Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als Sohn eines jüdischen Kaufmannes in Prag geboren. Von 1901 bis 1906 studierte er zunächst kurze Zeit Germanistik, dann Jura. Nach der Promotion zum Dr. jur. absolvierte er eine einjährige Rechtspraxis, trat dann 1907 in die "Assicurazioni Generali" ein und ging 1908 als Jurist zur "Arbeiter- Unfall- Versicherungs- Anstalt", wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1922 blieb. Ende 1917 erlitt Franz Kafka einen Blutsturz; es war der Beginn der Tuberkulose, an der er einige Jahre später, am 3.Juni 1924 starb. Seinen Nachlass hatte er zuvor testamentarisch zur Verbrennung bestimmt.
Kafka stand unter großem Einfluss des Vaters, was in den Werken "Das Urteil" oder "Brief an den Vater" deutliche Spuren hinterließ. Kafka erlebte seinen Vater als übermächtige Erscheinung, die für ihn ein kaum überwindbares Problem darstellte. Zum Einen liebte Kafka seinen Vater, zum Anderen hasste er ihn. Diese Hassliebe kommt in vielen seiner Werke stark zu tragen.
Dieses Werk entstand, als die Arbeit an dem Roman "Der Proceß" ins Stocken geriet. Kafka nahm bei seinem Dienstgeber, der Arbeiter-Unfall-Versicherung, Urlaub, um den Roman zu vervollständigen. Stattdessen aber entstand in den folgenden zwei Wochen die Erzählung "In der Strafkolonie". In der Zeit vom 4. bis zum 18. Oktober 1914.
Das Werk fällt in die Epoche des Expressionismus (1910-1924), welcher sich in der Lyrik besonders gegen Geringschätzung und Unterdrückung des Menschen artikuliert.
"In der Strafkolonie" beschreibt das Erlebnis eines Reisenden auf einer Insel. Dieser Reisende wird zu einer Exekution eines Straftäters eingeladen. Der rechtskundige Reisende erkennt, dass dem Straftäter kein fairer Prozess gemacht wurde, und kann der Exekution nicht zustimmen. Dieser und andere Umstände bringen den Henker des Straftäters dazu, sich selbst zu richten.
Dieses Werk wurde, entgegen vieler anderer, 1916 von Kafka selbst dem Kurt Wolff Verlag angeboten. Nachdem Kafka mehrmals die Veröffentlichung verschoben hatte, erschien das Werk in leicht veränderter Form im Oktober 1919.
Durch die präzise, nüchterne Sprache des Erzählens bricht Kafka mit einer jahrzehnte alten Tradition und weist den expressionistischen Wortzauber seiner Zeit zurück.
Bei diesem Werk handelt es sich um ein Prosastück, welches in die Zeit des Expressionismus (1910- 1924) fällt.
Kafka erzählt diese Geschichte, welche in einem irrealen Raum spielt, als neutraler Erzähler. Bezieht man Kafkas Persönlichkeit zum Inhalt des Werkes, liegt der Schluss nahe, dass es sich ebenso um eine personelle Erzählung handeln könnte, welche in der dritten Person niedergeschrieben wurde. Die Erzählung folgt keiner genauer definierbaren inneren Struktur.
Die Zeit um 1914, in der dieses Werk entstand, war die Zeit des gerade erst zwei Monate jungen Ersten Weltkrieges. Kafka projizierte die Angst und Gewaltbereitschaft dieser Zeit in sein Werk. Dadurch entstand ein Werk, welches von Beginn an die Konfrontation mit dem Tod sucht. Dieser ist es auch, der letztendlich sein Opfer fordert.
Ein Forschungsreisender befindet sich auf einer Insel irgendwo in den Tropen. Auf dieser Insel gibt es eine Strafkolonie. In einem ringsum von kahlen Ab-hängen eingeschlossenem Tal werden zum Tode verurteilte Straftäter exekutiert. An diesem Ort befinden sich der Reisende, ein Offizier, der an Händen und Füßen gefesselte Verurteilte und dessen Wache. Der Verurteilte macht einen gelassenen Eindruck.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht ein Apparat, an dem der Offizier eifrig arbeitet. Es ist eine aus mehreren Teilen bestehende Tötungsmaschine, die von einem bereits verstorbenen Kommandanten entworfen wurde. Der Offizier beginnt jetzt, fast fanatisch, dem Reisenden die Funktion der Maschine zu erklären. Die Teile in welche sich die Maschine gliedert, sind das Bett, der Zeichner und die Egge. Im Zusammenspiel sind die Teile dazu da, dem Verurteilten seine Straftat im Laufe mehrerer Stunden und unter höllischen Qualen auf den Körper zu schreiben. Dabei wird er auch mehrmals automatisch gewendet, und der Leichnam schließlich in eine Grube geworfen. Der Reisende zeigt sich unbeeindruckt, und stellt einige belanglose Fragen. Dabei erfährt er auch, dass der Verurteilte über sein Schicksal noch nicht informiert ist. Nun wird der Verurteilte von Wache und Offizier ausgezogen, auf das Bett gelegt, angeschnallt, und mit einer Henkersmahlzeit versorgt, die er im liegen mit der Zunge erreichen kann.
Den Offizier beschäftigt der Umstand, dass nur der rechtskundige Reisende der Exekution beiwohnen soll. Er mutmaßt, der neue Kommandant, nicht gerade ein Befürworter dieser Todesstrafe, habe den Reisenden gebeten, sich eine Meinung über diese Strafe zu bilden, um ihm diese zu unterbreiten. Damit hätte der neue Kommandant Bestätigung, und die Geldmittel für den Apparat würden gestrichen werden. Um das zu Vermeiden versucht der Offizier dem Reisenden eine Meinung zu suggerieren, welche ihn und seinen Apparat in den Mittelpunkt stellt. Der Reisende ist damit nicht einverstanden. Er will jetzt sogar die Exekution verhindern.
Plötzlich entlässt der Offizier den Verurteilten mit den Worten "Dann ist es also soweit!" in die Freiheit, und beginnt abermals Einstellungen am Apparat vorzunehmen. Inzwischen haben sich der Soldat und der Verurteilte angefreundet. Der Offizier beginnt sich zu entkleiden. Ein breites, lautloses Lachen ist jetzt auf dem Gesicht des Verurteilten zu sehen.
Nun legt sich der Offizier auf das Bett der Maschine und will sie starten. Schnell aber eilen der Soldat und der Verurteilte zur Stelle und schnallen ihn an. Kaum ist er angeschnallt, fängt der Apparat an zu arbeiten. Langsam steigt ein Zahnrad aus dem Zeichner und fällt auf die Erde. Diesem folgen noch viele weitere, bis zum letzen. Der Körper ist vom Apparat völlig aufgespießt und muss mit Gewalt von den Spießen befreit und in die Grube geworfen werden.
Die verbleibenden Drei gehen zurück in die Kolonie. In einem Teehaus wird dem Reisenden das Grab des alten Kommandanten gezeigt. Dieser durfte auf Anordnung der Geistlichen nicht auf dem Friedhof begraben werden. Danach verlässt der Reisende die Insel und kann im letzten Moment noch verhindern, dass ihm der Soldat und der Verurteilte folgen.
Ein Forschungsreisender: Er ist ein gebildeter Mann, der im Besonderen mit dem Gesetz vertraut ist. Er hat einen Sinn für Gerechtigkeit und ist kein Freund altertümlicher Foltermethoden.
Ein Offizier: Ein, auch bei tropischem Klima, korrekt gekleideter Mann, der strikt den Anweisungen seines alten, verstorbenen Kommandanten folgt. Jetzt hat der Offizier die meiste Erfahrung am "Apparat" und tritt das sadistische Erbe des Kommandanten an. Der Offizier findet Gefallen daran, Menschen langsam sterben zu lassen.
Ein Verurteilter: Ein ehemaliger Soldat, der, wegen eines geringfügigen Ver-gehens gegen einen Vorgesetzten, zum Tode verurteilt wird. Er ist ein stumpf-sinniger, breitmäuliger Mensch mit verwahrlostem Haar.
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