Mutter Courage und ihre Kinder
Bertolt Brecht
Suhrkamp Verlag
Erste Auflage: 1963
108 Seiten
Die Handlung spielt im Dreißigjährigen Krieg, spielt über viele Jahre hinweg und ist in 12 Einzelszenen geteilt.
Anna Fierling, auch Mutter Courage genannt,
zieht mit ihren beiden Söhnen, dem mutigen Eilif, dem ehrlichen aber dummen
Schweizerkas, ihrer stummen Tochter Kattrin und ihren Marktwagen durchs Land.
In Darlene, Südschweden, wird Eilif von einem Feldwebel für den Feldzug in
Polen geworben. Mutter Courage, die sehr pessimistisch eingestellt ist, sagt
dem Feldwebel, aber auch ihren eigenen Söhnen, den Tod voraus. Damit wollte sie
ihre Söhne vom Soldatenleben fernhalten, was ihr aber durch einen Handel, der
sie ablenkt, nicht gelingt.
Zwei Jahre später, 1625, sieht sie ihren Sohn Eilif als Held in Polen wieder. Seine Heldentat, er hat einem Bauern sein Vieh gestohlen, quittiert sie mit einer Ohrfeige.
Gemeinsam mit einem finnischen Regiment gerät Mutter Courage 1628 in Gefangenschaft der Katholiken. Schweizerkas ist Zahlmeister geworden und verwaltet die Regimentskassa. Als er diese in Sicherheit bringen will, wird er ertappt, was eine Verurteilung von dem Feldgericht zur Folge hat.
Um ihn freikaufen zu können verpfändet Mutter Courage ihren Wagen, doch sie feilscht so lange, bis Schweizerkas erschossen wird. Als ihre Waren mutwillig zerstört werden, möchte sie sich beim Rittermeister beschweren, doch sie besinnt sich, denn es ist ihrer Meinung nach besser, im Krieg Handel zu betreiben als Gerechtigkeit zu suchen. Ein protestantischer Feldprediger hilft ihr sich dem Heer der Katholiken anzuschließen. Der Feldprediger macht ihr auch Heiratsanträge, die sie jedoch ablehnt, da der Frieden näherrückt, und dies eine schlechte Zeit zum Heiraten für Mutter Courage ist. Aufgrund eines Überfalls auf Kattrin wechselt Mutter Courage die Front, aber durch den Tod von König Gustav, ist der Frieden unaufhaltbar. Eilif wird zu Tode verurteilt, weil er zur Zeit des Friedens eine Bauersfrau umgebracht hat. Vier Jahre vergehen. Ein paar kaiserliche Soldaten zwingen einen Bauern, ihnen einen Schleichweg in die Stadt Halle zu zeigen, da sie Halle stürmen wollen. Kattrin belauscht das Gespräch, steigt auf das Dach des Hauses und trommelt die Bewohner der Stadt wach, um sie zu warnen. Sie schafft es auch, wird jedoch von einem Soldaten vom Dach geschossen. Mutter Courage zieht mit ihrem Wagen alleine weiter. Sie hat alle drei Kinder verloren und nichts aus dem Krieg gelernt.
Die für mich beeindruckendste Stelle war, als es um das Leben ihres Sohnes Schweizerkas geht. Mutter Courage ist sich bewußt, dass er getötet wird wenn sie nicht schnell etwas unternimmt, doch sie ist so sehr vom Handeln besessen, dass sie zu viel Zeit und so auch ihren jüngeren Sohn verliert.
Charaktere der Kinder:
Eilif ist der ältere und tapfere Sohn. Er geht zugrunde, weil er sich selbst treu bleibt und so im Sinne seiner Mutter handelt. Im Krieg ist er der große Held, weil er brutal die Bauern erschlägt und ihnen das Vieh raubt. Er wird für seine Tat ausgezeichnet. Im Frieden tut er das gleiche, doch nun gilt er als Verbrecher, und wird erschossen. Eilif muß sterben, weil er seiner Mutter nachlebt und sie ihm nicht beigebracht hat, wie man sich unter den jeweiligen Bedingungen verhält.
Schweizerkas ist so ehrlich, dass er die Regimentskassa auch dann nicht an den Feind ausliefert, als sein Leben bedroht wird. Er hat dabei nicht den eigenen Vorteil im Sinn, sondern handelt nur ehrlich, so wie es ihm seine Mutter gelehrt hat. Auch er kann nicht abwägen, wie in einer besonderen Situation gehandelt werden muß.
Um Kattrin, ihre stumme Tochter, ist Mutter Courage besonders besorgt, doch die verunstaltete Wunde erhält Kattrin, als sie für ihre Mutter Waren abholt. In der zehnten Szene versucht Kattrin mit Trommelschlägen die Bürger der Stadt Halle vor dem bevorstehenden Überraschungsangriff zu warnen. Diese völlig uneigennützige Tat kostet Kattrin das Leben. Die Bauern, denen das Haus gehört auf dessen Dach Kattrin trommelt, sind genauso wie Courage. Sie wollen sich heraushalten, auch wenn Mitmenschen dabei ums Leben kommen.
Interpretation:
Mutter Courage will ihre Kinder aus dem Krieg heraushalten, als sie jedoch einem Feldwebel eine Schnalle verkaufen will, wirbt ein anderer Werber ihren Sohn Eifel an. Hier zeigt sich ein Widerspruch zwischen Mutter und Händlerin. Sie stellt die Interessen der Händlerin über die der Mutter. Ihr Vorhaben, sich aus dem Krieg rauszuhalten und vom Krieg zu verdienen, kann sie nicht verwirklichen, sie muß dem Krieg auch etwas geben. Das Verhältnis der Courage zum Krieg ist wirtschaftlich, daher sucht sie im Krieg ihren eigenen Vorteil. Sie muß den Krieg also befürworten. Während andere sich auf den Frieden freuen, bedeutet er für sie den Ruin. So wie sie auch ihren ersten Sohn während eines Handels verloren hat, so verliert sie auch ihren zweiten Sohn, Schweizerkas. Sie ist zu spät dazu bereit gewesen, ihre Existenzgrundlage, ihr Karren, für das Leben ihres Sohnes einzutauschen. Courage bezahlt ihre Interessen mit dem Verlust ihrer drei Kinder und am Ende auch mit dem persönlichen Ruin.
Dieses Antikriegsdrama ist ein Paradebeispiel für Brechts "episches Theater".
Entstehung des Stückes:
Im schwedischen Exil wird Brecht zur Mutter Courage angeregt, als ihm die Schauspielerin Naima Wifstrand die Geschichte der nordischen Marketenderin Lotta Svadt aus Johan Ludvig Runebergs Fähnrich Stals Erzählungen vorliest. (1938/39)
Den Namen "Courage" übernimmt Brecht von Hans Jakob Christoffel von Grimelhausen, der 1670 unter dem Titel Ausführliche und wundersame Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche einen Roman veröffentlicht, in dem er am Beispiel einer Zigeunerin beschreibt, wie die Wirren des Dreißigjährigen Krieges zur sittlichen und menschlichen Verwahrlosung führen.
Sprache/Stil:
Das Buch ist einfach geschrieben. Die Sätze sind meist nicht all zu lange und vollständig. Es werden fast ausschließlich direkte Reden benutzt.
Thema - Titel:
Der Titel "Mutter Courage und ihre Kinder" ist wohl zutreffend auf den Inhalt des Stückes, da es ja um deren Leben beziehungsweise um das Schicksal der Mutter Courage geht.
Bertolt Brecht
Berthold Brecht (eigentlich Berthold Eugen) wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg als Sohn eines Angestellten, der später zum direktor einer Papierfabrik aufgestiegen ist, geboren und starb am 14. August 1956 in Ostberlin. Brecht studierte Literatur, Philosophie und Medizin; er wurde Dramaturg und Regisseur in München. Von 1942-1926 war er dramaturgischer Mitarbeiter am Deutschen Theater bei Max-Reinhardt. 1933 ging er ins Exil nach Österreich, später Schweiz, Frankreich, Dänemark, Finnland, Sowjetunion und USA. 1947 kehrte er nach Europa zurück und gründete 1948 das Berliner Ensemble. 1950 erhielt Brecht die österreichische Staatsbürgerschaft.
Bedeutende Dramen:
& Die Bibel
& Die heilige Johanna der Schlachthöfe
& Herr Puntila und sein Knecht Matti
& Der gute Mensch von Sezuan
& Das Leben des Galilei
& Der kaukasische Kreidekreis
Wichtige Oper:
& Die Dreigroschenoper
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