,,Die Stützen der Gesellschaft' von George Grosz
Entstehungsjahr: 1926
Größe: 200 x 108 cm
Darstellung: Öl / Leinwand
Ausstellungsort: Nationalgalerie Berlin
Bildbeschreibung:
Im Bild befinden sich auf verschiedenen Ebenen 5 Personen, die klar zu
erkennen sind und sich überschneiden, im Hintergrund sind schemenhaft weitere
Menschen zu sehen.
Am unteren Bildrand steht ein Mann mit aggressivem Gesichtsausdruck (verstärkt
durch Narben) an einem Tisch, ein Bierglas in der linken, einen Degen in der
rechten Hand. Er trägt ein braunes Jackett, darunter ein weißes Hemd und eine
blaue Krawatte, auf der ein Hakenkreuz befestigt ist. Seine Schädeldecke ist
abgeschnitten und aus dem geöffneten Kopf springen Gewirr, Gesetzesparagraphen
und ein berittener Soldat.
Schräg hinter dieser Person steht auf der vom Betrachter aus linken Seite ein
Mann mit einem umgestülpten Nachttopf auf dem Kopf, einem Palmzweig in der
linken Hand und Zeitungen unter dem linken angewinkelten Arm und einem Stift in
der rechten Hand.
Wieder etwas weiter nach hinten versetzt auf der rechten Seite steht ein
weiterer Mann mit einer Fahne in den Farben des untergegangenen Kaiserreiches
(Schwarz, Weiß, Rot) in seiner linken Hand. An seiner Jacke befindet sich ein
Schild mit bissig- boshafter Aufschrift ,,Sozialismus ist Arbeit'. Seinem
Kopf fehlt ebenfalls die Schädeldecke, an ihrer Stelle befindet sich ein
dampfender Haufen Kot.
Eine weitere Ebene dahinter steht mittig ein Geistlicher mit gerötetem Gesicht
und ausgebreiteten Armen an einem geöffneten Fenster, aus dem man blutrote
Flammen sehen kann. Rechts oben im Bild befinden sich nicht mehr detailliert
erkennbare Soldaten mit Stahlhelmen auf ihren Köpfen, von denen der vorderste
einen Degen in der Hand hält.
Bildaufbau:
Die Personen auf dem Bild stehen völlig ohne Bezug zueinander in verschiedenen räumlichen Ebenen. Der Tisch am unteren Bildrand soll einen Raum vortäuschen, dem jedoch die Tiefe fehlt. Das Bild wirkt übervoll, die Personen überschneiden sich (ähnlich einer Collage) und füllen den gesamten Bildraum aus. Beim Betrachter löst dies Hektik und Wahrnehmung der Zerrissenheit der damaligen Welt aber auch Gleichartigkeit und inneren Zusammenhang der Ereignisse aus.
Farben:
Der Hintergrund ist dunkel gehalten (tot, düster wie die äußere Umgebung · Krieg), die Gesichter der Personen sind auffallend hell (leichenblass, kalt), strahlen aber trotz der roten Wangen keine Wärme aus, da das Rot mit dem Leichenblass einen zu starken Kontrast bildet. Es sind allerdings noch weitere Hell-Dunkel-Kontraste vorhanden, z.B. der Hintergrund und die einzelnen Personen, besonders der Nachttopf zur schwarzen Kleidung des Geistlichen ,u.a. Allgemein sind Farbenspiele in diesem Bild kaum vorhanden, Farbkontraste stehen im Hintergrund. Ein weiteres Beispiel für die farbliche
Eintönigkeit ist die Kleidung: Die Personen sind in braunen, erdfarbenen, eintönigen, emotionslosen, sachlichen und strengen Kleidern dargestellt, die allerdings sauber sind
und eine gewisse Distanz zum arbeitenden Volk herausstellen.
Bildanalyse:
Die vorderste Person gehört vermutlich einer schlagenden Verbindung an.
Hinweise dafür sind der Säbel und die Narben in seinem Gesicht, das Hakenkreuz
an seiner Krawatte weist auf eine Mitgliedschaft in einer
nationalsozialistischen Partei hin. Der berittene Soldat, der seinem Kopf
entspringt, ist ein Zeichen für Eroberung.
Der Nachttopf auf dem Kopf des dahinterstehenden Mannes ist ein typisches
Merkmal der Neuen Sachlichkeit (· Darstellung von Gegenständen), der Palmzweig
in seiner linken Hand ist ein Friedenssymbol, das, wenn man die Hetzartikel der
Zeitungen unter seinem Arm, die ihn im Zusammenhang mit dem Stift in seiner
rechten Hand als Angehörigen der Presse verraten, betrachtet, reine Heuchelei
ist.
Der versetzt rechts dahinter stehende Mann ist vermutlich Kapitalist - Hinweis
dafür ist das Schild an seiner Jacke (Aufschrift ,,Sozialismus ist
Arbeit'). Mit dem Haufen Kot in seinem Schädel bringt der Künstler die
Intelligenz der Kapitalisten allgemein zum Ausdruck.
Der eine Ebene zurück mittig stehende Geistliche hat sein gerötetes Gesicht
vermutlich dem Alkohol zu verdanken. Die Flammen, die im Fenster sichtbar sind,
sind ein Zeichen für die Hölle, die eine Metapher für den Krieg und die
kapitalistische Welt draußen darstellt, die symbolisch von dem mit
ausgebreiteten Armen dastehenden Geistlichen gesegnet zu werden scheinen.
Die Soldaten am oberen Bildrand weisen ebenfalls auf die politische Situation
hin. Der vordere mit dem blutverschmierten Degen in der Hand ist vermutlich ein
Offizier oder zumindest der ranghöchste Soldat dieser Gruppe.
Intention des Künstlers:
Georges Grosz möchte mit seinem Gemälde ,,Die Stützen der
Gesellschaft'
die politischen Zustände der Weimarer Republik verdeutlichen und speziell in
diesem Bild betont er seine Angriffsziele: Kirche, Kapitalismus und Militär.
Das Zusammenwirken dieser drei Instanzen löst die Kriegsschuldfrage aus der
Sicht des Künstlers, er versteht diese Instanzen als die drei Stützen der
Gesellschaft beziehungsweise drängt sie für den Betrachter in diese Rolle.
Für den Betrachter wirkt dieses Gemälde zunächst abstrakt, bewegungslos, starr
und ohne jegliche Emotionen, allerdings mit einer präzisen Darstellungsweise
der Gegenstände und der einzelnen Personen.
Meine persönliche Stellungnahme:
Mir gefällt das Bild sehr gut, da es trotz seiner abstrakten Darstellung
für den Betrachter gut zu verstehen ist.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob der Künstler den Krieg verherrlichen
würde, bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass genau das Gegenteil
gemeint ist. Sieht man mit dem Hintergrundwissen des 2. Weltkrieges, das der Künstler
zu dieser Zeit nie hat erahnen können, wird die Wirkung auf den Betrachter noch
verstärkt ( z.B. Hakenkreuz als Symbol der NS-Diktatur).
Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen