'Der Name der Rose', 1980 in Italien erschienen, 1982 in Deutschland, ist eines jener wenigen Bücher, die fast jeder im Regal stehen hat, wenn es auch nicht jeder tatsächlich gelesen hat. Es ist ein vielschichtiger Roman, der unter anderem eine Kriminalhandlung mit historischem Geschehen verbindet.
In der sieben Tage dauernden Handlung, angesiedelt im November 1327 in einer Abtei in Oberitalien, werden nach und nach mehrere Mönche ermordet aufgefunden, alle auf unterschiedliche Weise zu Tode gekommen. Aufgeklärt wird der Fall durch den nach dem ersten Mord angekommenen englischen Mönch William von Baskerville, ein Franziskaner und Ex-Inquisitor, unterwegs in kaiserlichem Auftrag.
Während seines siebentägigen Aufenthaltes, an dem jeden Tag eine neue Leiche gefunden wird, macht sich William von Baskerville, unterstützt durch seinen jungen Schüler Adson von Melk, an die Aufklärung der geheimnisvollen Morde. Wie ein Detektiv in einem klassischen Krimi sucht er Spuren, sammelt Indizien und befragt die Mönche der Abtei.
In der Nacht dringen William und Adson insgeheim in die allein dem Bibliothekar zugängliche Bibliothek vor, diese ist für ihre Zeit außerordentlich gut bestückt und zudem in geheimnisvoll labyrintischer Weise angelegt, so daß sich nur der Bibliothekar selbst darin zurechtfinden kann. William und Adson jedoch dringen immer weiter in die Bibliothek - und damit auch in das Rätsel - ein, denn die Bibliothek selbst spielt eine Hauptrolle in dem Fall und ist eines der Haupträtsel des Romans.
Im Verlaufe der Suche, die den Leser in eine mittelalterliche Welt führt, kommen die verborgenen kleinen und großen Geheimnisse der Mönche, durch die Abtei als 'geschlossenem Raum' allesamt mögliche Tatverdächtige, ans Licht des Tages.
Am Ende führt Williams Spurensuche und Interpretation der Zeichen sowohl zum Motiv als auch zum Mörder. Das Mordmotiv, ein verloren geglaubtes Manuskript von Aristoteles über das Lachen, das ein fanatischer Mönch vor den anderen Mönchen verbergen wollte, geht im gloriosen Finale zusammen mit der Abtei in Flammen auf.
Eco verbindet im 'Namen der Rose' die Elemente der Kriminalhandlung mit denen des historischen Romans. 'Der Name der Rose' entfaltet seinen Kriminalfall im Stil einer klassischen Krimihandlung eines englischen Detektivromanes, wie wir sie aus dem Goldenen Zeitalter von Agatha Christie kennen.
In der geschlossenen Welt einer Mönchsabtei geschieht eine Serie von Morden, der oder die Täter befinden sich in dieser Gesellschaft. Der Detektiv steht vor einem komplexen Rätsel: er weiß, daß einer in dieser Gesellschaft der Mörder ist, es ist seine Aufgabe, Spuren und Indizien zu finden, die zum Täter führen. Im Verlaufe seiner Suche findet er richtige und falsche Spuren (red herrings), wobei letztere zu den Sekundärgeheimnissen von möglichen Verdächtigen führen, die damit enthüllt werden. Nicht jeder ist das, was er zu sein vorgibt, und die Geheimnisse, die die Verdächtigen zu verbergen suchen, machen sie erst recht verdächtig, und führen gleichzeitig den Detektiv (und den Leser) auf falsche Fährten.
Der ganze Fall ist äußerst komplex konstruiert und spielt sich vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Welt ab, die Eco sorgfältig aufgebaut hat.
In seiner 'Nachschrift zum ,Namen der Rose'' schildert Eco detailliert, wie er die Welt, in der seine Geschichte spielt, im ersten Jahr seiner Arbeit an dem Roman schuf (Nachschrift, S. 32). So machte er sich Listen der Bücher, die in mittelalterlichen Bibliotheken stehen konnten, Studien in Architektur, um Grundriß und Plan seiner Abtei anzulegen, versehen mit korrekten Entfernungen und selbst der Anzahl der Stufen einer Wendeltreppe. Er studierte die Chroniken jener Epoche, da die Geschehnisse der gewählten Zeit natürlich nicht unberücksichtigt bleiben konnten.
Detailliert schildert Eco auch, wie er sich sehr bewußt für die Zeit und den Ort der Handlung entschied. Denn bei einer in der Vergangenheit angesiedelten Geschichte sind nicht nur Setting und Handlung wichtig, von herausragender Bedeutung ist auch, ob sich die Geschichte zu jener Zeit überhaupt so zutragen konnte. Eco legte die Handlung des Romans ins 14. Jahrhundert, denn sein Mönchsdetektiv kann nur mit einer bestimmten Denkhaltung so ermitteln, wie William von Baskerville es tut, nämlich mit der Interpretation von Zeichen (Nachschrift, S. 34). Es wäre daher nicht möglich gewesen, die Handlung etwa ins 13. Jahrhundert zu verlegen.
Eco siedelte die Handlung im November 1327 an, auch dies wieder eine bewußte Entscheidung. Da im Roman auch historisch verbürgte Personen auftreten, mußte Eco sich natürlich nach historischen Fakten richten. So konnte er den Roman nicht im Dezember spielen lassen, da eine historische Person sich zu jener Zeit, wie es in den Geschichtsbüchern überliefert ist, an einem anderen Ort aufhielt. Da es aber gleichzeitig kalt genug sein mußte, um ein Schwein schlachten zu können, was aber in Italien im November noch nicht der Fall ist, mußte Eco die Abtei in die Berge verlegen. (Nachschrift, S. 35).
Dies zeigt, welch sorgfältige Recherche, Planung und Vorarbeit bis ins kleinste Detail für einem historischen Krimi notwendig sind.
Ecos Ziel war es, einen historischen Roman zu schreiben, in dem 'alles, was fiktive Personen wie William sagen, in jener Epoche sagbar sein sollte.' (Nachschrift, S. 88) Er fragt sich aber auch, ob er den Personen im 'Im Name der Rose' 'nicht manchmal ein zu weitreichendes Kombinationsvermögen verliehen habe'. (Nachschrift S. 88). Genau dies ist eine der Schwierigkeiten in historischen Romanen allgemein und in historischen Krimis im besonderen. Einen Kriminalfall aufzuklären erfordert eine bestimmte Denkweise. Sir Arthur Conan Doyle konnte seinen Sherlock Holmes in seiner eigenen Zeit auf die unnachahmliche Weise Kriminalfälle lösen lassen. Wenn man es mit dem historischen Roman und den damit einhergehenden Vorgaben genau nimmt, wäre es jedoch unmöglich, denselben Sherlock Holmes ins 12. Jahrhundert zu versetzen, da die Menschen jener Epoche eben eine andere Weltsicht hatten und auf andere Weise dachten.
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