Dantons Tod
(Georg Büchner, 1835)
Entstehung und Rezeption
1834 intensive Studien über die frz. Revolution
ab Anfang 1835 weiten sich polizeiliche Untersuchungen gegen Büchner aus Erkenntnis, dass Flucht unvermeidbar
Das Drama sollte Geld für die Flucht beschaffen
Entstehung in ca. 5 Wochen unter starkem Druck
9. März 1835 Büchner flieht über die Grenze nach Straßburg
zunächst erscheint gekürzte Fassung (Zensur!)
zwar Freude über positive Kritik; aber Arger über Verfälschung
Der Stoff - Die französische Revolution
Historische Genauigkeit (1/6 des Textes besteht aus Quellenzitaten)
Historische Quellen (Thiers )
Ablauf der Revolution in drei Phasen (kurze Wiederholung); das Drama spielt während der Schreckensherrschaft (terreur) Robespierres; umfaßt Zeitraum vom 24. März bis 5. April 1794 (Hinrichtung der Dantonisten)
Aufbau und Inhalt
4 Akte, kein klassischer Handlungsverlauf
offene Dramenform
rascher, harter Szenenwechsel
viele retardierende situationsbeschreibende Szenen
Personen: Danton (1759-94) und seine Anhänger auf der einen Seite
Robespierre (1758-94) und seine Leute auf der anderen
Insgesamt 27 Einzelpersonen + andere
Realistische, lebensnahe Darstellung, keine Idealisierung
1.Akt:
Exposition des Gegensatzes Danton - Robespierre und des Bildes der Revolution in Gefahr
Vorstellungen dreier Gruppen: Dantonisten, Robespierristen und das Volk
Jede Gruppe für sich mit dem Lauf der Revolution unzufrieden
Einführung Dantons im Milieu des Spielsalons
Gespräch über Isolation und Todessehnsucht
Vorstellung des Programms der Dantonisten: Mäßigung, bürgerliche Freiheiten und Lebensgenuß
Danton skeptisch, distanziert - Fragwürdigkeit des Lebensstils der Dantonisten
Unzufriedenheit des Volkes, fordert Weiterführung der Revolution und "Totschlagen" der Bessergestellten
Auftritt Robespierres als geschickter Demagoge (durch das Versprechen, ein Blut-gericht über die Feinde zu halten, gewinnt er neue Anhänger); "Messias"
Robespierres programmatische Rede im Jakobinerklub: Die Tugend muß durch den Schrecken herrschen; Schreckensherrschaft=Waffe der Republik
Epikureische Lebensbejahung der Dantonisten (Danton bei der Grisette Marion)
Danton beschwichtigt sich selbst trotz Gefahr: "Sie werden's nicht wagen."
Dantonisten führen lasterhaftes Leben im Sinne Robespierres Entfremdung vom Volk; Entschluß Dantons Robespierre aufzusuchen
Streitgespräch: Danton - Robespierre als Höhepunkt des Dramas
Danton |
Robespierre |
|
|
Ende des Terrors |
Fortgang der Schreckensherrschaft |
Alle Menschen sind Epikureer |
|
Tugend und Laster sind moralische Begriffe Terror unerlaubtes Mittel gegen Genußstreben der Menschen |
Tugend muß durch Schrecken herrschen Laster ist zu gewissen Zeiten Hochverrat (politische Begriffe) |
1. Monolog Robespierres: quälende Selbstzweifel, Rechtfertigung
widerwilliger Entschluß zur Verhaftung der Dantonisten (Jugendfreund Camille)
Bewußtsein der Isolation
2. Akt
Verhaftung der Dantonisten
Drängen der Freunde Dantons gegen seine Untätigkeit
Danton: Langeweile, Sinnlosigkeit; Entscheidung gegen weiteres Blutvergießen
Erneute Selbstbeschwichtigung ("Sie werden's nicht wagen")
Anti-idealistische Kunstbild Büchners (ausgedrückt durch Camille)
Nachricht der bevorstehenden Verhaftung
Danton allein auf freiem Feld: Wendepunkt Entschluß zur Rückkehr ( Tod)
Selbstrechtfertigung für Septembermorde: Bild der Marionette ("Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen")
Verhaftung Dantons und seiner Freunde
Rede St. Justs (rechte Hand von Robespierre) im Nationalkonvent rechtfertigt Verfolgung der gemäßigten Dantonisten Enthusiasmus
3. Akt
Gefängnis und Verhöre
Gespräch über die Existenz Gottes; Versuch, die Nichtexistenz Gottes zu beweisen scheitert
Danton wird in die Conciergerie (Untersuchungsgefängnis) eingeliefert: "Ich dachte, sie würden's nicht wagen."
Erste Anhörung Dantons vor dem Revolutionstribunal: mitreißende Rede
v. a. Rechtfertigung vor der Nachwelt, da Hoffnung auf Freispruch aussichtslos
Die Dantonisten angesichts des Todes: wachsende Unruhe und Angst vor dem Tod
Jetzt plötzlich will Danton in Verzweiflung wieder für sein Leben kämpfen (zu spät)
Letztes Verhör: "politisches Testament" Dantons: "Ich sehe großes Unheil über Frankreich hereinbrechen." - klagt Robespierre und St. Just des Hochverrats an
Wechsel der Volksgunst von Danton zu Robespierre wegen Lebensstil = Todesurteil
Programm des Liberalismus hat sich als untauglich für die Massen erwiesen
4. Akt
Hinrichtung und Tod der Frauen
Julies Entscheidung mit Danton zu sterben
Letzte Nacht der Dantonisten: "es ist elend so sterben zu müssen"
Hinrichtungskarren kommen; Lucile, Camilles Frau wird wahnsinnig
Letzte Gedanken der Todgeweihten
Danton prophezeit den Tod Robespierres
"Die Welt ist das Chaos. Das Nichts ist der zu gebärende Weltgott."
Letzte freundschaftliche Umarmungen
Volksfestartiges Treiben am Revolutions- / Hinrichtungsplatz
Nacheinander besteigen die Dantonisten den Schafott
Nach dem Tod Camilles ist Lucile völlig verzweifelt Todesentschluß: "Es lebe der König!"
Büchners Sicht der Revolution
Büchner kann nicht mit einer Person seines Dramas identifiziert werden
Er sympathisiert mit Volk, Danton und Robespierre in bestimmter Hinsicht, stellt aber gleichzeitig alle drei Gruppen kritisch dar
Darstellung der Revolution in fragwürdiger Phase
Fatalismus der Geschichte (vgl. "Fatalismus-Brief")
Gescheiterte Revolution, da dem Elend der Besitzlosen nicht abgeholfen hat
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