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Die Leiden des jungen Werther - Goethe

Die Leiden des jungen Werther




Johann Wolfgang von Goethe



Der Autor:

Seine Lebensdaten: 28.08.1749 bis 22.03.1832

Dazwischen liegen viele Jahre wertvollen Schaffens. Zu seinen bekanntesten Werken zählen:

Götz von Berlichingen (1773)

Die Leiden des jungen Werthers (1774)



Iphigenie und Tauris (1787)

Wilhelm Meisters Lehrjahre (1796)

Metamorphose der Pflanzen (1798)              

Faust I (1808)

Dichtung und Wahrheit (1832)

Faust II (1832)


An der Entstehungsgeschichte der "Leiden des jungen Werther" sind drei Begebenheiten aus Goethes Leben wichtig, seine Liebe zu Charlotte Buff, seine Neigung zu Maximiliane La Roche und der Selbstmord des Legationssekretärs Carl Wilhelm Jerusalem.


Als Goethe 1772 nach seinem Studium nach Wetzlar zog, lernte er auf einem Ball Charlotte Buff kennen, die mit dem Gesandtschaftssekretär Kestner so gut wie verlobt war. Goethe verliebte sich in Charlotte, war aber auch mit dem Verlobten gut befreundet. Charlotte zeigte jedoch Goethe, dass er nicht mehr als "nur" Freundschaft zu erwarten hätte.



Kestner gilt als Vorbild Alberts.


Am 11.9.1772 verließ Goethe Wetzlar, ohne sich von Charlotte und Kestner zu verabschieden. Danach besuchte er die Familie La Roche. Dort lernte er die 16-jährige Maximiliane kennen, die zwei Jahre später den Kaufmann Peter Brentano heiratete.

Goethe freundete sich mit Maximiliane an und blieb ihr auch nach der Eheschließung noch verbunden. Brentano verfolgte Goethe jedoch mit Eifersucht, worauf sich Goethe zurückziehen mußte.


Charlotte und Maximiliane sind die Vorbilder der Lotte - Figur.


Carl Wilhelm Jerusalem war wie Goethe als Jurist in Wetzlar tätig. Goethe kannte Jerusalem nicht näher. Dieser hatte oft Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten, und außerdem verliebte er sich in eine verheiratete Frau, die seine Zuneigung nicht erwiderte. Darüber hinaus gelang ihm nicht sofort der Aufstieg in höhere Gesellschaftskreise. Jerusalem erschoß sich in der Nacht vom 29. auf den 30.10.1772. Goethe bat Kestner um einen ausführlichen Bericht über dessen Ende. Viele Einzelheiten übernahm er wortgetreu in seinen Roman.

Jerusalem hatte sich Kestners Pistolen für eine Reise erboten. Die Worte, mit den Carl um die Pistolen bat, übernahm Goethe fast wörtlich.


Goethe schrieb den Briefroman m Februar und März 1774 in einem Zuge nieder. Die erste Fassung erschien 1774, die zweite 1787. Die zweite Fassung ist diejenige geworden, in der die meisten Leser Goethes "Werther" kennenlernten oder noch kennenlernen werden.



Die Geschichte:


Werther, ein gebildeter junger Bürger, der mit den geistigen Auseinandersetzungen seiner Zeit über die Philosophie, die Literatur und die Kunst vertraut ist, leidet unter den Zwängen denen die Menschen seiner unterlagen. Leonore liebt Werther, doch er erwidert ihre Liebe nicht. Daher verläßt er seinen Heimatort und zieht in eine andere Stadt. Da er nicht arbeiten muß, führen ihn seine Fragen zu Erlebnissen in der Natur und zur Kunst.


In der neuen Stadt lernt er Lotte kennen. Sie ist mit Albert, einem Freund Werthers, schon so gut wie verlobt. Da Albert auf Reisen ist, verliebt sich Werther in Lotte, welche in ihm jedoch nur einen  Seelenverwandten sieht. Doch als Albert von seinen Reisen zurückkehrt, ändert sich die Situation grundlegend.

Werther muß Albert als Lottes Verlobten anerkennen. Doch er leidet stark, weil die Liebe mit Lotte nicht zur Erfüllung kommen kann. Deshalb verlässt er Lotte fluchtartig. Der Versuch, der hoffnungslosen Liebe in einem Amt fern von Lotte zu entfliehen, scheitert am Hochmut der adeligen Gesellschaft und an Werthers Empfindlichkeit.

Wegen Unstimmigkeiten mit seinen Mitmenschen kehrt er wieder in die Nähe Lottes zurück. Die Liebe zu Lotte bekommt dadurch erneut an Kraft, obwohl diese in der Zwischenzeit geheiratet hat. Werther trifft von neuem mit Lotte zusammen. Diese wiederholten Treffen stürzen Werther immer mehr in tiefe Trauer und schüren seine Selbstmordgedanken. Er beginnt ernsthaft an seinen Tod zu denken. Verzweifelt vertieft er sich mehr und mehr in die Gesänge Ossians, dessen Texte er übersetzt hat. Diese liest er auch Lotte bei ihrem letzten Treffen vor. Werthers Abschiedsbrief an Lotte am Morgen des 21. Dezembers geschrieben, findet man versiegelt auf des Toten Schreibtisch.

Werther erschießt sich in der Nacht des 22. auf den 23. Dezember.


Hauptpersonen, Werther und Lotte:


Des Urbild Werthers ist niemand anders als Goethe selbst, wie er in "Dichtung und Wahrheit", abgesehen von einigen historischen Ungenauigkeiten, treffend schildert.

Er sucht dauernd nach geistigen und seelischen Genüssen, ohne jedoch die Kraft zu besitzen, sich diese zu erringen. Werther steigt voll Liebe zu dem gewöhnlichen Volk und zu Lottes kleinen Geschwistern hinab und beschenkt diese regelmäßig. Trotzdem ist er eines wirklichen Opfers für seine Mitmenschen nicht fähig. Sein Haß gegen das weltliche Treiben ist im Grunde nichts anderes als Haß gegen Arbeit und Unterordnung.

Ein erfreulicheres Bild gewinnen wir, wenn wir Werthers Verhältnis zur Natur betrachten.

In ihr lebt er, ist in innigster Weise mit ihr verbunden. In die Natur flüchtet er sich aber nicht nur zum stillen Genießen, sondern auch, wenn er innerlich vor Wut kocht. So ist ihm die Natur die stille, vertraute Freundin in guten wie in schlechten Zeiten.


Trotz der schweren Verantwortung, die auf Lotte lastet, trotz der vielen Pflichten, die sie übernommen hat, bewahrt sie sich eine gewisse Heiterkeit, einen harmlosen Frohsinn, wodurch sie alle Herzen im Sturm erobert. Nach dem Tode ihrer Mutter ist sie der eigentliche Mittelpunkt der Familie geworden. Sie bewährt sich als Hausfrau und ersetzt den armen Kindern die früh verstorbene Mutter. In der Gesellschaft anderer Leute, namentlich junger Mädchen, zeigt sie eine unverkennbare Überlegenheit. Während aber Werther nicht die Kraft besitzt, Maß zu halten und nur der eigenen Befriedigung nacheilt, bewahrt Lotte jederzeit strengste Mäßigung und Selbstbeherrschung und sie verdient deshalb sehr viel Achtung.


Schlußfolgerungen:


Das erscheinen des Briefromans "Die Leiden des jungen Werthers" im Herbst 1774 war eine Sensation. Das Buch zog nicht nur ein großes Leserpublikum in Deutschland und im Ausland an, es zeigte auch, dass sich die Anteilnahme am Schicksal des Helden bis zum "Wertherfieber" steigerte, was sogar zu Selbstmorden führte.

Doch der eigentliche Werther-Kult blieb eine Sache der gebildeten Stände. Werthers Kleidung, sein Auftreten kam in Mode. Seine exzentrische Sprachweise wurde zur Umgangssprache der Liebenden und versicherte die Außerordentlichkeit ihrer Beziehung.

Vor dem "Werther" boten die Romane den Lesern einen Stoff an, welcher leicht nachvollziehbar war. Der Leser suchte in einem Roman immer einen Nutzen, d.h. der Roman mußte den zeitgenössischen Wertvorstellungen entsprechen.

Diese Auffassung änderte sich grundlegend nach der Veröffentlichung des Briefromans. So kam es, das es in erster Linie der Stoff war, besonders der Selbstmord als anstößiges Ereignis, der die Wirkung des Buches ausmachte.

Der Roman durchbrach einige Tabus:


daß sich Werther nicht auf die Wertvorstellungen seiner Zeit, sondern auf die Menschen, auf deren Herz, beruft.

daß die Liebe und die Leidenschaft einen  Menschen in den Tod stürzen können.

daß Selbstmord kein Verbrechen ist.


Dies alles entsprach einer neuartigen Auffassung von Moral. Goethe stellt die Grundlagen der Gesellschaft in Frage. Er will gegen die Verurteilung des Selbstmordes im 18. Jahrhundert kämpfen, da dieser ein juristisches Verbrechen darstellte.

Goethe spricht hier als Anhänger der Sturm- und Drang - Generation und des Geniekults.


Der Briefroman


Neben der Einleitung und dem Schluß hat Goethe für die Erzählung seines Romans die Form des Briefromans gewählt. Die Handlung wird nicht in kontinuierlicher Erzählweise verständlich gemacht, sondern nur datierten Ausschnitten aus dem Lebenslauf Werthers.

Es ist eine sprunghafte, zerstückelte Form, welche jedoch aufzeigt, daß die unausgeglichenen, gefühlsstarken Erlebnisweisen des Helden es nicht zulassen, Halt im Leben zu finden. Es handelt sich somit um eine in Briefen abgefasste Selbstdarstellung des Romanhelden.

Die Briefe bleiben unbeantwortet, bzw. Goethe fügt keine Briefe des Empfängers ein. So zeigt die Form auch, daß der tragische Weg des Helden in den Freitod glaubwürdig und erschütternd zwingend ist. Werthers Sprache ist emphatisch (WB - bereit und fähig sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen), lyrisch und weicht stark von der Alltagssprache des 18. Jahrhunderts ab.


Vergleich mit "Die neuen Leiden des jungen W."


Ein Vergleich mit einer neueren Fassung des Stoffes, "Die neuen Leiden des jungen W." (1972) von Ulrich Plenzdorf, zeigt, dass eine Abstraktion von den gesellschaftlichen Bedingtheiten möglich ist. In beiden Romanen wird der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft dargestellt. Konflikt und Lösung sind auf die jeweilige gesellschaftliche Wirklichkeit zu beziehen. Durch die Verwendung von Goethe - Zitaten wird Werthers Problematik auf die Moderneübertragen. Sie sind so gewählt, dass sie auf die jeweilige Situation Werthers passen.

Es sollte klar werden, dass jede Zeit ihre speziellen Probleme hervorbringt, die sich auf den einzelnen auswirken, und dass es in jeder Zeit zu verschiedener Ausprägung von individuellen Konflikten kommt.

Indem Plenzdorf Paralellen aufweist, hebt er den historischen Zusammenhang auf. Hierdurch macht er Goethe verständlich und setzt das historische Thema in die Gegenwart um. Er löst den Klassiker aus dem Betrachtungsrahmen des kulturellen Erbes, welches nur für sich und die jeweilige Zeit spricht.








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