Thema:
Epoche von 400-800
Man weiß über die Literatur der altgermanischen Zeit nur sehr wenig, weil das meiste nur mündlich und so gut wie gar nichts schriftlich überliefert wurde. Man weiß, dass sie in Form von Sprichwörtern, Rätseln, Zaubersprüchen und Heldenliedern mündlich überliefert worden ist. Die meisten Erkenntnisse über die Germanen verdanken wir römischen Schriftstellern. Die restlichen schriftlich überlieferten Werke aus dieser Zeit werden stark von der christlichen Literatur geprägt, deshalb werden wir uns gleich auch nur mit den zwei wichtigsten und wertvollsten schriftlichen Überlieferung aus der altgermanischen Zeit beschäftigen.
Die Germanen:
Sprache
Kultur
Religion
Es gibt wie gesagt nur sehr wenig schriftlich überlieferte Werke aus dieser Epoche, deshalb befassen wir uns jetzt mit den zwei wichtigsten Werke aus der altgermanischen Literatur, und zwar den sogenannten "Merseburger Zaubersprüchen" und dem "Hildebrandslied".
Merseburger Zaubersprüche
Hildebrandslied
Nach der altgermanischen Epoche kommt die Epoche des Mittelalters von 750-1170
Ich finde es erst mal ziemlich witzig, dass die Epoche "Altgermanische Literatur" genannt wird, obwohl nur so wenig schriftlich überliefert worden ist. Und auch sonst muss das eine schöne Zeit gewesen sein, weil die so wenig aufgeschrieben haben und anscheinend den ganzen Tag nur geschwetz haben.
Germanische Sprache
Um etwa 500 vor Chr. hat sich das Germanische aufgrund großer Veränderungen im Lautsystem und im Formenbau von den anderen indoeuropäischen Sprachen getrennt. Bis zu dieser Zeit haben sich die Germanen bis an den Rhein und zu den deutschen Mittelgebirgen ausgebreitet. Weitere Wanderungen führten zur Aufspaltung in verschiedene Stammesgruppen und entsprechende Stammesdialekte, die grob in 3 Gruppen geteilt werden:
Die verschiedenen Zweige der germanischen Sprachfamilie sind somit das Resultat der Wanderungen germanischer Stämme, die im 1. Jahrtausend vor Chr. in Nordeuropa lebten.
Einige germanische Wörter sind uns von
lateinischen Autoren überliefert.
Bedeutung der germanischen Sprachen
Germanische Sprachen werden heute als Muttersprache von über 500 Millionen Menschen gesprochen, was vor allem auf die Folgen der Kolonisierung und die weltweite Bedeutung des Englischen zurückzuführen ist.
Insbesondere: Die deutsche Sprachgruppe
Die germanischen Sprachen, zu denen das Deutsche gehört, sind historisch und etymologisch ein Teil der indogermanischen Sprachfamilie, von der sie sich (Nordwestwerts wandernd) in den letzten 1000 Jahren vor Chr. langsam zur Eigenständigkeit gelöst haben.
Die Auseinandersetzung mit den Völkern, die sie auf ihrem weiten Wanderweg trafen, hinterließ auch tiefe Spuren im Lautbild ihrer Dialekte: Während der Ausbreitung von Südskandinavien bis zu den deutschen Mittelgebirgen (bis etwa 500 vor Chr.) gingen die Germanen zur Erstbetonung (d.h. Betonung der ersten Wortsilbe) über und entwickelten im Rahmen der sog. "ersten Lautverschiebung" neuartige Reibelaute, die ihren Sprachverwandten fremd waren und die ihre Sprachen bzw. Dialekte deutlich von denen der anderen indogermanischen Stämme unterschieden.
Eine zweite Lautentwicklung machten die Deutschen etwa 1.000 Jahre später durch (also etwa 500 nach Chr.), als sie sich in Mittel- und Süddeutschland neue Wohnsitze eroberten.
Diese "zweite Lautverschiebung" bildet den Übergang vom Germanisch zum Althochdeutsch. Sie trennt die Aussprache der deutschen Mundarten von der der übrigen Germanenstämme, insbesondere von der englischen Gruppe, die die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht hat. Nun erst kann man von einer "deutschen" Sprachgruppe reden.
In Kürze:
1. Die erste (um 500 vor Chr.), durch die sich das Germanische von den anderen
indoeuropäischen Sprachen abhob und eine eigene Sprachgruppe (die germanischen
Sprachen) bildete
2. Die zweite (um 500 nach Chr.). durch die sich das Deutsche von den anderen germanischen Sprachen abhob und eine eigene Untergruppe (das Deutsche) bildete.
Germanische Kultur
Das Aussehen der germanischen Menschen
Die Germanen waren für die damalige Zeit sehr groß. Zudem hatten sie einen
kräftigen Körperbau und gewaltige Stärke. Die Augenfarbe der Germanen war blau,
genauso wie bei den Kelten. In ihnen flammten ein kriegerischer Geist und
ungeheure Kampfestlust. Sie hatten eine helle Hautfarbe und rötliche Haare.
Die Kleidung
In der Bronzezeit trugen die Männer wollene Kittel, die mit
Trägern über die Schulter gehängt wurden. Die rechte Schulter blieb frei. Sie
trugen einen ovalen oder rechteckig geschnittenen Mantel auf dem Oberkörper.
Wadenbinden umhüllten die Beine, die Füße steckten in ledernen Schuhen.
Die Frauenbekleidung bestand aus einer Kimonobluse mit rundem Halsausschnitt
und halblangen Armeln und einem weiten, über den Hüften gefalteten Rock aus
Wolle. Den Gürtel schmückte eine reichverzierte runde Platte aus Gold oder
Bronze. Den Kopf der Frau bedeckte ein Tuch, das Schuhwerk glich dem der
Männer.
Die Familie
Die Führung in der Familie hatte der Mann als
Familienoberhaupt. Er vereinigte alle Rechte in sich. Er hatte den Vormund über
alle Familienmitglieder, also auch über die Frau, war verpflichtet, sie zu
beschützen, und vertrat sie auch nach außen in allen Rechtsfällen. Die Frau
schaffte im Garten und Haus, sie musste das Mehl auf dem Mahlstein reiben, Brot
backen und für das Essen sorgen. Sie musste sich um das Vieh kümmern und
Vorräte sammeln. Sie musste sich also um das Wohlergehen der gesamten Familie
kümmern. War der Mann oder ein Kind verwundet oder ein Tier krank, wurde die
Hausmutter zur Arztin. Sie war Vorbild für die Kinder. Sie nahm keinen Einfluss
auf politische oder rechtliche Fragen. Wenn es hart auf hart kam, griffen die
Frauen auch einmal selbst zur Waffe, was aber äußerst selten war.
Trotz oder gerade wegen der vielen Arbeit, die Frauen verrichteten, wurden sie
sehr verehrt. Den Kindern brachte man große Liebe entgegen. Die Römer
bewunderten den Kinderreichtum der Germanen. Mit der Zahl der Kinder wuchsen
der Stolz und das Gefühl der Stärke bei den Eltern. In den Nachkommen sollte ja
die Familie weiterleben, sie sollten die zukünftigen Beschützer sein. Das
Neugeborene wurde Mitglied der Familie, wenn es die erste Nahrung aufgenommen,
der Vater es in feierlicher Weise vom Boden aufgehoben und mit Wasser besprengt
hatte.
Ehe
Die meisten Ehen wurden im Einverständnis beider Brautleute
geschlossen. Nach der Brautwahl vereinbarte der Bewerber mit dem Vater, oder
falls dieser nicht mehr am Leben war, mit dem nächsten Verwandten, den
Ehevertrag. Dabei überreichte man dem Brautvater Geschenke. Sie bestanden aus
Rindern, einem geschirrten Ross und Waffen. Die Besitztümer von Mann und Frau
wurden gemeinsam genutzt, galten aber als getrenntes Eigentum. Die Germanen
hatten immer nur eine Frau, bis auf wenige Ausnahmen, die Aufgrund einer hohen
Stellung mehrere besaßen.
Ehrfurcht vor dem Alter
Großes Ansehen genossen die Alten. Die Verehrung galt ihrer
reicheren Erfahrung und größeren Umsicht. Bei den Volksversammlungen achtete
man ihren Rat. Sie kannten die Überlieferung ihres Volkes, die Satzungen des
ungeschriebenen Rechtes, die Ausübung der religiösen Bräuche.
Die germanische Religion
Naturverehrung
Wahrscheinlich waren Sonne und Mond die
Hauptgottheiten der Germanen, diese lässt sich jedoch durch Quellen nicht
bestätigen. Ein persönlicher Sonnengott spielte keine Rolle. Doch wurde zum
Beispiel primitiver Zauberkult betrieben, um die Sonne zum Scheinen zu veranlassen.
Ein anderer Nachweis für die Verehrung der Natur war der heilige, immergrüne
Baum, der in einem Nationalheiligtum gestanden haben soll.
Die Seele war in der Vorstellung der
Germanen der Atem, die beiden Worte hatten dieselbe Bedeutung. Die Seele konnte
auch den Leib der Lebenden verlassen und trat dann häufig in Tiergestalt in
Erscheinung.
Des weiteren dem Seelenglauben
entwachsen glaubte man an die Trolle: Ahnengeister, die die Lebenden begleiten
und schützen. Die Elben, ursprünglich auch Seelenwesen, wurden zu
Naturgeistern. Die in mitteldeutschen Gegenden auftretende Frau Holle entsprang
ebenso dem germanischen Seelenglauben.
Zu den Naturdämonen zählten die Waldgeister, die Wassergeister und viele mehr.
Man glaubte an Kobolde, kleine hilfreiche Hausgeister, die dem Glauben an
Zwerge eng verbunden waren, ebenso wie an Riesen, die oft in Verbindung mit
bestimmten Naturerscheinungen standen. Auch alte Sagen vom Drachen als Hüter
von Schätzen gehen auf den germanischen Glauben zurück.
Man hielt Opfer ab für Seelen, Dämonen
und Götter. Diese erhielten Speisen und Getränke, aber auch Waffen und
nützliches Gerät. Tiere wurden geschlachtet und sogar Menschen wurden geopfert.
Man wollte hierdurch vor allem in Gefahr schwebende Menschenleben durch die
Hingabe eines anderen Menschen retten. Aus den vereinzelten Opfern wurden
später regelmäßig stattfindende Opferfeste, wie zum Beispiel im Norden zum
Beginn des Winters, zum Mittwinter und zum Beginn des Sommers.
Als Kultstätten bei den West- und Nordgermanen berichten Quellen von Tempeln
zur Abhaltung der Opfer.
Ein sensationeller Fund
Im Jahre 1841 machte der Historiker Dr. Waitz in der Bibliothek des Merseburger Domkapitels einen sensationellen Fund: In einer theologischen Sammelschrift des 9./10. Jahrhunderts entdeckte er zwei alte germanische Zauberformeln. Er ahnte wohl die Bedeutung seiner Entdeckung, konnte aber noch nicht wissen, dass er auf die bis heute weltweit einzigen Schriftstücke 'heidnischen' Inhalts in althochdeutscher Sprache gestoßen war.
Wegen ihres Fundortes werden sie heute die "Merseburger Zaubersprüche" genannt.
Ein Zauberspruch dient dazu "durch die Macht des gebundenen Wortes die magischen Kräfte, die sich der Mensch dienstbar machen will, nutzbar zu machen" Zaubersprüche sind, speziell aus dem germanischen Sprachraum, in großer Zahl überliefert. Die meisten dieser Sprüche stammen aber aus dem Mittelalter und sind daher christlich geprägt bzw. beeinflusst. In den meisten Fällen wurden sie in kirchlichen Schriftstücken aufgezeichnet.
Der Erste Merseburger Zauberspruch ist ein Vierzeiler. Er lautet im Original:
Eiris sazun idisi, sazun hêra duoder.
suma hapt heptidun, suma heri lezidun,
suma clûbôdun umbi cuoniouuidi:
insprinc haptbandum, inuar uigandun !
Hier eine Übersetzung ins heutige Deutsch:
Einst setzten sich Jungfrauen/Idisen, setzten sich hierher
Manche hefteten Haft, manche hemmten das Heer.
Einige zerrten an den Fesseln.
Entspring den Haftbanden, entfahr den Feinden!
Der Zauberspruch beschreibt, wie eine Anzahl "Idisen" (walkürenartige Frauen(?)) auf dem Schlachtfeld gefangene Krieger befreien. Insofern handelt es sich um einen "Lösesegen", durch den Gefangene aus ihrer Gefangenschaft befreit werden sollen.
Der Zweite Merseburger Zauberspruch ist länger als der erste:
Phol ende Uuôdan uuorun zi holza.
Dû uuart demo Balderes uolon sin uuoz birenkit.
thû biguol en Sinthgunt, Sunna era suister,
thû biguol en Friia, Uolla era suister;
thû biguol en Uuôdan sô hê uuola conda:
sôse bênrenki, sôse bluotrenki,
sôse lidirenki:
bên zi bêna, bluot zi bluoda,
lid zi geliden, sôse gelimida sin!
Auch hier eine Übersetzung:
Phol und Wodan ritten ins Holz.
Da ward dem Fohlen Balders der Fuß verrenkt.
Da besprach ihn Sinthgunt (und) Sunna, ihre Schwester.
Da besprach ihn Frija (und) Volla, ihre Schwester.
Da besprach ihn Wodan, wie (nur) er es verstand:
So Knochenrenke wie Blutrenke
Wie Gliedrenke:
Bein zu Bein, Blut zu Blut,
Glied zu Gliedern, als ob geleimt sie seien! (oder: dass sie gelenkig sind!)
Die Bedeutung des Zauberspruchs ist offensichtlich: das verrenkte Bein eines Pferdes oder Fohlens soll geheilt werden. Auf vielen Brakteaten aus dieser Zeit ist Wotan abgebildet, wie er ein Pferd heilt, das ein krankes Bein hat (meistens der Vorderlauf).
Bis heute in der Fachwelt umstritten sind aber die Götternamen, die im Text genannt werden. Eindeutig identifiziert sind nur "Uuôdan" (Wodan, Wotan, Odin) und "Friia" (Freya, seine Gemahlin). Bei "Phol" (Vol? Fol?) bestreiten einige Gelehrte, dass es sich um einen Götternamen handelt. Ebenso wird Balder von einigen nicht als Name des Gottes Balder (Baldur), sondern als "Herr" gedeutet, in diesem Falle bezöge es sich auf Wotan. Sinthgunt und Sunna sind nur hier erwähnt, ebenso Volla. Letztere wird von den meisten Fachleuten mit der Göttin Fulla, einer Zofe der Frigg, gleichgesetzt. Der schwedische Linguist Erik Brate (1857-1924) deutete Phol und Volla als Geschwisterpaar, analog zu Freya und Freyr. Doch das ist nur eine Hypothese, zumal Phol nur hier genannt wird.
Zu den Merseburger Zaubersprüchen wurde keine Melodie überliefert. Trotzdem fühlten sich immer wieder Musiker inspiriert, die Zaubersprüche zu vertonen.
Gleich mit beiden Zauberformeln hat sich In Extremo auseinandergesetzt. Auf dem Album "Verehrt und angespien" aus dem Jahre 1999 findet sich gleich im ersten Song der Erste Merseburger Zauberspruch. Er ist mit einem Vorspann versehen: "Hört von den sieben Vaganten/Die ihr Heil in der Hölle fanden/behangen mit Fetzen und Schellen/die so laut wie Hunde bellen/Ihr Lachen ist Sturm und Gewitter/Feiern und zechen bis kommt der tödliche Schnitter/Verehrt und angespien sind sie bekannt im ganzen Land/von allen "In Extremo" genannt". Nach diesem Vorspann folgt der Erste Merseburger Zauberspruch, der erst langsam losgeht, danach steigert sich die Musik mehr und mehr, die Gitarren stimmen mit ein, der Sound wird härter. Passend zu dieser Intro spielt die Band anschließend auf dem gesamten Album "wie entfesselt" auf.
Das Hildebrandlied ist die einzige
erhaltene Überlieferung einer germanischen Heldendichtung in deutscher Sprache
und damit von einzigartiger Bedeutung für unsere Literatur.
Der Inhalt des Liedes:
Hildebrand und Hadubrand treffen sich eines Tages als
Anführer zweier Heere auf dem
Schlachtfeld.
Hildebrand fragt den Jüngeren nach seinem Namen und
seiner Herkunft.
Hadubrand berichtet vor 30 Jahren habe
sein Vater als Gefolgsmann
Dietrichs von Bern fliehen müssen und dabei Frau
und Kind zurückgelassen. Hildebrand weiß sofort, dass er
gemeint ist und setzt alles daran, seinen Sohn zu überzeugen,
dass er seinem Vater gegenübersteht.
Er bietet ihm Ringe als Geschenk und will sich mit seinem Sohn
versöhnen. Hadubrand ist jedoch davon überzeugt,
sein Vater sei tot und ist sauer darüber, dass der Altere ihn
derart zu betrügen versucht. Er weist den Alten
mit harschen Worten zurück und beleidigt ihn. Dadurch ist der
Vater gezwungen, sein Schwert gegen den eigenen Sohn
zu erheben, will er seine Ehre nicht verlieren. Er ist erschüttert über die
Erkenntnis, dass die Entscheidung unabwendbar gefallen ist. Es kommt zum Kampf.
Der Text bricht hier ab.
Spätere nordische Überlieferungen legen den Schluss nahe, der Vater habe den
Sohn erschlagen. Genau zu beweisen ist dies jedoch nicht.
Der Text:
Fest steht, dass zwei Schreiber an dem
Text gearbeitet haben.
Der Text selbst wurde sowohl in angelsächsischer Minuskel (Kleinbuchstaben) als
auch in karolingischer Minuskel geschrieben. Durch spätere Entfernung des
Einbandes ist der Schluss verloren gegangen. Spekulative Gründe für die
Aufzeichnung gibt es in großer Zahl. Eine Annahme ist zum Beispiel, dass das
Lied im Rahmen der Sachsenbekehrung eingesetzt wurde, da es vorchristliche
(Bejahung des Schicksals durch Hildebrandt) als auch Christliche Elemente (Gottesanrufungen)
enthält. Herüber gehen die Meinungen jedoch weit auseinander. Einen Beweis gibt
es bislang jedoch für keine der zahlreich vorliegenden Theorien.
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