Sollen wir Atomkraftwerke abschalten?
Sehr geehrte Jury, liebe Anwesende.
Heute in drei Wochen jährt sich zum 13. Mal PAUSE der große
Supergau von Tschernobyl. Noch heute leiden mehrere Menschen in
aller Welt an den Folgen wie Leukämie oder Schilddrüsenkrebs.
Wie man in den letzten Wochen in den Zeitungen lesen konnte, gibt es
in Amerika schon das sogenannte Three-Miles-Island, wo ein
Atomkraftwerk zum Kauf angeboten wird, welches schon alt, unsicher
oder sogar abzureißen ist.
In unserer Zeit benutzt jeder in der zivilisierten Welt tagtäglich den
Strom aus der Steckdose, ob nun im Haushalt oder in seiner Freizeit,
zum Staubsaugen oder zum Musikhören. Um diese Energie erzeugen zu
können, betreiben wir heute unter anderem ca. 20 Atomkraftwerke in
unserem Nachbarland Deutschland mit unterschiedlich vielen
Reaktorblöcken. Die sich zur Zeit im Betrieb befindlichen
Atomkraftwerke erzeugen ungefähr ein Drittel der dort benötigten
elektrischen Energie.
Wie immer wieder von der Atomlobby dargestellt soll sie eine saubere,
zukunftsweisende und billige Energiequelle sein. Schaut man aber etwas
genauer auf die Finanzierung und ebenso auf die Verwertung oder
Beseitigung des Mülls, so stellt man folgendes fest:
Sie wird, um sie für die Verbraucher bezahlbar zu machen, mit 80% aus
Steuergeldern subventioniert, d.h. der Verbraucher, ob Industrie oder
Privathaushalt, bezahlt nur 20% der tatsächlichen Kosten.
Wie bei jeder anderen konventionellen Art der Energieerzeugung so
entsteht auch bei der Spaltung von Uran Abfall. Die eingesetzten
Brennstäbe müssen nach ihrem Verbrauch ausgewechselt und entsorgt
werden. Dies kann auf zweierlei Weise geschehen: Zum Einen werden
die lange gekühlten Brennstäben auseinandergeschnitten und in Fässer
verpackt in sogenannte Zwischenlager gebracht. Die andere Möglichkeit
besteht darin, die Brennstäbe chemisch in ihre Bestandteile aufzulösen
und sozusagen wieder aufzubereiten und in sogenannten “Schnellen
Brüter” wiederzuverwenden.
Sieht man sich nun das Problem der Entsorgung der radioaktiven
Abfälle an, für welche in keinem Land dieser Welt ein Endlager besteht,
so kann man aus diesem Grund zu der Meinung kommen, daß wir
aufhören müßten weiterhin Abfälle zu produzieren, für welche wir keine
“Müllkippe” haben.
Weiter sind die Eigenschaften dieses Mülls so, daß wir uns Menschen ein
großes Problem für die nächsten paar Jahrtausende aufhalsen. Die
Halbwertzeit, also die Zeit in welcher sich die Strahlung von z.B.
Plutonium halbiert, ist 20 mal so lange, wie die letzte Eiszeit in Europa
her ist, also 200.000 Jahre. Wer von uns Menschen ist in der Lage für
diesen Zeitraum die Verantwortung zu übernehmen? Keiner, denn es
wird zu dieser Zeit keiner von uns mehr auf dieser Erde leben.
Abgesehen davon wissen wir gar nicht was in dieser Zeit
erdbiographisch geschehen wird und dadurch ist dieses Risiko nicht im
geringsten abzuschätzen.
Selbst wenn wir ein “Endlager” hätten, könnten wir diese Frage, dieses
Risiko nicht abschätzen.
Die meisten dieser AKWs wurden in den 60er und 70er Jahren gebaut
und haben in naher Zukunft ihre geplante Laufzeit erreicht, d.h. es ist
nicht nur der Müll, den wir entsorgen müssen; sondern es sind ebenso
die kontaminierten, d.h. die radioaktiv verseuchten Bauteile der AKWs.
Sehen wir uns z.B. den Abbruch des Atomkraftwerks Nierdeaichbach
an, so wird einem sehr schnell deutlich mit welchen Schwierigkeiten und
mit welcher Hilflosigkeit wir diesem Problem gegenüberstehen. Der
Reaktor wurde zuerst als Modell nachgebaut, um an diesem Geräte und
Roboter zu entwickeln und zu erproben, welche die Demontage
ausführen sollten. Ein Abriß in der herkömmlichen Art und Weise ist
nicht möglich gewesen, da die Strahlung des Stahls und des Betons die
Arbeiter zu sehr gefährdet hätte. Dieser Abriß, des nur 18,3 Tage voll in
Betrieb gewesenen AKWs ist mit dem Verpacken des Bauschrottes in
Container “abgeschlossen” gewesen. Doch wohin mit diesem?
Wie jeder von uns weiß, hat es vor inzwischen 11 Jahren den ersten
Supergau Welt in Tschernobyl /Ukraine gegeben. Seit diesem Unfall, der
theoretisch höchsten einmal in 10.000 Jahren vorkommen soll, gibt es
eine große Unsicherheit bezüglich der Atomkraft. Noch immer haben
sowohl wir Europäer, als auch ganz besonders die Menschen in
Weißrußland und der Ukraine unter den Folgen, z.B. dem Krebs oder
der Leukämie, zu leiden.
Natürlich ist der Reaktor von Tschernobyl, wie noch mehrere andere,
ein sowjetischer Typ, doch sagt dies nur bedingt etwas über die
Sicherheit aus. Einige Jahre zuvor hat es einen großen Unfall in
Harriesburg/ USA gegeben. Auch in den deutschen Reaktoren kommt
es immer wieder zu Unfällen oder Störfällen (Biblis, Phillipsburg).
Europaweit sind derzeit in 17 Ländern 218 Kernkraftwerke (weltweit
434) mit einer installierten Leistung von 178 Millionen Kilowatt in
Betrieb. 151 dieser Anlagen werden in den Staaten West- und
Südeuropas sowie in Skandinavien zur Nuklearstromerzeugung
eingesetzt. Die GUS-Länder (einschl. Armenien und Kasachstan)
betreiben 49, die mittel- und osteuropäischen Länder insgesamt 18
Kernkraftwerke. Österreich besitzt keine Atomkraftwerke, da dies unter
der Ara Kreisky abgelehnt wurde.
Jahr für Jahr gehen in aller Welt neue Kernkraftwerke ans Netz. 1996
waren es fünf in vier Ländern, dadurch erhöhte sich die Gesamtzahl
weltweit auf 442 Anlagen. In 14 Ländern befinden sich weitere 36 in
Bau. Im vergangenen Jahr steuerte die Kernenergie wieder 17 Prozent zu
weltweiten Stromversorgung bei, in Deutschland 34 Prozent. Aber in
einigen Ländern wie Frankreich, Belgien und Schweden liegt der Beitrag
zum Teil weit über 50 Prozent.
Kommt man aber trotz all dieser Tatsachen zu dem Schluß oder der
Meinung man könne dies verantworten, so ist die Atomkraft eine zwar
teure und risikoreiche aber immerhin eine Alternative.
Sieht man sich aber in der Verantwortung für zukünftige Generationen,
so ist das Abschalten der Atomkraftwerke der dringendste Schritt in
unserer Zeit. Diese Unterlassung wird um so unverständlicher, wenn
man weiß, daß laut mehreren wissenschaftlichen Studien ein
Sofort-Ausstieg finanziell, wirtschaftlich und gesellschaftlich möglich ist.
Doch das Gegenteil bewies sich in Deutschland, wo man in den letzen
Wochen darüber diskutiert, ob ein Sofort-Ausstieg aus der Atomenergie
möglich wäre, doch laut mehreren Studien erwies sich, dass ein
Sofort-Ausstieg in Deutschland unmöglich ist.
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