Robert Menasse
Robert Menasse, geboren am 21/06/1954 in Wien, verbrachte seine Schulzeit in einem Wiener Internat. Er studierte Germanistik, Philosphie und Politikwissenschaften in Wien, Salzburg und Messina und promovierte mit einer Arbeit über den Typus des Aussenseiters im Literaturbetrieb. Nach seinem Studium lehrte Robert Menasse seit 1981 an der Univerität Sao Paulo, zunächst als Lektor für österreichische Literatur, dann als Gastdozent am Institut für Literaturtheorie, wo er vor allem Lehrveranstaltungen über philosophische und ästhetische Theorien abhielt, die auch für seine Romanproduktion relevant sind: Hegel, Lucas, Benjamin und Adorno. Seit seiner Rückkehr aus Brasilien 1988 lebt Robert Menasse als freier Schriftsteller in Wien.
"Die Sozialpartnerschaftliche Asthetik"
"Das Land ohne Eigenschaften"
"Sinnliche Gewißheit"
"Selige Zeit, brüchige Welt"
"Schubumkehr"
Letzter drei bilden gemeinsam die "Trilogie der Entgeisterung"
Literaturförderpreis der Stadt Wien
Heimito-von-Dorderer-Preis
Förderpreis Literatur des Hans-Erich-Nossack-Preises
Berliner Künstlerprogramm des DAAS
Marburger Literaturpreis
Preis der Alexander-Sacher-Masoch-Stiftung
Förderpreis des österreichischen Würdigungspreises für Literatur
Den erzählerischen Rahmen bilden Videoaufzeichnungen, mit denen der Protagonist Roman Gilanian sein Leben festhalten wollte; zwei nicht identifizierte Gesprächspartner rekonstruieren beim Betrachten der Kopien einen Teil der Handlung die der Roman erzählt:
Das ereignisreiche Jahr 1989: Roman Gilianian erfährt in Sao Paulo aus Briefen seiner Mutter, daß diese einen 15 Jahre jüngeren Mann geheiratet hat und mit ihm in dem niederösterreichischen Dorf Komprechts, nahe der tschechoslowakischen Grenze, einen Öko-Hof bewirtschaftet. Etwas verstört von dieser Nachricht, aber auch neugerig, entflieht Roman seiner stagnierenden Lebenssituation in Brasilien und reist mit seiner Videokamera nach Komprechts. Angewiedert von den Öko-Attitüden seiner Mutter, aber dennoch durch seine Haßliebe zu ihr hingezogen, wird er Zeuge grundlegender Veränderungen in Komprechts. Denn die traditionelle Glasfabrikation und der Steinbruch arbeiten nicht mehr rentabel und stehen vor dem Bankrott. Zur Überwindung der Rezession soll der Ort zu "Umweltmustergemeinde" für den Tourismus umgebaut werden.
Aber die Umgestaltung Komprechts, diese herbeizetierten Versatzstücke eines besseren Lebens wirken zerstörerisch: Eine Reihe von Hochsitzten, die die Gemeinde zur Naturbeobachtung aufstellen läßt, wirkt nur wie das Wachturmsortiment eines neuen Grenzstreifens, und die eigens für den Tourismus erstellten winkeligen Anbauten der Wohnhäuser lassen den Grundriß der Gemeinde als eine Ansammlung von Hakenkreuzen erscheinen. Der Sohn des Bürgermeisters muß gewaltsam sterben, nur damit sich ein "erinnerter" Fluch erfüllt, eine alte Frau vergiftet sich, da sie für den Bau eines Steinbruchmuseums für die "Umweltmustergemeinde" aus ihrem Haus vertrieben werden soll.
Unterdessen halten die landwirtschaftlichen Bemühungen und ökologischen Prinzipien von Romans Mutter den tatsächlichen Gegebenheiten sicht lange stand: Die Jauche zur "natürlichen" Düngung der Öko-Felder ist mit Präservativen und Damenbinden durchsetzt, die Landwirte der Umgebung verkaufen alte, verschrumpelte Erdäpfel als biologisch-dynamisches Saatgut, und letztlich läuft der frisch geheiratete Mann zu einer Jüngeren über.
Das Ende des Romans bietet dennoch zumindest einen Ansatz von Hoffnugsschimmer: Die Videobetrachter mutmaßen darüber, warum Roman schlagartig aufgehört hat sein Leben zu filmen: "Vielleicht ist er, wie soll ich sagen, aufgewacht. Alptraum aus und Ende." - Roman beschließt seine überstürtzte Rückreise nach Brasilien. Das Datum seines Flugs trifft zusammen mit der Grenzöffnung zur CSSR.
Interpretation
Simpel und einfach eine brilliante Sozialposse mit kritischem Anspruch.
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