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Waltraud Anna Mitgutsch
Waltraud Anna Mitgutsch wurde am 2. Oktober 1948 in Linz geboren.
Sie studierte Germanistik und Anglistik in Salzburg und war dann nach ihrem Studium Assistentin am Institut für Amerikanistik in Innsbruck.
Es folgten einige längere Aufenthalte in Israel, England und Korea. Von 1979 bis 1985 unterrichtete sie in Boston deutsche Sprache und Literatur.
Sie ist mit Peter Turini Vizepräsidentin des "IG Autorinnen Autoren", der 1971 als Verhandlungsdelegation österreichischer Schriftsteller gegründet wurde und seit 1981 eine selbstständige Organisation ist.
Ihre Romane befassen sich mit der Frau in ihrer sozialen Lebenswelt.
"Die Züchtigung"(1985) war ihr erster Roman und wurde auf Grund seiner bestürzender Klarheit und Aufrichtigkeit mehrfach ausgezeichnet.
Heute lebt Anna Mitgutsch in Linz.
Das andere Gesicht (1986)
Ausgrenzung (1989)
In fremden Städten (1992)
Abschied von Jerusalem (1995)
Erinnerung und Erfinden (1999)
Marie ist die Tochter eines wohlhabenden Bauers in einem oberösterreichischen Dorf. Sie hat eine sehr trostlose und lieblose Jugend, da ihre Eltern sie misshandeln, vernachlässigen, verachten und ausbeuten, indem sie sehr hart arbeiten muss.
Sie heiratet den Häusler Friedl Kovacs, der viele Jahre um sie geworben hat und nun von der Front heim gekommen ist.
Friedl wird Schaffner und sie ziehen auf einen Hof in der Nähe der Stadt.
Marie führt dort wieder ein sehr trostloses Leben, denn die Bauersleute behandeln sie schlecht und da sie immer eine wohlhabende Bauerstochter war, kann sie nun nicht sehr gut in Armut leben, denn Friedl und sie haben nicht einmal genug zu essen auf Grund der Not nach dem Krieg. Sie fährt öfters zu ihrer Familie, um dort einmal ordentlich essen zu können. Sie schämt bei ihren Eltern um Essen betteln zu müssen hasst Friedl für diese Umstände, in denen sie leben muss.
Nach ungefähr zwei Jahren Ehe bekommt Marie ihr erstes Kind, Vera. Marie fährt oft mit dem Kind auf den Bauernhof ihrer Eltern, aber auch Vera wird von Maries Familie ausgestoßen und verachtet.
Marie tut in ihren Augen alles für das Kind, dieses aber ist undankbar und schreit den ganzes Tag. Marie entfernt sich zu Sehens von ihrem Mann, der sie noch immer liebt und probiert ihr dies zu zeigen, aber sie stößt ihn weg, gleichzeitig fordert sie jedoch diese Liebe.
Die Zeiten bessern sich und als Vera drei Jahre alt ist, zieht die Familie in ihr eigenes kleines Häuschen am Stadtrand.
Marie versucht, immer mehr zur Dame zu werden. Sie färbt sich die Haare, zieht sich und ihr Kind immer adrett an, obwohl Friedl noch immer Schaffner ist und die Familie nicht wirklich viel Geld hat, aber Marie spart, wo sie nur kann, denn nach außen muss alles perfekt erscheinen. Dieses Bild von ihrer Familie aufzubauen gelingt ihr auch tatsächlich und sie hat den Ruf, die perfekte Hausfrau zu sein. Niemand will sehen, wie sie ihr Kind schlägt, wenn es Unwillen zu etwas äußert oder schlechte Noten nach Hause bringt.
Vera wird zum erzogenen, ruhigen Kind und zur Klassenbesten, doch der Versuch Maries ihr Kind in den Kreisen der Wohlhabenden unterzubringen missglückt.
Vera möchte aufs Gymnasium gehen, obwohl den Eltern alle Lehrer davon abraten, da Vera ja ein Arbeiterkind ist und sie es sicher nicht schaffen würde, schicken die Eltern Vera auf ein Privatgymnasium, obwohl dies Verzicht für die Familie bedeutet. Vera wird auch dort wieder Klassenbeste.
Mit der Zeit entwickeln sich Veras wohlhabenden Klassenkameradinnen zu jungen Damen. Natürlich kommt auch Vera in die Pubertät. Als Marie dies bemerkt, muss Vera, die ohnehin schon an ihrem Übergewicht leidet, sehr altmodische Kleidung tragen, darf sich selbst nicht waschen, da sie sich selbst nicht berühren darf und keinen Gedanken an Jungen oder die Hitparaden verschwenden. Vera wird zur Außenseiterin.
Nach der Matura hat Vera den Willen zu studieren, was die Eltern wieder eine Unmenge an Geld kostet, sie willigen aber dennoch ein.
Kurze Zeit nachdem Vera in die Stadt gegangen ist, um dort auf die Universität zu gehen, erkrankt ihre Mutter. Marie stirbt nach langer Qual im Krankenhaus, ohne dass je jemand weiß, woran sie erkrankt ist
Vera wandelt sich total, sie leidet an Magersucht, führt unglückliche Beziehungen und streunt auf der Straße herum.
Sie heiratet und wird schwanger. Sie schwört sich, dass ihr Kind ohne Prügel aufwachsen soll. Doch sie entdeckt immer mehr ihre Mutter in sich, obwohl sie ihr Kind nicht schlägt.
Sie glaubt, dass sie und ihr Kind glücklich sind, doch als sie das Tagebuch ihrer Tochter liest, sieht sie, dass diese genauso unglücklich ist wie sie es einmal war. Sie bemerkt, dass sie den Teufelskreis nicht durchbrochen hat. Ihr Leben ist gescheitert und ihre Tochter, für die sie um ein anderes Leben gekämpft hat, wünscht sich eine Mutter wie Marie.
Marie: unglücklich, da sie nie mit dem zufrieden ist, was sie hat; erscheint manchmal orientierungslos; großer Neid auf andere; sie gibt jedem die Schuld an ihrem Leid nur nicht sich selbst; verletzbar; hasst inbrünstig; verlangt nach Liebe; sie verleumdet ihre soziale Stellung; Marie besitzt keine Freunde und ist einsam; wenig Selbstbewusstsein; für sie ist das Wichtigste, was die anderen von ihr und ihrer Familie denken; möchte allen zu Hause (am Land) zeigen, wie weit sie es gebracht hat => Rache für ihre schlechte Behandlung (Ver-
achtung und Ablehnung); bleibt immer ein Landmensch und behält ihren Bauernstolz; hart im nehmen und sehr gute Arbeiterin auf dem Hof; religiös; möchte nur das beste für ihr Kind, das sie einmal aus ihrem trüben Leben herausziehen soll => Egoismus; brutal; jähzornig; besitzt keinerlei Beherrschung; befreit sich von ihrer Last, indem es das Kind schlägt, außerdem kennt sie keine andere Möglichkeit ein Kind zu erziehen und denkt, dies sei der einzig richtige Weg;
Vera: besitzt auch die Brutalität ihrer Mutter, sie hat den Willen, diesen Teufelskreis der Brutalität zu brechen und versucht ihr Kind ohne Prügel aufzuziehen; erdrückt ihr Kind vor Liebe; liebt ihr Kind abgöttisch, darum ist sie um so mehr verletzt als sie bemerkt, dass ihr Kind genauso unglücklich ist, wie sie es in ihrer Kindheit war; macht sich vor, glücklich zu sein, obwohl sie es überhaupt nicht ist; führt ein gescheitertes Leben; verletzbar; sie hat den Drang, sich psychisch zu verletzen, d.h. sie sucht sich die Männer aus, von denen sie schon von vornherein weiß, dass sie sie verletzen oder schlecht behandeln werden; verlangt nach Liebe; weiß nicht, wer sie ist und wo sie hingehört, da die Mutter immer wollte, dass sie sich verstellt; kein Selbstbewusstsein; Rache an ihrer Mutter, indem sie die Frau wird, die ihre Mutter gehasst hätte; ist im Zwiespalt, was sie für ihre Mutter empfindet: hasst sie aber auch denkt, dass die Mutter der einzige Mensch war, der sie je geliebt hat; fühlt sich von ihrem Vater verraten und verachtet ihn, da er sie nie vor den Schlägen ihrer Mutter beschützt hat; außerdem hasst sie ihn dafür, dass er ihrer Mutter nie die Liebe gegeben hat, die sie von ihm wollte, obwohl sie weiß, dass sie sie nicht angenommen hat, wenn er sie ihr angeboten hat;
Aggressivität und Hass werden von Generation zu Generation weitergegeben.
Schläge werden in der Generation der Großmutter und Mutter als Ritual und als einzige Möglichkeit, Kinder zu erziehen, angesehen.
Die Hassliebe zwischen Tochter und Mutter. Trotz der Schläge empfindet die Tochter Liebe für die Mutter und Geborgenheit. Zitat: " Mama bedeutete Geborgenheit und Ausgesetztsein, sie konnte mich vor fast allem beschützen, außer vor sich selbst.".
Die ewige Schuld der Tochter gegenüber der Mutter, die nie tilgbar ist. Man ist der Mutter deswegen sein ganzes Leben zu Dank verpflichtet- für alles, auch für die Schläge, die man ja nur zu seinem Besten bekommt.
Das "Wegschauen" und "Weghören" der Leute, wenn jemand misshandelt wird. Kein Einschreiten oder Zuhilfekommen von denen, die es sicher wissen, nicht einmal Veras Vater hilft ihr, ihm ist alles gleichgültig.
Thema Sexualität wird verdrängt, die Reinheit Veras muss bewahrt werden (sie darf sich nicht selbst waschen, weil sie sich hierbei selbst berührt!). Diese Auffassung ist wahrscheinlich mit dem starken Glauben Maries verbunden.
Das Zurückweisen der Liebe, die die Männer ihren Frauen geben wollen. Hass auf die Männer wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Einsamkeit, da man jemand sein möchte, der man nicht ist. Daraus ergibt sich auch der Neid auf die, die so sind, wie man gerne wäre und die Unzufriedenheit nicht das zu haben, was man gerne hätte.
Alles muss nach außen hin perfekt wirken, obwohl in der Familie nichts in Ordnung ist.
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