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HERRENJAHRE

HERRENJAHRE

Gernot Wolfgruber


Der Autor


Gernot Wolfgruber wurde am 20. Dezember 1944 in Gmünd in Niederösterreich geboren. Er war nach seiner Hauptschulzeit Lehrling und Hilfsarbeiter in verschiedenen Berufen und arbeitete später als Programmierer. Als Externer holte er die österreichische Matura nach und studierte Publizistik und Politologie. Er verarbeitet literarisch eigene Erfahrungen und verfolgt wie viele der Autoren der ,Grazer Gruppe' das Ziel, Sprache als Erscheinungsform gesellschaftlicher Herrschaft sichtbar zu machen. Heute lebt Gernot Wolfgruber als freier Schriftsteller in Wien.




Werke:


Auf freiem Fuß (1975)     Verlauf eines Sommers (1981)

Herrenjahre (1976)     Die Nähe der Sonne (1985)

Niemandsland (1978)




Das Werk


Handlung


Der junge Tischler Bruno Melzer beschließt sein Leben anders zu führen als alle seine Arbeitskollegen und Freunde, dass heißt für ihn, er möchte auf keinen Fall heiraten, keine Familie gründen und erst recht nicht von jemandem abhängig sein oder für irgend jemanden außer sich selbst sorgen müssen. Er möchte jedoch sein eigenes Leben selbst in die Hand nehmen und erhofft sich nach seinen Lehrjahren endlich Herrenjahre. Doch wie es das Schicksal so will, gesteht ihm eine seiner Zufallsbekanntschaften, dass sie schwanger sei und so beschließt er sie zu heiraten. Nun hat er endlich das Gefühl sein Leben in die Hand genommen zu haben und sogar auch noch ein zweites.

Er zieht mit seiner Gattin Maria in das Haus seiner Mutter und seiner Geschwister, doch zwischen Maria und Melzers Mutter kommt es immer wieder zu Streitereien, die sich nach der Geburt des Kindes - ein Mädchen - verstärken, sodass Melzer mit seiner neuen Familie in eine kleine Wohnung zieht. Aber auch diese gemeinsame Wohnung hindert Melzer nicht daran sich wie gewohnt mit anderen Frauen zu verabreden und die Nächte mit ihnen zu verbringen, da ihm dies als Bestätigung für seine nicht verlorene Freiheit scheint.

Maria wird ein zweites Mal schwanger und bekommt abermals ein Mädchen, was Melzer unglücklich stimmt, da er sich ja bereits bei Marias erster Schwangerschaft einen Jungen gewünscht hatte. Durch einen Arbeitsunfall in der kleinen Tischlerei in der er arbeitet trifft er beim Amtsarzt einen ehemaligen Schulkollegen seines Bruders, der ihm von seinem hohen Gehalt als Akkordarbeiter in einer großen Möbelfirma vorschwärmt, woraufhin Melzer seinen Arbeitsplatz wechselt und sich durch die Arbeit in der Fabrik mehr Geld für seine Familie und Aufstiegschancen erhofft, die er in der kleinen Tischlerei nicht hatte.

Das gemeinsame Glück scheint nun perfekt, da nun die Geldsorgen vorbei sind, doch Maria, die schon seit Jahren Probleme mit ihren Stimmbändern hat, erfährt dass ihr der Kehlkopf entfernt werden muss und unterzieht sich dieser unangenehmen Operation. Während ihrem Spitalsaufenthalt stirbt die Mutter Melzers, die sich tagsüber immer um die zwei kleinen Kinder gekümmert hat. Für Melzer beginnen nun sehr harte Zeiten, da er einerseits den ganzen Tag arbeiten muss und andererseits auf die Kinder achten muss, doch zum Glück kann Maria das Krankenhaus bald verlassen und ihr Leben findet allmählich wieder ein Gleichgewicht.

Maria wird abermals schwanger, möchte ihr Kind jedoch nicht austragen da sie sich noch zu schwach fühlt und hofft daher, dass ihr aufgrund des fehlenden Kehlkopfes eine legale Abtreibung bewilligt wird. Doch für die Arzte erscheint eine Schwangerschaft keine Risiko für ihre Gesundheit oder die des Kindes zu sein.

Das dritte Kind ist nun endlich ein Junge und Melzer beginnt, da ihm das Haus seiner Mutter, in dem sie nach deren Tod leben, zu klein geworden ist, ihr eigenes Haus zu bauen. Maria ist von dieser Idee begeistert und Melzer selbst ist nun so enthusiastisch, dass er einen Fernkurs belegt um Tischlermeister zu werden, doch so langsam verliert er die Begeisterung und kehrt zu seinem Alltagsleben zurück.

Maria leidet nun immer stärker an Husten und Melzer erfährt von ihrem Lugenfacharzt, dass sie an Lungenkrebs erkrankt ist und nur noch wenige Monate zu leben hat. Er verschweigt ihr dies und sie lebt wider erwarten noch fast ein Jahr bis das Haus fertig gebaut ist. Eines nachts stirbt sie, und Melzer steht vor einer unlöslichen Aufgabe, denn er weiß nicht was er mit seinen drei Kindern machen soll und so sieht er sich gezwungen die Fürsorge um Hilfe zu bitten, da er die Kinder auf keinen Fall in ein Heim geben möchte. Doch auch dort kann ihm nicht weitergeholfen werden und auch ein Kindermädchen lässt sich nicht finden. Er sieht nur noch einen Ausweg und gibt eine Heiratsanzeige auf - er bekommt drei Zuschriften.



Personen


Bruno Melzer: Melzer nimmt sich vom Anfang seines Lebens an vor, nicht an irgend jemanden gebunden zu sein, sondern sein Leben so zu leben, wie es für ihn lebenswert erscheint, d. h. immer das zu machen wozu er gerade Lust hat. Die persönliche Freiheit ist ihm sehr wichtig, weshalb er auch jeden Freitag seinen Herrenabend veranstaltet um sich zu beweisen, dass er der ,Herr im Haus' ist.


Maria Melzer: Maria ist nach dem Unfalltod ihrer Eltern bei Zieheltern aufgewachsen, die der gehobenen Mittelschicht entstammen und sie auch dementsprechend aufgezogen haben. Sie versucht der Arbeiterklasse zu entfliehen, indem sie die Sitten der höheren Klassen nachahmt. Maria möchte ihren Kindern eine gute Mutter sein, da sie dies in ihrer Kindheit vermißt hatte.




Thematik


Gernot Wolfgruber schildert den Alltag eines Tischlers, der unerwarteter Weise sein Leben selbst in die Hand nehmen und auf viele Annehmlichkeiten verzichten muss.



Melzer ist so von dem Gedanken sein Leben endlich in seine Hand zu nehmen besessen, dass er ohne zu zögern Maria aufgrund ihrer Schwangerschaft einen Heiratsantrag macht, obwohl er sich immer geschworen hat, nicht wie seine Freunde zu enden, dass heißt für eine eigene Familie sorgen zu müssen und seine Freiheit zu verlieren.


Ein besonderes Problem stellt die Zugehörigkeit der Arbeiterschicht dar, der Melzer zwar zu entkommen versucht, es ihm aber an Kraft und Durchhaltevermögen fehlt um seinen Fortbildungskurs zu beenden.


Ebenfalls wird die Ersetzbarkeit einer Person angesprochen, denn einerseits vermisst niemand Melzer in der kleinen Tischlerei und andererseits wird Melzer nie wieder jemanden finden, den er auch nur annähernd mit Maria vergleichen kann.


Melzers Herrenabend ist für ihn die einzige Gelegenheit dem Alltag zu entfliehen und für wenige Stunden seine Freiheit zu genießen. Ebenso zeigen seine vielen Affären den Fluchtversuch aus der für ihn unerträglichen Realität.


Im Bezug auf seine vielen Affären, darf man auch die Liebe nicht außer Acht lassen, denn seine Mädchen sind für ihn nur Zeitvertreib und beruhen nicht auf Liebe. Mit der Zeit lernt er, Maria zu lieben und zu schätzen und kann sich ein Leben ohne ihr kaum vorstellen. Nach Marias Tod jedoch spielt für ihn die Liebe keine Rolle mehr, da seine Hauptsorge den Kindern gilt und er einfach nur ein gute Mutter sucht.


Ein weiteres Problem stellt auch seine Situation nach Marias Tod dar, da er einerseits ganztägig arbeiten muss und andererseits am liebsten bei den Kindern zu Hause wäre, da er sonst niemanden hat, der sich um sie kümmern könnte. Die Hilfsbereitschaft der Nachbarn ist zwar sehr groß, aber er möchte nicht von anderen Menschen abhängig sein, wodurch ihm auch der Gang zur Fürsorge sehr schwer gefallen ist.


Einer der wichtigsten Punkte ist für Melzer die Hoffnung. Die Hoffnung sein Leben so zu führen wie es ihm gefällt, die Hoffnung auf einen besseren Arbeitsplatz, die Hoffnung, dass Maria wieder gesund wird und schließlich die Hoffnung eine Ersatzmutter für die Kinder zu finden.
















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