DIE ENTSTEHUNG:
Der Roman Der Steppenwolf entstand in einer schweren seelischen Krise des
damals knapp 50jährigen Hermann Hesses. Die Vorarbeiten für dieses Buch
beginnen im Jahre 1922. Zahllose Briefe und Außerungen Hesses weisen auf
den autobiographischen Bezug des Steppenwolf-Romans hin.
1923 erwirbt er die Schweizer Staatsangehörigkeit, nachdem man ihn in
Deutschland während dem Krieges mit Hohn und Haß als Vaterlandsverräter
gebrandmarkt hatte und auch die politische und geistige Lage nach dem
Kriege keine Hoffnung auf einen Gesinnungswandel zuließ. 1924 heiratet der
Schrift-steller die Sängerin Ruth Wenger, von der er 1927, im
Erscheinungsjahr seines Werkes, geschieden wird.
Hesse sieht sich selbst als vereinsamten, verzweifelten Einzelgänger und
Außenseiter.
Alle meine Wanderungen, alle meine Reisen waren nur eine einzige große
Flucht, ein Fluchtversuch aus dieser Zeit der Technik und des Geldes, des
Krieges und der Habsucht
Wie Harry Haller, dessen Name Hermann Hesses Initialen aufweist, setzt der
Dichter seinen 50.Geburtstag als den Tag fest, um seinem Leben, wenn es bis
dahin nicht besser geworden ist, ein Ende zu setzen. Wie sein
Hauptdarsteller erkennt er selbst, dass er sein Leben seit seiner Jugend
nur in eine Richtung gelebt hat, in die des Seelisch-Dichterischen , so,
dass sein lebendig gelebtes Leben verkümmerte.
Der Roman ist auch von den Problemen der Zeit, ihren geistigen Strömungen
und Impulsen geprägt: zum Beispiel der Konflikt zwischen Aussenseiter
und Bürger; oder die Erfahrung der Ich-Spaltung.
Hermann Hesse beschäftigte sich seit jeher mit psychoanalytischen Fragen,
wobei er die Theorien von C. G. Jung sehr schätzte und auch seine Werk
prägte. Am sinnfälligsten ist in den Szenen des Magischen Theaters der Gang
des Ich durch die Tiefen der Seele gestaltet. Jung nennt das kollektive
Unbewußte auch die Spiegelwelt . Begleitet wird das Individuum auf seinem
Wege der Selbstverwirklichung von Personen, in denen die eigenen
psychischen Bilder, die das Unbewußte produziert, sichtbare Gestalt
gewinnen. In diesen Seelen-bildern verkörpern sich komplementär all jene
Eigenschaften, die dem bewußten Ich fehlen, deren es aber zu seiner
Vollkommenheit bedarf (betonte Komlementärfunktion Hermines; in ihrer
wiederholt angedeuteten Zweige-schlechtlichkeit klingt sowohl ihre
Verwandtschaft mit Harry als auch ihre Funktion als Idealbild an).
Dem Steppenwolf gelingt die Überwindung seiner Ich-Spaltung bis zuletzt nicht.
REZEPTION:
Der Steppenwolf rief anfangs heftige Reaktionen sowohl bei Freunden als
auch Gegnern Hesses hervor, denn er war häufig missverstanden.
Während dem 2. Weltkrieg galten alle Bücher des Autors in Deutschland als
unerwünschte Literatur ; erst nach dem Krieg wurden seine Werke anerkannt,
jedoch ebenfalls nur im deutschsprachigem Raum.
In den 60er Jahren kam es in den USA plötzlich zu einer regelrechten
Hesse-Begeisterung. Zumeist jugendliche Aussteiger lasen seine Werke und
brachten ihm so eine bis dahin unübertroffene Popularität. Bald war Hesse
in vielen Ländern der Welt bekannt und es folgte eine Art Rückimport nach
Deutsch-land.
Diese Verbreitung zeigt, dass Hesses Bücher immer wieder in Zeiten des
gesell-schaftlichen Umbruchs und existentieller Verunsicherung breiter
Bevölkerungs-kreise Aktualität und Brisanz gewannen.
THEMATIK:
Gesellschaftskritik: Die bürgerliche Gesellschaft bietet dem
einzelnen Men-schen feste Normen, die ihm Rückhalt geben, Gleichzeitig
beraubt sie ihn damit seiner individuellen Entscheidungsfreiheit, denn das
System fordert Anpassung.
Kulturkritik: Einerseits ist das Bürgertum auf ausserordentliche
kulturelle Leistungen angewiesen, Daraus bezieht es seine Stärke,
Andererseits gleicht es diese Leistungen seinen jeweiligen Zielen bis zur
Verfälschung an, z.B. mit einseitigen Interpretationen, Stilisierung von
Kultfiguren, propagan-distischer Vereinnahmung ursprünglich kritischer
Positionen.
Persönlichkeitsanalyse: Für das Individuum können diese Gegensätze
zu erheblichen Konflikten führen. Harry Haller will zwar Unabhängigkeit,
sucht aber auch Sicherheit. Er ist hin und her gerissen zwischen Wolf und
Mensch , wie er diese beiden Pole in sich nennt. Selbstmordgefährdet
flüchtet er in eine Scheinwelt aus Träumen und Drogen, die Mittel zur
Selbsterfahrung wird.
PERSONEN:
Manche der im Steppenwolf vorkommenden Personen hat es zumindest vom Namen
her in Wirklichkeit gegeben bzw. wurden von Hesse übernommen und verfremdet:
Alle Personen um Harry sind eigentlich nur Kontrastmittel, die in schärfer
profi-lieren, nicht in Frage stellen.
HARRY HALLER:
(entspricht Hesse selbst) Harry Haller ist annähernd 50 Jahre alt; er ist
durch langjährige Leiden sowohl durch Krankheit, deren wegen er sich nur
mühsam und unter Schmerzen bewegen kann (Gicht), als auch durch geistiges
Leiden körperlich und seelisch gezeichnet. Obwohl er ein wenig ungepflegt
wirkt, ist er ein sehr intelligenter Mann, der unter anderem für Zeitungen
schreibt und Massen von Büchern liesst. Es fällt ihm sehr schwer in der
heutigen Welt Fuss zu fassen er hätte wohl lieber zu Zeiten der Genies
Mozart und Goethe, mit denen er sich auf geistiger Ebene verbunden fühlt,
gelebt. Dieser Mensch ist anfangs zutiefst unglücklich, denkt sogar an
Selbstmord, da er ständig mit dem Gefühl der Zerrissenheit, das durch seine
kontrastierenden Bedürfnisse hervorgerufen wird, lebt. So lebt in ihm
einerseits der bürgerliche Mensch, den er eigendlich glaubt abzulehnen,
doch hat er immer ein gewisses Bedürfnis nach dessen Sicherheit, Sauberkeit
und Geborgenheit. Dem gegenüber steht die Seele des Steppenwolfes , die
nach dem Animalischen in ihm verlangt.
HERMINE:
(feminine Form von Hesses Vorname, Abbild von Julia Laubi-Honegger, Hesses
ehemalige Tanzpartnerin) Sie ist Harrys Spiegelbild, denn sie ekelt sich
nicht vor der realen, bürgerlichen Welt. Sie ist eine gläubige Christin,
die schon mehrmals Zeugin von Heiligenerscheinungen war. Hermine, eine
dominante Person, kann wie Haller in der jetzigen Welt nicht bestehen,
daher fällt es ihr leicht seine Probleme zu verstehen. Aus diesem Grund
führt sie ihn Schritt für Schritt zum realen Leben hin, sie lehrt ihm
tanzen, stellt ihm Maria und Pablo vor und zeigt ihm was (bürgerliches)
Leben bedeutet. Als letzten Gehorsam verlangt sie von Haller, dass er sie
tötet und sie somit von dieser Welt mit all ihren Problemen erlöst.
PABLO:
Der Besitzer des Magischen Theaters ist ein junger, gut aussehender und
(vermeintlich) leichtlebiger Südamerikaner, dessen einziger Lebenssinn das
Saxophon spielen zu sein scheint. Im Gegensatz zu Harry, der eher ältere
Kunst zu schätzen weis, lebt er im Jetzt . Auf sein Aussehen legt er
grossen Wert und da er mehrere Sprachen beherrscht (jedoch nicht sehr
gesprächig ist) dürfte mehr in ihm stecken als Harry anfangs von ihm denkt.
Er wirkt immer fröhlich; sein Auftreten ist höflich und zuvorkommend und,
obwohl man es anfangs nicht merkt, ist er derjenige, der Harry am meisten
beeinflusst (er ist es, der bereits zu Beginn das Traktat - Büchlein
überreicht).
MARIA:
Sie ist eine Art Personifizierung des oberflächlichen Lebens , denn die
einfach ausgewachsene Schönheit ist in Hallers Augen eher ungebildet, denn
sie interessiert sich nicht für ein geistiges Leben ( sie hatte die
Umwege und Ersatzwelten nicht nötig ); ihre Aufmerksamkeit richtet sie
ausschliesslich auf das Reale. Maria hat deine feste Beziehung (obwohl sie
Pablo liebt), denn sie lässt sich von Männern aushalten um möglichst viel
Abwechslung in ihrem Leben zu geniessen (nur von Harry verlangt sie nichts,
er macht ihr trotzdem immer Geschenke). Auf Hermines Wunsch lehrt sie Harry
das wahre Leben.
DER PROFESSOR:
(vermutlich Anlehnung an die Gestalt Richard Wilhelms, Sinologe und
Pfarrer, der Hesse eine Postkarte mit einem Bild von Goethe schickte) Der
Professor, Hallers jahrelanger Freund, ist ein Bürger, wie er im Buche
steht (ist absolut vaterlandstreu und konservativ). Er geht , im Gegen-satz
zu den anderen im Roman vorkommenden Personen einem geregelten Leben nach,
was auch an seiner biederen Wohnungseinrichtung und seiner distanzierten
Art deutlich wird
Gustav: (Gustav Zaller, Hesses Schulfreund)
Alte Dame: Frl. Martha Ringier, Hesses Vermieterin
HANDLUNG:
Die Handlung spielt in einer Grossstadt in den 20er Jahren, als sich die
moderne Stadtkultur mit ihrem vielfältigen Unterhaltungsangebot
entwickelte, Glanz und Glamour der Vergnügungsszene wird für Haller zum
Medium der Selbsterfahrung.
VORWORT DES HERAUSGEBERS:
Der Herausgeber eine erfundene Figur wohnt im Haus seiner Tante, in das
sich Harry einmietet. Harry vermittelt einerseits den Eindruck eines
abgeklärten Menschen, der schon alle Gedanken gedacht, auf viele Fragen
seine Antwort gefunden zu haben scheint; andererseits hat er aber nicht den
Ehrgeiz, zu überzeugen oder gar sich hervorzutun im Gegenteil: Er übt
Selbstkritik, die in Selbsthass ausartet.
Aus einem anfänglichen Misstrauen heraus, gepaart mit Neugier, dringt der
Herausgeber heimlich in Harrys Mansarde ein. Er findet die verwahrloste
Wohnung eines Intellektuellen: verstaubt, vollgestopft mit Büchern,
Zeitschriften, leeren Wein- und Schnapsflaschen, Zigarrenresten.
Die erste nähere Begegnung mit Harry lässt den Herausgeber die
widersprüchliche Wirkung Harrys auf sich besser verstehen. Er findet Harry
auf der Treppe sitzend, fasziniert von der Sauberkeit und Ordnung eines
Treppenabsatzes. Eine gepflegte Zimmerpflanze gefällt ihm. Im Gespräch
erfährt der Herausgeber, dass Harry aus einem gutbürgerlichen Hause kommt,
woran er hier ständig erinnert wird: Oh, hier riecht es gut! Harry hängt an
diesen Erinnerungen, aber er kann aber nicht mehr so leben.
Zum erstenmal nennt Haller sich Steppenwolf , was den Herausgeber
befremdet, ihm später aber einleuchtet. Als Harry eines Tages verschwindet,
hinterlässt er Aufzeichnungen, die seine realen und traumatischen
Erlebnisse enthalten. Darunter befindet sich auch ein Traktat vom
Steppenwolf . Den Schlüssel zum Verständnis glaubt der Herausgeber von
Harry selbst zu haben&
HARRY HALLERS AUFZEICHNUNGEN - NUR FÜR VERRÜCKTE (1. TEIL):
Am Ende eines ruhigen Tages wird Harry unruhig und er geht noch aus.
Seine Gedanken zeigen, wie sehr ihn der bürgerliche Lebensstil gleichzeitig
anzieht und abstösst. Missmutig läuft er durch die Stadt, in welcher ihn
die moderne Gesellschaft anwidert. Die Zeit, in der er lebt, empfindet er
als bürgerlich und geistlos. Nur seltene Glücksmomente hat er, wenn er
Musik, Literatur, Philosophie, Liebe geniessen kann, die ihm entsprechen
und nicht zu der Art von Kultur zählen, die er Massenvergnügen nennt.
In der Altstadt glaubt er auf einer alten Mauer eine schwer lesbare Schrift
aufleuchten zu sehen, die auf ein Magisches Theater hinweist: Eintritt
nicht für jedermann&Nur für Ver rückte!
Die Schrift verschwindet, aber sie hat seine Sehnsucht nach wahrer Kultur
verstärkt, er nennt dies wiederholt goldene göttliche Spur . In einer
Kneipe hängt er beim Wein weiter diesen Vorstellungen nach. Auf dem Heimweg
begegnet er einem Mann, der ein Plakat trägt, auf dem fast dasselbe wie auf
der Mauer zu lesen ist. Dieser wimmelt ihn ab, aber überreicht ihm ein
kleines Büchlein&
TRAKTAT VOM STEPPENWOLF:
Es geht um die Zwiespältigkeit eines Menschen namens Harry, der zwei Seelen
hat: eine menschliche und eine wölfische . Beide stehen im Gegensatz
zueinander. Ganz selten ergänzen sie sich, und nur in diesen Augenblicken
ist dieser Mensch glücklich. Menschen dieser Art hassen nicht nur ihr
Leben, sondern sehen überhaupt menschliches Leben als Irrtum . In
Augenblicken der Harmonie jedoch sehen sie den Menschen als Götterkind. Sie
leiden also unter einer polaren Spannung. Dem Bild vom Wolf wird das
Triebhafte, Wilde und Chaotische, dem Menschen das Geistige, Sublimierte
oder doch Kultivierte zugeordnet.
Im letzten Teil wird erklärt, wozu die Vorstellung von Mensch und Wolf
dient. Sie ist nur eine vereinfachende Hilfskonstruktion, die die extremen
Pole inner-halb einer Persönlichkeit beschreibbar macht. In Wirklichkeit
ist es noch viel komplizierter:
Der Mensch besteht aus tausend Wesen; lediglich die äussere Einheit, der
Körper, lässt den Menschen auch an eine innere Einheit glauben. Der
Steppenwolf weiss im Gegensatz zu m Durchschnittsmenschen, dass es die
Seeleneinheit nicht gibt. Wäre er konsequent, so müsste er mit allen
Konventionen brechen, um zum wahren Menschen zu werden. Aus Feigheit rettet
er sich in das Märchen vom Wolf, der im Widerstreit oder der Vereinigung
mit dem Scheinmenschen, dem Bürger lebt. Der wahre Mensch kann auch vom
Steppenwolf nur geahnt werden, weil jeder Mensch eine kulturelle und
gesellschaftliche Herkunft hat, die seine Vorstellungen von dem, was ein
Mensch sein soll geprägt hat. Diese Vorstellung ist nichts als bürgerliche
Übereinkunft. Die Steppenwölfe haben es deshalb schwer, weil sie durch ihre
bürgerliche Erziehung so geformt sind, dass eine Lösung unmöglich scheint,
sei in verhasster Abhängigkeit vom bürgerlichen Leben und Denken bleiben.
Ein solcher Outsider hat charakteristische Probleme:
Er reibt sich ständig an Bürgertum, zu dem er in einem
eigentümlichen Verhältnis steht. Er verachtet es, lebt aber oft in
Abhängigkeit von ihm, da er Kompromisse schliesst, bürgerlich lebt, auch
denkt. Das verachtete Bürgertum dagegen verkraftet die Steppenwölfe, passt
deren Ideen seinen Vorstellungen an und bezieht deshalb sogar seine Stärke
von den Steppenwölfen.
Der Drang nach Unabhängigkeit und Freiheit führt den Steppenwolf
in die innere Isolation.
Häufig ist der Steppenwolf selbstmordgefährdet. Das heisst nicht,
dass er sich tatsächlich umbringen wird; er sieht jedoch diesen Gedanken
als letzte Fluchtmöglichkeit an, was ihm freilich ein schlechtes Gewissen
verschafft. Eine Hoffnung gibt es für den Steppenwolf: es müsste ihm
gelingen, sich mit Humor, also distanziert zu sehen. Diese Möglichkeit wird
für den Steppenwolf Harry angedeutet.
HARRY HALLERS AUFZEICHNUNGEN - NUR FÜR VERRÜCKTE (2. TEIL):
Nach der Lektüre des Traktats erinnert sich Harry an ein Gedicht, in dem er
die zerstörerische Natur des Steppenwolfs, seine Einsamkeit beschrieb.
Beide Traktat und Gedicht bestätigen Haller die Unerträglichkeit seiner
psychischen Verfassung. Er wird von einer inneren Leere erfüllt, die er
bereits gut kennt. Sie ging stets einem Zusammenbruch voraus. Zwar gewann
er mit jeder Krise mehr innere und äussere Freiheit. Er wurde aber im
bürgerlichen Rahmen, in dem er weiterlebte, zum Fremden, stand ausserhalb
aller sozialen Gruppen.
Die Halluzination auf der Kirchenmauer wird ihm wieder bewusst. Sie weckte
seine Neugier mehr als der Traktat, da er sie im Innersten als einen Aufruf
zum Ausbruch aus den Fesseln der Bürgerlichkeit sah.
Er trifft einen alten Bekannten, der ihn zu sich einlädt. Harry freut sich
über die Herzlichkeit des Professors, der er sich mit Vergnügen an ihre
alten Diskussionen erinnert. Gleich darauf findet Harry deine Reaktion
lächerlich, denn in dem artigen Professor ist genau das repräsentiert, was
er verachtet.
Sein Besuch führt dann auch zum offenen Zusammenstoss: der Professor
verurteilt den Zeitungsartikel eines vaterlandlosen Gesellen namens Haller.
Auf die Idee, dass dieser sein Gast sein könne, kommt er nicht. Harry fühlt
sich ohnehin unwohl, nimmt Anstoss an einer Radierung, die einen wie er
meint kitschigen Goethe zeigt. Unbeherrscht kritisiert er das Bild und
entlarvt zornig sein Desinteresse am Gespräch mit dem Professor, bekennt
sich zu dem Artikel und vergleicht den Professor mit bornierten
Kriegshetzern, die er darin angegriffen hatte.
Später bereut Harry zwar seinen Auftritt, sieht das Ereignis aber als
letzte, fehlgeschlagene Chance, mit sich und seinen Lebensbedingungen
fertig zu werden. Deshalb hält er jetzt den Zeitpunkt zum Selbstmord für
gekommen. Er irrt durch die nächtlichen Strassen im Widerstreit zwischen
Todeswunsch und Sehnsucht nach Leben.
Schliesslich landet er im Schwarzen Adler (Vorankündigung S.97), wo er eine
junge Frau kennenlernt, die seine Probleme errät. Sie hält ihm seine
Einseitigkeit vor zu viel studiert, zu wenig gelebt und eroffnet ihm die
Möglichkeit sein Leben distanziert zu sehen.
Nach einem Tanz schläft Harry ein und ihm träumt er habe eine Audienz bei
Goethe, dem er vorwerfe unaufrichtig zu sein. Goethe tut seine Vorwürfe
lächelnd ab. Harry solle ihn und die Unsterblichen nicht so ernst nehmen.
Goethes Übermut nimmt groteske Züge an, sodass Harry erwacht. Er verabredet
sich mit der Frau, mit welcher er sich schon bald seelenverwandt fühlt (Sie
hat ähnliche Empfindungen beim Anblick von Heiligenbildern wie Harry, als
er das Goethebild sah).
Beim Wiedersehen mit der Frau bestätigt sich ihr gegenseitiges Verständnis
und sie wirkt wie ein Spiegel für ihn. Darum erkennt Harry auch kurz seinen
Jugendfreund Hermann in ihr und errät so ihren Namen Hermine. Verwundert
stellt er fest, dass sie alles von ihm weiss. In ihr sieht er so etwas wie
seinen Gegenpol: Du hast alles, was mir fehlt . Ihre raschen
Stimmungswechsel irritieren und faszinieren ihn gleichzeitig.
Hermine, die von Männern lebt, wünscht, er müsse sich in sie verlieben,
damit er ihrem letzten Befehl, sie zu töten, gehorchen könne. Harry ist
überwältigt, nimmt aber alles nicht so ernst. Er will mit Hermine über sich
reden, aber sie blockt ab. Er soll vielmehr tanzen lernen. Als Hermine ihm
am nächsten Tag eine der Kritiken seiner Artikel zeigt (er sei ein
Schädling und vaterlandslos) gerät er in Wut. Die politische Unehrlichkeit
führe dazu, dass jeder dem andern Schuld an politischen und
gesellschaftlichen Missständen in die Schuhe schiebe. Unweigerlich müsse
dieses Verhalten zu einem neuen Krieg führen. Hermine gibt ihm recht, hält
aber seine Verbissenheit auch nicht für hilfreich. Beim ersten
Tanzunterricht sieht Harry seine Unfähigkeit bestätigt und er glaubt seiner
Lehrerin nicht, dass Tanzen einmal gelernt nicht schwerer als Denken sei.
In einem Tanzlokal begegnet Harry Pablo, einem Saxophonisten, und Maria,
deren erotische Wirkung ihm sofort besser tanzen lässt. Pablo jedoch
missfällt ihm ein oberflächlicher Schönling!
Harry und Hermine verstehen sich immer besser. Er bringt die These ins
Gespräch, dass jeder Mensch tausend Seelen habe. Für Hermine ist das ein
Stichwort: der Denker Harry die ganz gut entwickelt, habe aber am Leben
vorbeigelebt. In der folgenden Zeit begreift Harry sich selbst besser,
begreift die Verlogenheit seiner früheren Existenz: Kritik hatte er geübt,
aber nichts dagegen gemacht (Kriegsgegner aber dein Friedenskämpfer; gegen
Kapitalismus aber treuer Bankkunde). Er vergleicht sich mit dem Goethebild:
Er selbst war genau solch ein bürgerlich idealisierter Goethe gewesen.
Pablo erscheint ihm immer interessanter, nicht nur weil er ein geschickter
Drogenmischer ist. Harry ist im Gedankenaustausch mit ihm nicht mehr so
sicher, ob zwischen guter und schlechter Musik unterschieden werden kann.
In seinem Bett findet er an diesem Abend Maria und schläft mit ihr. Sie
löst seine Verkrampfung, widersprüchliche Bilder aus der Vergangenheit
steigen auf und er spürt, dass er diese verbinden muss, wenn er mit sich
ins Reine kommen will. Immer wieder stösst er darauf, dass die Glitzerwelt
seiner neuen Freunde nur die eine Seite ihres Lebens ist, daher auch
Hermines ständiger Stimmungswechsel.
Die körperliche Liebe mit Maria (sie nimmt kein Geld, nur Geschenke von
ihm) tut Harry gut, aber er bleibt unruhig. Das Leben kann seine Träume
nicht erfüllen. Hermine betont wieder beider Ahnlichkeit. Beide leiden an
der Welt, tun aber wenig um sie zu ändern. Im Inneren wissen sie, dass ihre
Träurme richtig sind! Nun versteht Harry Goethes Lachen besser er lachte,
weil er nicht mehr kämpfen muss.
Am Abend des Maskenballs, von dem schon lange die Rede war und ganz
besondere Genüsse und Ausschweifungen zu verheissen schien, verzagte Harry
wieder. Zuerst hängt er in seiner alten Stammkneipe Erinnerungen nach, im
Kino sieht er einen Monumentalfilm, der sein Urteil über den Kulturverfall
bestätigt. Spät kommt er zum Ball und trinkt sich noch Mut an. Missmutig
sucht er bereits seine Garderobenmarke, als ihm ein Teufelchen ein Billett
gibt, auf dem zu lesen ist, dass heute das Magische Theater stattfände. Er
begegnet Maria und weiss, dass es ein Abschied ist. In der Hölle trifft er
Hermine im Herrenkostüm, die er zunächst für Hermann hält.
Harry erlebt in der Ballnacht etwas völlig Neues: Die Lust am Rausch der
Festgemeinschaft. Er durchtanzt pausenlos die Ballsäle. Am Ende erscheint
Hermine als Pierrot verkleidet. In einem Hochzeitstanz verliert Harry jedes
Gefühl für Raum und Zeit.
Endlich ist Harry bereit für das Magische Theater. Pablo führt ihn zusammen
mit Hermine ein, nachdem er alle mit Drogengemischen versorgt hat. Harry
bedarf einer besonderen Vorbereitung. In einem Taschenspiegel sieht er
Harry Haller und in diesem Harry den Steppenwolf. Über dieses Bild lacht er
und vernichtet es damit er begeht einen kleinen Scheinselbstmord.
Anschliessend sieht er in einem riesigen Wandspiegel tausende verschiedene
Harrys und Harry-Stücke
Plötzlich allein, steht Harry vor vielen Türen, die Aufschriften tragen:
Hochjagt auf Automobile betritt er als erstes. Er erlebt, wie er und sein
Jugendfreund Gustav brutale jagt auf Autos und deren Insassen machen. Im
Kampf aller gegen alle legt die moderne Technik die selbstzerstörerische
Tendenz der Zivilisation bloss.
Anleitung zum Aufbau der Persönlichkeit: Erfolg garantiert : Ein Lehrer,
Pablo ähnlich, versucht Haller das Schachspiel zu lehren. Die Figuren
gleichen den Bildern seiner Persönlichkeit im Riesenspiegel. Er erfährt,
dass auch nach dem scheinbaren Verfall einer Persönlichkeit neuer Aufbau
möglich ist.
Wunder der Steppenwolfdressur Die Dressur verleugnet die Natur von Mensch
und Tier. Das Raubtier wird zahm, der Mensch zum Wolf. Harry flieht als er
begreift, dass in jedem abscheuliche Gedanken stecken, auch im ihm.
Alle Mädchen sind dein versetzt ihn zurück in seine Jugend. Er erlebt
Liebesbeziehungen, reale und erträumte, noch einmal nur viel schöner. Er
findet Erfüllung und holt verpasste sexuelle Erfahrungen nach.
Er trifft Mozart, der kalt und spöttisch lacht. Er erklärt Harry, dass es
darauf ankomme seine Persönlichkeit zu bewahren. Mozart bezichtigt Harry
höhnisch der Anpassung.
Wie man durch Liebe tötet : Harry fühlt sich ernüchtert. Er kann keinen
Galgenhumor entwickeln. Angeekelt öffnet er die letzte Tür und erblickt
Hermine und Pablo schlafend, erschöpft vom Liebesspiel. Ohne zu zögern
ersticht er Hermine. Bevor sie stirbt öffnet sie noch einmal die Augen er
glaubt Verwunderung darin zu sehen. Pablo erwacht, lächelt und geht. Harry
bleibt in Zweifeln allein. Er spürt Kälte von der Toten ausgehen, die ihm
fasziniert.
Mozart tritt wieder ein mit einem Radio, das ein Händelkonzrt ausspuckt. Er
verweist den entsetzten Harry auf den erkennbaren Urgeist dieser Musik hin.
Es handle sich um den Urkampf zwischen Idee und Erscheinung. Harry selbst
sei auch sehr unvollkommen, bestes Beispiel hierfür sei der Mord. Harry ist
zutiefst schuldbewusst, will strengste Strafe. Er wird aber nicht zum Tode
verurteilt, das wäre keine Strafe für ihn, sondern zum Ausgelacht werden
und zum ewigen Lebenund zur Heirat mit Hermine. Er soll sichalso selbst
akzeptieren, mit seinem anderen Ich (symbolisch mit Hermine) verbinden.
Mozart verrwandelt sich plötzlich in Pablo, der Harry Vorwürfe macht er
habe mit seiner Handlung die Scheinwelt des Magischen Theaters zerstört.
Endlich versteht Harry etwas vom Sinn des Spieles: Er sollte sich selbst
finden, hat aber die Chance vertan. Doch nun will er es noch einmal
versuchen und das Spiel diesmal besser spielen.
AUFBAU STRUKTUR, UND ERZAHLPERSPEKTIVEN:
S 7
Erzählt wird die Geschichte eines Aussenseiters aus drei unterschiedlichen
Perspektiven:
Einleitende Deutung des fiktiven Herausgebers
Harry Hallers tagebuchähnlichen Aufzeichnungen in der Ich-Form
Distanzierte Sichtweise des in den Erlebnisbericht eingelagerten
Traktats
Harry Hallers Aufzeichnungen , die den Hauptteil des Buches ausmachen,
zeugen von seiner inneren Zerrissenheit, ausgelöst durch den Menschen und
Wolf im Manne. Die hierfür gewählte Ich-Form gewährleistet Nähe und
Inti-mität des Tagebuches. Der 2.Teil der Aufzeichnungen schildert Harrys
Versuch im Erproben neuer Lebensmöglichkeiten. Die Erlebnisse des Magischen
Thea-ters wahren die Ich-Perspektive, erweitern sie jedoch durch ihren
traum-ähnlichen, surrealen Charakter. Das Lachen, den Humor, dem es
gelingt, aus einer Perspektive der Distanz die Gegensätze der eigenen
Existenz zu ver-söhnen, hat Harry nicht gelernt.
Im eingeschobenen Traktat vom Steppenwolf findet Harry seinen
selbstzer-störerischen Konflikt kritisch gedeutet und seine
Selbsteinschätzung als Täu-schung entlarvt; zugleich werden ihm mögliche
Wege zur Selbstbefreiung gewiesen.
SPRACHE:
WORTWAHL:
Zum Beispiel, wenn Harry als Mensch einen schönen Gedanken (1) hatte, eine
feine, edle (3) Empfindung fühlte oder eine sogenannte gute Tat (1)
verrichtete, dann bleckte der Wolf in ihm die Zähne und lachte und zeigte
ihm mit blutigem Hohn (2), wie lächerlich dieses ganze edle Theater (1)
einem Steppentier (2) zu Gesicht stehe, einem Wolf (4), der ja in seinem
Herzen ganz genau darüber Bescheid wusste, was ihm behage, nämlich einsam
durch die Steppe (4) zu traben, zuzeiten Blut (4) zu saufen oder eine
Wölfin zu jagen,- und, vom Wolf aus gesehen, wurde dann jede menschliche
Handlung schauerlich komisch (1) und verlegen, dumm und eitel (3).(S.56)
(1) Ironie; (2) Bilder, Metaphern; (3) Aneinanderreihung von mehreren
Adjektiven und Adverbien; (4) einige markante Wörter werden laufen
verwendet und wiederholt.
WIRKUNG:
Die häufig wiederkehrenden Begriffe, die starken Bilder und
Metaphern erzielen den Eindruck einer suggestiven Sprache.
Die Häufung von Adjedtiven und Adverbien dient zur Verstärkung der
Aussage durch einfaches Aneinanderreihen und durch ungewohnte
Begriffs-verbindungen (z.B. schauerlich komisch).
Die (verdeckte und offene) Ironie gibt dem Leser eine Richtung
vor, in der er interpretieren kann.
SATZBAU:
Der Gegensatz Wolf und Mensch , der den Roman inhaltlich bestimmt, wird
auch in der Satzstruktur gespiegelt.
& wenn Harry als Mensch,& dann bleckte der Wolf&
Dieses Grundproblem wird ständig betont (antithetischer Satzbau,
widersprüchliche Begrffsverbindungen).
Die Häufung von bedeutungsgleichen Adjektiven, die Wiederholung von
Begriffen machen dem Leser die Orientierung leicht.
Andererseits: Anschaulichkeit gepaart mit wiederholter, aber nicht
präzisierter Begrifflichkeit, dazu eine übersichtliche Handlungsstruktur
wirken suggestiv. Dem Wunsch des Lesers nach Identifikation wird ein
breiter Spielraum geboten, Die Gefahr von Missverständnis und
Fehlinterpretation ist sehr gross.
LITERARISCHE FORM:
Der Steppenwolf erschien in einer Zeit, in der sich die Romanschreiber aus
der Erzähltradition Realismus lösten. Man experimentierte mit neuen Formen.
TRADITIONELLES UNND MODERNES ERZAHLEN IM STEPPENWOLF :
Kennzeichen traditioneller Erzähltechnik:
Es gibt eine Hauptperson
Der Aufbau ist im Wesendlichen chronologisch
Der Handlungsaufbau ist klar und ohne Nebenhandlung
Die Sprachebene wird nicht gewechselt
Kennzeichen moderner Erzähltechnik:
Es wird aus drei verschiedenen Perspektiven eruählt
Es gibt drei formal unterschiedliche Teile
Träume, Vorstellungen beeinflussen das Realitätsbewusstsein
Werden verschiedene Perspektiven und Formen gleichzeitig verwendet, so soll
das zum Nachdenken herausfordern
>Die drei unterschiedlichen Teile im Roman lassen den Leser aber gerade
nicht zweifeln, sondern bestärken ihn: die drei Perspektiven unterstützen
sich inhaltlich gegenseitig. Die äusserlich formal unterschiedlichen Teile
sind sprachlich einheitlich.
Der innere Zwiespalt von Harry wird durch Träume und Vorstellungen
veranschaulicht, aber Harry verliert nicht die Kontrolle, kann sich selbst
diagnostizieren
SYMBOLE UND MOTIVE:
DER STEPPENWOLF:
Im Steppenwolf stellt sich bereits der Titel dem Leser das zentrale Symbol
dieses Romans vor Augen und weckt vielfältige Assoziationen. In Mythologie
und Volksglauben gilt der Wolf als Verkörperung des Bösen, gleichermaßen
jedoch als Inbegriff der ungebrochenen Natur, des Wilden, Un-gebundenen,
des Ungezähmten und Gesetzlosen. Die Vorstellung der Steppe weckt
Assoziationen von Weite und Einsamkeit und intensiviert damit den Eindruck
des rastlos Umherschweifenden, des nach eigenen Gesetzen lebenden
Einzelgängers.
DER SPIEGEL:
Harry Haller sieht gleich zu Beginn des Romans Lichtspiegelungen auf einer
verfallenen Mauer.
Schon im Tractat wird auf den Spiegel als Mittel zur Selbsterkenntnis
hingewiesen.
Das Magische Theater ist jenes Spiegelkabinett, in welches der Weg nur über
den Blick in den Spiegel gelingt. Zweimal muss Harry den Blick in Pablos
Taschenspiegel wagen: einmal, um Menschenwesen und Wolfswesen in sich in
leidvollem Kampf zu erblicken, das andere Mal, um gerade jene Fixierung zu
überwinden, lachend den Steppenwolf in sich zu vernichten.
Erst nachdem er den verfälschenden Spiegel seiner Persönlichkeitsbrille
zerstört hat, darf er in einen richtigen Spiegel blicken: ein riesengroßer
Wandspiegel zeigt ihm die zahllosen Harryfiguren , die tausend Seelen des
Steppenwolftraktats.
Verzerrte und unverstellte Selbsterkenntnis werden so gleichermaßen im
Symbol des Spiegels ins Sichtbare transponiert. Das Magische Theater ist
ein Ort der Konfrontation mit den eigenen Fähigkeiten, Neigungen,
verborgenen Wünschen und Impulsen, Symbol jenes bewußtseinsverändernden
Erlebnens alles sein, alles mitfühlen, alles mitleiden, alles verstehen und
bejahen zu können, was in der Welt ist .
Jedes erneute Anschauen der eigenen inneren Vielfältigkeit wird als Blick
in den Spiegel inszeniert. So erblickt Harry auch in der Szene, die ihn den
Aufbau der Persönlichkeit lehren soll, in dem Spiegel des Schachspielers
den Zerfall seiner Persönlichkeit in viele Ich-Figuren, die es in einem
mannigfaltigen Spiel neu zusammenzustellen und zu ordnen gilt.
Noch einmal muss Harry, der Verzweiflung nahe, in den Spiegel des eigenen
Selbst blicken, in dem er abwechselnd den Wolf und den Menschen Harry
sieht. Dieser Blick in den Spiegel wird zur Bilanz seines bisherigen Lebens.
Spiegelbilder seines Ich erblickt Harry auch in den Menschen, die ihm den
Weg zum Verständnis seines eigenen Inneren weisen. In Hermines, wie auch in
Pablos, Augen sieht er seine arme kleine Seele .
DAS BILD:
Wer in einen Spiegel sieht, sieht immer auch ein Bild. Das Bild, das im
übertragenen Sinn ja auch ein Spiegel sein kann, hat im Roman eine fast
ebenso grosse Bedeutung wie der Spiegel, beide ergänzen sich.
Der äussere Anlass für Harrys Verzweiflungsausbruch ist seine Erregung über
das Goethebild.
Der Tractat und das folgende Gedicht werden von Harry direkt als Bildnisse
von sich bezeichnet.
Der Bildersaal seines Lebens wird thematisiert, als Harry über seine
Vergangenheit nachdenkt. In gewisser Weise ist auch das Magische Theater
ein Bildersaal hinter jeder Tür ein anderes Bild
DIE MUSIK:
Sie vermag Harry immer wieder an die jenseitige Welt zu erinnern, nach der
er sich sehnt. Für die Geistigen , die echten Menschen ist die Musik eine
Sprache ohne Worte, welche das Unaussprechliche sagt, das Ungestaltbare
darstellt , für die Alltagsmenschen ist sie bloße Unterhaltung und
Massen-vergnügen, deshalb findet Harry auch die unwürdige Radioübertragung
so schockierend.
EWIGKEIT UND JENSEITS UND DAS TODESMOTIV:
Für Harry und Hermine bedeutet Ewigkeit die Erlösung der Zeit und die
Aufhebung der Gegensätze
Erlösung aus der Zeitlichkeit bedeutet aber zugleich den Tod des irdischeb
Menschen. So deutet Hermine auch Harrys Todessehnsucht als Verlangen nach
dem Jenseits. Auch Hermines Todeswunsch , ihr letzter Befehl , ist getragen
vom Verlangen nach Erlösung. So erscheint der Mord an ihr zunächst unter
dem destruktiven Aspekt der Lebenszerstörung, wird jedoch sogleich
ästhetisch umgedeutet in ein Bild der Vollendung.
Der Weg zurück zur Mutter, zurück zu Gott, zurück ins All ist das Ziel,
doch zugleich wird unmissverständlich, dass jene Rückkehr unmöglich ist ,
der Selbstmord somit blosse Flucht wäre.
Harrys Selbstmord im Magischen Theater gibt erst den Blick auf sein wahres
Selbst frei: der Tod wird hier zur Chiffre für Verwandlung.
Das Todesmotiv in der doppelten Bedeutung der Erlösung aus der Zeitlichkeit
und der Hingabe an die Wandlung begleitet Harrys Entwicklung und bildet Weg
und Ziel seines Lebens ab: Vollendung wird dem Menschen nur möglich auf dem
Weg ewiger Wandlung.
DIE UNSTERBLICHEN:
In dem Begriff konzentrierte Hesse sein Kulturverständnis. Er hatte wenig
Interesse an der modernen Kulturentwicklung wie seine Hauptfigur Harry.
Hesse war überzeugt, dass es so etwas wie die Welt des ewigen Wertes gibt.
Damit schliesst er sich einer weitverbreiteten Auffassunng an.
Für Harry wird diese Meinung sogar zum Fixpunkt seiner Auseinandersetzung
mit sich und der Umwelt. Den hohen Stellenwert betont Hesse, indem er den
Begriff Unsterbliche mit Ewigkeitsattributen versieht: im zeitlosen Raume
und kristallne Ewigkeit, Reich Gottes. Auch im Gedicht Die Unsterblichen
ist diese Meinung offensichtlich. Der Wert dieser Idee wird besonders
hervorgehoben durch die goldene Spur.
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