Eduard Mörike: 'Mozart auf der Reise nach Prag'
1. Autor
Eduard Mörike wurde am 8.September 1804 als siebtes von dreizehn Kindern des Arztes Karl Friedrich Mörike und dessen Ehefrau, der Pfarrerstochter Charlotte Dorothea Beyer, in Ludwigsburg geboren.
Von 1811-1817 besuchte er die Lateinschule in Ludwigsburg.
Nach dem Tod seines Vaters am 22.September 1817 siedelte die Familie nach Stuttgart über, wo Mörike in das 'Gymnasium illustre' aufgenommen wurde.
Im Oktober 1818 trat er in das 'Niedere Theologische Seminar' in Urach über.
Ab 1821 gewann er erste Lektüreeindrücke aus Shakespeare, Calderon, Goethe, Jean Paul und Novalis.
Von Oktober 1822 an studierte er Theologie am Thübinger Stift.
Das Jahr 1823 galt als Beginn seines eigentlichen dichterischen Schaffens.
Im Oktober 1826 schloß er sein Studium erfolgreich ab und übernahm Vikariatstätigkeiten, unter anderem in Oberboihingen, Eltingen oder Weilheim.
Seine ersten Dramen entstanden 1827: 'König Enzio', von dem keine Aufzeichnungen mehr vorhanden sind und 'Der letzte König von Orplid'. Seine Versuche, in Stuttgart als freier Schriftsteller und Redakteur unterzukommen, scheiterten jedoch.
Am 3.Juli 1834 trat er den Pfarrdienst in Cleversulzbach an, von dem er im September 1843 auf eigenen Wunsch pensioniert wurde.
Am 25.November 1851 heiratete er die Katholikin Margarethe Speeth und siedelte mit ihr wieder nach Stuttgart über.
1852 wurde er Lehrer für Literatur am Katharinenstift. Am 5.August bekam er von der Universität Thübingen den Ehrendoktor-Titel verliehen.
Im November 1855 erschien die, auf 1856 vordatierte Buchausgabe seiner Novelle 'Mozart auf der Reise nach Prag'.
Am 28. November 1862 wurde Mörike durch den König von Bayern in das Kollegium des Maximiliansorden berufen.
Im Frühjahr 1875 begann Mörike ernsthaft zu erkranken und starb schließlich am 4.Juli desselben Jahres im Alter von 70 Jahren.
2. Werke
Eduard Mörike wurde vor allem durch seine, dem Volkslied nahe Lyrik bekannt. Seine Gedichte wurden unter selbigem Titel erstmals im Jahre 1838 veröffentlicht, dann immer wieder überarbeitet, bis 1872 die fünfte und endgültige Auflage erschien. Enthalten sind darin beispielsweise bekannte Werke, wie 'Er ist`s' oder 'Ein Tännlein grünet wo'.
Zu seinen wichtigsten erzählenden Prosaveröffentlichungen gehören:
Der letzte König von Orplid 1827
Der Maler Nolten 1832
Der Schatz 1836
Das Stuttgarter Heinzelmännchen 1853
Mozart auf der Reise nach Prag 1855
3. Erzählstruktur - äußerer Aufbau
Nach einer kurzen Exposition, in der der Leser den Grund für Mozarts Pragreise erfährt, nämlich die Aufführung von dessen neuester Oper "Don Juan", setzt die eigentliche Erzählung am dritten Reisetag ein. Mörike beschreibt etwa 24 Stunden aus dem Leben Mozarts. In der Novelle kommt es immer wieder zum Bruch der chronologischen Handlungsabfolge. Es werden häufig Rückblenden verwendet, u.a., um über vergangene Ereignisse aus Mozarts Leben zu berichten. So kommt es an einigen Stellen zu Zeitsprüngen innerhalb der Erzählung.
Die Erzählsituation in "Mozart auf der Reise nach Prag" ist abwechselnd auktorial bzw. personal. Personal wird immer dann erzählt, wenn Mozart selbst, seine Frau Constanze oder andere Personen des Stücks über eigene Erlebnisse berichten. Der auktoriale Erzähler ist allwissend und greift oft gestaltend in das Geschehen ein.
4. Personen
Die wichtigsten Personen in Mörikes Novelle sind:
Mozart
Constanze, seine Frau
Der Graf
Die Gräfin
Lieutenant Max, deren Sohn
Eugenie, deren Nichte
Der Baron, Eugenies Verlobter
Franziska, Eugenies Freundin
5. Inhalt
Geschildert wird ein Tag aus dem Leben Mozarts im Herbst 1787. Der Komponist ist mit seiner Gattin Konstanze auf dem Weg von Wien nach Prag, wo die Uraufführung seiner neuen Oper
"Don Juan" stattfinden wird. Während einer Rast auf dem Land gelangt Mozart in den Schloßpark des Grafen. Als er eine Orange von dem Baum, den der Graf als Hochzeitsgeschenk für seine Nichte Eugenie vorgesehen hat, pflückt, wird er vom Gärtner überrascht.
Die Auseinandersetzung endet damit, daß Mozart einen Brief an die Gräfin schreibt. Diese erkennt ihn daraufhin als den, von ihrer Nichte hochverehrten, Komponisten und lädt ihn gemeinsam mit seiner Frau aufs Schloß ein, wo gerade deren Hochzeit mit dem Baron gefeiert wird. Dort unterhält er die Gäste mit Geschichten aus seinem Leben, die er musikalisch umrahmt. Gegen Abend spielt er den Gästen aus der fast fertigen Oper "Don Juan" vor. Als er den Choral "Dein Lachen endet vor der Morgenröte" vorspielt, ruft die Musik in Eugenie die Ahnung vom baldigen Tod Mozarts hervor.(Bsp.S.74 Vorlesen)
Am nächsten Morgen setzt er seine Reise nach Prag zusammen mit Konstanze fort. Mit dem Gedicht "Ein Tännlein grünet wo" endet die Novelle.
6. Funktion der Musik
Von Kindheit an beschäftigte sich Mörike mit Musik. Er fühlte sich besonders mit Mozarts Oper "Don Juan" (oder auch "Don Giovanni"), die er selbst im August 1824 besuchte, verbunden. 1855 erschien schließlich die Erstausgabe seiner Novelle "Mozart auf der Reise nach Prag", deren zentrales Thema diese Oper darstellt. Die Musik spielt also in Mörikes Erzählung eine wichtige Rolle. Die Novelle beginnt in hellem Dur. Die Fröhlichkeit Mozarts und die Schlichtheit seines Wesens kommen zum Ausdruck. Er gehört zu den Menschen, durch deren Verhalten alle mitgerissen werden. Musikalisch gesehen kann man das Werk eventuell als eine "gedichtete Sinfonie" betrachten. Die Erzählung ist dem Stil, der Kompositionsweise des Musikers und seines Opernwerkes, von denen sie handelt, angeglichen (=Kontrafaktur: Umdichtung eines Textes unter Beibehaltung der Melodie).
Mozart präsentiert während der Hochzeit der Eugenie eine Abhandlung der neuen Oper, deren innere Gegebenheiten den äußeren Umständen (also der ländlichen Hochzeit und der Hochzeitsgesellschaft auf dem Schloß) entsprechen. Der Leser erlebt sogar die Entstehung einer noch fehlenden Partie, der siebten Szene des ersten Aktes mit. Alles läuft im ersten Teil der Geschichte, die wie die Oper zweigeteilt ist, auf eine Engführung von Erzählung und Oper zu: An die tatsächlich stattfindende Hochzeit, schließt sich, wie in der eben komponierten Hochzeitsszene, der Chor und ein Tanz an.
Am Abend beginnt der zweite Akt der Erzählung. Er gehört zum düsteren Teil der Oper, die den Ton der Novelle bestimmt. Analog zum ersten Teil läuft auch hier alles auf eine Engführung zu. Der Musiker versteht darunter die kontrapunktische Verknüpfung zweier thematisch gleicher Stimmen mit rasch aufeinanderfolgenden Einsatzabständen. Inhalt und erzeugte Stimmung in Novelle und Oper sollen sich also angleichen. Die Stimmung wird im Verlauf des Stückes immer dunkler. Mozart streifen Todesahnungen, die sich vor allem bemerkbar machen, als er den Gästen seinen Choral "Dein Leben endet vor der Morgenröte" aus "Don Juan" vorspielt. Die Novelle endet schließlich mit einem Gedicht in Moll.
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