Röntgen, Wilhelm Conrad
Physiker,
der die später nach ihm benannten Röntgenstrahlen entdeckte und damit
bedeutende Grundlagen für die moderne Physik lieferte. Röntgen war der erste
Physiknobelpreisträger.
Röntgen wurde am 27. März
1845 in Lennep (Remscheid) geboren. Sein Vater war Unternehmer und verlegte
1848 den familieneigenen Betrieb in die Niederlande nach Apeldoorn. Nach der
Schulausbildung - übrigens ohne Abitur - besuchte Röntgen 1865 als Gasthörer
die Universität Utrecht. Nach zwei Semestern meldete sich Röntgen an dem damals
noch jungen Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich an. Er bestand die
Aufnahmeprüfungen und begann sein Studium (Fachgebiet Maschinenbau). Nebenher
besuchte der junge Student zwecks Weiterbildung auch andere Veranstaltungen
(z. B. über Kunst, Literatur und Geschichte). Nach dem Diplom 1868 folgte
ein intensives Physikstudium an der Universität Zürich und bereits 1869 die
Promotion. Im Anschluss daran arbeitete Röntgen an verschiedenen Universitäten
bzw. Hochschulen (z. B. Zürich, Würzburg, Straßburg). 1874 habilitierte sich
der Physiker in Straßburg. 1879 erhielt er den Ruf der Universität Gießen. 1890
wechselte Röntgen an die Universität Würzburg, wo er sich mit der Untersuchung
von Kathodenstrahlen befasste.
Im November 1895 hielt er vor
der physikalisch-medizinischen Gesellschaft von Würzburg einen Vortrag, bei dem
er über seine Entdeckung einer neuartigen Strahlung berichtete. Bei einem
Versuch schaltete er einen Transformator zur Erzeugung von kräftigen
Funkentladungen ein. Er bemerkte, wie ein paar Kristalle, die in der Nähe des
Geräts auf dem Tisch lagen, anfingen zu fluoreszieren. Dies war ungewöhnlich,
denn Röntgen hatte den optischen Austritt am Gerät lichtdicht mit schwarzer
Pappe verschlossen. Er ging der Sache auf den Grund und begann mit einer
systematischen Untersuchung. Er stellte fest, dass diese noch unbekannten
Strahlen, denen er später den Namen "X-Strahlen' gab, Schwärzungen auf
einer photoempfindlichen Platte erzeugten. Und noch mehr: Diese Strahlen
vermochten Materie zu durchleuchten. Röntgen erstellte in diesem Zusammenhang
beispielsweise eine Durchleuchtungsaufnahme von der Hand seiner Frau.
Röntgen veröffentlichte seine
Entdeckung, und nur wenig später waren erste Anwendungen in der Medizin und der
Technik erfunden. 1900 erhielt Röntgen den Ruf der Universität München. Am
10. Dezember 1901 erhielt Röntgen für die Entdeckung der Röntgenstrahlen
den ersten Nobelpreis für Physik. Der Laureat emeritierte 1920 und arbeitete
von da ab gelegentlich für die staatliche Physikalisch-Metronomische Sammlung
der Universität München. Er starb am 10. Februar 1923 in München.
Röntgenstrahlung, kurzwellige, energiereiche elektromagnetische Strahlung, die Materie durchdringende Wirkung hat. Die Wellenlänge von Röntgenstrahlung ist kürzer als die von sichtbarem Licht: Der Bereich reicht von 100 Nanometer (1 Nanometer entspricht 1 milliardstel Meter) bis zu 0,01 Pikometer (1 Pikometer entspricht 1 billionstel Meter). Im oberen Bereich grenzt die Röntgenstrahlung an die kurzwellige ultraviolette Strahlung und im unteren Bereich an die Gammastrahlung an.
Natur der Röntgenstrahlung
1895 entdeckte Wilhelm Conrad
Röntgen diese Strahlung bei Experimenten mit Gasentladungsröhren - er
untersuchte dabei Kathodenstrahlen. Er gab dieser unsichtbaren Strahlung wegen
ihrer noch unbekannten Natur den Namen "X-Strahlung". Röntgen beschrieb die
Eigenschaften der später nach ihm benannten Strahlung sehr genau und erhielt
1901 für seine Arbeiten den ersten Nobelpreis für Physik.
Je
kürzer die Wellenlänge einer elektromagnetischen Strahlung ist, desto größer
sind Energie und Durchdringungskraft. Im Falle der Röntgenstrahlung spricht man
daher bei größeren Wellenlängen nahe des ultravioletten Strahlungsbandes des
Spektrums von weichen, entsprechend bei kürzeren Wellenlängen am unteren Rand
des Bereichs der Gammastrahlen von harten Röntgenstrahlen (siehe Radioaktivität).
Insgesamt teilt man die Röntgenstrahlung in sechs große Bereiche ein -
Röntgen-UV, überweiche, weiche, mittelharte, harte sowie überharte
Röntgenstrahlung. Ein Gemisch von Röntgenstrahlen mit vielen verschiedenen
Wellenlängen bezeichnet man als weiße Röntgenstrahlung; dagegen enthält
z. B. monochromatische Röntgenstrahlung nur eine einzige Wellenlänge.
Monochromatische Strahlung lässt sich aus weißem Röntgenlicht gewinnen, das
dazu durch einen speziellen Filter geleitet wird.
Allgemein wird Röntgenstrahlung
wie sichtbares Licht durch Elektronenübergänge zwischen den Elektronenschalen
eines Atoms erzeugt. Im Fall der so genannten Bremsstrahlung - das ist im
Prinzip weiße Röntgenstrahlung - entstehen die Strahlen, wenn schnelle Teilchen
(meist Elektronen) auf Materie (ein "Target") treffen und dort scharf
abgebremst werden. Bei diesem Vorgang gelangt ein Teilchen durch seine hohe
Energie zwischen die Elektronen der inneren Schalen und dem Atomkern eines
Materie-Atoms. Das schnelle Teilchen wird durch das dort herrschende
elektrische Feld (Kernfeld) abgelenkt, wobei diese Ablenkung mit der Emission
von elektromagnetischer Strahlung verbunden ist. Die Energie der frei werdenden
Strahlung ist vom Betrag genau so groß wie der Energieverlust, den die Teilchen
bei der Abbremsung und Ablenkung erfahren - daher die Bezeichnung
Bremsstrahlung. Die Intensität der Strahlung ist umso größer, je stärker das
Kernfeld ist.
Im Gegensatz zur Bremsstrahlung
steht die so genannte charakteristische Eigenstrahlung (auch
Sekundärstrahlung). Sie entsteht, wenn beispielsweise ein schnelles Teilchen
ein Elektron aus einer inneren Schale herausschlägt und ein anderes Elektron
aus einer äußeren Schale den frei gewordenen Platz auf der inneren Schale
einnimmt. Der Betrag der Strahlungsenergie entspricht der Energiedifferenz
zwischen den beiden Schalen, wobei diese Differenz nur ganz bestimmte Werte
annehmen kann - es sind nur bestimmte Übergänge möglich. Diese Werte sind für
jede Atomstruktur und damit für jedes Material charakteristisch - deshalb die
Bezeichnung charakteristische Strahlung. Diese Strahlung lässt sich u. a.
für bestimmte Untersuchungsmethoden nutzen.
Die Erzeugung von Röntgenstrahlung gelingt beispielsweise mit Hilfe
einer Röntgenröhre. Dabei handelt es sich um eine hoch evakuierte Vakuumröhre,
bei der die Elektronen aus einer Glühkathode heraustreten. Anschließend werden
die Elektronen in einem elektrischen Feld beschleunigt und treffen danach auf
die Anode. Bei der Coolidge-Röhre - benannt nach ihrem amerikanischen Erfinder
William David Coolidge - besteht die Glühkathode aus Wolfram. Die Anode ist
meistens ebenfalls aus Wolfram hergestellt, kann aber auch aus Molybdän oder
Tantal gebaut sein. Man kennt sowohl Röntgenröhren mit feststehender als auch
mit drehbarer Anode (Drehanode). Weil beim Auftreffen der Elektronen auf das
Anodenmaterial der größte Teil der kinetischen Energie der Elektronen in Wärme
übergeht, muss die Anode gekühlt werden. Bei der Drehanode erreicht man dies
durch Rotation der Anode (bis zu 8 500 Umdrehungen pro Minute).
Eigenschaften
Röntgenstrahlen
durchdringen Materie scheinbar mühelos. Aber ob und wie stark das Material
durchdrungen wird, hängt entscheidend von seiner Dichte und den Atomsorten ab,
aus denen es zusammengesetzt ist. So durchdringen die Strahlen z. B. bei
einer medizinischen Röntgenaufnahme das umgebende Gewebe viel leichter als die
Knochen - deshalb erscheinen diese auf einem photographischen Film heller als
das Gewebe. Allgemein nimmt beim Durchdringen von Materie die
Strahlungsintensität mit der Dicke stark ab. Als Maß für diese Eigenschaft
dient die so genannte Halbwertsdicke. Sie gibt praktisch die Wegstrecke
durch das Material an, bei der die anfängliche Intensität auf die Hälfte
zurückgegangen ist.
Röntgenstrahlen haben eine sehr
hohe ionisierende Wirkung und können am lebenden Gewebe Verbrennungen und
biologische Veränderungenhervorrufen. Ihre dabei schädigende Wirkung wird
u. a. durch die Dauer der Einwirkung, die Stärke (Dosis) und die Art
(harte oder weiche Röntgenstrahlung) bestimmt. Aus diesem Grund wird der Umgang
und die Arbeit mit Röntgenstrahlen in Deutschland durch
Strahlenschutzverordnungen (z. B. Röntgenverordnung) festgelegt und
geregelt. Röntgenstrahlen lassen sich beispielsweise mit Hilfe von
Geiger-Müller-Zählern nachweisen.
Fluoreszenz
Röntgenstrahlung ruft in bestimmten Materialien wie z. B. den Farbstoff Fluorescein sowie einige Salze des Lanthans Fluoreszenz hervor. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der Lumineszenz - also das Leuchten bestimmter Substanzen nach Energiezufuhr durch Röntgenstrahlung. Ersetzt man den photographischen Film durch einen Schirm, der mit fluoreszierenden Materialien beschichtet ist, kann die Gestalt der undurchdringbaren Substanzen direkt auf dem Schirm betrachtet werden. Diese Technik nutzt man z. B. bei der Röntgendurchleuchtung.
Streuung
Röntgenstrahlung kann über unterschiedliche Mechanismen bei der Wechselwirkung mit Materie abgelenkt werden. Die daraus resultierende (sich ergebende) Streuung der Strahlen hängt von der Art und Weise ab, wie die Röntgenquanten mit den Elektronen der Atome wechselwirken:
Die Rayleigh-Streuung tritt auf, wenn die Wellenlänge der Röntgenstrahlen sich nach der Wechselwirkung mit den Atomen (bzw. den inneren Elektronen) nicht ändert. Mit anderen Worten ausgedrückt, ändert sich die Energie der Röntgenquanten (oder Photonen) nicht, und die Atome gehen nicht in einen angeregten Zustand über und werden auch nicht ionisiert . Diese Streuung wurde nach dem britischen Physiker Lord Rayleigh benannt, wird aber in manchen Fällen auch als klassische Streuung bezeichnet.
Bei der Compton-Streuung - benannt nach dem amerikanischen Physiker Arthur Holly Compton - geht ein Teil der Energie des Röntgenquants auf das frei werdende Elektron über. Bei dem Zusammenstoß zwischen dem Röntgenquant und dem Elektron werden beide Teilchen unter einem bestimmten Winkel zur Einfallsrichtung des Quants abgelenkt. Das einfallende Photon überträgt einen Teil seiner Energie auf das Elektron und geht folglich mit einer größeren Wellenlänge aus dieser Stoßbegegnung heraus. Diesen Effekt, nämlich die Vergrößerung der Wellenlänge eines Photons durch die Streuung an Elektronen, bezeichnet man in der Physik auch als Compton-Effekt. Mit Hilfe der Compton-Streuung war es erstmals möglich, die Gültigkeit des Energie- und Impulserhaltungssatzes für Elementarvorgänge experimentell zu belegen. Die Compton-Streuung tritt auch bei der Streuung von Photonen an anderen geladenen Teilchen wie z. B. Protonen oder -Mesonen auf.
Photoeffekt und Paarbildung
Bei
der Wellenlängenänderung von Röntgenstrahlen durch Wechselwirkung mit Materie
können zusätzlich Photoeffekte und die so genannte Paarbildung den Betrag der
Anderung mit beeinflussen. Von einem Photoeffekt spricht man im Allgemeinen
dann, wenn der Platz des herausgeschlagenen Elektrons aus der inneren Schale
durch ein anderes Elektron aus der äußeren Schale besetzt wird, wobei durch
diesen Prozess eine charakteristische Röntgenstrahlung (s. o. charakteristische
Strahlung) ausgesendet wird.
Die Paarbildung (auch
Paarbildungseffekt) kann ebenfalls bei der Wechselwirkung zwischen
Röntgenstrahlung und Materie entstehen. Bei diesem Phänomen bildet sich durch
den Zusammenstoß des Photons mit einem geladenen Teilchen ein Elektron und
dessen Antiteilchen, ein Positron. Der Paarbildungseffekt ist ein Beispiel für
die Umwandlung reiner Energie in Materie mit endlicher Masse. Um allein für die
Masse des Elektron-Positron-Paares aufzukommen, muss das Photon eine Mindestenergie
von 1,22 Megaelektronevolt haben; trägt es mehr Energie, als es für die
Paarbildung benötigt, geht seine Restenergie als kinetische Energie zu gleichen
Teilen an das erzeugte Teilchenpaar über, wobei die Teilchen sich voneinander
entfernen. Natürlich existieren Elektron und Positron nicht lange
nebeneinander. Sie bilden ein so genanntes Positronium, das instabil ist
und zerfällt. Bei diesem Zerfall wird eine zusätzliche Streustrahlung frei.
Anwendung
In der Forschung, Technik und Medizin gibt es für Röntgenstrahlen viele Anwendungsmöglichkeiten. So nutzt man Röntgenstrahlen beispielsweise in der Röntgenographie zur zerstörungsfreien Untersuchung von Werkstoffen. Die oben erwähnte Röntgenbeugung dient z. B. zur Strukturbestimmung von Kristallen neuer, im Labor hergestellter chemischer Verbindungen. Nahezu jedes Element liefert bei der Bestrahlung mit Röntgenstrahlen ein charakteristisches Spektrum (s. o. charakteristische Strahlung). Auf diesem Phänomen beruhend sind eine ganze Reihe von spektroskopischer Untersuchungsmethoden sowie Geräte entwickelt worden, wie z. B. die Röntgenemissions-, Röntgenabsorptions- und Röntgenfluoreszenzspektroskopie. Letztere nutzt man u. a. bei der Herstellung von Beton zur Kontrolle der Zusammensetzung des Endprodukts. Die Röntgendiagnostik ist in der heutigen Medizin zu einer alltäglichen Untersuchungsmethode geworden. Bekannt sind hier die Durchleuchtung (z. B. bei Verdacht auf Tuberkulose), die Röntgenphotographie und die Computertomographie. Röntgenstrahlen setzt man außerdem in der Strahlentherapie zur Bekämpfung von Krebs ein.
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