Gottfried
Keller
1819-1890
Gottfried Keller wurde im Juli 1819 in Zürich in der Schweiz geboren. Von sechs Kindern war er eines von zwei, die die Kindheit überlebten. Das andere war seine Schwester Regula, die 1822 geboren wurde. Bis zum Tode seines Vaters 1824 lernte Keller viel von ihm. Obwohl er nur fünf Jahre alt war, als sein Vater starb, lernte er trotzdem Redlichkeit und die Phantasie von ihm. Sein Vater beeinflußte Kellers späteren Idealismus in der Politik. Keller behielt seinen Vater in seinem Gedächtnis wie einen Helden.
Nach dem Tod seines Vaters heiratete Kellers Mutter wieder, aber die Beziehungen zwischen den Jungverheirateten waren so schlecht, daß die Ehe eventuell annulliert wurde. Trotzdem vergab Keller seiner Mutter für diese Ehe nie.
Keller fing als Kind an zu schreiben. Er schrieb Dramen für sein eigenes Puppentheater und war sehr phantasievoll. Mit dreizehn kam er in die Züricher Industrieschule, wo er nach einem Jahr wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration gegen einen Lehrer wieder hinausflog. Nach seiner Verweisung mußte er viel an sich arbeiten. Er begann mit dem Lesen mystischer Bücher, weil er viel Interesse für geheimnisvolle Kulten hatte. Malen lernte er auch, und es wurde zu einer seiner Leidenschaften. Mit fünfzehn wollte Keller nach München, um Malerei zu studieren. Nach viel Überredungskunst seiner Mutter und seines Onkels war er bereit nach nach München zu gehen.
In München sah Keller Frauen, die in Kneipen tranken. Er fand das fürchterlich, und schrieb seiner Mutter, wie schrecklich diese Frauen aussahen. Es ist paradox, daß Keller selbst so viel Zeit in Kneipen verbrachte, und dabei so viel Geld ausgab, daß er meistens kein Geld mehr hatte. In dieser Zeit kam er nicht weit als Maler. Er lernte nur kompetent zu sein und kämpfte immer mit dem Unterschied zwischen der Romantik und dem Realismus. Deswegen hatte er Probleme mit seiner Methode und auch mit seinen Lehrern. Keller kam zurück in die Schweiz, immer noch in der Hoffnung, Maler zu werden, aber es waren seine Schriftstücke, die zu seiner Leidenschaft wurden, und er bemerkte dabei sein Talent. Man kann sagen, daß er Dichter war, aber hauptsächlich wurde er wegen seiner Novellen berühmt.
Keller war gar nicht so attraktiv. Sein Kopf war groß, und sein Körper war ziemlich klein, wie der eines Zwerges. Obwohl er eine Menge Beziehungen zu Frauen hatte, heiratete er nie. Für kurze Zeit war er verlobt, aber seine Verlobte starb, bevor er sie heiraten konnte. Eine Beziehung, die sehr wichtig in seiner Jugend war, war die zu Henriette Keller.
Henriette machte einen großen Eindruck auf Keller. Der war so groß , daß man ihn in vielen Schriftstücken Kellers sehen kann. Viele Helden in seinen Werken sterben, als sie noch sehr jung sind. Genau wie in Kellers wirklichem Leben durften sie keine langen Beziehung zu einer anderen Person haben.
Die Novelle Kleider machen Leute ist ein gutes Beispiel von Kellers politischen Ansichten über die Hierarchie in der Gesellschaft, und wie wichtig es ist, sich selbst und anderen gegenüber ehrlich zu sein. Keller betonte wie wichtig die Redlichkeit ist, daß man immer so sein soll, wie man wirklich ist, und nicht so tun soll, als ob man jemand anders wäre.
Später in seinem Leben erkrankte Keller an Rheuma und lebte die meisten seiner Tage vereinsamt. Seine Schwester Regula lebte mit ihm zusammen als Dienstmagd, aber sie sprachen nicht oft miteinander. Regula interessierte sich nicht sehr für ihn, und Keller dachte, sie sei langweilig. Weil er nie heiratete und deshalb keine Kinder hatte, verbrachte er seine letzten Lebenstage nur mit wenigen Freunden, weil die meisten seiner Freunde schon gestorben waren.
Während dieser Zeit dachte Keller oft an den Tod, besonders nach dem Tode seiner Schwester im Jahre 1888. Keller sorgte selbst für seine Schwester, obwohl er auch sehr krank war. Aber nach dem Tod seiner Schwester ging es mit seiner Gesundheit sehr schnell bergab. Er sagte, es freue ihn, sterben zu dürfen, und am 15. Juli 1890, nur vier Tage, bevor er 71 wurde, starb Gottfried Keller.
Im großen und ganzen war Keller ein Künstler mit starker Überzeugungskraft und starkem Redlichkeitssinn. Er lebte sein ganzes Leben wie ein Künstler und respektierte die Schönheit und die Wahrheit in allen Dingen. Am Ende war er glücklich, daß er so lang gelebt hatte, weil er Zeit genug hatte, ein reifer Künstler zu werden.
Gottfried Keller
'Kleider machen Leute'
1) Inhaltsangabe
Der arme Schneider Wenzel Strapinski wandert auf der Landstraße zwischen Goldach und Seldwyla dahin. Als er so langsam dahinwandert kommt eine herrschaftliche Kutsche heran und der Lenker des Gefährtes erbietet sich Strapinski nach Goldach mitzunehmen. So gelangen sie vor das Tor des ersten Gasthofes in Goldbach. Da der Schneider von vornehmen Aussehen ist, hält man ihn für einen polnischen Grafen und geleitet ihn ehrfurchtsvoll in den Speisesaal. Was immer er auch tut, alles wird als Vornehmheit ausgelegt. Strapinski macht einige verzweifelte Fluchtversuche, doch es gelingt ihm nicht zu entkommen.
Abends wird er zu einem Besuch beim Amtsrat eingeladen. Dort lernt er Nettchen, die Tochter des Gastgebers kennen. Da Strapinski immer noch die Absicht hat Goldach zu verlassen, kündigt er bei einem Festmahl an, er müsse dringend eine Geschäftsreise unternehmen. Nun gibt es eine große Aufregung; in wenigen Tagen soll die Verlobung mit Nettchen gefeiert werden, denn der Amtsrat meint, daß der zukünftige Schwiegersohn sich in seinen Geschäften und Reisen durch Heiratssachen nicht dürfe aufhalten lassen.
Strapinski veranstaltet eine Schlittenfahrt zu einem Gasthaus, das zwischen Goldach und Seldwyla gelegen ist. Just an diesem Tag haben auch die Seldwyler eine Schlittenfahrt geplant, deren Ziel der Gasthof der Goldacher ist. Die Goldacher besetzen den oberen Saal des Gasthauses, während die Seldwyler im unteren Saal Platz nehmen. Nach einiger Zeit kommt eine Abordnung des Seldwyler zu den Goldachern und ersucht, ob sie nicht einen Schautanz aufführen dürften. Die Goldacher stimmen zu. Zuerst wird der Spruch: 'Leute machen Kleider' versinnbildlicht, indem die Seldwyler die Bewegungen eines Schneiders nachahmen. Hierauf wird das Sprichwort 'Kleider machen Leute' dargestellt, wobei Strapinski verhöhnt und von seinem früheren Meister erkannt wird.
Nun flüchtet Strapinski auf die Landstraße, die nach Seldwyla führt. Nachdem Nettchen sehr lange wie versteinert dagesessen war, eilt auch sie aus dem Saal, steigt in den Schlitten und fährt in die selbe Richtung, die Strapinski genommen hat. Nach einiger Zeit findet sie den Schneider halberfroren im Schnee. Nettchen reibt Strapinski mit Schnee ab, wodurch dieser das Bewußtsein wiedererlangt. Sie läßt ihn zu sich in den Schlitten setzen und fährt nach dem Hof einer Bekannten.
Die Bauersfrau erkannte Nettchen sofort, läßt die beiden ein und kocht Kaffee. Nettchen bittet die Frau, sie möge sie und Strapinski eine Weile allein lassen. Nun erst berichtet der Schneider wie es zu diesem Mißverständnis gekommen ist. Als Nettchen das alles erfährt, verspricht sie Strapinski, ihn trotz seiner Armut zu heiraten. Sie fahren sofort nach Seldwyla und quartieren sich in einem Gasthaus ein. Durch Nettchens Bitten bewegt läßt sich ihr Vater erweichen und gibt die Einwilligung zur Hochzeit. Strapinski wird ein sehr geschäftserfahrener und gewandter Kaufmann und ein angesehener Bürger.
2) Kritik
In diesem Buch wird sehr gut das komplexe Verhältnis zwischen Täuschung und Realität, zwischen Schein und Sein unter gesellschaftskritischem Aspekt dargestellt. Der wandernde Schneider kommt durch seinen vornehmen Mantel und die melancholische Blässe seines Angesichts dem heimlichen Wunschbild der Kleinstädter entgegen. Einem Wunschbild, das es im ersten Teil der Erzählung den beiden jungen Leuten gestattet, sich dem romantischen Schein uneingeschränkt zu überlassen. Die unvermeidliche Entlarvung dieser Täuschung stürzt das Liebespaar in eine Verzweiflung, in der erst die befreiend-heitere Wende, der Aufbruch in eine wahre menschlichere Wirklichkeit erfolgen kann. In Nettchen, die sich, allen maskenhaften Täuschungen zum Trotz, tapfer zu Wenzel bekennt, kristallisiert sich Kellers Ideal praktischer Humanität: 'So feierte sie erst jetzt ihre rechte Verlobung aus tief entschlossener Seele, indem sie in süßer Leidenschaft ein Schicksal aus sich nahm und Treue hielt. ' Diese Erzählung gleicht einem Märchen mit anschließendem "Happy End".
Keller hat mit diesem Buch ein auch noch in der heutigen Zeit bestehendes Problem erfaßt. Man beurteilt einen Menschen auch noch heutzutage erst nach dem Aussehen und dem Auftreten, ohne das geringste über die inneren Werte des jenigen Menschen zu kennen. Dieses falsche Denken macht schon Jahrhunderte lang den armen Menschen unter der Bevölkerung ein Problem sich zu beweisen. Denn die Bekleidung spielt eine große Rolle, überhaupt bei der Jugend. Um in einer Gruppe akzeptiert zu werden, muß man sich auch mit der Kleidung anpassen. Da sind sogar einzelne Marken ausschlaggebend. Ohne Markenbekleidung wird man in gewissen Schichten einfach nicht akzeptiert. Die jeweilige Art und die inneren Werte eines Menschen stehen erst ganz hinten in der Liste der Kriterien, nach denen ein Mensch beurteilt wird. Diese Einstellung ist zwar absurd, aber sie besteht einfach in den Gehirnen der Menschen. An dieser doch etwas bedenklichen Einstellung wird sich such nicht so schnell etwas ändern. Denn diese Einstellung besteht schon sehr lange so. Keller hat mit dem Buch diese Problematik sehr gut zum Ausdruck gebracht.
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