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Ausbreitungsverhalten von Schadstoffen bei verschiedenen Temperaturschichtungen der Atmosphäre


Gliederung

Einleitung

2. Verschiedene Temperaturschichtungen der Atmosphäre und das Ausbreitungsverhalten von Schadstoffen

2.1 Labilität und Stabilität der Atmosphäre

2.1.2 Looping, - gute Schadstoffverwirbelung bei labiler Schichtung

2.1.3 Coning, - konische Rauchfahne bei neutraler Schichtung

2.1.4 Fanning, - schlechte Schadstoffverwirbelung bei stabiler Schichtung

2.1.5 Lofting, - Schadstoffbarriere durch stabile Schichtung in Bodennähe

2.1.6 Fumigation, - Schadstofffalle durch stabile Schichtung in der Höhe

2.2 Inversionen

2.3 Turbulenz, - die Voraussetzung vertikaler Durchmischung

2.4 Wind, - als Ursache von Inversionen

2.5 Lang- und kurzwellige Strahlung

2.6 Städtische Wärmeinsel, - ein Beispiel einer anthropogenen Anderung der Temperaturschichtung

3. Ein Überblick der Ausbreitungsklassen

4. Schlußbemerkung

1. Einleitung

Emittierte Luftverunreinigungen können vielen Einflüssen unterliegen. Ihre schädigende Wirksamkeit hängt neben der chemischen Zusammensetzung auch von der Konzentration ab. Die Konzentration von luftfremden Stoffen wird vor allem durch atmosphärische Vorgänge, wie Windgeschwindigkeit, Windrichtung und Turbulenz bestimmt. Die Ausbreitung von Luftverunreinigungen geschieht in horizontaler wie auch in vertikaler Richtung. Während die horizontale Ausbreitung eine Funktion der Windrichtung und Stärke ist, wird die vertikale Ausbreitung verstärkt durch die verschiedenen Atmosphärenschichtungen beeinflußt. Die verschiedenen Atmosphärenzustände werden in sog. Ausbreitungsklassen unterteilt, die ein Maß für die Ausbreitungsbedingungen von Luftschadstoffen darstellen.

Aufgabe dieses Referates soll es sein, den Zusammenhang zwischen der Ausbreitung luftfremder Stoffe in Abhängigkeit von den verschiedenen Temperaturgradienten und den unterschiedlichen Ausbreitungsklassen aufzuzeigen und zu erklären.

2. Verschiedene Temperaturschichtungen der Atmosphäre und das Ausbreitungsverhalten von Schadstoffen

Um die Ausbreitung von Schadstoffen berechnen zu können, bedient man sich den sog. Ausbreitungsrechnungen. Ausbreitungsrechnungen wurden bereits von vielen Wissenschaftlern aufgestellt. Solche Rechnungen zeigen den Zusammenhang zwischen Konzentration und Entfernung, in Abhängigkeit der verschiedenen Emittenten und atmosphärischen Variablen auf. Ein Beispiel einer solchen Ausbreitungsrechnung ist in Abb. 1 vereinfacht dargestellt. sy stellt die vertikale, sx die horizontale Schadstoffkonzentration dar. Die Windgeschwindigkeit ist mit U bezeichnet. Die Entfernung zum Schornstein mit x. Ausbreitungsgleichungen stellen den funktionalen Zusammenhang zwischen den Variablen her und lassen so Konzentrationsprofile errechnen. Entsprechend den atmosphärischen Gegebenheiten weichen die Schadstoffkonzentrationen sy und sx von der Gauß´schen Normalverteilung ab. Um Schadstoffkonzentrationen näherungsweise berechnen zu können, ist es unumgänglich den Einfluß verschiedener Rahmenbedingungen für ein bestimmtes Untersuchungsgebiet zu berücksichtigen. Hierzu zählen beispielsweise Oberflächenrauhigkeit, Windrichtungswechsel, Temperaturschichtung, Sonneneinstrahlung und Absorptionsvermögen der Erdoberfläche.

Abb.1 Dreidimensionales Konzentrationsprofil zur Ausbreitungsrechnung im Abstand x.

(modifiziert nach: Stern, S.441)

Die atmosphärischen Bedingungen werden durch Wind- und Temperaturverhältnisse bestimmt. Einige Autoren haben die verschiedenen atmosphärischen Variablen zu Klassen zusammen gefaßt, den sog. Ausbreitungsklassen oder auch Stabilitätsklassen, die sie den Ausbreitungsrechnungen zuführen. Grundsätzlich werden drei Klassen unterschieden, labil, neutral und stabil. Die Ausbreitungsklassen stellen dabei ein Maß für die unterschiedlichen Turbulenzverhältnisse der Atmosphäre dar, welche es im folgenden näher zu erläutern gilt.

2.1 Labilität und Stabilität der Atmosphäre

Labilität und Stabilität in der Atmosphäre sind die Folge unterschiedlicher, vertikaler Schichtungen der Lufttemperatur. Die Lufthülle der Erde wird nicht unmittelbar von der Sonnenstrahlung erwärmt, sondern indirekt über den Umweg der Erdoberfläche, d.h. die elektromagnetische Strahlung der Sonne erwärmt den Boden, der wiederum die so aufgenommene Energie an die angrenzenden Luftschichten abgibt und diese damit erwärmt. Die höheren Luftschichten wiederum strahlen ihre Wärmeenergie in den Weltraum ab. Im Mittel besteht also in der Atmosphäre ein Wärmegefälle von den bodennahen zu den höheren Schichten. Die Lufttemperatur nimmt in der Regel mit der Höhe ab. Diese Temperaturabnahme wird als geometrischer Temperaturgradient bezeichnet.

Der adiabatische Temperaturgradient ergibt sich aus der Betrachtung eines isolierten Luftpaketes. Steigt ein Luftpaket auf, so gelangt es in Bereiche niedrigeren Druckes, dehnt sich aus und kühlt ab. Sinkt das Luftpaket ab, so wird es durch den zunehmenden Luftdruck komprimiert und erwärmt sich. Je nach stofflicher Zusammensetzung des Luftpaketes erfolgt die Temperaturänderung verschieden stark.

Temperaturveränderungen haben immer auch eine Anderung der Dichte zur Folge. So ist die Dichte eines warmen Luftpaketes geringer als die eines kalten, was bedeutet daß warme Luft stets aufsteigt und kalte Luft stets absinkt.

In Abb.2 ist eine massive Inversion dargestellt. Auf der x-Achse ist die Temperatur in Grad Celsius, auf der y-Achse die Höhe in Meter abgetragen. Die durchgezogene Linie stellt den geometrischen Temperaturgradienten dar. Es wird ersichtlich, daß die Temperatur der Luft mit der Höhe zunimmt. Die gestrichelte Linie stellt den adiabatischen Temperaturgradienten dar. Es ist deutlich zu erkennen, daß die Temperatur eines aufsteigenden Luftpaketes mit der Höhe abnimmt. Angenommen die Temperatur eines

Abb.2 Beispiel einer stabilen Schichtung mit Inversionsunter- grenze in 500m.

Luftpaketes beträgt am Erdboden 9°C, die der Umgebungsluft 1°C, so hat dies zur Folge, daß das Luftpaket auf Grund seiner geringeren Dichte aufsteigt. Mit dem Aufstieg nimmt seine Temperatur ab. In einer Höhe von 500 Meter hat das Luftpaket ein Niveau erreicht, in der es die gleiche Temperatur besitzt wie die der Umgebungsluft. Das Luftpaket erfährt hier keinen Auftrieb mehr. Jeder weitere Versuch aufzusteigen wird durch die höher liegenden, leichteren Luftschichten unterbunden, sie stellen eine Sperrschicht dar, die vertikale Luftbewegung stark einschränkt.

Es wird deutlich, daß vertikale Luftbewegungen entscheidend von der Temperaturschichtung abhängen. Im Falle von Luftverunreinigungen stellt ein geringer vertikaler Luftmassentransport eine höhere Schadstoffkonzentration in den unteren Luftschichten dar. Die Ausbreitung von Luftverunreinigungen hängt also in großem Maße von der Schichtung der Atmosphäre ab, die im folgenden an 5 exemplarischen Temperaturschichtungen näher behandelt werden.

Den Abbildungen 2-6 sind folgende Überlegungen zugrunde gelegt. Ein Fabrikschornstein emittiert kontinuierlich Rauch. Der Rauch besitzt beim Austritt eine gewisse Austrittsgeschwindigkeit und -Temperatur, die ihn zunächst in vertikale Richtung über die eigentliche Schornsteinhöhe hinaus, verfrachtet. Erst in einer gewissen Distanz von der Schornsteinöffnung biegt er dann in die Horizontale ein. Man nennt diesen Punkt die effektive Schornsteinhöhe, dessen Wert ebenfalls von der Temperaturschichtung abhängt. Der Wind weht aus westlicher Richtung, also von links nach rechts der Abbildung. Die Rauchkonzentration wird durch die Helligkeit der Rauchfahne dargestellt. Die durchgezogene Linie stellt den geometrischen Temperaturgradienten, bzw. den augenblicklichen Gradienten, dar. Die gestrichelte Linie stellt den adiabatischen Temperaturgradienten dar.

2.1.2 Looping

Looping - die Luft ist stark labil geschichtet. Der Schornsteinrauch bewegt sich sinusförmig nach Westen. Auf Grund von Turbulenz und Konvektion (siehe Kap.2.3), kann der Rauch hin und wieder bis zum Boden herunter gedrückt werden. Die vertikale Durchmischung ist gut und die Schadstoffkonzentration nimmt mit der Entfernung zum Schornstein rasch ab. Zu beachten ist allerdings, daß die unstete Bewegung der Rauchschleife bereits in einer geringen Entfernung vom Schlot hohe Konzentrationen von Schadstoffen in Bodenhöhe bedeuten. Die gute Durchmischung und rasche Verdünnung des Rauches mit zunehmender Entfernung ist die Folge von erzwungenen kleinen Konvektionswirbeln, die die Rauchwolke in immer kleinere Teilstücke zerreißt.

Abb.3 Looping, (Oke, S.287)

Der Grad der Verdünnung ist somit abhängig von der Windgeschwindigkeit und Oberflächenrauhigkeit.

Das Looping ist typisch für einen schönen Sommertag in den Nachmittagsstunden, wenn die Sonne die Erdoberfläche genügend erhitzt hat und sich so eine labile Atmosphärenschichtung ausbildet.

2.1.3 Coning

Coning - die Luft ist leicht stabil bis neutral geschichtet. Die Rauchwolke wird durch gleichmäßige Ausbreitung in horizontaler wie in vertikaler Richtung konisch geformt.

Abb.4 Coning

(Oke, S.287)

Es herrschen nur geringe konvektive Luftströmungen vor. Lediglich kleinere Turbulenzen werden durch Reibung hervorgerufen und verdünnen nur mäßig die Schadstoffe. Die Rauchwolke berührt die Erdoberfläche in einer größeren Entfernung zum Schornstein als beim Looping.

Das Coning kann am Tag wie auch in der Nacht auftreten. Typisch ist ein windiges, wolkiges Wetter.

2.1.4 Fanning

Fanning - die Luft ist stark stabil geschichtet. Die Rauchfahne bleibt schmal in vertikaler Richtung und ist langgestreckt oder leicht gewellt. Die Luftschicht ist kaum turbulent, so daß nur wenig Bewegung auf die Rauchfahne einwirkt. Die stabile Schichtung

Abb.5 Fanning, (Oke, S.287)

läßt eine vertikale Durchmischung in Folge von Auftrieb nicht zu. Ein unregelmäßiger Wechsel der Windrichtung formt eine V-förmige Rauchfahne aus, die in der Draufsicht an einen Fächer, eng. Fan, erinnert. Ein solcher Fächer kann bis zu 100 km unverändert bleiben. Da er keinerlei vertikalem Transport unterliegt, ist die Schadstoffkonzentration in Bodennähe gleich Null, es sei denn, die effektive Schornsteinhöhe ist sehr klein oder das Terrain ändert sich und läßt den Fächer die Erdoberfläche berühren. Im Falle des letzteren können Schadstoffkonzentration auftreten, die sich nur geringfügig von Messungen in unmittelbarer Nähe der Schornsteinöffnung unterscheiden. Fanning ist oft die Vorstufe zur Fumigation-Situation.

Das Fanning ist vorwiegend nachts, in Verbindung mit einer Tiefdruckwetterlage zu beobachten.

2.1.5 Lofting

Lofting- die Luft ist in Bodennähe stabil geschichtet (Bodeninversion), in Schornsteinhöhe leicht labil bis neutral (aloft: engl. für oben). Die Rauchfahne verläuft entlang

Abb.6 Lofting

(Oke, S.287)

der Inversionsobergrenze geradlinig, parallel zum Erdboden, während sie sich nach oben hin ungehindert ausbreiten kann. Die Inversion blockiert Vertikalbewegungen und läßt keine Schadstoffe zur Erdoberfläche durch. Die Inversionshöhe übersteigt im allgemeinen kaum 300m, außer in Tallagen. Schornsteine, die nicht über die Inversionshöhe hinaus reichen, emittieren zwangsläufig die Schadstoffe in die Inversionsschicht hinein, wo sich die Stoffe wie beim Fanning, in einer festen Höhe fangen und

zu gefährlichen Konzentrationen anwachsen.

Das Lofting entsteht in den frühen Abendstunden, bei wolkenlosem Himmel, wenn sich die Bodeninversion in Folge einer hohen Ausstrahlung langsam in die Höhe vorarbeitet. Das Lofting stellt die umweltverträglichste Form der Temperaturschichtung dar. Es kommt hier zu einer guten Verdünnung der Schadstoffe, ohne die bodennahen Bereiche zu belasten. Leider ist die Lofting-Situation nur von kurzer Dauer, denn wenn sich die Inversionsschicht bis zur Schornsteinöffnung hochgearbeitet hat, entsteht die selbe Situation wie beim Fanning.

2.1.6 Fumigation

Fumigation - die Luft ist unterhalb der effektiven Schornsteinhöhe labil geschichtet, oberhalb stabil (Höheninversion). Die Rauchfahne verläuft parallel zur Inversionsschicht und kann diese nicht durchdringen, während sie sich zum Erdboden hin ungehindert ausbreiten kann. Jede Verdünnungsmöglichkeit ist somit nach oben hin

blockiert, nach unten hingegen kann es zu gefährlichen Schadstoffkonzentrationen kommen. Die Fumigation-Situation stellt somit den umgekehrten Fall zur Lofting-Situation dar und ist die umweltschädlichste. Unterhalb der Inversionsschicht kommt es, bedingt durch die labile Schichtung, zu großräumiger Konvektion, wobei die Rauchfahne gut durchmischt wird und bis zur Erdoberfläche verwirbelt wird. Die Rauchwolke berührt die Erdoberfläche in einer kleinen Entfernung zum Schornstein.

Die Fumigation-Situation ist oft in großen Städten anzutreffen. Hat sich erst einmal

Abb.7 Fumigation

(Oke, S.287)

eine dynamische bzw. Absinkinversion ausgebildet, so wirken anthropogene Wärmequellen im Stadtgebiet der stabilen Schichtung in Bodennähe entgegen und lösen sie bis in eine gewisse Höhe auf. Das Problem der Fumigation-Situation wird in Kap. 2.4 nochmals aufgegriffen.

2.2 Inversionen

Besondere Extremsituationen von Schadstoffkonzentrationen stellen Inversionen dar. Es werden grundsätzlich zwei Arten unterschieden, die Boden- und die Höheninversion.

Bodeninversionen bzw. Strahlungsinversionen entsprechen der Lofting-Situation, vorausgesetzt, die Inversionsschicht ist nicht höher als die effektive Schornsteinhöhe. Bodeninversionen treten ganzjährig auf, wobei sie in Wintermonaten kräftiger ausgebildet sind als in Sommermonaten. Sie entstehen durch Strahlungsabkühlung des Bodens, in wolkenarmen Nächten mit schwachem Wind. Tab.1 zeigt die Bodeninversionshäufigkeiten über Stuttgart, in Prozent.

0 Uhr 12 Uhr

0-200m

200-400m

400-700m

>700m

0-200m

200-400m

400-700m

>700m

Januar









Februar









März









April









Mai









Juni









Juli









August









September









Oktober









November









Dezember










Jahres-

mittel









Tab.1 Inversionshäufigkeit über Stuttgart (modifiziert, VDI, S.212)

Die Inversionsmächtigkeit liegt um Mitternacht allgemein in Höhen zwischen 0 - 200 Meter, was bedeutet, daß bei ausreichender Schornsteinhöhe keine hohen Schadstoffkonzentrationen in Bodennähe zu erwarten sind. Nach Sonnenaufgang wird die Lofting-Situation zur Fumigation-Situation umgewandelt, wenn die Bodeninversion abhebt und sich zu einer Höheninversion entwickelt.

Abb.9 soll den Sachverhalt verdeutlichen. Im unteren Teil der Abbildung ist eine Bodeninversion mit Obergrenze bei 150m dargestellt. Kraftfahrzeuge, Haushalte, Fabriken mit einer effektiven Schornsteinhöhe unter 150 Meter emittieren entsprechend der Fanning-Situation. Die Schadstoffe konzentrieren sich in den ersten 150 Meter der Atmosphäre und können , sollte diese Situation länger anhalten, zu hohen Konzentrationen führen. Wenn aber die Sonnenstrahlung im Laufe des Tages die bodennahen Schichten erwärmt, so wird die Inversionsschicht vom Erdboden abgehoben, wie im oberen Teil der Abbildung dargestellt. Im Gegensatz zur vorherigen Situation emittiert der mittel hohe Fabrikschornstein zwar immer noch in die Inversionsschicht hinein, die Schadstoffe erreichen aber nicht mehr den Erdboden. Die Schadstoffe der niedrigen Emittenten werden jetzt auf Grund der eingetretenen Labilisierung besser durchmischt, sind aber weiterhin durch die aufliegende Inversionsschicht nach oben hin in ihrer Ausbreitung begrenzt. Der hohe Fabrikschornstein emittiert in beiden Fällen über der Inversionsschicht und die Schadstoffe können durch die Inversionsschicht den Erdboden nicht erreichen. Im Laufe des Tages kann es passieren, daß die Inversionsschicht nicht aufgelöst wird, durch weitere Erwärmung des Erdbodens aber weiterhin empor gehoben wird. Dann werden die Schadstoffe aller Emittenten unterhalb der Inversionsschicht ausgestoßen und es ist die gefährliche Fumigation-Situation eingetreten, wie bereit in Abbildung 7 dargestellt.

Höheninversionen bilden sich bei Hochdruckwetterlagen aus oder entstehen, wenn Warmluft auf Kaltluftmassen aufgleitet. Eine sich unter Hochdrucksituation ausbildende Inversion wird als Absinkinversion bezeichnet. Hierbei sinken Luftmassen ab erwärmen sich dynamisch und können Höheninversionen ausbilden. Liegt ein Gebiet z.B. in den Herbst- oder Wintermonaten unter dem Einfluß von polaren Kaltluftmassen und nähert sich eine Warmfront von Westen, so kann es passieren, daß diese den Kaltluftberg nicht verdrängen kann und gleitet auf ihm auf. Auch in diesem Fall bildet sich eine Höheninversion aus, die je nach Wetterlage, längere Zeit anhalten kann. Die Folge ist eine erhöhte Schadstoffkonzentration in Bodennähe, entsprechend der Fumigation-Situation.

Abb.9

Verhalten von Schadstoffemissionen bei verschiedenen Inversionsschichtungen

(Baumbach, S.60)

Egal ob Boden- oder Höheninversion, beide Arten stellen eine Sperrschicht dar, die den vertikalen Austausch begrenzen. Ausschlaggebend für die Gefährlichkeit von Inversionen ist ihre Dauer und die Dicke der Mischungsschicht. Als Mischungsschicht bezeichnet man den Bereich zwischen Boden und Inversionsuntergrenze, der eine vertikale Ausbreitung zuläßt. Allgemein sind die Mischungsschichten im Winter kleiner als im Sommer, da die Atmosphäre dann kompakter und die Tropospause niedriger ist.

Zustände mit geringer Mächtigkeit der Mischungsschicht kann zu Smog-Situationen führen. Der Smog (Smoke + Fog) wird als Zustand großer Luftverschmutzung mit z.T. sichtbaren Luftverunreinigungen definiert. Nach heutigem Begriffsgebrauch wird der Begriff Smog auch dann benutzt, wenn kein Nebel vorhanden ist. Es werden prinzipiell zwei Arten Unterschieden, Wintersmog, als Folge einer Strahlungsinversion und photochemischer Smog, als Folge einer Absinkinversion. Eine Smog-Situation liegt nach der Mustervorschrift vom 8/9.11.84 der 23. Umweltministerkonferenz vor, wenn:

in einer Luftschicht, deren Untergrenze weniger als 700 m über dem Erdboden liegt, die Temperatur der Luft mit der Höhe zunimmt

die Windgeschwindigkeit in Bodennähe seit mehr als zwölf Stunden im Mittel weniger als 3 m/s beträgt

nach den meteorologischen Erkenntnissen des Deutschen Wetterdienst nicht auszuschließen ist, daß diese Wetterlage länger als 24 Stunden anhalten wird.

Die Bestimmung der Wettersituation erfolgt durch die Aufnahme eines vertikalen Temperaturprofils bis in eine Höhe von mindestens 1000 Metern. Smog-Alarm wird, selbst im Falle einer Inversion, erst ausgelöst, wenn bestimmte Grenzwerte von Schadstoffkonzentrationen überschritten werden.

Nach der o.a. Mustervorschrift entspricht eine Smog-Situation entweder der Lofting- oder der Fumigation-Situation.

2.3 Turbulenz

Durch turbulente Luftbewegungen erfolgt ein Luftaustausch zwischen verschiedenen Niveaus. Turbulenz ist die Voraussetzung für eine gute Durchmischung und Verdünnung von Schadstoffen. Sie äußert sich als Böhigkeit und Windrichtungswechsel. Die Turbulenz wächst mit Windgeschwindigkeit, Rauhigkeit des Geländes und zunehmender Labilisierung der Atmosphäre. Es werden zwei Arten der Turbulenz unterschieden, die dynamische und die thermische Turbulenz. Die dynamische Turbulenz ist auf ungeordnete Luftbewegung infolge von Reibung zurückzuführen. Sie ist vor allem von der Windgeschwindigkeit und der Oberflächenrauhigkeit abhängig und beeinflußt die Schichtungsverhältnisse bis in 1 Kilometer Höhe. Die thermische Turbulenz oder auch Konvektion ist von ungeordneten Vertikalbewegungen der Luft abhängig, die durch Erwärmung der Atmosphäre von unter her erzeugt wird, wobei die Luft in Form von Blasen durch die Atmosphäre aufsteigt. Der vertikale Massenversatz muß durch abwärts gerichtete Luftströmungen kompensiert werden. Auf- und Abwärtsbewegungen geschehen unregelhaft und erzeugen Wirbel. Die thermische Turbulenz kann sich über die ganze Atmosphäre erstrecken. Die Temperaturschichtung der Atmosphäre hat nun eine entscheidende Wirkung auf das Turbulenzverhalten. Stabile Schichtungen dämpfen die Vertikalbewegungen, labile Schichtungen hingegen fördern sie. Die in Abb.3 dargestellte Rauchfahne wird demnach von Konvektionswirbeln erfaßt und nach der jeweiligen vertikalen Luftströmung auf- oder abwärts bewegt. Mit dem Grad der Stabilität nehmen auch die Auftriebskräfte der erwärmten Luftpakete ab und die Turbulenz verringert sich. Im Fall der Coning-Situation vermögen die Wirbel ein nur noch leichtes Ausfransen der Rauchfahne zu bewirken, im Fall der Fanning-Situation scheinen keinerlei Vertikalbewegungen mehr statt zu finden; der Rauch breitet sich linienhaft aus.

Ein hoher Grad von Turbulenz in der Atmosphäre verhindert Extremkonzentrationen von Schadstoffen, wie beispielsweise bei Inversionswetterlagen. Hohe Windgeschwindigkeiten bedeuten somit eine große dynamische Turbulenz, eine starke Durchmischung der Luftschichten und eine bessere Verdünnung der Schadstoffe. Das gleiche gilt auch für die thermische Turbulenz, die bei genügend hoher Sonneneinstrahlung Luftmassen und die darin befindlichen Schadstoffe bis in große Höhen verwirbeln kann.

2.4 Wind

Wind und Turbulenz sind eng miteinander verflochten. Je größer die Windgeschwindigkeit wird, je größer werden die Turbulenzen und desto mehr nähert sich die Schichtung dem Typ `neutral', da die einzelnen Luftschichten gut durchmischt werden, d.h. bei windigem Wetter sind keine Inversionslagen zu befürchten. Der Wind ist auch ein Maß für die Turbulenz. Durch Messungen von Windrichtungsänderung (Standardabweichung von der Hauptwindrichtung) und Windgeschwindigkeitsänderung (Böhigkeit), kann der atmosphärische Zustand genauer beschrieben werden. Eine weitere Funktion des Windes stellt die Advektion dar. In Abb.10 ist die Fumigation-Situation nahe einer Küste oder eines größeren Sees bei auflandigem Wind, im Sommer dargestellt. Die Luft über dem Wasser kühlt sich ab und bildet eine stabile Schichtung, die vom Wind über das wärmere Land geschoben wird (Bodeninversion). Befindet sich nahe der Küste ein Emittent, so breiten sich die Schadstoffe entsprechend der Fanning-Situation aus. Landeinwärts wird die stabile Schichtung von unten herauf durch

Abb.10

Austauschverhalten und atmosphärische Verunreinigungen bei verschiedenen Windsystemen

(Oke, S.289)

das wärmere Festland labilisiert. Die Bodeninversion wird abgehoben. Werden nun

Schadstoffe in die Untergrenze der abgehobenen Bodeninversion geweht, so werden sie von der erhöhten Turbulenz der bodennahen Schicht erfaßt und bis zum Erdboden verwirbelt. Die Inversion bildet sich landeinwärts zurück, bis sie sich schließlich aufgelöst hat. Die Schadstoffe können sich dann gut verdünnen und nehmen in ihrer Konzentration rasch ab.

Ahnlich wie bei der Fumigation-Situation in Küstennähe, verhält es sich über einer nächtlichen Stadt. In der Umgebung der Stadt bildet sich nachts eine Bodeninversion aus. Wird diese mit dem Wind in Richtung Stadt verfrachtet, so erwärmen sich auch hier die untersten Bodenschichten und haben den selben Effekt wie bereits in Abb.10 beschrieben.



2.5 Lang- und kurzwellige Strahlung

Die Strahlung ist indirekt ein Maß für die Turbulenz. Sie beeinflußt die Temperaturschichtung in großem Maße und ist für Extremsituationen, wie in Kapitel (Inversion) beschrieben, verantwortlich. Die kurzwellige Strahlung erwärmt die Erdoberfläche und hat vor allem in den Mittagsstunden eine labilisierende Wirkung auf die bodennahen Schichten. Langwellige Strahlung hat die gegenteilige Wirkung. Besonders während der Nacht und bei ruhigem Wind hat die langwellige Ausstrahlung der Erdoberfläche eine stabilisierende Wirkung auf die untersten Bodenschichten. Ein wolkenloser Himmel begünstigt diesen Effekt, eine geschlossene Wolkendecke hingegen unterbinden ihn.

Eis- oder Schneedecken haben ebenfalls eine stabilisierende Wirkung. Zum einen reflektieren sie in erhöhtem Maße die tägliche kurzwellige Strahlung der Sonne und verhindern so ein Erwärmen des Bodens, zum anderen benötigen sie zusätzlich Wärmeenergie zur Aggregatzustandsänderung, die sie der Umgebungsluft entziehen und sie somit abkühlen und weiter stabilisieren. Letzteres ist in besonderem Maße bei Warmluftadvektionen wahr. Ahnliches trifft auch für feuchte Luftmassen zu. Ist eine Inversion von Nebel begleitet, so verhindert auch dieser die rasche Erwärmung des Bodens und verzögert den Erwärmungsprozeß der Luft durch die zusätzlich benötigte Verdunstungsenergie, die der Luft bei Nebelauslösung entzogen wird. Andersherum kann der Nebel die atmosphärischen Fenster schließen und so eine Auskühlung des Bodens verhindert. Nicht selten verhindern Nebelbänke die Entstehung von Bodeninversionen, und begünstigen Höheninversionen, wenn nämlich die Oberseite der Nebelbänke abkühlt.

2.6 Städtische Wärmeinsel

Als städtische Wärmeinsel wird die Temperaturerhöhung über einem Stadtgebiet gegenüber seinem Umland bezeichnet. Sie ist Folge der anthropogenen Wärmeerzeugung

Abb.11

Stadt in Tallage bei Inversionslage

(modifiziert nach: VDI-Kommission, S. 230)

und kann im Winterhalbjahr am deutlichsten beobachtet werden. Besonders gut kann

der Effekt an Städten in Tallagen beobachtet werden Abb.12. In gehobenem Freiland bilden sich in Strahlungsnächten Bodeninversionen aus. Die kalte Oberflächenluft fließt über die Hänge ins Tal ein, wo sie durch anthropogenen Wärmequellen der Stadt erwärmt wird. Beim Aufsteigen kühlt sich die Luft wieder ab und erreicht dann eine Höhe, in der sie die gleiche Temperatur wie die der Umgebungsluft besitzt. Hier bildet sich eine stabile Schichtung aus, die näherungsweise dem vertikalen Temperaturverlauf der weiteren Umgebung folgt. Die Folge ist, daß sich eine massive Inversion wie eine riesige Glaskuppel über der Stadt aufspannt. Höheninversionen treten begünstigt über Städte auf. Die sich über einer Stadt bildende Dunstglocke kühlt in der Nacht an der Obergrenze aus und erzeugt so eine Höheninversion, die wiederum die Ansammlung von weiteren Aerosolen über der Stadt fördert.

3. Ein Überblick der Ausbreitungsklassen

Das Meßnetz, um vertikale Temperatur und Windverhältnisse zu messen, ist sehr viel grobmaschiger als das horizontale auf der Erdoberfläche. Um trotzdem Aussagen über den vertikalen Zustand der Atmosphäre zu treffen, werden die atmosphärischen Variablen aus synoptischen Beobachtungen gewonnen und in Ausbreitungsklassen zusammen gefaßt. (siehe auch Referat vom 09.02.1995, Thema: Bestimmung der Ausbreitungsbedingungen aus synoptischen Beobachtungen.)

Einige Autoren bzw. Institutionen die sich dem Problem der Klasseneinteilung angenommen haben sind: Bringfelt, Carpenter, Montgomery, Tennesse Valley Authority (TVA), Holland, Moses und Carson, Briggs, Pasquill, Brookhaven National Laboratory - New York, McElroy, Hinds, Turner, Ludwig und Dabberdt.

Einige Arbeiten seinen im Folgenden aufgelistet.

Einteilung von Stabilitätsklassen nach Pasquill:


Grad der nächtlichen Wolken- bedeckung


einfallenden kurzwellige Strahlung

Windgeschwindigkeit, U

m/sek.

stark

mäßig

schwach

dünne Wolkendecke oder >4/8 Wolkendecke

<4/8 Wolkendecke

<2

A

A-B

B




A-B

B

C

E

F


B

B-C

C

D

D


C

C-D

D

D

D

>6

C

D

D

D

D

Tab.2 (modifiziert nach: Stern, S.454)

Die Ausbreitungsklassen werden in Buchstaben von A-F unterteilt, wobei die Klasse A sehr labil, die Klasse D neutral und die Klasse F sehr stabil bezeichnet. Die berücksichtigten atmosphärischen Variablen sind zu einen die thermischen Zustände, unterteilt nach Tag und Nacht, sowie die Windgeschwindigkeit. Als Nacht ist der Zeitraum von einer Stunde nach Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang ausgewiesen. Nach der Einteilung von Pasquill ist der Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Intensität der Sonneneinstrahlung schön zu beobachten. So nimmt die Labilität der unteren Atmosphäre bei Windgeschwindigkeiten kleiner als 2 m/s mit zunehmender Sonneneinstrahlung von B auf A zu. Zum anderen nähert sich, bei gleicher einfallenden Strahlung und zunehmender Windgeschwindigkeit, die thermische Schichtung dem Zustand neutral. Nach Pasquill bilden sich stabile Schichtungen nur nachts bei kleinen Windgeschwindigkeiten aus (nächtliche Ausstrahlung).

Stabilitätsklassen für Städte nach Ludwig und Dabberdt:

Bodenwindgeschwindigkeit in m/s

tags

Sonnendeklination > 15°

Strahlung

stark mäßig schwach

durch-

scheinende Bewölkung >9/10 oder

Sonnendeklination <15°

nachts

Bedeckung

>5/10 <5/10

<2

A

B

B

D

E

E


A

B

C

D

D

E


B

C

C

D

D

D


C

C

D

D

D

D

>6

C

D

D

D

D

D

Tab.3 (modifiziert nach: VDI-Kommission, S.73)

In Anlehnung an Pasquill haben Ludwig und Dabberdt eine gleichartige Klasseneinteilung vorgenommen, die aufgrund von Windgeschwindigkeit, Sonnendeklination, Sonnenstrahlung und Bewölkung die Verhältnisse über einer Stadt charakterisieren. Die Klasseneinteilung ist hier die gleiche wie bei Pasquill. Der Bewölkungsgrad ist hier differenzierter unterteilt. Auffällig ist, daß nach dieser Klassifikation eine sehr stabile Schichtung über einer Stadt nie möglich ist, was mit dem Wärmeinseleffekt zu erklären ist.

Brookhaven National Laboratory - New York:


U (m/sec)

Böhigkeit

z = 9m z = 108

B2



B1



C



D



Tab.4 (modifiziert nach: Stern, S.455)

Hier werden die Stabilitätsklassen anhand von Windgeschwindigkeitsmessungen in verschiedenen Höhen bestimmt. Die Klasse C bezeichnet eine neutrale Schichtung, Klasse D eine stabile und B1 und B2 eine labile bis sehr labile Schichtung. Auch ist ersichtlich, daß eine neutrale Schichtung nur bei hohen Windgeschwindigkeiten erreicht werden kann. Niedrige Windgeschwindigkeiten lassen hingegen eine labile oder stabile Schichtung zu. Stabile Schichtungen unterscheiden sich hierbei von labilen dadurch, daß in 108 m Höhe eine relativ hohe Windgeschwindigkeit herrscht, obwohl in 9 m Höhe eine nur sehr kleine gemessen wird. Der Grund hier für ist in der geringeren Vertikalbewegung der Luft in stabil geschichteter Atmosphäre zu suchen, da mit Abnahme der Vertikalbewegungen die Turbulenz abnimmt und somit ein reibungsloserer Windstrom in geringen Höhen möglich wird.

St.Louis Daten, McElroy:

Bezeichnung

Klassen- einteilung

Standard-

abweichung von Windrichtung

in Grad

Emittent

Landober- fläche

St.Louis

i


niedrige

Höhe

städtisch

relativ flach

ii


iii


iv


v


Tab.5 (modifiziert nach: Stern, S.449)

Die Klassifizierung der St.Louis Daten beruht auf Untersuchungen von McElroy über der Innenstadt von St.Louis, Missouri. Hier wird als Maß die Standardabweichung der Windrichtung von der Hauptwindrichtung benutzt, entsprechend der Tatsache, daß die Böhigkeit und der Windrichtungswechsel mit dem Grad der Turbulenz zunehmen und ein erhöhtes Turbulenzverhalten ein Maß für die Temperaturschichtung ist. Die Klassen sind von i -labil über iv -neutral bis v -stabil unterteilt. Da über Städten, auf Grund des Wärmeinseleffekts, die Luft meist labil geschichtet ist, werden hier drei Labilitätsklassen gebildet.

Beziehung zwischen den unterschiedlichen Stabilitätsklassen

Bezeichnung

Klassen- einteilung

Stabilitätsgrad

Standard-

abweichung von Windrichtung

in Grad

Emittent

Landober- fläche

Pasquill

A

sehr labil


niedrige Höhe

offenes Gelände

B

labil


C

leicht labil


D

neutral


E

leicht stabil


F

stabil


Brookhaven

B2

labil


erhöht

(108m)

offenes Gelände mit leichter Bewaldung

B1

labil


C

neutral


D

stabil


McElroy,

St.Louis

i

labil


niedrige

Höhe

städtisch

relativ flach

ii

labil


iii

labil


iv

neutral


v

stabil


Tab.5 (modifiziert nach: Stern, S.449)

Da sich die Schadstoffe bei unterschiedlichen Ausbreitungsklassen in bestimmten Formen ausbreiten, ist es auch nicht verwunderlich, daß sich die gemessenen Konzentrationen am Boden entsprechend unterscheiden. Abb.13 zeigt den Zusammenhang zwischen Schadstoffkonzentration, Entfernung zum Emittenten und Wetterlage. In der Abbildung wird auf der y-Achse die SO2 Konzentration abgetragen, auf der x-Achse der Abstand zum Schornstein. Der Schornstein ist in diesem Beispiel 125 Meter hoch. Als Windgeschwindigkeit werden 10 m/s angenommen. Die bodennahen Konzentrationen bei den jeweiligen Wetterlagen sind als Kurven eingezeichnet. Vergleicht man die Abb. 2-6 mit der Abb.13, lassen sich die Ergebnisse leicht deuten. Die Kurven `sehr labil' und `labil' entsprechen der Looping-Situation. Auf Grund von

Abb.13

Berechnete SO2 bei verschiedenen Wetterlagen

(modifiziert nach: Häckel, S.39)

Turbulenzen wird die Rauchfahne bereits in einem kleinen Abstand zum Schornstein auf den Boden gedrückt, hier als Scheitelpunkt um die 0,5km Marke zu erkennen. Die Durchmischung ist gut und die Schadstoffe können ungehindert in die bodenfernen Luftschichten diffundieren, die Kurven flachen mit zunehmender Entfernung rasch ab. Je weiter sich die Wetterlage der Situation neutral nähert, um so besser ist die Coning-Situation verwirklicht. Mit zunehmender Stabilität der Luftschichtung ist das Konzentrationsmaximum in immer größer werdendem Abstand zum Schornstein zu beobachten. Die Kurve `sehr stabil' hat entsprechend ihren Ursprung bei der 2km Marke, wo die Rauchfahne erstmals den Boden berührt. Die Konzentration nimmt kontinuierlich zu und bleibt über eine lange Distanz erhalten. Hier liegt die Fanning-Situation vor. Die Schadstoffe werden in der austauscharmen Luft festgehalten, wodurch sie sich nicht verdünnen können und lange in der bodennahen Schicht verweilen.

4. Schlußbemerkung

Die Beschreibung turbulenter Vorgänge ist sehr schwierig und stellt die Menschen bis zum heutigen Tag oft vor Probleme. Turbulente Vorgänge sind chaotische Systeme, die keinen uns bekannten Regelhaftigkeiten folgen. An ihnen gehen geordnete, gesetzmäßige Systeme zugrunde. Schnell fließende Medien bilden Wirbel aus, die ihrerseits in kleinere Wirbel zerfallen und die wiederum fragmentieren. Im Verlauf der Entstehung von Turbulenz kommt es zu unendlich vielen Teilungen und immer weiteren Unterteilungen oder Verzweigungen auf immer kleinerer Skala. Das System besitzt dann soviel Freiheitsgrade, daß alles Vermögen der heutigen Wissenschaft nicht ausreicht, um es zu beschreiben. Ein neuer Wissenschaftszweig, die Chaostheorie, hat sich der Problematik angenommen und läßt auf Erfolge auf diesem Gebiet hoffen. Ein weiteres Problem, welches sich speziell für Ausbreitungsrechnungen ergibt, ist die große Anzahl benötigter Anfangsparameter, um einigermaßen exakte Ergebnisse errechnen zu können. Es handelt sich hier um chaotische Systeme, in denen eine kleine Wirkung bis ins unendliche verstärkt werden kann. Man denke hier an das so oft angeführte Beispiel des Flügelschlages eines Schmetterlings, der als Initiator für ein Hurrikan fungieren kann. Turbulenzen entstehen, weil jedes Stück der Handlung von allen anderen Stückchen abhängt und weil die Rückkopplung zwischen den Stücken immer mehr neue Stücke hervorbringt. Das ist auch der Grund dafür, daß die Anzahl der bekannten Anfangsparameter nie ausreicht, um genaue Berechnungen durchführen zu können.

Auf das Thema dieses Referates bezogen heißt das, Ausbreitungsrechnungen sind als statistische Betrachtungen zu werten. Je nach Rechenmodell sind bei gleicher Ausgangssituation Ergebnisse zu erwarten, die um ein vielfaches von einander abweichen können. Die Erfassung des atmosphärischen Zustandes und dessen Klassifizierung sind nur ein Teilglied in den sehr komplizierten Rechenmodellen. Die Klassenbildung beruht meist auf Meßreihen oder langjährigen Experimenten die, je nach Autor, nach bestimmten Kriterien erfolgt und nicht einheitlich ist. Auch können keine allgemein gültigen Ausbreitungsrechnungen erstellt werden, die für jedes Gebiet realistische Ergebnisse liefern würden. Dazu sind die Anfangsparameter wie Oberflächenform oder Bebauung zu unterschiedlich. Nichtsdestotrotz können Gutachten in bestimmten Gebieten als Planungsgrundlagen dienen oder Aussagen über die Verteilung von Luftverunreinigungen machen.

Die häufigste Anwendung der Ausbreitungsrechnung ist die Bestimmung der Schornsteinhöhe vor Erteilung von Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen gemäß §6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Die 'Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft' (kurz TA-Luft) beschreibt Verfahren zur Berechnung. Oft mangelt es auch hier an genügend meteorologischen Parametern, vor allem in vertikaler Richtung.

Eine immer bessere Computertechnologie ermöglicht immer komplexere Rechenmodelle und genauere Ergebnisse und Simulationen. Dieser Fortschritt nützt jedoch nichts, wenn er lediglich zur exakte Bestimmung von Schadstoffausbreitungen gebraucht wird. Meines Erachtens müßte mehr Energie darauf verwendet werden, den Schadstoffausstoß insgesamt zu senken, als darauf, die Ursache von Spitzenkonzentrationen zu ignorieren und die Emittenten so zu konstruieren, daß sie bei gleicher Schadstoffmenge unauffälliger in unsere Atmosphäre emittieren, die bereits am Rande ihrer Belastungsgrenze angelangt ist.

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