Die Vorsokratiker
Die
antike griechische Philosophie ist die geistig-kulturelle Wiege des
abendländischen Denkens. Wesentliche Begriffe und Disziplinen des heutigen
Philosophierens stammen aus der Antike. Von den Begriffen wären zu nennen:
Materie, Geist, Substanz und Akzidenz, Kategorie, Hypothese, Theorie und Axiom;
unter Disziplinen haben seit Platon bzw. Aristoteles die Ethik, die Metaphysik
und die Logik ihren Ort im philosophischen Diskurs gefunden. Des Weiteren kann
man auch sehen, dass die verschiedenen Typen philosophischen Denkens, wie
Idealismus, Realismus, Skeptizismus und Materialismus in der Antike bereits
entwickelt sind.
Es zeigt sich, dass in der griechischen Philosophie die weltanschaulichen
Denkmöglichkeiten weitgehend erschöpft sind, die grundsätzlichen Probleme
aufgefunden und Wege zu ihrer Lösung gewiesen wurden, die wir heute noch gehen.
In
der Vorsokratischen Epoche findet die Philosophie hauptsächlich in den
griechischen Kolonien Ionien (daher auch häufig als 'ionische Philosophie'
bezeichnet), Unteritalien und Sizilien statt. Das Interesse ist hier noch nicht
so sehr anthropologisch, sondern kosmologisch, auf die Natur als Gesamtheit des
Seienden gerichtet. Fragen nach dem Urprinzip (Arche) und Urstoff der Natur
stehen im Vordergrund.
Die zweite Periode wird als 'attische Philosophie' bezeichnet, weil
jetzt das Mutterland selbst philosophiert. Hier erreicht die griechische
Philosophie in Athen mit der Trias Sokrates, Platon und Aristoteles ihren
klassischen Höhepunkt. Der Themenkanon dieser Philosophie ist komplett: Geist
und Seele, Staat, Sittlichkeit sowie die Natur werden in gleicher Weise
bearbeitet.
In der dritten Periode, die ich in dieser Arbeit nicht behandle, stehen die
großen Philosophieschulen im Mittelpunkt: die Akademie, der Peripatos, die Stoa
und der Garten Epikurs. Diese 'Philosophie des Hellenismus' findet statt
zwischen Alexander dem Großen und dem Zusammenbruch seiner Nachfolgestaaten,
also etwa von 300 bis 30 v. Chr.
Die Milesier: Thales von Milet (ca. 624-546 v. Chr), Anaximander (ca. 610-545 v. Chr), Anaximenes (ca. 585-528 v. Chr)
Es ist wenig bekannt über die Milesische Schule der Naturforschung. Von Thales hat schon Aristoteles keine Schriften mehr gekannt, von den Schriften des Anaximander und Anaximenes waren nur kleine Bruchstücke erhalten. Den Kommentaren bei Simplikios und Aristoteles kann man entnehmen, dass sie sich mit Hypothesen zur Erklärung der elementaren physikalischen Fragen, der Suche nach dem einheitlichen Weltstoff (Hylozoismus) und der Himmelsmechanik beschäftigt haben.
Die
Phythagoreer
Auch über die religiös-politische Genossenschaft des phytagoreeischen Bundes
gibt es nur dunkle und widersprüchliche Angaben. Pythagoras (etw. 570-496 v.
Chr), von dem der gleichnamige Lehrsatz wohl nicht stammt, ist von späterer
Mythenbildung zum Ideal hellenistischer Weisheit stilisiert worden. Die
Beschäftigung mit Mathematik und Musik erscheint sicher.
Heraklit
von Ephesus (544-484 v.Chr.)
Wegen der schweren Zugänglichkeit seiner Lehre auch 'der Dunkle' genannt. Nach
dem Bericht des Aristoteles ist der Grundgedanke der Heraklitischen Lehre das
berühmte 'panta rhei': alles fließt, nichts verharrt in beständigem Sein. Arche
(Urprinzip) ist also ein ständiges Werden und Vergehen. Aus göttlichem Urfeuer,
welches reine Vernunft, Logos ist, entstehen durch Zwiespalt und Gegensatz die
Dinge. In diesem Fließen zwischen den Gegensätzen, wie z. B. Sommer und Winter
oder heiß und kalt, kann die göttliche Vernunft als verborgene Harmonie erkannt
werden. Indem der Mensch seine Unterworfenheit erkennt, kann er den
Seelenfrieden gewinnen. Heraklits Philosophie hat große Auswirkungen auf die
Stoa, Hegel und Nietzsche bis hin zu Lenin.
Xenophanes
(570-475)
Dem Weitgereisten fällt der Anthropomorphismus der Göttervorstellungen auf:
'Die Athiopier behaupten, die Götter seien schwarz und stumpfnasig, die
Thraker, blauäugig und rothaarig.' Dem setzt er einen pantheistisch
gedachten Monotheismus entgegen: 'Ein einziger Gott, von allem das
Größte, ganz Auge, ganz Geist, ganz Ohr stets am selbigen Ort verharrt
er, sich nirgends hinbewegend' (frg. 23ff). Der Gott, der überall ist,
lässt schon das 'in sich ruhende All' des Parmenides erkennen, und
auch der erste unbewegte Beweger des Aristoteles hat wohl hier seinen Ursprung.
Selbst bis zur christlichen Genesis 'am Anfang war das Wort (Sinn, Logos,
Licht)' lässt sich weiterdenken.
Parmenides
(540-480)
In polemischer Antithese zu Heraklits Ontologie des Werdens und überspitzter
Abstraktion stützt Parmenides Sein mit Statik und Ruhe gleich: 'Nur
Seiendes istein Nichts dagegen ist nicht.' (frg.6,1). Dieses Sein ist
zeitlos ruhend, mit sich selbst identisch gedacht. Ganz archaisch wird auch das
Denken mit seinen Objekten gleichgestellt: 'Dasselbe ist der Gedanke und
worüber wir denken' (frg. 8, 34ff). Folgerichtig vertritt Parmenides
auch die Einheit des Kosmos in extremer Weise: 'Es gibt ein
zusammenhängendes Sein, das Eines ist und Alles' (frg. 8, 5f). Sein Schüler
Zenon (um 460) verfasst ausgedehnte Beweise, warum jede Bewegung Täuschung ist:
man kann sie sich in kleinste Momente an-einandergereihter Ruhe aufgelöst
vorstellen.
Erst Platon wird den Seinsbegriff soweit klären, dass er die Positionen des
Heraklits und Parmenides vereint.
Empedokles
(492-432)
Von diesem stammt die Lehre von den 4 Urelementen, Feuer, Wasser, Luft und Erde
als Wurzeln des Seins. Als bewegende Kraft steht den Urstoffen Liebe und Hass
in der Form von Vereinigung und Trennung zur Seite.
Demokrit
(ca. 460-370)
Demokrits Ausführungen verdunkeln die Person Leukippos, dem wahrscheinlichen
Urheber des Atomismus. Grundgedanke ist die Lehre von der kleinsten unteilbaren
Einheit, dem Atom. Diese sind zwar alle von der gleichen Art, aber es gibt
Unterschiede in Form und Größe. Diese Atome bewegen sich im leeren Raum. Ihre
Bewegung und Anordnung macht die Verschiedenheit der Erscheinungen. Auch die
menschliche Seele besteht aus Atomen. Die Sinneserscheinungen kommen so
zustande, dass sich von den Dingen kleine Bilder (eidola) ablösen, durch die
Sinnesorgane eindringen und dann den Seelenatomen begegnen.
Hier sind die mythologischen Weltbilder mit einer kühnen materialistischen
Einheitstheorie überwunden. Dieser geniale Entwurf ähnelt sehr unserem heutigen
physikalischen Weltbild. Sicherlich wird hier schon der Grund gelegt für die
mechanistische Naturerklärung, wie sie über Galilei bis zur heutigen Technik
fruchtbar blieb.
Den Gegensatz zwischen Denken und Wahrnehmen erklärt Demokrit mit einer
quantitativen Theorie von starken und sanften Bewegungen: die starken
Bewegungen der Atome rufen die Sinneseindrücke hervor, wenn man sich von diesen
abwendet kommen die feineren Bewegungen des Denkens zur Geltung. Dies leitet zu
seiner Ethik über: das wahre Glück liegt nicht in den heftigen Bewegungen der
Sinne, sondern in beschaulicher Ruhe und Heiterkeit der Seele.
Anaxagoras
(ca. 500-428)
Für Anaxagoras geht die Vielgestaltigkeit der Naturkörper zurück auf ewige
kleinste Elemente, die chaotisch gemischt vorliegen: die Homoiomerien. Im
Gegensatz zu Demokrit, der analytisch gedacht die Dinge auf einheitliche Atome
zurückführt, liegen für Anaxagoras die Homoiomerien in unendlicher Vielfalt
vor, denn: 'Wie sollte aus Nicht-Haar Haar entstehen und aus Nicht-Fleisch
Fleisch?' (frg.10). Es ist nun das zweite Grundprinzip seiner Lehre, der
Geist (nous), der durch Mischen und Trennen die Gestaltung des Seins vornimmt.
Dieser Geist ist als ordnende Ganzheit stiftende Sinn- und Zweckursache auch
der Ursprung von Bewegung
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