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Gertrud von Hermann Hesse

Gertrud von Hermann Hesse


Titel

Gertrud ist ein gängiger Frauenname, der weder über das Alter noch über das Außere oder Charakter­eigenschaften Auskunft gibt. Es handelt sich hier um eine der Haupt­gestalten, da der Titel des Buches nach ihr benannt ist, sie steht in Kontakt mit anderen Personen und sie nimmt eine wichtige Rolle im Roman. Dadurch daß nur der Vorname der Frau genannt wird, wirkt es persönlicher, es wird keine Distanz aufge­baut, was der Autor auch sicherlich beabsichtigte.




Themen:

Gertrud ist ein Roman, der vor allem zwei wichtige Themen behandelt: die Musik und der Sinn des Lebens. Da dem komponistischen Kuhn die Liebe die er Gertrud entgegen bringt nicht erwidert wird, stellt er sich die Frage nach dem Sinn des Lebens und findet ihn in der Musik. Er lebt dadurch auf und erfährt, daß Musik eine von den schönsten Möglichkeiten ist, das Leben so zu ertragen, wie es ist, mit all seiner Sinnlosigkeit. In diese Welt zieht er sich vollkommen und ganz zurück und baut sich dadurch eine Welt auf, die noch stärker durch die Musik gezeichnet ist, wie seine vorige.

Durch die unglückliche Liebe zu Getrud ist er zur musikalischen Kreativität angespornt und ermuntert, gleichzeitig bietet sie ihm die Flucht in eine Welt der Töne und Harmonie, den einzigen Rückhalt seines scheinbar sinnlos gewordenen Lebens.

In der Musik findet Kuhn die einzige Möglichkeit seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und sie auszudrücken.

Für Hesse ist Musik in diesem Buch die unbegreiflichste, amüsanteste und sinnlichste Gegenwelt, die sich ein Mensch schaffen kann und nur dadurch kann er so intensiv und ausdrucksvoll über die Musikwelt des Komponisten Kuhn schreiben.

Hesse findet auch eine einleuchtende Antwort zu der Frage nach dem Sinn des Lebens. Diese mag uns in schwierigen Situationen bitter oder gar zynisch erscheinen, der Sinn des Lebens ist es, zu leben, immerfort zu leben, an Problemen nicht zu scheitern, sondern an ihnen zu reifen, wachsen und aus ihnen zu lernen.

Er drückt dies auf ähnliche Weise wie Goethe aus, der meint, daß man aus Steinen die einem den Weg erschweren auch etwas Schönes bauen kann.

Das erscheint uns oft schwierig oder gar unmöglich, aber das Beispiel des Komponisten Kuhn der durch seine Verkrüppelung und durch seine unglückliche Liebe nicht gerade auf die Butterseite des Lebens gefallen ist, zeigt uns, daß es möglich ist und daß man nicht aufgeben darf. Das Leben ist ein Abenteuer, das es zu lichten gilt, eine unbedingt zu meisternde Entwicklung.

Ein weiteres Thema ist die Freundschaft zweier gegensätzlicher Menschen, die sich in ihren Denkweisen vollkommen unterscheiden und sich trotzdem verstehen.


Fabel

Das Reifen eines Menschen an der Liebe und am Schmerz durch die Musik.


Gattung:

'Gertrud' ist ein Roman, der in 9 Kapitel gegliedert ist. Dem musikalischen Hauptthema entsprechend, könnte man den Roman als literarische Parabelform zur Sinfonie bezeichnen. J. V. Widman bezeichnet den Stil dieses eigenartigen und gleichzeitig fesselnden Werkes als ein gedämpftes 'Andante'.


Blickwinkel:

Es handelt sich um eine Form der Ich-Erzählung, also um einen teilnehmenden Erzähler. Durch diese Form der Erzählung kann der Autor seine Verzweiflung zum Ausdruck bringen und so den Leser mit seinem Schicksal konfrontieren und ihn daran teilhaben lassen.

Der Erzähler ist am Romangeschehen aktiv beteiligt, er gehört zum Personenbestand. Er erlebt alles mit, und zwar aus seiner subjektiven Sicht, die natürlich beschränkt ist. Die Ich-Form ist wegen ihrer persönlichen und intimen Darstellungsweise die bevorzugte Erzähltechnik der meisten Schriftsteller des 19. und 20. Jahrhunderts.


Zeitstufe & Zeitraum:

Als Zeitstufe wurde das Präteritum verwendet. Die Handlung beginnt mit der Studienzeit Kuhns und zieht sich über mehrere Jahre hinweg, bis zum Tod seines besten Freundes. Man kann nicht mit Bestimmtheit sagen, welchen Zeitraum die Handlung umspannt, aber ungefähr 6 bis 10 Jahre.

Der Roman erscheint chronologisch fortlaufend, doch sind längere und kürzere Rückblenden enthalten.


Sprache

Hermann Hesse ist wohl einer der bedeutendsten und beliebtesten deutschen Erzähler und Romanciers dieses Jahrhunderts. Seine Sprache zeichnet sich durch bildhafte Klarheit und Kraft aus, aber auch durch ihre schlichte Eleganz. Jeder Satz scheint vollendet und mit großem Können gebaut: jedes Wort steht an der richtigen Stelle, nichts wirkt gekünstelt oder sinnlos. Dennoch zeichnet nicht klassische  Perfektion diesen großen Erzähler aus, sondern menschliches Einfühlungsvermögen, durch das beeindruckende und überzeugende Charaktere entstehen.



Charakterisierung der Hauptpersonen

Kuhn:

Er ist ein Krüppel, der sich unsterblich in Gertrud verliebt hat. Er sieht in ihr alles, von Schönheit angefangen bis zur inneren Vollkommenheit. Knuth lebt in seiner eigenen Welt, von der er sich nicht mehr trennen kann und will. Erst durch die Musik lernt er mit der nicht erwiderten Liebe umzugehen, sie in einem positiven Licht zu sehen. Findet sich damit ab und lernt sich auf platonischer, rein freundschaftlicher Basis mit Gertrud zu reden. Doch verzweifelt er innerlich. Ein unsicherer, schüchterner Künstler, der in bestimmter Wiese mit sich selbst nicht fertig wird, mit seiner Denkweise, der aber auch egoistisch ist, da er von anderen Menschen erwartet, gleich zu denken wie er.

Nur in der Musik kann er seinen Gefühlen freien Lauf lassen, sie ausdrücken. Auch gelingt es ihm durch sie mit seinem verkrüppelten Bein und seinem Schicksal, das für ihn manchmal unüberwindbar, trostlos und ohne jegliche Hoffnung erscheint, fertig zu werden.

Das Bein scheint ihm nicht viel auszumachen, aber mit seinem Erscheinungsbild, seinem Auftreten kommt er nicht zurecht.


Muoth:

ist eine typische Künstlernatur, jedoch im Unterschied zu Kuhn leidenschaftlicher, was aber auch negative Seiten hat: Muoth, ein typischer Lebemann umgibt sich ständig mit reichen, schönen Frauen, die seiner unheimlichen Faszination erliegen. Er genießt gerne den Alkohol ohne dabei Maß und Ziel zu kennen und schlägt daher viele seiner Begleiterinnen. Kuhn kann diesen Charakterzug nicht verstehen und verurteilt ihn scharf. Bei der Hochzeit von Muoth und Gertrud fürchtet er um ihre Zukunft, spielt aber dann doch für das Brautpaar auf der Orgel ein Vorspiel.

Mouth ist ein Egoist, der ständig nur an sich denkt, keine Rücksicht auf Gefühle anderer nimmt und manchmal trotzdem den Eindruck von einem kleinen, hilflosen Kind erweckt.


Gertrud

Eine hübsche, schöne, mittelgroße, junge Frau, mit dunkelblonden gewellten Haaren stellt für Kuhn den Inbegriff an Schönheit dar. Die Tochter eines reichen Witwers und Gönners, die sowohl äußere und innere Schönheit besitzt. Sie fällt Kuhn vor allem durch ihre ehrliche, offene Kritik an seinem Werk und ihr Gespür für Musik auf. Sie sieht in der verkrüppelten Künstlerfigur Kuhn einen guten Freund, nicht aber einen Partner fürs Leben, den sie liebt, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen will, was auch durchaus verständlich ist. Auch bemitleidet sie ihn in bestimmter Weise, er es aber nicht als Kritik auffaßt. Die Freundschaft zu Kuhn ist ihr heilig, sie steht zu ihm, bewundert ihn in bestimmter Weise, vor allem sein musikalisches Können. Sie kann sich nicht auf Knopfdruck und Kommando in Kuhn verlieben.

Gertrud ist ein Mensch, der andere durch ihre natürliche, nicht überhebliche Art faszinieren und anregen kann, sie hat sich viele kindliche Fähigkeiten bewahrt, das Staunen, die Ehrlichkeit und Natürlichkeit. Doch dadurch, daß sie sich in Kuhns besten Freund verliebt und ihn später auch heiratet, baut sie aus Rücksicht seinen Gefühlen gegenüber eine bestimmte Distanz auf.


Autor:

Hermann Hesse ist ein Schweizer Romanautor und Dichter.

Hesse wurde am 2.Juli 1877 in Calw als Sohn eines ehemaligen Missionars geboren und starb am 9.August 1962 in Montagola (Schweiz). Hesse arbeitete in jungen Jahren als Buchhändler und Antiquar und lebte seit 1900 als freier Schriftsteller und Literaturkritiker. In seinen ersten Romanen Unterm Rad (1906) und Peter Camenzind (1904 1961) verarbeitete Hesse die drückenden Erfahrungen der Schulzeit und des Priesterseminars und setzte dagegen das Ideal eines freizügigen Vagabundendaseins. Hier ist bereits der Konflikt von Geist und Natur thematisiert, der sein gesamtes späteres Werk durchzieht. Bei Hesse, der meist zurückgezogen auf dem Lande lebte, ist dieser Gegensatz zugleich als Kritik an der modernen technisierten Welt interpretierbar und besitzt insofern auch eine politische Dimension.

1923 erwarb Hesse die Schweizer Staatsbürgerschaft. Sein literarisches Werk erhält zunehmend meditative, von der fernöstlichen Philosophie beeinflußte Züge, wie in Siddharta (1922). Seine Beschäftigung mit der Psychoanalyse fand in dem (1919) veröffentlichten Roman Demian literarischen Niederschlag. In der Morgenlandfahrt (1932) trat verstärkt Hesses mystische und letztlich neuromantisch-konservative Disposition zutage, während sein Roman Der Steppenwolf (1927) zumindest formal den Anschluß an die zeitgenössische Literatur hielt. Der Steppenwolf avancierte später mit Siddharta zur Pflichtlektüre der Flower-Power-Generation, wenn auch im Zeichen eines mißverstandenen Individualismus. Ohne autobiographischen Bezug, aber mit ähnlicher Tendenz schilderte Hesse in Narziß und Goldmund (1930) die Zerrissenheit zwischen individuellem Rebellionsdrang und dem Zwang zu spießbürgerlicher Anpassung. In seinem Alterswerk Das Glasperlenspiel (1943) legte Hesse den Entwurf einer poetischen Sozialutopie vor, in der die ihn bedrängenden Probleme eine Lösung erfahren. Seine Prosa wie seine nostalgische, volksliednahe Lyrik weisen Hesse als Nachfahren der Romantiker aus. Die literarische Qualität seiner Texte ist heutzutage eher umstritten, außer Frage stehen hingegen seine kulturkritischen und seine literaturkritischen Verdienste.


1450 Wörter






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