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Thomas Bernhard

<<Du hast mir noch gefehlt!

Du bist mein ganzes Unglück!

Dich soll der Teufel holen!

Du hast mein Leben zerstört!

Du bist an allem schuld!

Du bist so ein Nichtsnutz!>>


Mit diesen fürchterlichen Beschimpfungen mußte der

junge Thomas Bernhard aufwachsen. Er, der immer das

unerwünschte Kind war, dem immer das Gefühl gegeben

wurde, zeitlebens im Weg gestanden zu sein, litt

darunter ein unwillkommener Gast zu sein. Seine Mutter

haßte ihn, da sie in seinem Gesicht, das Gesicht ihres

Verlobten sah,  den sie sehr geliebt hat, der sich ihr

aber entzogen hatte. Bei jeder Gelegenheit griff sie

zum Ochsenziemer, mit dem sie wild auf ihn einschlug.

Auch nur bei der geringsten Gelegenheit griff sie zum



Ochsenziemer. Wenn sie ihn sah, sah sie zugleich ihren

Mann. Sobald die Kraft des Ochsenziemers nicht

fruchtete, versuchte sie das Kind mit den teuflischen

Sätzen   Du hast mir noch gefehlt! Du bist mein Tod!

in die Knie zu zwingen. Er durfte nie nach seinem

Vater fragen, denn die Antwort war der Ochsenziemer!

Der Großvater mütterlicherseits, der Dichter Johannes

Freumbichler wurde zur überragenden Person in

Bernhards Leben. Bernhard liebte seinen Großvater und

umgekehrt. Lange Spaziergänge mit seinem Großvater

hätten ihn gerettet, so er in einem seiner

autobiographischen Werke. Im Grunde waren diese

Spaziergänge fortwährend nichts anderes als

Naturgeschichte, Philosophie, Mathematik, Geometrie,

die ihn glücklich machten. Er verehrte und bewunderte

seinen Großvater.

Der sogenannte Unruhestifter Bernhard wurde

schließlich noch zum Bettnässer. Wenn er aufwachte,

wie er in einem seiner autobiographischen Werke

schreibt, war das Unglück schon passiert, und das

monatelang, jahrelang. Jetzt hatte er einen neuen,

tödlichen Titel zu tragen: Bettnässer! An jedem Morgen

schlug die Mutter das Leintuch über sein Gesicht. Wenn

er von der Schule nach Hause kam, konnte man das

Leintuch mit dem gelben Fleck schon von weitem aus dem

Fenster hängen sehen    zur Abschreckung, damit alle

sehen, was Du bist,    so seine Mutter im

autobiographischen Werk Ein Kind.

Mit sechzehn Jahre verließ er die Schule und wurde

Lehrling bei einem Lebensmittelhändler in Salzburg.

Nach einer übergangenen Grippe begannen schließlich

seine Lungen zu erkranken. Er kam ins Salzburger

Landeskrankenhaus und wurde unmittelbar in die

Todeskammer für unheilbare TBC-Fälle gelegt. Er

fristete mit irreparablen Schäden sein späteres Leben,

die ihn zwangen viel Zeit im Krankenhaus zu

verbringen. Während seiner Krankenhauszeit wurde sein

Großvater ebenfalls eingeliefert, der schließlich an

Krebs starb und im gleichen Jahr starb auch seine

Mutter. Für den damals neunzehnjährigen Bernhard war

dies eine schwere Zeit, die massiven Einfluß auf sein

späteres dramatischen Schaffen hatte.

Nach der notdürftigen Genesung studierte er Musik und

Schauspiel am Mozarteum, sang vergebens am Salzburger

Landestheater vor und wurde schließlich

Gerichtsreporter und Theaterkritiker für das

Salzburger "Demokratische Volksblatt". Der beginnende

literarische Ruhm führte nur weiter in die Isolation.

Freunde hatte er wenig. Einer seiner Freunde war der

ehemalige Burg-Herr Claus Peymann. Peymann hatte

sechzehn von seinen achtundzwanzig Stücken

uraufgeführt. Mit "Heldenplatz" im Jahre 1988 beschwor

er den letzten Skandal der heimischen

Theatergeschichte. Am 4. November wurde "Heldenplatz"

uraufgeführt. Ein paar vorweg aus dem Zusammenhang

gerissene Zitate über österreichische Nazis und

Waldheim reichten, um einen beispiellosen Kulturkampf

zu entfesseln.


Bernhard starb letztlich an Morbus Boeck, einer

Lungenkrankheit mit qualvollem Verlauf. Morbus Boeck

ist eine Infektionskrankheit unbekannter Herkunft. Sie

führt dazu, daß der Patient immer kurzatmiger wird.

Man fühlt keine Schmerzen, empfindet aber bewußte

Erstickungsangst. Bernhard wußte, daß er früher oder

später sterben mußte, und er konnte nur durch das

Nehmen von Medikamenten seinen Tod hinauszögern.

Als er starb, hinterließ er fünf Häuser, alle in

Österreich. Der Vierkanthof in Ohlsdorf bei Gmunden

glich einer Festung. Bernhard hortete dort 50 Paar

Schuhe, 24 Hüte, an die 40 Sakkos, alles in penibler

Ordnung. Daß aber sein Tod auf den Todestag seines

geliebten Großvaters fiel, könnte nicht Zufall gewesen

sein, sondern Timing!







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