzeugt, dessen Windungsdichte möglichst groß ist. Die erzeugte magnetische Feldstärke hängt nun hauptsächlich von der fließenden Stromstärke ab . Zusätzlich kann die Flußdichte durch Einbringen eines magnetisch gut polarisierbaren Materials (z.B. Eisen) verstärkt werden .
Dieser Elektromagnet kann nun durch sein starkes Magnetfeld über einem anderen Feld mit entgegengerichteter Polarisation zum Schweben gebracht werden oder sich von unten an ein magnetisierbares Material (z.B. Eisen) heranziehen. Letzteres wird beim EMS genutzt.
Ein sehr großes Problem dabei ist die Abstandsregelung. Um einen Schwebezustand zu erreichen, muß der Abstand genau so eingestellt werden, daß die Anziehungskraft des Magneten seine Gewichtskraft kompensiert. Wird der Spalt nur um wenige mm kleiner, so wird die Anziehungskraft entscheidend größer und der Magnet zieht sich ganz an das magnetisierbare Material heran (F 1 / d²). Wird der Spalt dagegen größer, so überwiegt die Gewichtskraft und der Magnet fällt herunter. Dies verdeutlicht die folgende Tabelle (Sollabstand = 15 mm; Schwebelast inkl. Magnet = 10 000 N)
Abstand d/mm |
Kraft F/N |
Schwebekraft - Gewichtskraft F/N |
Zustand von Spule und Material |
|
|
|
Nähernd |
|
|
|
Nähernd |
|
|
|
Nähernd |
|
|
|
nähernd |
|
|
|
nähernd |
|
|
|
stabil |
|
|
|
entfernend |
|
|
|
entfernend |
|
|
|
entfernend |
|
|
|
entfernend |
|
|
|
entfernend |
Deswegen bedarf es einer aktiven Regelung der Feldstärke des Elektromagneten, z.B. durch Regelung der fließenden Stromstärke I. Eine Möglichkeit ist es, den kapazitativen Widerstand eines Plattenkondensators mit angelegter Wechselspannung zur Feldregelung auszunutzen. Dazu wird eine Platte mit der Spule verbunden, während die andere Platte am darüberliegendem Material befestigt ist, so daß mit dem Abstand von Magnet und Material auch der Abstand der Platten variiert. Dadurch ändert sich bei einer Abstandsschwankung auch der kapazitative Widerstand des Kondensators (bei Wechselstrom). Durch eine geeignete elektronische Regeleinrichtung wird anhand des Widerstandes der Strom an der Spule geregelt und so das System in einen stabilen Zustand gebracht.
Eine Anwendung des EMS ist das in Japan entwickelte HSST (High Speed Surface Transport)-System. Tragen und Führen erfolgt hier kombiniert über dasselbe System. Der Antrieb erfolgt über einen Kurzstator-Linearmotor, d.h. der Antrieb liegt im Fahrzeug selbst, die Stromversorgung des Fahrzeuges wird über eine Schleifleitung sichergestellt, so ist das System ist nicht mehr vollständig berührungsfrei. Aus diesen Gründen ist das HSST für hohe Geschwindigkeiten ungeeignet, es kann Geschwindigkeiten von maximal 300 km/h erreichen.
Eine andere Anwendung des EMS ist der Transrapid , der 1979 anläßlich der Internationalen Verkehrsausstellung in Hamburg auf einer Teststrecke vorgestellt und im Personenverkehr eingesetzt wurde. Die Weiterentwicklung des Transrapid 05 ist der Transrapid 06, der 1983 auf einer 21,5 km langen Versuchsstrecke im Emsland in Betrieb genommen wurde. Er verfügt über 32 einzeln geregelte Tragmagnete sowie 28 Führungsmagneten pro Fahrzeugglied (der Transrapid kann aus mehreren Einheiten variabel kombiniert werden). Die Tragmagneten dienen gleichzeitig als Erreger für den Antrieb des Fahrzeugs, den Langstator-Linearmotor. Als Reaktionsschiene werden die ferromagnetischen Wicklungen des Langstator-Linearmotors genutzt, d.h. die Funktionen Tragen und Antreiben werden von demselben System übernommen. Die Spaltbreitensensoren kontrollieren ständig den Spalt zwischen Tragmagneten und Antriebswicklungen und übermitteln das Ergebnis an einen Regler, der über einen Magnetstromsteller eine Spaltbreite von 8 mm einstellt. Der Abstand zwischen Fahrzeugunterseite und Fahrwegtisch beträgt 15 cm, so daß das Fahrzeug in der Lage ist, trotz Schneedecke oder kleinen Hindernissen (<15 cm) betrieben zu werden. Die Energieversorgung der Elektromagneten erfolgt
Vorteilhafter gegenüber dem PMS ist das EDS. Der Schwebezustand regelt sich von selbst, es wird also keine elektronische oder mechanische Regelung benötigt. Auch ist die relativ hohe Schwebehöhe von ca. 10 cm vorteilhaft. Doch dieses System wirft Probleme auf, die nur technisch aufwendig zu lösen sind, wie die supraleitenden, primären Induktionsspulen an der Fahrzeugunterseite. Sie erfordern eine technisch- und energieaufwendige Kältetechnik, gleichzeitig werden starke Magnetfelder im Fahrgastbereich erzeugt, was ein Mitfahren für Personen mit Herzschrittmachern unmöglich
macht und elektronische Geräte stören kann. Durch die benötigten mechanischen Fahrgestelle zum "Starten und Landen" wird die Masse des Fahrzeuges belastet. Bis sich neue Fortschritte im Bereich der Supraleitung ergeben (z.B. Supraleitung bei höheren Temperaturen), hat sich dieses System als zu nachteilig erwiesen. So wurde 1977 die Forschung in dem Bereich des EDS in Deutschland abgeschlossen. In Japan jedoch wird weiterhin Forschung auf diesem Gebiet betrieben, besonders wegen der hohen Erdbebensicherheit.
II Literaturverzeichnis
Jung, Dr. Volkhard: Magnetisches Schweben. Springer Verlag Berlin, Heidelberg 1988; ISBN 3-540-50196-7 (Berlin)
Purcell, Edward M. Berkeley Physik Kurs 2: Elektrizität und Magnetismus. 2. Aufl. 1979; deutsche Ausgabe: Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1979; ISBN 3-528-18352-7
Thyssen Transrapid System GmbH: Magnetschnellbahn Transrapid: Technik und System. MSBTr 5/97 20.000 D PR
Thyssen Henschel Infotec 1: Magnetschnellbahn Transrapid - Von der Entwicklung bis zur Anwendung. Infotec M A1; 2000D 12/95 SdW
Thyssen Transrapid System GmbH: Vom alternativen Konzept zur Systemführung. Verkehr 2000 10/97 D
MVP Versuchs- und Planungsgesellschaft für Magnetbahnsysteme mbH: Dokumentation Transrapid Technik. München, Oktober 1996, 2. überarbeitete Auflage
Thyssen, Siemens, Henschel: Konsortium Transrapid
Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen